Informationen wurden für Sie zusammengestellt von Rechtsanwältin Christine Gerlach, Fachanwältin für Erbrecht.
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Das Fiskalerbrecht oder auch Fiskuserbrecht gemäß §§ 1936, 1964 ff. BGB gewinnt immer stärker an Bedeutung. Das Fiskalerbrecht tritt ein, wenn zur Zeit des Erbfalles kein Verwandter, Ehegatte oder Lebenspartner des Erblassers vorhanden ist. In diesem Fall wird gemäß § 1936 BGB der Staat Erbe, genauer gesagt, das Land, in dem der Erblasser zur Zeit des Erbfalles seinen letzten Wohnsitz hatte. Ist ein solcher nicht feststellbar, richtet sich dies nach dem gewöhnlichen Aufenthalt. Im Übrigen erbt der Bund.
Kann ein Erbe innerhalb einer der den Umständen entsprechenden Frist nicht ermittelt werden, greift § 1936 BGB und somit das Fiskalerbrecht ein. Es handelt sich hierbei um eine Vermutung, solange kein anderer Erbe bekannt wird. Es gilt, herrenlose Nachlässe zu vermeiden und eine ordnungsgemäße Nachlassabwicklung zu sichern. Aufgrund dessen wird der Staat als „Noterbe“ bestimmt.
Erbberechtigt ist somit das Bundesland, in dem der Erblasser zur Zeit des Erbfalles seinen letzten Wohnsitz, hilfsweise seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Der Staat wird somit zum Zwangserben. Es besteht keine Möglichkeit, das Erbe auszuschlagen gemäß § 1942 Abs. 2 BGB oder einen Erbverzicht zu erklären. Dem Staat bleibt jedoch gemäß § 780 Abs. 2 ZPO die Haftungsbechränkung kraft Gesetzes vorbehalten. Weiterhin ist es nicht möglich, dem Staat eine Inventarfrist gemäß § 2011 Satz 1 BGB zu setzen.
Das Fiskalerbrecht tritt mit dem Tod des Erblassers ein. Es kann jedoch nur geltend gemacht werden gemäß § 1966 BGB, wenn das Nachlassgericht es nach einem in §§ 1964 bis 1986 BGB geregelten Verfahren förmlich festgestellt hat. Voraussetzung hierfür ist, deutsches Erbrecht anwendbar, ein Nachlass vorhanden ist, der die Verfahrenskosten deckt und trotz erschöpfender Ermittlung der Erbe nicht innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist ermittelt wurde.
Aufgabe des Nachlassgerichts ist es, den Erben zu ermitteln gemäß § 1964 Abs. 1 BGB. Die Verwandtenerbfolge ist gemäß § 1929 BGB an sich unbegrenzt. Jedoch müssen sich die Kosten der Ermittlungen zum Nachlasswert in einem angemessenen Verhältnis befinden.
Das Nachlassgericht hat eine öffentliche Aufforderung vorzunehmen, wenn innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist kein anderer Erbe zu ermitteln war. Dies gilt, um die Erbrechte anzumelden. Sind die Kosten bezüglich des Wertes des Nachlasses unverhältnismäßig, kann diese unterlassen werden. Bewirkt wird die öffentliche Aufforderung durch Aushang an der Gerichtstafel oder öffentliche Bekanntmachung im elektronischen Informations- und Kommunikationssystem und einmalige Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger gemäß §§ 435 bis 437 FamFG. Ab dem Tag der Veröffentlichung beträgt die Aufgebotsfrist mindestens sechs Wochen.
Ist diese fruchtlos verstrichen, hat das Nachlassgericht festzustellen, dass kein anderer Erbe als der Fiskus vorhanden ist gemäß § 1964 Abs. 1 BGB. Aufgrund dessen, dass es sich bei dem Fiskus als gesetzlichen Erben nur um eine Vermutung der Erbenstellung handelt, bleibt der Fiskus lediglich Erbschaftsbesitzer. Dies bedeutet, dass andere Erben mit ihrem Erbrecht nicht ausgeschlossen sind.