Schlagwort-Archiv Christine Gerlach

Errichtung eines Nottestamentes – welche Aufgaben haben die drei notwendigen Zeugen?

Die drei Zeugen müssen gemeinsam bei der Erklärung des Erblassers zugegen sein und diese anhören.

Ebenfalls sind sie dafür verantwortlich, dass die Erklärung zutreffend schriftlich niedergelegt wird.

Die drei Zeugen müssen beim Verlesen der Niederschrift anwesend sein und übereinstimmend feststellen, dass der Erblasser die Niederschrift genehmigt hat.

Die Niederschrift ist zu verlesen und vom Erblasser zu genehmigen.

Die Zeugen müssen einheitlich feststellen, dass eine nahe Todesgefahr vorliegt. Die Todesgefahr muss entweder objektiv so nah sein, dass voraussichtlich weder ein notarielles Testament noch ein Bürgermeistertestament errichtet werden kann oder alle drei Zeugen müssen übereinstimmend besorgt sein, dass eine solche Gefahrenlage bestehen könnte. Dies muss angesichts der objektiven Sachlage auch als gerechtfertigt angesehen werden können. § 2250 BGB hält die Todesgefahr für maßgeblich, ob aufgrund konkreter Umstände der Tod des Erblassers zu befürchten ist, bevor der Notar oder ein Bürgermeister eintrifft. Objektiv ist Todesgefahr gegeben, wenn von einem klinischen Zustand einer unmittelbar bevorstehenden Phase des Lebens ausgegangen werden kann, wie z.B. bei beginnenden kleinen Organausfällen. Die Todesgefahr muss eine gemeinsame Erklärung in der Niederschrift finden.

Weiterhin sind zwingend drei Zeugen anzugeben, zwei Zeugen beispielsweise reichen nicht aus.

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Die Erbschaftsannahme eines Pflichtteilsberechtigten ist anfechtbar

Der Bundesgerichtshof hat mit Datum vom 29.06.2016, Aktenzeichen IV ZR 387/15, entschieden, dass ein zur Anfechtung der Annahme einer Erbschaft berechtigender Irrtum auch nach der Neufassung des § 2306 Abs. 1 BGB mit Wirkung zum 01.01.2010 vorliegen kann, wenn der mit Beschwerungen als Erbe eingesetzte Pflichtteilsberechtigte irrig davon ausgeht, er dürfte die Erbschaft nicht ausschlagen, um seinen Anspruch auf den Pflichtteil nicht zu verlieren.

Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde. Die Erblasserin setzte ihre Tochter, die jetzige Beklagte, als Miterbin zu 1/4 ein und belastete sie unter anderem zugunsten des Klägers mit einem Vorausvermächtnis. Dieses belastete sie später mit einem Untervermächtnis zugunsten der Tochter. Im Jahre 2012 erlangte die Beklagte Kenntnis von den letztwilligen Verfügungen. Im Juni 2012 focht sie die Versäumung der Aus­schlagungsfrist an und schlug das Erbe aus. Als Anfechtungs­grund wurde angegeben, dass die Beklagte geglaubt habe, dass sie vom Nachlass ausgeschlossen wäre, auch bezüglich der Pflichtteilsansprüche und des Untervermächtnisses, wenn sie ausschlagen würde. Der Kläger hatte beantragt festzustellen, dass die Beklagte Miterbin zu 1/4 geworden ist. Hierauf hat die Beklagte Widerklage beantragt mit dem Inhalt, den Kläger zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung wegen der Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß der zugleich erhobenen Drittwiderstufenklage gegen die Drittwiderbeklagten in den Nachlass zu dulden. Das Landgericht hatte der Klage statt­ge­ge­ben. Die Beklagte legte Revision ein, die Sache wurde zurück­gewiesen.

