Jahresarchiv 2. Oktober 2013

Nutzung einer spanischen Ferienimmobilie kann zu steuerpflichtigen Gewinnausschüttungen führen

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 66/13, Pressemitteilung vom 02.10.2013, BFH-Urteil vom 12.06.2013,  Aktenzeichen I R 109-111/10

Mit Urteil vom 12. Juni 2013 I R 109-111/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Nutzung einer spanischen Ferienimmobilie in Deutsch­land zu beträchtlichen Einkommen­steuer­forderungen führen kann, nämlich dann, wenn die Immobilie einer spanischen Kapitalgesellschaft gehört und deren Gesellschafter als Nutzende der Immobilie in Deutschland wohnen.

Es entspricht wohl gängiger Praxis und Empfehlung ein­schlägiger Verkehrskreise, beim Ankauf einer spanischen Ferienimmobilie eine spanische Kapitalgesellschaft zu er­rich­ten und als Eigentümerin der Immobilie „vorzuschalten“, vorzugsweise, um spanische Wertzuwachs- und Erb­schafts­steuern zu ‚ersparen‘, aber auch aus Gründen der Haf­tungs­beschränkung sowie der Anonymität. Dieses Ge­stal­tungs­modell kann jedoch in Deutschland „teuer“ werden, weil für die Immobiliennutzung meistens keine oder keine markt­üb­li­che Miete gezahlt wird und der Mietverzicht dann eine ver­deckte Gewinnausschüttung der Gesellschaft an ihre Gesell­schafter darstellt. Die Gesellschaft verzichtet nämlich in aller Regel nur aus Gründen des gesellschaftlichen Nähe­ver­hält­nisses auf eine entsprechende „Vermögensmehrung“.

Konkret ging es um eine deutsche Familie – die Eltern und ihre beiden Kinder -, die im Jahre 2000 für rd. 2,4 Mio. DM ein 1.000 qm großes, in Porto Andratx auf Mallorca belegenes Grundstück mit einem 160 qm großen Einfamilienhaus und einem Schwimmbad erworben, „dazwischen“ aber eine spanische Sociedad Limitada, vergleichbar einer deutschen GmbH, „geschaltet“ hatte. Das Haus stand den Fami­lien­angehörigen ganzjährig zur Verfügung und wurde von ihnen zu Urlaubszwecken unentgeltlich genutzt. Das Finanzamt nahm an, dass die Nutzung steuerpflichtige verdeckte Ge­winnausschüttungen der Gesellschaft an ihre Gesell­schafter nach sich zog. Im Einzelnen ging es für die Jahre 2001 bis 2005 um Beträge in Höhe einer geschätzten Kostenmiete zzgl. eines Gewinnzuschlags von rd. 78.000 € jährlich. Der BFH hat das im Grundsatz bestätigt.

Beim Kauf einer ausländischen Ferienimmobilie wird das Ur­teil zu beachten sein. Das gilt insbesondere für Objekte in Spanien. Die Gefahr einer Nachversteuerung in Deutschland vermindert sich auch nach dem neuen deutsch-spanischen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur dann, wenn die Nutzung in Spanien tatsächlich besteuert wird; eine spanische Steuer wäre dann auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Keine Auskunftspflicht des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Alleinerben

Der Alleinerbe hat gegen den seine Ansprüche geltend machenden Pflichtteilsberechtigten keinen Auskunftsanspruch über die Höhe der vorausempfangenen leb­zeitigen Zuwendungen der Erblasserin (OLG München 21.03.2013, Aktenzeichen 14 U 3585/12).

Das OLG München hat entschieden, dass für eine analoge Anwendung des § 2057 BGB weder materielle noch prozessuale Gründe bestehen.

In der Praxis bedeutet dies, dass § 2057 BGB grundsätzlich unter Miterben gilt. Die analoge Anwendung von § 2057 BGB in Verbindung mit § 2316 BGB ist dennoch inzwischen im Pflichtteilsrecht anerkannt. Sie ist gängige Praxis für ein Auskunftsbegehren des Pflichtteilsberechtigten gegen einen anderen Pflichtteilsberechtigten.

