Änderungen im Betreuungsrecht zum 01.01.2023

Änderungen im Betreuungsrecht zum 01.01.2023

München – Generalvollmachten sind nach wie vor ein wichtiges Thema. Selbstbestimmt zu sein, obwohl man selber nicht mehr handeln kann, ist für viele verständlicherweise sehr wichtig. Aber auch, wenn man einen gerichtlichen Betreuer bestellt bekommt, soll gewährleistet sein, dass der Betreute ein gewisses Mitspracherecht hat. Zum 01.01.2023 haben sich daher einige Änderungen im Betreuungsrecht ergeben, welche bewirken sollen, die Selbstbestimmung und Willensberücksichtigung eines Betreuten zu stärken. Es ist nämlich das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts in Kraft getreten. Die Gesetzesänderung soll zu einer Verbesserung des Betreuungsrechts als solches führen.

Die wohl wichtigste Änderung ist, dass nun die Intention ist, dass der Betreuer den Betreuten unterstützt, seine Angelegenheiten rechtlich selbst zu besorgen und nur von seiner Vertretungsmacht Gebrauch macht, soweit dies erforderlich ist. Dies bedeutet, dass in Zukunft nach den Wünschen des Betreuten gehandelt werden soll und nicht wie bisher lediglich nach seinem Wohl. Dies hat zur Folge, dass der Betreuer die Wünsche des Betreuten feststellen muss. Diese hat er dann auch umzusetzen. Somit ist hiermit eine große Änderung dahingehend gegeben, dass der Betreute selbst mitentscheiden kann. Selbstverständlich gibt es diesbezüglich auch Einschränkungen. Es kann ja auch der Fall vorliegen, dass der Betreute wirklich nicht erkennen kann, dass er sich bei Handlungen selbst schadet.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass nun gesetzlich für den Fall einer privatschriftlichen Vollmacht geregelt wurde, dass es eine sogenannte Suspendierungsanordnung und Ausfertigungsherausgabe gibt. Dies bedeutet, dass das Betreuungsgericht anordnen kann, dass der Bevollmächtigte, der eine privatschriftlich erteilte Vollmacht innehat, aufgrund dieser nicht mehr handeln darf und die Vollmachtsurkunde an einen dann zu bestellenden Betreuer, einen sogenannten Kontrollbetreuer, herauszugeben hat, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt war das System der Kontrollbetreuung nicht gesetzlich geregelt.

In der Gesetzesänderung wurde nunmehr auch geregelt, dass eine Vorsorgevollmacht von einem Betreuer widerrufen werden kann, die den Bevollmächtigten zu Maßnahmen der Personensorge oder zu Maßnahmen in wesentlichen Bereichen der Vermögenssorge ermächtigt, wenn das Festhalten an der Vollmacht eine künftige Verletzung der Person oder des Vermögens des Betreuten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und mit einer erheblichen Schwere befürchten lässt und mildere Maßnahmen nicht geeignet erscheinen. Dies muss durch das Betreuungsgericht genehmigt werden. Sie sehen, hier liegt ein starker Eingriff vor. Schlussendlich soll dies dazu führen, dass über dem Bevollmächtigten, nachdem der Vollmachtgeber nicht mehr in der Lage ist, diesen zu kontrollieren, nun sozusagen immer ein Damoklesschwert schwebt, sich gegenüber dem Betreuungsgericht erklären zu müssen. Dies stellt einen starken Schutz für den Vollmachtgeber dar.

Neu eingeführt wurde auch § 1358 BGB, welcher meiner Ansicht nach sehr interessant ist. In diesem wurde geregelt, dass ein Ehegatte, der aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit handlungsunfähig ist und seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht mehr selbst besorgen kann, nun automatsch von dem anderen Ehegatten vertreten wird, was dazu führt, dass dieser für den handlungsunfähigen Ehegatten Entscheidungen im Rahmen der Gesundheitssorge treffen kann ohne Vollmacht. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn die Ehegatten getrennt leben, bekannt ist, dass eine Vertretung durch den anderen Ehegatten abgelehnt werden würde oder ein Bevollmächtigter bezüglich der Patientenverfügung vorliegen würde. Es handelt sich hierbei um ein befristetes gesetzlich normiertes Notvertretungsrecht für den anderen Ehegatten, welches nicht mehr vorliegt, wenn die Handlungsunfähigkeit des anderen Ehegatten nicht mehr gegeben ist oder sechs Monate seit dem ärztlich festgestellten Zeitpunkt der Handlungsunfähigkeit vergangen sind.

Aufgrund dessen haben sich auch Änderungen bei den Eintragungen im Zentralen Vorsorgeregister ergeben. Nunmehr besteht auch die Möglichkeit, den Widerspruch zur Ehegattenvertretung in das Zentrale Vorsorgeregister eintragen zu lassen, ebenso wie eine isolierte Patientenverfügung. Ebenfalls fand eine Erweiterung in dem Sinne statt, dass das Einsichtsrecht auch für Ärzte gilt.

Wie Sie sehen, hat sich also bezüglich dieser Thematik sehr viel getan. Es ist schön, dass nun die Rechte eines Vollmachtgebers bzw. Betreuten gestärkt wurden. Falls Sie diesbezüglich Fragen haben, können Sie sich jederzeit gerne an mich wenden.

 

Über den Autor

Christine Gerlach author

Rechtsanwältin in München
Fachanwältin für Erbrecht
Tätigkeitsschwerpunkte:
Erbrecht, Pflichtteilsrecht, Testamentsvollstreckung, Gesellschaftsrecht
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