Der BGH entschied, dass die Beklagte einem beachtlichen Rechtsfolgeirrtum unterlegen gewesen sei. Die Sonderregeln der §§ 1954, 1955, 1957 BGB für Frist, Form und Wirkung der Anfechtung ändern oder erweitern die Anfechtungsgründe nicht. Es ist ebenfalls als Inhaltsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 Alternative 1 BGB anzusehen, wenn der Erklärende über Rechtsfolgen seiner Willenserklärung irrt. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte über die Rechtsfolgen des § 2306 BGB geirrt. Somit liege ein beachtlicher Irrtum der Rechtsfolgen des § 2306 BGB, auch nach der Neufassung nach dem 01.01.2010, vor. Irrt der beschwerte Erbe dahingehend, dass er meint, das Erbe annehmen zu müssen, um seinen Pflichtteilsanspruch nicht zu verlieren, ist es möglich, die Annahme des Erbe anzufechten. Ist der Erbteil größer als der Pflichtteil der den Erben jedoch beschränkt oder beschwert, führt dessen Annahme dazu, dass der Erbe die ihm zugedachte Rechtsstellung annimmt. Er verliert hierdurch jedoch das Wahlrecht gemäß § 2306 Abs. 1 Satz 2 BGB, sich für den gegebenenfalls dem Wert nach günstigeren Pflichtteilsanspruch zu entscheiden.

Der Erbe muss auch weiterhin bei der Ausübung des § 2306 BGB abwägen, ob er das Erbe ausschlägt. Ein beachtlicher Rechts­folge­nirrtum ist hier möglich.

Somit hat der BGH einen wichtigen Streit entschieden. Seit der Neufassung des § 2306 Abs. 1 BGB wurde teilweise in der Literatur vertreten, dass ein beachtlicher Irrtum über die Reichweite desselben nicht mehr bestehen würde. Der BGH hat sich mit dieser Entscheidung wohl der herrschenden Meinung angeschlossen, dass weiterhin ein beachtlicher Irrtum möglich ist.

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Anforderungen an ein notarielles Nachlassverzeichnis

Das OLG Bamberg hat mit Datum vom 16.06.2016, Aktenzeichen IV W 42/16, Anforderungen an ein notarielles Nachlassverzeichnis präzisiert.

Die Leitsätze lauten wie folgt:

  1. Ein notarielles Nachlassverzeichnis im Sinne des § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB ist bereits unvollständig, wenn es schon an der formalen Kongruenz zwischen einer im Auskunftstitel the­ma­tisch vorgegebenen Erklärungsposition und den beur­kun­de­ten Angaben der Schuldnerseite fehlt.
  2. Auch, wenn eine auskunftspflichtige Vermögensverschiebung und ihr Schenkungscharakter jeweils offenkundig sind, ist ihre Aufnahme in das Bestandsverzeichnis keine in das Ermessen des Notars gestellte Frage der Zweckmäßigkeit.
  3. Die dem Notar obliegende Plausibilitätskontrolle schließt die Verpflichtung ein, bei offenkundig klärungsbedürftigen Punkten, insbesondere bei auffälligen Vorgängen im Bereich des so­ge­nann­ten fiktiven Nachlasses, die Erbenseite einer qualifizierten Befragung zu unterziehen und den Erben gegebenenfalls auch dazu anzuhalten, seine eigenen Auskunftsansprüche durch­zu­setzen.
  4. Zu den besonderen Voraussetzungen für die Anordnung einer ersatzweisen Zwangshaft, wenn sich der Auskunftstitel gegen als Gesamtschuldner verurteilte Miterben richtet.

Gegenstand und Umfang der Prüfpflicht des Notars sind bereits geklärt. Es reicht nicht aus, dass der Notar nur Erklärungen der Erben beurkundet. Er muss diese kritisch auf Plausibilität prüfen und den sich ergebenden konkreten Anhaltspunkten nachgehen. Dies richtet sich nach dem jeweiligen Einzelfall.

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Bei einer Kündigung von betagten Mietern sind Härtegründe zu berücksichtigen

Der BGH hat mit Datum vom 09.11.2016, Aktenzeichen VIII ZR 73/16, klargestellt, dass Gerichte schwerwiegende persönliche Härtegründe auf Seiten des Mieters auch bei einer fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen haben.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Im Jahre 1955 hat die heute 97-jährige Beklagte zu 1.) von der Klägerin eine 3-Zimmer-Wohnung und 1963 zusätzlich eine im selben Gebäude und Stockwerk gelegene 1-Zimmer-Wohnung angemietet. Die Beklagte zu 1.) bewohnte die 3-Zimmer-Wohnung. Inzwischen war sie bettlägerig und demenzkrank. Der Beklagte zu 2.) bewohnte die 1-Zimmer-Wohnung. Der Beklagte zu 2.) ist seit Jahren Betreuer der Beklagten zu 1.) und pflegt sie ganztägig. Der Beklagte zu 2.) beleidigte im Jahre 2015 die Klägerin grob. Daraufhin kündigte diese das Mietverhältnis fristlos gemäß § 543 Abs. 1 BGB.

