Kategorien-Archiv Familienrecht

Dienstwagen zur privaten Nutzung erhöht unterhaltspflichtiges Einkommen

Wird einem unterhaltspflichtigen Arbeitnehmer ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zu Verfügung gestellt, erhöht sich sein unter­haltspflichtiges Einkommen in dem Umfang, in dem er eigene Auf­wen­dungen für die Unterhaltung eines Pkw erspart. Das hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm am 10.12.2013 entschieden und insoweit die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts – Familiengericht – Gladbeck bestätigt.

Die Beteiligten, getrennt lebende Eheleute aus Marl, streiten über Trennungsunterhalt. Dem unterhaltspflichtigen Ehemann steht ein von seinem Arbeitgeber finanziertes Firmenfahrzeug (Skoda Octavia) auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Dieses setzt der Ehemann unter anderem bei Besuchen der gemeinsamen, bei der Ehefrau lebenden Tochter ein. Das Fahrzeug wird mit einem Betrag von 236 Euro brutto auf den monatlichen Gehaltsabrechnungen des Ehemanns ein­kom­mens­erhöhend aufgeführt und sodann als Nettobetrag von dem Gesamtbruttoeinkommen abgezogen.

Der Ehemann hat gemeint, dass ein Pkw-Vorteil in Höhe von 236 Euro bei der Berechnung des ihm monatlich zur Verfügung ste­henden, der Unterhaltsberechnung zugrunde zu legenden Ein­kom­mens nicht zu berücksichtigen sei. Dieser sei kein an­zu­rech­nender Privatvorteil, weil er den Pkw privat nur für die Besuche seiner Tochter einsetze und private Fahrten im Übrigen mit seinem Motorrad erledige.

Der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm hat es abgelehnt, den Nettobetrag als einkommensmindernden Abzug anzuerkennen. Der Ehemann habe insoweit einen mo­nat­lichen Nutzungsvorteil, der beim unterhaltspflichtigen Einkom­men zu berücksichtigen sei. Dieses erhöhe sich um den Betrag ersparter eigener Aufwendungen für die Unterhaltung eines Pkw, wenn einem Arbeitnehmer ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt werde. Hiervon sei im vor­lie­genden Fall mangels beachtlichen gegenteiligen Vortrags aus­zugehen. Der Ehemann nutze den Pkw privat für das Abholen und Zurückbringen der gemeinsamen Tochter, so dass neben der beruflichen Nutzung eine anteilige Privat­nutzung vorliege. Ihr Vorteil könne mit dem in der Gehaltsabrechnung angegebenen Betrag bewertet werden. Einen geringeren Umfang der Privat­nutzung im Verhältnis zur gesamten Nutzung habe der Ehe­mann nicht dargelegt. Auf eine fehlende Ersparnis eigener Aufwen­dun­gen unter dem Gesichtspunkt, dass er sich den Dienstwagen privat nicht angeschaffte hätte, könne sich der Ehemann nicht berufen, nachdem er selbst vorgetragen habe, dass er einen Pkw für die Umgangskontakte mit seiner Tochter nutze.

Rechtskräftiger Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 10.12.2013 (2 UF 216/12)

Quelle: Oberlandesgericht Hamm Pressemitteilung vom 03.04.2014

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Unterhalt bei unberechtigten Missbrauchsvorwürfen verwirkt

Der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten kann verwirkt sein, wenn er dem unterhaltsverpflichteten Ehegatten über Jahre wiederholt zu Unrecht sexuellen Missbrauch vorwirft und die Vorwürfe objektiv geeignet sind, den Unterhaltsverpflichteten in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und so seine familiäre, soziale und wirtschaftliche Existenz zu zerstören. Das hat der 2. Senat für Familiensachen des Ober­landesgerichts Hamm am 03.12.2013 entschieden und insoweit den erstinstanzlichen Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Dorsten bestätigt.

