Elternunterhalt: Selbstbehalt für Alleinstehende 5.500 €

Elternunterhalt: Selbstbehalt für Alleinstehende 5.500 €

Das OLG München erhöht den Selbst­be­halt beim Eltern­unter­halt nach dem Pflege- und An­ge­hör­igen­ent­last­ungs­ge­setz auf 5.500 €

In seiner Ent­scheid­ung vom 06.03.2024 (2 UF 1201/23 e) hat das OLG München sich eingehend mit der Frage des Selbst­be­haltes von Kindern be­züglich des Eltern­unter­haltes befasst und fest­ge­stellt, dass dem Allein­steh­enden ein Selbst­behalt in Höhe von 5.500 € netto monatlich zu­zu­ge­stehen ist, bevor von Ihm die Leistung von Eltern­unterhalt verlangt werden kann.

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Die Entscheidung im Volltext:

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 04.10.2023 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.517 € festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Verfahrensgegenstand ist der auf den Antragsteller als überörtlicher Sozialhilfeträger nach § 1601 BGB, § 94 Abs. 1 SGB XII übergegangene Anspruch der psychisch kranken Mutter des Antragsgegners auf Elternunterhalt für den Zeitraum 01.08.2020 bis 31.12.2021. In diesem Zeitraum hat der Antragsteller Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 61.663,29 € an die Leistungsberechtigte erbracht. Die Hilfegewährung dauert fort.

Mit Schreiben vom 10.07.2017 forderte der Antragsteller den Antragsgegner zur Auskunftserteilung über sein Einkommen und sein Vermögen auf. Im Oktober 2017 erteilte der Antragsgegner Auskünfte. Mit Schreiben des Antragstellers vom 04.08.2021 forderte der Antragsteller den Antragsgegner erneut zur Vorlage von Einkommensnachweisen auf.

Der Antragsgegner erzielte im Jahr 2020 ein monatliches Nettoeinkommen nach Abzug von Steuern, Werbungskosten, Sozialversicherungsabgaben und Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 5.349 € und im Jahr 2021 in Höhe von 5.304 €.

Er hatte Wohnkosten in Form von Miete in Höhe von 1.790 €. Weiter macht er zusätzliche Altersvorsorge in Höhe von 873 € in Form von Lebensversicherungen geltend, sowie eine Sparrate in Höhe von 450 € monatlich, die auf seinem Girokonto verbleibt.

Mit Beschluss vom 04.10.2023, dem Antragsteller zugestellt am 17.10.2023, wies das Amtsgericht den Antrag des Antragstellers auf Unterhalt in Höhe von 11.517 €, sowie den Antrag auf Auskunft über das vorhandene Vermögen des Antragsgegners zurück.

Es führt aus, der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen sei unter Berücksichtigung von Zweck und Rechtsgedanken des Angehörigen-Entlastungsgesetzes mit monatlich 5.000 € als angemessen anzusetzen. Nach Abzug der gesetzlichen Abgaben und der zusätzlichen Altersvorsorge verblieben dem Antragsgegner im Jahr 2020 ein unterhaltsrechtliches Einkommen von 4.475 € und im Jahr 2021 in Höhe von 4.430 €. Dieses liege unter dem monatlichen Selbstbehalt in Höhe von 5.000 €, weshalb es auf die Frage der Erhöhung des Selbstbehalts wegen übersteigender Wohnkosten nicht mehr ankomme. Der Antragsgegner sei zur Zahlung von Elternunterhalt nicht leistungsfähig. Ein Anspruch auf Auskunft über das Vermögen des Antragsgegners bestehe nicht, da nicht ausreichend vorgetragen wäre, inwieweit hier ausnahmsweise für den Unterhalt auch der Vermögensstamm einzusetzen sei.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde vom 15.11.2023, bei Gericht eingegangen am selben Tag, und beantragt, den Antragsgegner auf Zahlung von Unterhalt aus übergegangenem Recht in Höhe von 8.517 € zu verpflichten. Den Auskunftsanspruch verfolgt er mit der Beschwerde nicht weiter. Hinsichtlich des Zahlungsantrags wird gegenüber der 1. Instanz für das Jahr 2021 ein erhöhter Selbstbehalt von 2.500 € statt 2.000 € anerkannt, sowie eine Erhöhung des Selbstbehalts um erhöhte Wohnkosten in Höhe von 1.090 €, somit ein Selbstbehalt in Höhe von insgesamt 3.590 € und damit ein Unterhaltsanspruch i.H.v 421 € monatlich. Der Antragsteller führt aus, es müsse hinsichtlich der Höhe der Selbstbehalte zwischen den Jahren 2020 und 2021 unterschieden werden. Für 2020 sei noch der frühere Selbstbehalt von 2.000 € zugrunde zu legen, da ein Zeitraum vor Inkrafttreten des Angehörigen-Entlastungsgesetzes betroffen sei. Für 2020 schulde der Antragsgegner daher 693 € monatlich. Falls ein Selbstbehalt in Höhe von 5.000 € als angemessen angesehen werde, wie vom Amtsgericht angenommen, sei keine Bereinigung des Einkommens über die gesetzlich geschuldeten Abgaben hinaus mehr vorzunehmen. Dann ergebe sich jedenfalls für das Jahr 2020 eine Leistungsfähigkeit in Höhe von 349 € und für das Jahr 2021 in Höhe von 304 € monatlich.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Für den Zeitraum vor dem 01.08.2021 wendet er Verwirkung ein. Hinsichtlich der früheren Unterhaltszeiträume sei aufgrund der Nichtverfolgung der Unterhaltsansprüche durch den Antragsteller zwischen Oktober 2017 und August 2021 Verwirkung eingetreten.