Während das Amtsgericht die Räumungsklage abgewiesen hat, hat das Landgericht entschieden, dass persönliche Härtegründe erst bei einer Zwangsvollstreckung im Wege eines Vollstreckungsschutzantrages nach § 765a ZPO geprüft werden können. Die hiergegen eingelegte Revision der Beklagten hatte Erfolg.

Der BGH hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückgewiesen. § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB schreibe ausdrücklich eine Abwägung der beiderseitigen Interessen der Mietvertragsparteien und eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vor. Das Berufungsgericht hätte insoweit prüfen müssen, ob schwerstwiegende Gesundheitsschäden zu besorgen seien.

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Verhängung eines Zwangsgeldes trotz der Absage von über 20 Notaren für ein notarielles Nachlassverzeichnis

Das OLG Düsseldorf hat mit Datum vom 31.10.2016, Aktenzeichen 1-7 W 67/16, entschieden, dass es nicht ausreichend ist, 27 Notare anzuschreiben mit der Bitte um Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses, welches diese ablehnen.

In einem solchen Fall kann ein Zwangsgeld gemäß § 888 ZPO verhängt werden. Die titulierte Auskunftspflicht über den Nach­lass ist eine unvertretbare Handlung.

Im folgenden Fall handelte es sich um eine Auskunft über einen Nachlassbestand. Dies ist regelmäßig eine unvertretbare Hand­lung. Eine Ausnahme liegt nur in den Fällen vor, in denen es darum geht, eine Abrechnung zu erteilen, die auch von Dritten erfolgen kann, wenn die Unterlagen vorliegen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Auskunft setzt vielmehr voraus, dass die Auskunftspflichtige ihre Kenntnisse höchstpersönlich mitteilt. Dies ist nicht anders zu bewerten, weil die Auskunft durch ein notarielles Verzeichnis zu erteilen ist gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB. Es handelt sich hier nach wie vor um eine unvertretbare Handlung. Eine weitere Voraussetzung für die Verhängung des Zwangsgeldes gemäß § 888 ZPO ist, dass die Handlung aus­schließlich vom Willen des Verpflichteten abhängt.

Dieser Wille fehlt, wenn die Handlung, die gefordert wird, unmöglich ist oder wenn sie von einem Willen abhängt, den der Schuldner nicht be­ein­flussen kann. Es ist dabei unerheblich, ob den Schuldner ein Verschulden trifft oder nicht. Im vorliegenden Fall hängt die Verpflichtung auch von der Mitwirkungspflicht des Notares ab. In einem solchen Fall ist die Schuldnerin gemäß § 888 ZPO ver­pflichtet, die Handlung des ihr gegenüber mitwirkungs­pflich­ti­gen Dritten mit der gebotenen Intensität einzufordern, die ihr zu­stehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten aus­zu­schöpfen und den Dritten dazu zu bewegen, mitzuwirken. Ist dies trotz intensiven Bemühens nicht möglich, ist die unvertretbare Handlung nicht unmittelbar erzwingbar. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Schuldner alles in seiner Macht stehende getan hat, um die Mitwirkung des Dritten zu erlangen und dass die Bemühungen im Einzelnen dargelegt werden können.

Im vorliegenden Fall hat die Auskunftsverpflichtete ihren Pflich­ten nicht genügt. Das Gericht sah es nicht als ausreichend an, 25 Notariate mit abschlägiger Antwort angefragt zu haben. Die Möglichkeiten seien nicht ausgeschöpft gewesen. Ein Notar kann eine Urkundenstätigkeit nicht ohne ausreichenden Grund ver­weigern, es besteht ansonsten die Möglichkeit, Beschwerde vor dem Landgericht zu erheben gemäß § 15 Abs. 2 BNotO. Dies wurde jedoch von der Auskunftsschuldnerin nicht vorgetragen. Diese Entscheidung bedeutet für die Praxis, dass die Notare bei Ablehnung der Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeich­nis­ses die Möglichkeit der Beschwerde nach § 15 Abs. 2 BNotO hinweisen müssen. Diese sollte beim Landgericht eingelegt werden und im Einzelnen erklärt. Nur in einem solchen Fall und der dezidierten Darlegung, dass sämtliche Bemühungen vorgenommen worden sind, um einen Notar zur Aufnahme des notariellen Nachlassverzeichnisses zu bewegen, genügen die Voraussetzungen, um ein Zwangsgeld zu vermeiden.