Die in Dorsten und Essen lebenden Eheleute sind seit dem Jahre 2002 rechtskräftig geschieden. Aus der im Jahre 1980 ge­schlos­senen Ehe sind 4 mittlerweile erwachsene Kinder hervor­ge­gan­gen. Nach der Trennung der Eheleute im Jahre 1999 behauptete die Ehefrau im Rahmen der familiengerichtlichen Auseinan­der­set­zung, der Ehemann habe die 1993 geborene gemeinsame Toch­ter sexuell missbraucht. Daraufhin eingeholte Sachverstän­di­gen­gut­achten kamen 2001 zu dem Ergebnis, dass es keine An­halts­punkte für einen Missbrauch des Kindes durch den Vater gibt. In Kenntnis dieses Ergebnisses erklärte die Ehefrau noch im Jahre 2001 gegenüber der Vermieterin des Ehemanns, der Ehemann sei ein „Kinderschänder“ und äußerte 2002 gegenüber seiner Lebensgefährtin, er habe pädophile Neigungen. Einen Verdacht, der Ehemann habe die gemeinsame Tochter missbraucht, teilte sie 2002 zudem dem Jugendamt mit. Wegen dieser Äußerungen verurteilte das Landgericht Duisburg die Ehefrau im Jahre 2003 dazu, es zu unterlassen, gegenüber Dritten zu behaupten, der Ehemann sei ein Kinderschänder. Den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs wiederholte die Ehefrau 2002 zudem gegenüber zwei ihrer Kinder und sodann 2005 im Rahmen einer zivil­ge­richt­lichen Auseinandersetzung mit dem Ehemann und deutete den Vorwurf 2006 in einem an den Verfahrensbevollmächtigten des Ehemanns gerichteten Schreiben erneut an.

Im anhängigen familiengerichtlichen Verfahren hat die Ehefrau nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich über 1.500 € verlangt und u.a. gemeint, ihr Anspruch sei nicht verwirkt. Ihre Verdachtsmomente für einen sexuellen Missbrauch habe sie äußern dürfen, wahrheitswidrig erhobene Missbrauchsvorwürfe könnten ihr auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht als Fehl­verhalten vorgeworfen werden, weil sie seinerzeit an De­pres­sio­nen gelitten habe.

Das Unterhaltsverlangen der Ehefrau ist erfolglos geblieben. Der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm hat ihren Anspruch auf Nachscheidungsunterhalt als verwirkt ange­se­hen. Die Ehefrau habe dem Ehemann über Jahre wiederholt zu Unrecht den sexuellen Missbrauch der Tochter vorgeworfen. Nach der Vorlage der Sachverständigengutachten stellten ihre Äuße­run­gen gegenüber unbeteiligten Dritten wie der Vermieterin, der Lebensgefährtin, den Kindern und einer Zivilrichterin ein schwer­wiegendes, eindeutig bei der Ehefrau liegendes Fehl­verhalten dar. Die wiederholt und über mehrere Jahre ohne tatsächliche An­halts­punkte auch Dritten gegenüber geäußerten Missbrauchs­vorwürfe seien objektiv geeignet gewesen, den Ehemann in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und hätten so seine familiäre, soziale und wirtschaftliche Existenz zerstören können. Bei den schon objektiv sehr schwerwiegenden Vorwürfen komme es nicht darauf an, ob sie von der Ehefrau im Zustand einer Schuldunfähigkeit erhoben worden seien. Bei derart schweren und nachhaltigen Beeinträchtigungen gebiete es die nacheheliche Solidarität auch nicht mehr, einem ggfls. schuldlos handelnden Ehegatten Unterhalt zu gewähren.

Rechtskräftiger Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 03.12.2013 (2 UF 105/13)

Quelle: Oberlandesgericht Hamm Pressemitteilung vom 20.03.2014

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Kindesunterhaltsberechnung nach fiktivem Vollerwerbseinkommen

Kindesunterhalt ist bei der Zurechnung eines fiktiven Einkommens im Regelfall nach einem fiktiven Vollerwerbseinkommen und nicht nach einem fiktiven Nebenerwerbseinkommen neben einem Sozialleistungsbezug zu berechnen. Das gilt auch dann, wenn der Unterhaltsschuldner nach der Berechnung mit einem Vollerwerbseinkommen nicht leistungsfähig ist, während er nach der Berechnung mit einem Nebenerwerbseinkommen aufgrund des niedrigeren Selbstbehalts Unterhalt zahlen müsste. Das hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm mit einem am 06.01.2014 erlassenen Beschluss unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung des Amtsgerichts – Familiengerichts – Herne entschieden.

Die Beteiligten, in Bochum und Herne getrennt lebende Eheleute tamilischer Herkunft, streiten über die Verpflichtung des Kindes­vaters zur Zahlung von monatlich ca. 950 Euro Unterhalt für die drei bei der Mutter lebenden minderjährigen Kinder im Alter von 15, 13 und 11 Jahren. Der Vater bezieht Arbeitslosengeld-II-Leistungen in Höhe von ca. 775 Euro monatlich. Nach der Aufgabe einer selbständigen Tätigkeit im Gastronomiegewerbe im Jahre 2012 hätte er als ungelernter Hilfskoch tätig werden können, ohne diese Tätigkeit in der Folgezeit auszuüben.