Da die Entscheidung noch nicht rechtskräftig geworden ist, muss abgewartet werden, ob Revision zum BGH eingelegt wird und wie der BGH im Weiteren abschließend entscheiden wird.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Ein­kommen­steuer: Bei­träge zur Ver­sorgungs­an­stalt der Be­zirks­schorn­stein­feg­er­meist­er (VdBS) nicht als Basis­vor­sor­ge­auf­wend­ung­en ab­ziehbar

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 65/13, Pressemitteilung vom 25.09.2013, BFH-Urteil vom 15.05.2013, Aktenzeichen X R 18/10

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15. Mai 2013 X R 18/10 ent­schie­den, dass die Beiträge zur Versorgungs­anstalt der Bezirksschornsteinfeger (VdBS) weder als Son­der­ausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) noch nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG abgezogen werden können.

Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG können neben den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung oder zu den landwirtschaftlichen Alterskassen auch Beiträge zu berufs­ständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen, als Vorsorgeaufwendungen abgezogen werden. Hierdurch ergibt sich ein – wenn auch erst im Veranlagungszeitraum 2025 zu 100 v. H. erreichter – unbeschränkter Sonder­aus­gabenabzug. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG gilt für Beiträge zum Aufbau einer kapitalgedeckten Alters­ver­sor­gung entsprechendes.

Der BFH hat nunmehr entschieden, dass die Beiträge zur VdBS, nicht zu den Basisversorgungsversorgungsbeiträgen gehören. Die VdBS sei zwar eine berufsständische Ver­sor­gungs­einrichtung. Ein Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a scheide dennoch aus, da die Leistungen der VdBS nicht der Basisversorgung, sondern nur der Ergänzung der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung dienten. Auch werde keine kapitalgedeckte Altersversorgung auf­ge­baut. Vielmehr handele es sich bei der VdBS um eine um­la­ge­finanzierte Versorgungseinrichtung.

Die Beiträge zur VdBS sind somit nur begrenzt als Sonder­ausgaben abziehbar. Im Gegenzug werden aber ausgezahlte Versorgungsleistungen nicht voll, sondern nur mit dem Er­trags­anteil gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppel­buchst. bb Satz 4 EStG, also erheblich geringer besteuert.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Ab­weich­en­de An­gab­en in Steu­er­er­klär­ung­en kön­nen eine leicht­fert­ige Steu­er­ver­kürz­ung be­deu­ten

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 61/13, Pressemitteilung vom 18.09.2013, BFH-Urteil vom 23.07.2013, Aktenzeichen VIII R 32/11

Reicht der Steuerpflichtige beim Finanz­amt gleichzeitig zwei Steuererklärungen ein, die den Gewinn desselben Jahres be­treffen, von denen aber eine den Ge­winn nur zur Hälfte wiedergibt, so kann darin eine Ordnungswidrigkeit in Form einer leichtfertigen Steuerverkürzung liegen. Dies hat der Bundes­finanz­hof (BFH) entschieden (Urteil vom 23. Juli 2013 VIII R 32/11).

Ein Arztehepaar hatte den Gewinn seiner Arztpraxis in der Gewinnfeststellungserklärung richtig angegeben und hälftig auf die Eheleute verteilt. In der Einkommensteuererklärung bezifferten sie die entsprechenden Einkünfte des Ehemannes zutreffend mit der Hälfte des Gewinns, die Einkünfte der Ehefrau indes nur mit einem Viertel. Beide Steuererklärungen waren durch einen Steuerberater angefertigt worden; die Eheleute hatten sie unterschrieben und beim Finanzamt (FA) eingereicht.