Auch habe der Antragsteller den Unterhaltsbedarf nicht nachgewiesen. Die Vorlage der entsprechenden Leistungsbescheide über die Gewährung der sozialhilferechtlichen Leistungen für die Mutter des Antragsgegners sei nicht ausreichend. Ein Nachweis sei nur durch Vorlage entsprechender Kontoauszüge möglich.

Zudem seien 25% Altersvorsorge für das die Beitragsbemessungsgrenze übersteigende Einkommen des Antragsgegners zu berücksichtigen.

Jedenfalls aber habe der Antragsteller die Vorgaben aus dem Angehörigen-Entlastungsgesetz, die sich auf die Höhe des Selbstbehaltes auswirken, nicht beachtet.

Der Senat hat mit Beschluss vom 13.02.2024 darauf hingewiesen, dass die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg habe, da der Antragsgegner bei Zugrundelegen eines angemessenen Selbstbehalts zur Zahlung von Elternunterhalt nicht leistungsfähig sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere den erstinstanzlichen Beschluss und die gegenseitig gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

A) Der Anspruch des Antragstellers auf Elternunterhalt aus übergegangenem Recht ist zwar nicht verwirkt. Im Schreiben vom 10.07.2017 mit Aufforderung zur Auskunftserteilung ist eine Rechtswahrungsanzeige des Sozialhilfeträgers zu sehen. Mit diesem Schreiben wurde der Antragsgegner in Verzug gesetzt. Eine erneute Inverzugsetzung erfolgte mit Schreiben vom 04.08.2021. Ab diesem Zeitpunkt hat der Antragsteller rückwirkend für ein Jahr Unterhalt geltend gemacht. Daher kann dahinstehen, ob für den Zeitraum vor dem 01.08.2020 Verwirkung eingetreten ist. Denn bei Verwirkung eines Unterhaltsanspruchs gilt, dass dieser ein Jahr rückwirkend ab erneuter Kontaktaufnahme geltend gemacht werden kann (BGH XII ZR 266/99). Die Voraussetzungen für die Geltendmachung rückständigen Unterhalts nach § 1613 Abs. 1 BGB ab dem 01.08.2020 liegen somit vor.

B) Es liegt auch ein ausreichender Nachweis des Unterhaltsbedarfs vor. Eine Vorlage von Kontoauszügen, aus denen sich die Überweisungen des Sozialhilfeträgers an das Wohnheim ergeben, ist nicht erforderlich. Aus den vorgelegten Leistungsbescheiden an den Betreuer der Mutter des Antragsgegners ergibt sich detailliert, welche Leistungen in welcher Höhe für welchen Zeitraum für die Mutter des Antragsgegners erbracht wurden.

C) Hinsichtlich der zusätzlichen Altersvorsorgeaufwendungen des Antragsgegners ist dem Beschwerdegegner Recht zu geben, dass beim Elternunterhalt eine Gesamtaltersvorsorge von insgesamt 25% des Bruttoeinkommens grundsätzlich abzugsfähig ist (BGH FamRZ 2013, 1345). Allerdings ist die „Sparrate“ in Höhe von 450 € monatlich, mit der der gesamte mögliche Vorsorgeaufwand ausgeschöpft werden soll, unterhaltsrechtlich nicht anzuerkennen. Hintergrund der Rechtsprechung, wonach auch über die gesetzliche Altersversorgung hinaus weitere Einkommensbestandteile als 2. Säule für die Altersvorsorge verwendet werden und unterhaltsrechtlich abgezogen werden können, und dies nicht als einseitige Vermögensbildung zulasten des Unterhaltsberechtigten angesehen wird, ist die Annahme, dass dieses Geld dem Unterhaltspflichtigen im Alter zur Verfügung steht und damit der eigene Unterhalt auch für das Alter gesichert ist (BGH FamRZ 2017, 519; BGH FamRZ 2012, 956). Deshalb wird beispielsweise eine Risikolebensversicherung nicht als Altersvorsorge anerkannt (BGH FamRZ 2017, 519). Die hier geltend gemachte „Sparrate“ wird vom Antragsgegner nicht einmal gesondert angelegt. Daher kann in keiner Weise davon ausgegangen werden, dass dieses Geld dem Antragsgegner im Alter noch zur Verfügung steht und nicht anderweitig ausgegeben wird. Würde man die Anforderungen an die Anlage von Altersvorsorgebeiträgen so weit herabsetzen, dass auf diese jederzeit auch vor dem Renteneintritt zugegriffen werden kann, könnte man gleich einen pauschalen Abzug in Höhe von 25% des Bruttoeinkommens ähnlich dem pauschalen Abzug berufsbedingter Aufwendungen vornehmen. Dies entspricht aber nicht dem Zweck, den Unterhaltspflichtigen im Alter abgesichert zu wissen.