Im Unterschied zum Familiengericht Herne hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm die für einen Unterhaltsanspruch der Kinder notwendige Leistungsfähigkeit des Vaters nicht feststellen können. Der Vater sei zwar in der Lage, einer vollschichtigen abhängigen Beschäftigung nachzugehen und habe nicht ausreichend dargelegt, dass er diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen oder trotz ausreichender Bemühungen um einen Arbeitsplatz nicht habe ausüben können. Für die Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit sei ihm daher ein fiktives Vollerwerbseinkommen zuzurechnen. Dies betrage bei einem Hilfskoch in Nordrhein-Westfalen monatlich durchschnittlich 1.387 Euro brutto. Von diesem Einkommen seien Steuern, Sozialversicherungsabgaben und berufsbedingte Aufwendungen in einer Höhe abzuziehen, dass ein Nettobetrag verbleibe, der unter dem monatlichen Selbstbehalt eines Vollerwerbstätigen von 1.000 Euro liege. Hiernach sei der Vater nicht leistungsfähig und schulde keinen Unterhalt.

Rechnerisch lasse sich zwar eine Leistungsfähigkeit geringen Umfangs begründen, wenn man von den monatlichen Sozial­gesetzbuch-II-Leistungen und einem dazu fiktiv erzielten, teilweise anrechnungsfrei bleibenden monatlichen Neben­ein­kom­men ausgehe. Dieses ergäbe ein fiktives Einkommen von ca. 940 Euro, dem ein Selbstbehalt eines teilweise Erwerbstätigen von 850-900 Euro gegenüberstehe. Die Differenz verbleibe rechnerisch als eine Leistungsfähigkeit geringen Umfangs zum Kindesunterhalt.

Aus der gesetzlichen Regelung des Sozialgesetzbuches II folge aber, dass es nur bei einem bereits titulierten Unterhaltsanspruch auf das aus Sozialleistungen und einem Nebeneinkommen bestehende Einkommen mit dem geringeren Selbstbehalt des die Sozialleistungen beziehenden Unterhaltsschuldners ankomme. Gebe es – wie im vorliegenden Fall – noch keinen Unterhaltstitel, solle es dem Unterhaltsgläubiger hingegen nach dem sozial­po­li­ti­schen Sinn und Zweck des Gesetzes nicht ermöglicht werden, Kindesunterhalt auf der Grundlage eines Verbleibs des Unter­halts­schuldners im Bezug von Sozialleistungen und eines an­rech­nungsfreien Teils fiktiver Nebeneinkünfte erstmals ti­tu­lie­ren zu lassen. Die Leistungsfähigkeit des Kindesvaters als Unter­halts­schuldner sei daher nach einem fiktiven Vollerwerbseinkommen zu beurteilen.

Beschluss des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 02.01.2014, erlassen am 06.01.2014 (3 UF 192/13)

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Auflösung der gemeinsamen elterlichen Sorge – nicht zur Regelung von Kommunikationsproblemen geschiedener Kindeseltern

Die gemeinsame elterliche Sorge kann nicht zur Regelung von Kommunikationsproblemen in der Beziehung der geschiedenen Kindeseltern aufgelöst werden. Sie ist vielmehr beizubehalten, wenn das Kindeswohl keine Abänderung erfordert. Das hat der 2. Senat für Familiensachen des Ober­lan­des­gerichts Hamm am 23.07.2013 unter Abänderung der erstinstanzli­chen Entscheidung des Amtsgerichts – Familiengericht – Marl ent­schieden.

Die beteiligten Kindeseltern aus Marl sind geschiedene Eheleute. Ihre heute 9 und 11 Jahre alten gemeinsamen Kinder leben seit der Trennung im Jahre 2007 bei der Kindesmutter. Die elterliche Sorge für ihre Kinder übten beide Eltern in der Folgezeit gemeinsam aus. Lediglich das Aufenthaltsbestimmungsrecht wurde auf die Kindesmutter übertragen. Für den Kindesvater vereinbarten die Eltern ein Umgangsrecht. Im Jahre 2012 hat die Kindesmutter beantragt, ihr die alleinige elterliche Sorge für die Kinder zu übertragen und dies mit zunehmenden Kommu­ni­ka­tions­problemen zwischen ihr und dem Kindesvater begründet, unter denen auch die Kinder zu leiden hätten.