Das FA erließ den Einkommensteuerbescheid zunächst auf der Grundlage der Einkommensteuererklärung. Nachdem der Fehler später aufgefallen war, berücksichtigte das FA in einem Änderungsbescheid den Gewinnanteil der Ehefrau in voller Höhe. Dagegen wandten die Eheleute ein, dass beim Erlass des Änderungsbescheids die vierjährige Fest­set­zungs­frist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der Abgaben­ordnung – AO -) bereits abgelaufen gewesen sei. Das Finanzgericht gab ihnen Recht.

Der BFH sah dies jedoch anders: Da die Eheleute eine leichtfertige Steuerverkürzung i.S. des § 378 AO begangen hätten, verlängere sich die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf fünf Jahre. Daher habe das FA den Ein­kommensteuerbescheid noch ändern können. Die Ehe­leute hätten den Fehler bei Unterzeichnung ihrer Ein­kom­men­steuererklärung, spätestens aber nach Erhalt des Ein­kom­men­steuerbescheids bemerken und korrigieren müssen. Ihnen hätte sich die Frage aufdrängen müssen, weshalb der in der Einkommensteuererklärung ausgewiesene Gewinn­anteil der Ehefrau von ihrem Gewinnanteil, der in der Ge­winn­feststellungserklärung angegeben war, erheblich abwich. Da sie diese gravierende Abweichung hingenommen und die Steuererklärung gleichwohl unterzeichnet und in den Verkehr gegeben hätten, ohne sich bei ihrem steuerlichen Berater oder beim FA nach dem Grund der Abweichung zu erkundigen, hätten sie die ihnen obliegende Sorgfalt in er­heblichem Umfang verletzt und eine leichtfertige Steuer­verkürzung begangen.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Aufwand für Auslandsreisen eines nebenberuflichen Autors für kaufmännische Lehrbücher nicht abziehbar

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 57/13, Pressemitteilung vom 04.09.2013, BFH-Urteil vom 07.05.2013, Aktenzeichen VIII R 51/10

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat einem ne­ben­beruflichen Autor den Abzug von Reise­aufwendungen in südliche Länder versagt, weil die Aufwendungen un­trenn­bar sowohl betrieblich als auch privat veranlasst waren (Urteil vom 7. Mai 2013 VIII R 51/10).

Der zu 90% schwerbehinderte Kläger, der hauptberuflich als Lehrer tätig ist, wollte die Aufwendungen für Auslandsreisen im Zusammenhang mit seiner Autorentätigkeit als Betriebs­ausgaben abziehen, weil er die Reisen in trockene Länder auf ärztlichen Rat unternommen habe, allerdings nur, um an den Urlaubsorten Lehr­bücher zur kaufmännischen Ausbildung zu aktualisieren. Er habe sich dort nur in den Ferienhäusern aufgehalten und zehn Stunden täglich an seinen Lehr­bü­chern gearbeitet, aber sonst keinerlei touristische Akti­vi­tä­ten entfaltet. Der Ausblick habe ihm zur Erholung genügt. Die Reiseaufwendungen für seine Ehefrau seien als außer­ge­wöhn­liche Belastung zu berücksichtigen, weil sie ihn wegen seiner Schwerbehinderung habe begleiten müssen.

Der BFH hat die Reiseaufwendungen insgesamt nicht als Be­triebsausgaben zum Abzug zugelassen. Die Aufwendun­gen hätten nicht in einen beruflichen und einen privaten Teil aufgeteilt werden können, weil sie gleichrangig sowohl der Erholung an einem Ferienort als auch der schriftstellerischen Tätigkeit gedient und untrennbar ineinandergegriffen hätten.

Die Reisekosten für die mitgereiste Ehefrau des Klägers seien nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar, weil durch die Behinderung des Klägers insoweit kein Mehraufwand entstanden sei. Die Ehefrau des Klägers wäre aus eigenem Interesse auch dann mitgereist, wenn ihr Mann nicht schwerbehindert gewesen wäre.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ ist zulässig

Grundvoraussetzung einer formell wirksamen Kün­di­gung ist eine bestimmte und unmiss­ver­ständ­liche Kündigungs­erklä­rung. Ins­be­son­dere muss ein Arbeit­neh­mer aus dem Kün­di­gungs­schreiben erkennen können, wann das Arbeits­ver­hält­nis enden soll.