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Bei Pflegebetrug darf das Sozialamt Leistungen an Pflegebedürftige kürzen

Das SG Berlin hat mit Datum vom 26.10.2016 entschieden, dass das Sozialamt einer Pflegebedürftigen rückwirkend die Sozialhilfe um die Beiträge kürzen darf, die diese von einem kriminellen Pflegedienst als Belohnung für ihr Mitwirken beim Abrechnungsbetrug erhalten hat. Die Rückforderungen können sofort durchgesetzt werden, indem sie auf die laufende Grundsicherung angerechnet werden.

Im vorliegenden Fall hatte der betrügerische Pflegedienst dem Sozialleistungsträger Pflegeleistungen in Rechnung gestellt, die tatsächlich gar nicht erbracht worden sind. Hierüber hatte der Pflegedienst auch Kassenbücher geführt, die von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt wurden. An deren Richtigkeit bestand kein Zweifel. Eine Bestätigung fand ebenfalls durch die beschlagnahmten Dienstpläne statt.

Damit war die Aussage der Betroffenen widerlegt, dass sie keine sogenannten Kick-Back-Zahlungen erhalten hat. Bei einer Kick-Back-Zahlung handelt es sich um eine Belohnung, die monatlich an den am Betrug mitwirkenden Patienten ausgezahlt wird und einen Anteil am Betrugserlös darstellt. Dieses Geschäftsmodell ist in den letzten Jahren immer häufiger aufgetreten.

Durch die Entscheidung des SG Berlin ist nun klargestellt, dass die Sozialleistungen an Pflegebedürftige in einem solchen Fall bei betrügerischem Mitwirken gekürzt werden können.

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Auslegungsmöglichkeit einer Vollmacht als Testament

Das OLG München hat mit Datum vom 31.03.2016, Aktenzeichen 31 Wx 413/15, beschlossen, dass eine in einem Brief hand­schriftlich vom Erblasser verfasste Vollmacht eine testa­men­ta­rische Verfügung enthalten kann. Hierzu ist im Wege der Auslegung insbesondere zu prüfen, ob ein ernsthafter Testierwille des Erb­lassers zum Zeitpunkt der Abfassung des Briefes bestand.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die ledige Erblasserin war am 16.12.2002 im Alter von 77 Jah­ren verstorben. Das Nachlassgericht erteilte aufgrund gesetz­licher Erbfolge am 25.01.2006 einen Erbschein, der die Betei­ligten zu 1 – 3 als Miterben auswies. Der Beteiligte zu 4 legte mit Schreiben vom 18.08.2015 einen Brief der Erblasserin vom 20.10.1975 vor, welchen er nach eigenen Angaben erst zu diesem Zeitpunkt bei Durchsicht seiner Unterlagen aufgefunden hatte. Inhalt des Schreibens war, dass die Erblasserin feststellte, dass sie sich entschlossen habe, nach ihrem Tod das Vermögen dem Beteiligten zu 4 zur Verfügung zu stellen. Falls ihr uner­wartet etwas zustoßen sollte, dann sollte dieses Schreiben als Vollmacht gelten. Das Schreiben war ordnungsgemäß datiert und unterschrieben.

Das Nachlassgericht ordnete daraufhin die Einziehung des Erbscheins mit Beschluss vom 11.09.2015 an, da der Brief vom 20.10.1975 als Erbeinsetzung angesehen wurde. Lediglich die Beteiligten zu 2 und 3 wandten sich gegen diesen Beschluss.

Der Senat entschied, dass die Auffassung des Nachlassgerichts, dass die Erblasserin mit dem Brief vom 20.10.1975 ein Testa­ment errichtet hatte und darin den Beteiligten zu 4 zu ihrem Erben eingesetzt hat, nicht haltbar ist. Somit liegen die Voraussetzungen für die Einziehung des Erbscheins nicht vor.