Der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm hat es abgelehnt, die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben und der Kindesmutter die Alleinsorge zu übertragen. Die im Jahre 2012 aufgetretenen Kommunikationsprobleme zwischen den Eheleuten rechtfertigten keine Auflösung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Maßstab und Ziel sei insoweit allein das Kin­des­wohl und nicht der Ausgleich persönlicher Defizite zwischen den Eltern. Unter Würdigung aller Gesichtspunkte des zu entschei­den­den Falls sei die gemeinsame elterliche Sorge beizubehalten. Ihre Ausübung habe offenbar bis Mitte des Jahres 2012 funk­tio­niert. Nach den dann aufgetretenen Problemen hätten die Eltern im Oktober 2012 eine Regelung zu Anrufen des Vaters bei den Kindern vereinbart, an die sich der Vater halte und offenbar ein zuvor übertriebenes Kontrollverhalten eingesehen habe. Auch wenn die Kindesmutter eine Kommunikation mit dem Vater verweigere, rechtfertige dies nicht seinen Ausschluss von der elterlichen Sorge. Nach wie vor seien Vereinbarungen der Kindeseltern über wichtige Belange der Kinder möglich, in sorgerechtsrelevanten Themen gebe es kein Konfliktpotential zwischen ihnen. Der Kindesmutter sei es daher zuzumuten, weiterhin im Interesse des Kindeswohls mit dem Vater zu kooperieren. Dem Kindesvater sei es zuzumuten, seine Positionen gegenüber der Kindesmutter in maßvoller Weise geltend zu machen.

Rechtskräftiger Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 23.07.2013 (2 UF 39/13)

Quelle: Oberlandesgericht Hamm Pressemitteilung vom 21.01.201421

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Das Kindeswohl kann die Zuweisung der Ehewohnung bei getrennt lebenden Ehegatten bestimmen

Streiten getrennt lebende Ehegatten über die Zuweisung der Ehewohnung, kann es aus Gründen des Kindeswohls gerechtfertigt sein, die Wohnung einem der Ehe­gatten zur alleinigen Nutzung zuzuweisen. Das hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm am 24.09.2013 ent­schieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Amts­gerichts Marl bestätigt.

Die am Verfahren beteiligten Eheleute aus Marl sind Eltern eines im Jahre 1994 geborenen, noch in der Schulausbildung be­find­lichen Sohnes. Sie leben seit April 2012 getrennt. Nach der Trennung ist die Ehefrau mit dem volljährigen Sohn in der zuvor gemeinsam genutzten Ehewohnung geblieben, die im hälftigen Miteigentum der beteiligten Kindeseltern steht. Nach Strei­tig­keiten zwischen Ehefrau und Sohn hat der Ehemann beantragt, die Ehewohnung an ihn herauszugeben, damit er diese gemein­sam mit dem Sohn bewohnen kann.

Der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm hat die Ehefrau – nach Ablauf einer Räumungsfrist – zur Räu­mung verpflichtet und dem Ehemann die Ehewohnung zur Nutzung während der Zeit der Trennung zugewiesen. Dies sei zur Vermeidung einer unbilligen Härte aus Gründen des Kin­des­wohls geboten. Betreffe eine Wohnungszuweisung Kinder, seien ihre Belange bei der Abwägung grundsätzlich vorrangig zu be­rücksichtigen, unabhängig von der Volljährigkeit des Kindes. Das gelte auch im zu entscheidenden Fall. Das Interesse des Sohnes an einer geordneten und möglichst entspannten Fa­mi­lien­situation habe Vorrang vor dem Interesse der Kindesmutter an dem Verbleib in der Wohnung. Ausgehend hiervon sei die Zu­wei­sung der Ehewohnung an den Ehemann geboten. Das ge­gen­wärtige Verhältnis zwischen der Ehefrau und dem Sohn sei nachhaltig gestört und dem Kindeswohl nicht dienlich. Diese verfahrene Situation könne nur dadurch aufgelöst werden, dass die Ehefrau die Wohnung räume, damit sie von dem Sohn und dem Ehemann, zu dem der Sohn ein gutes Verhältnis habe, gemeinsam bewohnt werden könne. Die familiären Verhältnisse ließen es nicht zu, dass der Ehemann gemeinsam mit seinem Sohn in eine andere Wohnung ziehe. Vorrangig zu berück­sich­tigende Interessen der Ehefrau, ihr die Wohnung zu er­hal­ten, seien nicht erkennbar.

Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 24.09.2013 (2 UF 58/13)

Quelle: Oberlandesgericht Hamm Pressemitteilung vom 18.12.2013

 

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Kein Anspruch auf Unterhalt, soweit BAföG-Leistungen den Unterhaltsbedarf decken können

Ein Kind kann von seinen Eltern keinen Unter­halt verlangen, soweit es seinen Unter­halts­bedarf durch BAföG-Leistungen decken kann, auch wenn diese zum Teil als Darlehn gewährt werden. Das hat der 2. Senat für Familiensachen des Ober­landes­gerichts Hamm mit Beschluss vom 26.09.2013 entschieden und damit die erst­in­stanz­liche Entscheidung des Amtsgerichts – Familiengericht – Bottrop bestätigt.

Die in Dortmund bei ihrer Mutter wohnhafte, 21 Jahre alte Antragstellerin studiert an der Universität Duisburg-Essen. Ihr in Bottrop wohnhafter Vater, der Antragsgegner, zahlt monatlich ca. 210 € Kindesunterhalt. Unter Hinweis auf ihr Studium hat die Antragstellerin vom Antragsgegner eine Erhöhung der monat­lichen Unterhaltsleistungen auf ca. 380 € verlangt. Einen Antrag auf BAföG-Leistungen, die regelmäßig zu 50% als Zuschuss und zu 50% als zinsloses Darlehn gewährt werden, hat sie nicht gestellt, u.a. um sich nicht schon zu Beginn ihres Berufslebens zu verschulden.

Die von der Antragstellerin für ihr Unterhaltsbegehren bean­tragte Verfahrenskostenhilfe hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm versagt. Die Antragstellerin habe ihre Unterhaltsdefürftigkeit nicht dargetan. BAföG-Leistungen seien unterhaltsrechtliches Einkommen, das die Bedürftigkeit mindere. Im Unterhaltsrecht obliege es ggf. dem Verpflichteten, ein Darlehn aufzunehmen, um seine Lesitungsfähigkeit zu erhalten. Entsprechendes gelte aber auch für den Unterhalts­berechtigten, der – im Rahmen des Zumutbaren – eine Mög­lichkeit zur Kreditaufnahme ausnutzen müsse, um nicht selbst unterhaltsbedürftig zu werden. Im vorliegenden Fall sei es der Antragstellerin zuzumuten, BAföG-Leistungen in Anspruch zu nehmen. Diese würden zur Hälfte als Zuschuss und zur anderen Hälfte als unverzinsliches Darlehn gewährt. Das Darlehn sei erst fünf Jahre nach dem Ende der Förderung in monatlichen Raten – bis zu einem Höchstbetrag von 10.000 € – zu tilgen, wobei bei guten Leistungen ein Teil des Darlehns erlassen werde. Wegen dieser günstigen Darlehnsbedingungen sei es einem Studie­ren­den in der Regel zuzumuten, BAföG in Anspruch zu nehmen. Für einen von ihr vorzutragenden und nachzuweisenden Aus­nah­me­fall habe die Antragstellerin nichts dargetan. Allein aus der Motivation heraus, nicht bereits zu Beginn des Berufslebens mit einer Darlehnsverbindlichkeit aus BAföG-Leistungen belastet zu sein, sei die Inanspruchnahme von BAföG nicht unzumutbar. Da es die Antragstellerin bewusst unterlassen habe, einen BAföG-Antrag zu stellen, sei ihr in Höhe der BAföG-Leistungen ein fiktives, ihren Unterhaltsanspruch minderndes Einkommen zu unterstellen. Dass sie mit diesem und mit den vom Antrags­gegner monatlich gezahlten Unterhalt ihren monatlichen Mindest­bedarf nicht decken könne, sei nicht ersichtlich.

rechtskräftiger Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 26.09.2013 (2 WF 161/13), erlassen am 27.09.2013

Quelle: Oberlandesgericht Hamm Pressemitteilung vom 15.11.2013

 

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Scheidung nach Alzheimererkrankung

Ein an einer Demenz vom Typ Alzheimer Erkrankter kann geschieden werden, wenn die Eheleute seit mehr als einem Jahr getrennt leben, der Erkrankte im Zusammenhang mit der Tren­nung einen natürlichen Willen zur Scheidung und Tren­nung gefasst hat und er die Wiederaufnahme der ehelichen Lebens­gemeinschaft abgelehnt hat.

Der Scheidung steht dann nicht entgegen, dass der Erkrankte zum Schluss der mündlichen Verhandlung im familien­ge­richt­lichen Verfahren aufgrund der fortgeschrittenen Erkrankung keinen Scheidungswillen mehr fassen kann. Das hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm mit Beschluss vom 16.08.2013 entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des zuständigen Amtsgerichts bestätigt.