Häufig finden sich in Kündigungsschreiben hierzu For­mu­lie­run­gen wie „die Kündigung erfolgt zum (beispielsweise 31.03.2013), aber in jedem Fall zum nächstzulässigen Zeitpunkt“.

Nun hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 20.06.2013, Aktenzeichen 6 AZR 805/11, entschieden, dass auch allein die Formulierung, wonach die ordentliche Kündigung „zum nächstmöglichen Termin“ erfolgt – und damit ohne Angabe eines genauen Beendigungstermins – zulässig ist, wenn der Arbeitnehmer unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn im Kündigungsschreiben auf die ge­setz­lichen Kündigungsfristen des § 622 BGB verwiesen wird.

Auch wenn durch diese Entscheidung des BAG`s nun die Voraussetzungen einer formell wirksamen Kündigung er­leich­tert werden, sollte jede Kündigung sorgfältig vorbereitet werden.

 Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Arbeitsrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

„Lucides Intervall“ kann bei Vorliegen einer chronisch-progredienten Demenz ausgeschlossen werden

Das OLG München hat mit Beschluss vom 01.07.2013, Aktenzeichen 31 Wx 266/12, ent­schie­den, dass bei einer Testierunfähigkeit, die auf einer chronisch-progredienten Demenz beruht, ein „Lucides Intervall“ praktisch ausgeschlossen werden kann.

Nach § 2229 Abs. 4 BGB kann ein Testament dann nicht errichtet werden, wenn der Testierende wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.

Somit setzt Testierfähigkeit voraus, dass der Testierende selbstbestimmt handeln und eigenverantwortlich Ent­schei­dungen treffen kann. Es muss ihm bei der Testa­ments­errichtung möglich sein, sich an Sachverhalte und an Er­eignisse zu erinnern, sowie Informationen abzuwägen, Zusammenhänge zu erfassen und Abwägungen vor­zunehmen.

In dem oben genannten Verfahren hat der Sachverständige überzeugend dargelegt, dass bei chronisch-progredienten Störungen wie dementiellen Syndromen lichte Momente (lucide Intervalle) mit Wiedererlangen der Urteilsfähigkeit praktisch ausgeschlossen seien.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Auslegung eines Ehegattentestaments

Das OLG Düsseldorf hat durch Beschluss vom 17.07.2013, Aktenzeichen I-3 Wx 76/13, entschieden, dass eine Wieder­ver­hei­ra­tungs­klausel für den Fall des Eingehens einer Lebensgemeinschaft keine Geltung hat.

Die Bestimmung in einem Ehegattentestament „auch wenn der Überlebende von uns wieder heiratet, soll unsere Ver­fügung bestehen bleiben und nur die Wechselbezüglichkeit zu den Verfügungen des Erstversterbenden aufgehoben werden“ könne im Allgemeinen nicht ergänzend dahingehend ausgelegt werden, dass dies nach dem Willen des Erblassers auch für den Fall des Eingehens einer Lebensgemeinschaft gelten soll.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Jugendamt darf eingreifen, damit ein Elfjähriger zur Schule geht

Ein Jugendamt darf eingreifen, wenn ein elf­jähriger Junge nicht zur Schule geht und die Eltern die Schulunlust ihres Kindes akzeptieren. Die Eltern können zur Unter­stützung eines Schulbesuchs ihres Kindes verpflichtet werden. Das hat der 8. Senat für Familien­sachen des Oberlandesgerichts Hamm mit Beschluss vom 12.06.2013 entschieden.