Jedoch kann grundsätzlich in einem vom Erblasser eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Brief der letzte Wille des Erblassers enthalten sein. Genügt diese den formalen Voraus­setzungen des § 2247 BGB, kann diese schriftlich niedergelegte Erklärung nur dann als letztwillige Verfügung gelten, wenn sie auf einen amtlichen Testierwillen des Erblassers beruht. Ob ein solcher amtlicher Testierwille vorliegt, muss im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung aller erheblichen, auch außerhalb der Urkunde liegenden Umstände und der allgemeinen Lebenserfahrung beurteilt werden. Bei einem Brieftestament sind an den Nachweis des Testierwillens strenge Anforderungen zu stellen. Der Umstand, dass die Erblasserin das Schreiben nicht als Testament oder ähnliches bezeichnet hatte, stellt kein Indiz gegen die Errichtung eines Testaments dar. Das Fehlen einer solchen Bezeichnung ist unschädlich. Entscheidend ist vielmehr, dass sich aus dem Schriftstück der Wille der Erblasserin ergibt, die Folgen ihres Todes ernsthaft und umfassend zu regeln.

Im vorliegenden Fall geht der Senat nicht davon aus, dass in dem Schreiben von der Erblasserin zum Ausdruck gebracht werden soll, dass der Beteiligte zu 4 Erbe wird. Somit war die Beschwerde erfolgreich.

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Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge und in Fürsorgeangelegenheiten

Der Bundesrat hat am 14.10.2016 den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge und Fürsorgeangelegenheiten beschlossen.

In diesem ist verankert, dass ein Partner, der z.B. wegen eines Unfalls nicht mehr in der Lage ist, für sich zu entscheiden, durch den Ehegatten in Fragen der Gesundheitsangelegenheiten vertreten werden darf. Der Ehegatte kann gemäß diesem Gesetz in ärztliche Heilbehandlungen einwilligen oder Behandlungsverträge abschließen. Ebenso soll der Arzt von seiner Schweigepflicht gegenüber dem Ehegatten entbunden sein. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Ehepartner nicht dauernd getrennt leben. Dem Arzt oder Krankenhaus darf keine anderweitige Vollmacht vorliegen, es darf keine Betreuung angeordnet und kein dem entgegenstehender Wille des Betroffenen bekannt sein. Problematisch hieran ist, dass, wenn der Ehegatte der Bevollmächtigung des anderen Ehegatten widersprechen möchte, diesen Widerspruch gegenüber den Erklärungsempfängern oder einer Vertrauensperson äußern muss. Als Erklärungsempfänger gelten insbesondere Ärzte und Krankenhäuser. Hat der Patient jedoch keine Vertrauensperson und will der Bevollmächtigung seines Ehegatten widersprechen, ist es unmöglich, diesen Widerspruch sämtlichen Ärzten und Krankenhäusern gegenüber zu äußern. Dies stellt einen sehr großen Kritikpunkt dar.

Die Entwurfsbegründung beinhaltet ausdrücklich, dass das Gesetz eine Vorsorgevollmacht nicht ersetzen soll. Es soll auch lediglich eine Regelung in Bezug auf Gesundheitsangelegenheiten durch das Gesetz getroffen werden. Das Gesetz erweckt jedoch fälschlicherweise den Eindruck, dass eine Vorsorgevollmacht unter Ehegatten durch dieses Gesetz nun entbehrlich ist.

Somit ist festzuhalten, dass nach wie vor die Erteilung einer Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung gegenüber Bevollmächtigten unerlässlich ist.1411

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Testamentarische Zuwendung von Einzelgegenständen

Das OLG Hamburg hat mit Schluss vom 06.10.2016, Aktenzeichen 2 W 69/15, entschieden, dass es erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten der Zuwendung von Einzelgegenständen an mehrere Empfänger nacheinander gibt, die zu einer Erbeinsetzung führen.