Der an einer Demenz vom Typ Alzheimer erkrankte, über 60 Jahre alte An­trag­steller heiratete die ca. 20 Jahre jüngere Antragsgegnerin im Frühjahr des Jahres 2011. Ende des Jahres kam es nach rund achtmonatigem ehelichen Zusammenleben zur Trennung der Eheleute. Die in der Folgezeit für den An­trag­steller bestellte Betreuerin reichte im Jahre 2012 einen Schei­dungsantrag ein, dem die Antragsgegnerin mit der Begründung, dass der Antragsteller an der Ehe festhalten wolle, entgegen­ge­tre­ten ist.

Der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm hat die vom Familiengericht ausgesprochene Scheidung be­stä­tigt. Der Senat sei davon überzeugt, dass die Ehe ge­schei­tert sei. Die Scheidung sei von dem durch seine Betreuerin ver­tre­te­nen Antragsteller wirksam beantragt, der Antrag durch das zuständige Betreuungsgericht genehmigt worden. Aus Sicht des Antragstellers sei die Ehe zerrüttet, eine Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht zu erwarten. Nachdem die Eheleute länger als ein Jahr getrennt lebten, lägen die ge­setz­lichen Scheidungsvoraussetzungen vor, auch wenn die Antrags­gegnerin an der Ehe festhalten wolle.

Dass sich der Antragsteller mit einer Trennungs- und Schei­dungs­absicht von der Antragsgegnerin getrennt habe, habe die vom Familiengericht durchgeführte Beweisaufnahme ergeben. Bei einer im Frühjahr 2012 im Rahmen seines Betreu­ungs­verfahren durchgeführten richterlichen Anhörung habe der Antragsteller seinen Willen zur Trennung und Scheidung klar geäußert und zu diesem Zeitpunkt trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen noch wirksam äußern können. Das habe eine fachärztliche Stellungnahme bestätigt. Im Zeitpunkt seiner Anhörung im familiengerichtlichen Verfahren sei die Erkrankung zwar schon so weit fortgeschritten, dass der Antragsteller die Bedeutung der Ehe und die einer Scheidung nicht mehr habe erfassen können. Das verbiete jedoch nicht die Scheidung, nachdem sich der Antragsteller aufgrund des Fortschritts seiner Erkrankung bereits in einem Zustand äußerster Eheferne befinde und sein zuvor gefasster Scheidungswille sicher feststellbar sei.

Beschluss des 3. Senats für Familiensachen vom 16.08.2013 (3 UF 43/13)

Quelle: Oberlandesgericht Hamm Pressemitteilung vom 14.10.2013

 

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Jugendamt darf eingreifen, damit ein Elfjähriger zur Schule geht

Ein Jugendamt darf eingreifen, wenn ein elf­jähriger Junge nicht zur Schule geht und die Eltern die Schulunlust ihres Kindes akzeptieren. Die Eltern können zur Unter­stützung eines Schulbesuchs ihres Kindes verpflichtet werden. Das hat der 8. Senat für Familien­sachen des Oberlandesgerichts Hamm mit Beschluss vom 12.06.2013 entschieden.

Der heute elfjährige Junge wohnt bei seinen 49 und 51 Jahre alten Eltern im Kreis Warendorf. Er ist das jüngste Kind der Familie. Im Alter von 7 Jahren eingeschult fehlte der Junge bereits im ersten Schuljahr an über 40 Tagen in der örtlichen Grundschule, von der ihn die Eltern im Jahre 2010 abmeldeten. In den nächsten Jahren besuchte er zwei weitere Grundschulen, an denen er nur wenige Tage blieb. Ein im Jahre 2012 unter­nom­me­ner Versuch, das Kind durch Lehrkräfte zu Hause zu beschu­len, um eine Wiedereingliederung in eine Schule vorzubereiten, scheiterte. Der Junge wird zurzeit durch seine Mutter, von Beruf Informatikerin, unterrichtet und verfügt über einen alters­ge­rech­ten Wissenstand. In der Vergangenheit lehnten es die Eltern ab, den Jungen gegen seinen Willen auf eine öffentliche Schule zu schicken.

Der 8. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm hat den Eltern das Recht zur Regelung der schulischen Ange­le­gen­heiten entzogen und dieses dem zuständigen Jugendamt übertragen. Dabei hat er davon abgesehen, das Kind aus dem elterlichen Haushalt herauszunehmen und die Eltern verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Junge der Schulpflicht nachkommt und ihn zum Schulbesuch zu motivieren.