D) Der Antragsgegner ist allerdings zur Zahlung von Elternunterhalt aus übergegangenem Recht nicht leistungsfähig.

Durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz vom 10.12.2019 wurde der Übergang des Anspruchs auf Elternunterhalt nach §§ 1601 ff BGB auf den Träger der Sozialhilfe grundlegend neu geregelt und findet nunmehr nur noch dann statt, wenn das Einkommen des Unterhaltspflichtigen die Jahresobergrenze von 100.000 € brutto übersteigt, § 91 Absatz 1a SGB XII i.V.m. § 16 SGB IV. Die Entscheidung des Gesetzgebers, nur noch leistungsstarke Kinder zur Finanzierung des Elternunterhalts in Anspruch zu nehmen, kann nicht ohne Einfluss auf die Frage der Bemessung des Selbstbehalts und damit der Leistungsfähigkeit in derartigen Fällen sein (vgl. Niepmann, NZFam 2022, 141). Entsprechend geben die Süddeutschen Leitlinien unter Ziffer 21.3.3 nunmehr nur noch folgendes vor: Bei der Bemessung des Selbstbehalts gegenüber Eltern sind Zweck und Rechtsgedanken des Gesetzes zur Entlastung unterhaltspflichtiger Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz) vom 10.12.2019 zu beachten.

1. Allerdings ist entgegen dem Vorbringen der Beschwerde eine Differenzierung des Selbstbehalts nach den Süddeutschen Leitlinien für das Jahr 2020 und den Süddeutschen Leitlinien für das Jahr 2021 nicht angezeigt. Die noch vor Verabschiedung des Angehörigen-Entlastungsgesetzes erfolgte Neufestsetzung der Selbstbehaltssätze durch die Leitlinienkonferenz der Oberlandesgerichte für das Jahr 2020 auf 2.000 € hat nach Inkrafttreten des Gesetzes keine die Rechtsprechung bindende Wirkung (Hauß, Elternunterhalt, 6. Aufl. Rz 88). Nach Inkrafttreten des Angehörigen-Entlastungsgesetzes gelten die Kriterien für die Angemessenheit des Selbstbehalts für das Jahr 2020 und das Jahr 2021 gleichermaßen.

Auch soweit der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 20.02.2024 vorbringt, einige Oberlandesgerichte hätten in ihren Leitlinien einen Selbstbehalt gegenüber Eltern in Höhe von 2.500 € festgelegt, ist klarzustellen, dass es sich bei den Leitlinien der Oberlandesgerichte lediglich um Richtlinien zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung in den jeweiligen Bezirken handelt und die Leitlinien andere Oberlandesgerichte nicht binden.

2. Unter Berücksichtigung des Zwecks und Rechtsgedankens des Angehörigen-Entlastungsgesetzes erscheint es angemessen, den im Rahmen der nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts vorzunehmenden Unterhaltsberechnung zu berücksichtigenden Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen auf einen Betrag zu erhöhen, der dem mit einem Gesamtbruttoeinkommen von 100.000 € erzielbaren durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen entspricht, was je nach Familienstand und Beschäftigungsart zwischen 5.000 € und 5.500 € liegen dürfte.

Dem entspricht auch der Grundsatz des Gleichlaufs von Unterhaltsrecht und Sozialhilferecht mit dem Grundgedanken, dass der Unterhaltspflichtige unterhaltsrechtlich nicht schlechter gestellt werden soll als sozialhilferechtlich.