Die Leitsätze diesbezüglich lauten wie folgt:

  1. Durch Zuwendungen über Einzelgegenstände im Gesamtwert von ca. 3/4 des Nachlasses verfügt der Erblasser nicht über sein praktisch gesamtes Vermögen, so dass die Zweifelsregelung des § 2087 Abs. 2 BGB, wonach mit der Zuwendung von Einzelgegenständen im Zweifel keine Erbeinsetzung verbunden ist, nicht ausgeräumt ist.
  2. Will der Erblasser einen bestimmten Vermögensgegenstand zunächst einer Person und nach deren Tod einer anderen Person zuwenden, kann dies entweder in Form von – teilweise aufschiebend bedingten – Vermächtnissen oder aber im Rahmen der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft erfolgen. Trotz des Grundsatzes der Universalsukzession kann eine gegenständlich beschränkte Vor- und Nacherbschaft im Ergebnis dadurch erreicht werden, dass dem Vorerben alle übrigen Nachlassgegenstände mit Ausnahme desjenigen, der Gegenstand der Nacherbschaft werden soll, zu gleich – endgültig – im Rahmen von Vorausvermächtnissen zugewiesen werden. Ob von Vermächtnissen oder eine Vor-/Nacherbschaft auszugehen ist, entscheidet sich danach, ob der Erblasser dinglich wirkende Verfügungsbeschränkungen der zunächst bedachten Person festlegen oder es – wie bei Vermächtnissen – bei bloß schuldrechtlichen Ansprüchen gegen diese Person bzw. deren Erben belassen wollte.

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Ist die Auferlegung von Zwangsgeld zur Mitteilung der Adressen der Geschwister an das Nachlassgericht möglich?

Das OLG Karlsruhe hat mit Datum vom 18.05.2016, Aktenzeichen 11 W 41/16 (Wx), beschlossen, dass § 35 FamFG dem Gericht nicht die Befugnis gibt, einem Beteiligten Verpflichtungen beliebigen Inhalts aufzuerlegen und diese durch Zwangsmittel zu erzwingen.

Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Dem Beschwerdeführer wurde durch das Nachlassgericht ein Zwangsgeld auferlegt. Dieser ist Sohn der Erblasserin und tes­tamentarischer Alleinerbe. Durch Verfügung vom 05.05.2015 wurde er vom Nachlassgericht gebeten, die Anschriften seiner Geschwister mitzuteilen. Als er dieser Aufforderung nicht nach­kam, wurde er mit Schreiben vom 01.12.2015 hieran erinnert und die Verhängung eines Zwangsgeldes gem. § 35 FamFG angedroht. Da daraufhin immer noch keine Adressen mitgeteilt wurden, wurde mit Beschluss vom 23.02.2016 gem. § 35 FamFG ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 € gegen den Be­schwer­deführer verhängt. Hiergegen legte der Beschwerde­füh­rer Beschwerde ein.

Das OLG Karlsruhe entschied, dass der Zwangsgeldbeschluss bereits deshalb aufzuheben sei, da es an einer Rechtsgrundlage für die Beauftragung des Beschwerdeführers für die Adressen­ermittlung weiterer Beteiligter in einer mit Zwangsmittel durchsetzbaren Weise fehlt.

§ 35 Abs. 1 Satz 1 FamFG sieht vor, dass das Gericht ein Zwangsgeld festsetzen kann, wenn aufgrund einer gerichtlichen Anordnung die Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung durchzusetzen ist. Nach Auffassung des OLG Karlsruhe räumt § 35 FamFG dem Gericht nicht die unbe­schränkte Befugnis ein, einem Beteiligten Verpflichtungen be­lie­bi­gen Inhalts aufzuerlegen. Vielmehr muss eine andere Vor­schrift des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes dem Gericht die Befugnis zur Auferlegung der jeweiligen Ver­pflich­tung geben. Dies hat das Nachlassgericht in der Verhängung des Zwangsgeldes verkannt. Die Amtsermittlungspflicht des § 26 FamFG ist keine gesetzliche Ermächtigung im vorgenannten Sinn. § 26 FamFG beinhaltet die gesetzliche Verpflichtung des Gerichts, die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen von Amts wegen festzustellen. Dies beinhaltet jedoch nicht die Befugnisse des Gerichts, einen Beteiligten zu Angaben zu zwingen. Ebenso stellt § 27 FamFG keine ausreichende gesetzliche Ermächtigung dar. Auch wenn durch diese Vorschrift Verfahrenspflichten begründet werden, ist keine konkrete Ermächtigungsnorm gegeben, um eine nach § 35 FamFG erzwingbare Verpflichtungsanordnung zu erlassen.

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