Das geistige und seelische Wohl des Kindes sei – so die Senats­entscheidung – trotz des altersgerechten Wissensstandes ge­fähr­det. Im Hinblick auf die Weigerung des Kindes, zur Schule zu gehen, hätten die Eltern in der Erziehung versagt. Das bestätige das Gutachten des im Verfahren gehörten Sachverständigen. Zurzeit setzten die Eltern dem Kind keine Grenzen und Regeln, Pflichten seien diesem unbekannt. Da die Eltern die Schulpflicht des Kindes nicht akzeptierten und es in seiner Schulunlust för­derten, würden dem Jungen die Bildungsinhalte einer weiter­füh­ren­den Schule vorenthalten. Die Mutter werde trotz ihrer Aus­bil­dung nicht in der Lage sein, sämtliche Lerninhalte einer weiter­füh­ren­den Schule adäquat zu vermitteln. Ein Schulbesuch solle Kindern auch die Gelegenheit verschaffen, in das Gemein­schafts­leben hineinzuwachsen. Soziale Kompetenzen könnten effektiver eingeübt werden, wenn Kontakte mit der Gesellschaft nicht nur gelegentlich stattfänden, sondern Teil einer mit einem regel­mäßigen Schulbesuch verbundenen Alltagserfahrung seien.

Der in der Familie gut integrierte Junge könne zumindest vorerst im familiären Umfeld bleiben, deswegen sei den Eltern das Auf­ent­haltsbestimmungsrecht für ihr Kind zu belassen. Zu entziehen sei ihnen aber das Recht zur Regelung seiner schulischen An­ge­le­gen­heiten, weil sie nicht Willens und in der Lage seien, die Schulpflicht durchzusetzen. Mit den erteilten Auflagen würden die Eltern angehalten, künftige Versuche, die Schul­ver­wei­ge­rungs­haltung des Jungen aufzulösen, zu unterstützen.

rechtskräftiger Beschluss des 8. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 12.06.2013 (8 UF 75/12)

Quelle: Oberlandesgericht Hamm Pressemitteilung vom 26.08.201326

 

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Bundesverfassungsgericht entscheidet zu Gunsten homosexueller Lebenspartner bei Sukzessivadoption

Die Richter des Bundesverfassungsgerichtes haben das Adoptionsrecht homosexueller Lebenspartner gestärkt.

Bisher galt das Verbot der sogenannten Sukzessivadoption. Es handelt sich hierbei um Adoptionsfälle, in denen einer der beiden eingetragenen Lebenspartner ein Kind adoptiert hat und auch der andere Partner danach Adoptivmutter oder –vater werden möchte. Das Bundesverfassungsgericht hat nun entschieden, dass auch schwulen und lesbischen Lebenspartnern in diesen Fällen eine Adoption möglich sein muss. Bisher war dies nicht möglich.

Das Bundesverfassungsgericht sah das Recht auf Gleich­behandlung verletzt. Eine Rechtfertigung der Benachteiligung läge nicht dadurch vor, dass es sich um gleichgeschlechtliche Lebenspartner handle. Nach Aussagen des Gerichts könnten diese ebenso wie Partner in einer Ehe in dauerhafter recht­licher Bindung für das Wohl des Kindes sorgen.

Der erste Senat führte weiter aus, dass die zusätzliche, sogenannte Sukzessivadoption durch den zweiten Lebens­partner dem Wohl des Kindes in der Regel zuträglich sei so­wie die rechtliche Stellung des Kindes verbessere, ins­beson­dere würde das Kind bei Unterhalt und Erbrecht von einer doppelten Elternschaft profitieren.

Konsequenz hieraus ist, dass eine Neuregelung gefunden werden muss, eine Frist bis zum 30.06.2014 wurde durch das Bundesverfassungsgericht gesetzt. Weiterhin ordnet das Gericht an, dass eine Sukzessivadoption für eingetragene Lebenspartner ab sofort möglich ist.

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Vater muss seiner erwachsenen Tochter Unterhalt für ein Studium bezahlen

Der Vater einer heute 25 Jährigen schuldet seiner Tochter Unterhalt für ein im Oktober 2011 aufgenommenes Journalistikstudium. Das hat der 7. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm am 05.02.2013 entschieden und damit den erstinstanzlichen Be­schluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Dortmund bestätigt.