Der heute elfjährige Junge wohnt bei seinen 49 und 51 Jahre alten Eltern im Kreis Warendorf. Er ist das jüngste Kind der Familie. Im Alter von 7 Jahren eingeschult fehlte der Junge bereits im ersten Schuljahr an über 40 Tagen in der örtlichen Grundschule, von der ihn die Eltern im Jahre 2010 abmeldeten. In den nächsten Jahren besuchte er zwei weitere Grundschulen, an denen er nur wenige Tage blieb. Ein im Jahre 2012 unter­nom­me­ner Versuch, das Kind durch Lehrkräfte zu Hause zu beschu­len, um eine Wiedereingliederung in eine Schule vorzubereiten, scheiterte. Der Junge wird zurzeit durch seine Mutter, von Beruf Informatikerin, unterrichtet und verfügt über einen alters­ge­rech­ten Wissenstand. In der Vergangenheit lehnten es die Eltern ab, den Jungen gegen seinen Willen auf eine öffentliche Schule zu schicken.

Der 8. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm hat den Eltern das Recht zur Regelung der schulischen Ange­le­gen­heiten entzogen und dieses dem zuständigen Jugendamt übertragen. Dabei hat er davon abgesehen, das Kind aus dem elterlichen Haushalt herauszunehmen und die Eltern verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Junge der Schulpflicht nachkommt und ihn zum Schulbesuch zu motivieren.

Das geistige und seelische Wohl des Kindes sei – so die Senats­entscheidung – trotz des altersgerechten Wissensstandes ge­fähr­det. Im Hinblick auf die Weigerung des Kindes, zur Schule zu gehen, hätten die Eltern in der Erziehung versagt. Das bestätige das Gutachten des im Verfahren gehörten Sachverständigen. Zurzeit setzten die Eltern dem Kind keine Grenzen und Regeln, Pflichten seien diesem unbekannt. Da die Eltern die Schulpflicht des Kindes nicht akzeptierten und es in seiner Schulunlust för­derten, würden dem Jungen die Bildungsinhalte einer weiter­füh­ren­den Schule vorenthalten. Die Mutter werde trotz ihrer Aus­bil­dung nicht in der Lage sein, sämtliche Lerninhalte einer weiter­füh­ren­den Schule adäquat zu vermitteln. Ein Schulbesuch solle Kindern auch die Gelegenheit verschaffen, in das Gemein­schafts­leben hineinzuwachsen. Soziale Kompetenzen könnten effektiver eingeübt werden, wenn Kontakte mit der Gesellschaft nicht nur gelegentlich stattfänden, sondern Teil einer mit einem regel­mäßigen Schulbesuch verbundenen Alltagserfahrung seien.

Der in der Familie gut integrierte Junge könne zumindest vorerst im familiären Umfeld bleiben, deswegen sei den Eltern das Auf­ent­haltsbestimmungsrecht für ihr Kind zu belassen. Zu entziehen sei ihnen aber das Recht zur Regelung seiner schulischen An­ge­le­gen­heiten, weil sie nicht Willens und in der Lage seien, die Schulpflicht durchzusetzen. Mit den erteilten Auflagen würden die Eltern angehalten, künftige Versuche, die Schul­ver­wei­ge­rungs­haltung des Jungen aufzulösen, zu unterstützen.

rechtskräftiger Beschluss des 8. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 12.06.2013 (8 UF 75/12)

Quelle: Oberlandesgericht Hamm Pressemitteilung vom 26.08.201326

 

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Familienrecht beantworten wir gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Pfeildiagramm stellt kein Testament dar

Das OLG Frankfurt hat mit Beschluss vom 11.02.2013, Akten­zeichen 20 W 542/11, ent­schie­den, dass ein Pfeildiagramm die Vor­aus­set­zungen eines eigenhändig geschriebenen Testaments nicht erfüllt. Es mangele hier bereits an der grundsätzlichen Funktion der Sicherstellung der Echtheit der Erklärung.

Hintergrund hierfür ist, dass nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, ob das Pfeildiagramm vom Erblasser stammt und ob dieses tatsächlich auch eine testamentarische Verfügung darstellen sollte.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.
Jetzt anrufen: (089) 55 21 44 0 oder senden Sie uns einfach eine Nachricht.
Call Now Button