Angesichts dessen ist der Selbstbehalt mit 5.500 € netto monatlich anzusetzen. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Ehegattenunterhalt, wonach im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon auszugehen ist, dass ein Einkommen bis zum Doppelten des Höchstsatzes der D. Tabelle von den Ehegatten konsumiert werde, was zur Folge hat, dass bis zu einem Unterhaltsbedarf von 5.500 € von dessen vollständigem Verzehr auszugehen ist (BGH FamRZ 2018, 260; FamRZ 2020, 21). Nimmt man das Bekenntnis zur Lebensstandardgarantie im Elternunterhalt ernst, wäre bei vollständigem Einkommensverzehr zur Finanzierung des Lebensstandards eine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nicht mehr gegeben. Wenn andererseits im Sinne einer tatsächlichen Vermutung nach der Rechtsprechung davon auszugehen ist, dass ein Nettoeinkommen von bis zu 5.500 € vollständig für den Lebensunterhalt verbraucht wird und daraus Vermögensrücklagen nicht gebildet werden, ist es konsequent, den Selbstbehalt im Elternunterhalt auf dieses Niveau anzuheben (Hauß a.a.O. Rz 18).

Für eine entsprechende Anpassung des Selbstbehalts auf der Ebene des Unterhaltsrechts spricht auch, dass ansonsten eine nicht zu legitimierende Ungleichbehandlung von Geschwisterkindern und ihren Familien mit Einkünften von bis zu 100.000 € und über 100.000 € erfolgen würde, die mit Art. 3 GG nicht vereinbar scheint. Es wäre unverständlich, wenn von Geschwistern mit um einen Euro (!) unterschiedlichem Bruttoeinkommen und ohne sonstige Verpflichtungen, der eine mit 100.001 € Bruttoeinkünften für ca. 940 € Unterhalt leistungsfähig wäre und in Anspruch genommen werden könnte, der andere jedoch nicht (Doering-Striening/Hauß/Schürmann, FamRZ 2020, 137 (140)).

3. Angesichts der Höhe des pauschalen Selbstbehalts von 5.500 € monatlich ist eine Erhöhung um die Hälfte des den Sockel-Selbstbehalt übersteigenden anrechenbaren Einkommens entsprechend dem vom BGH (BGH FamRZ 2002, 1698) entwickelten Modell nicht mehr angebracht. Auch ist fraglich, ob über die gesetzlichen Abzüge und Verpflichtungen für Steuern, Sozialabgaben und gesetzliche Unterhaltsansprüche hinaus weitere Abzugsposten zu akzeptieren sind, oder ob dem Unterhaltspflichtigen angesichts des großzügigen Selbstbehalts zugemutet werden kann, seinen Lebenszuschnitt auf das Niveau dieses Selbstbehalts einzustellen (so Hauß a.a.O. Rz 561).

Es erscheint angemessen, die Verwendung des Eigenbedarfs keiner weiteren Kontrolle zu unterwerfen und auch keine Kreditraten, Wohnvorteile oder Mietbelastungen sowie Aufwendungen für Besuchsfahrten etc. anzuerkennen (Döring-Striening/Hauß/Schürmann a.a.O.).

Allerdings ist eine zusätzliche Altersvorsorge in Form von Lebensversicherungen wohl zu berücksichtigen. Hierfür spricht, dass die Unterhaltsverpflichtung des unterhaltspflichtigen Kindes nur so weit reicht, als dieses ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren in der Lage ist. Nach BVerfG FamRZ 2005, 1051 gilt dies auch für den angemessenen zukünftigen Unterhalt, also den Unterhalt im Alter. Die private Altersvorsorge sei zwar nicht gesetzlich zwingend vorgeschrieben, angesichts der Schwäche des gesetzlichen Rentenversicherungssystems aber unter Aspekten der Eigenverantwortlichkeit obligatorisch (so auch BGH FamRZ 2003, 860).

Dies kann vorliegend jedoch dahinstehen, da der Antragsgegner auch ohne Erhöhung des Selbstbehalts wegen erhöhter Wohnkosten und ohne Abzug der zusätzlichen Altersvorsorge mit einem monatlichen Nettoeinkommen nach Abzug der gesetzlichen Abgaben mit 5.349 € (im Jahr 2020) bzw. 5.304 € (im Jahr 2021) unterhalb des Selbstbehalts in Höhe von 5.500 € liegt.

Die Beschwerde des Antragstellers war daher zurückzuweisen.

III.

Der Senat hat gemäß §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ohne erneute Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden, da hiervon keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten waren.

Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, § 70 Abs. 2 Ziffer 1 und 2 FamFG. Zur Frage der Höhe des angemessenen Selbstbehalts im Rahmen des Elternunterhalts nach Inkrafttreten des Angehörigen-Entlastungsgesetzes liegt noch keine obergerichtliche Rechtsprechung vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 113 Abs. 1 FamFG, 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf §§ 40, 35 FamGKG.

OLG München, Beschluss v. 06.03.2024 – 2 UF 1201/23 e

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Über den Autor

Dr. jur. Reinhard Popp author

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