Der im Jahre 1949 geborene Vater, der für das Auswärtige Amt im europäischen Ausland berufstätig ist, hatte sich in einem im Jahre 2005 abgeschlossenen Vergleich gegenüber seiner im Jahre 1988 geborenen Tochter verpflichtet, Kindesunterhalt zu zahlen. Die Tochter stammt aus der im Jahre 2005 geschiedenen Ehe der Eltern und hat zwei Geschwister. Sie lebte nach der Trennung der Eltern im Jahre 2001 mit der Mutter in Dortmund. Dort legte sie im Jahre 2008 das Abitur ab und begann danach zunächst ein Studium für Tourismus und Freizeitmanagement in den Niederlanden. Dieses brach sie Anfang 2010 ab, absolvierte in der Folgezeit mehrere Praktika und einen längeren Aufenthalt in Australien, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Im Oktober 2011 nahm sie das Studium der Journalistik an einer Universität im Ruhrgebiet auf. Im vorliegenden Verfahren hat sich der Vater auf den Wegfall seiner Unterhaltspflicht ab März 2010 berufen und u.a. gemeint, seine Tochter sei nicht be­dürftig, zum Studium nicht geeignet, verletze ihre Obliegen­heiten und habe einen Unterhaltsanspruch zudem verwirkt

Das Amtsgericht hat auf den Wegfall der Unterhaltspflicht bis einschließlich September 2011 erkannt und für die Folgezeit einen Unterhalt von monatlich ca. 350 € zugesprochen. Der 7. Senat für Familiensachen hat die Beschwerde des Vaters zurückgewiesen, mit der er sich gegen die ab Oktober 2011 fortbestehende Unterhaltspflicht gewandt hat. Die Tochter habe, so 7. Senat für Familiensachen, gemäß § 1610 BGB Anspruch auf angemessenen Unterhalt für den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten für eine angemessene Berufs­ausbildung.

Für das im Jahre 2011 aufgenommene Journalistikstudium sei sie ausbildungsgeeignet. Die aus dem Abiturzeugnis ersichtlichen Leistungen disqualifizierten sie nicht für das Studium, ihre bisher im Studium gezeigten Leistungen indizierten ihre Geeignetheit.

Die Tochter habe auch nicht gegen die sie treffende Ausbil­dungs­obliegenheit verstoßen. Sie befinde sich noch in der Erstaus­bil­dung, die der Vater entsprechend seinen wirtschaftlichen Verhältnissen anteilig zu alimentieren habe. Ein Kind, das nach seinem Schulabschluss zunächst keine Ausbildung beginne, habe zwar mangels Bedürftigkeit zunächst keinen Unterhalts­an­spruch, es sei darauf zu verweisen, seinen Bedarf durch eigene (ungelernte) Arbeit oder aus eigenem Vermögen zu decken. Dadurch verliere es aber nicht den Anspruch auf Unterhalt für eine später begonnene angemessene Ausbildung. So könne auch ein 24jähriges Kind noch eine Ausbildung oder ein Studium beginnen. Von einem jungen Menschen könne nicht von Beginn an eine zielgerichtete, richtige Entscheidung in der Berufs­wahl erwartet werden. Ihm sei eine Orientierungsphase zur Berufs­wahl zuzubilligen, deren Dauer sich nach Alter, Entwicklungs­stand und den gesamten Lebensumständen richte. Hiernach sei es im vorliegenden Fall noch hinzunehmen, dass die Tochter ihr Studium in den Niederlanden bis zum Beginn des vierten Semesters abgebrochen und sich auch im Anschluss an dieses nicht sehr zielgerichtet im Hinblick auf ihr jetziges Studium verhalten habe. Nach den zeitlichen und familiären Umständen und unter Berücksichtigung des jetzt aufgenommenen Jour­na­listikstudiums, bei dem es immer noch um die Erstausbildung der Tochter gehe, sei noch nicht von einer Obliegenheits­verletzung der Tochter auszugehen.

Die Tochter habe auch nicht in unterhaltsrelevanter Weise gegen ihr obliegende Informationsobliegenheiten verstoßen und ihren Anspruch für die Zeit ab Oktober 2011 nicht verwirkt. Sie habe ihren Vater zwar im Hinblick auf die Studienerfolge des in den Niederlanden aufgenommenen Studiums unzutreffend unter­richtet und auch eigene Bezüge verschwiegen. In Bezug auf das jetzt aufgenommene Studium habe sie ihrer Informations­pflicht nunmehr aber genügt. Durch dieses Studium sei eine neue Situation entstanden. Der Tochter sei zuzubilligen, ihr Studium zügig zu Ende zu führen, hierzu bedürfe es auch einer Alimen­tation durch ihren Vater.

rechtskräftiger Beschluss des 7. Senats für Familiensachen vom 05.02.2013 (7 UF 166/12)

Quelle: Oberlandesgericht Hamm Pressemitteilung vom 29.05.2013

 

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