Jahresarchiv 11. Mai 2016

Nutzungsausfallentschädigung für bewegliches Betriebsvermögen immer Betriebseinnahme

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 36/16, Pressemitteilung vom 11.05.2016, Urteil vom 27.01.2016,  Aktenzeichen X R 2/14

Die Nutzungsausfallentschädigung für ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens ist selbst dann im vollen Umfang Betriebs­ein­nahme, wenn das Wirtschaftsgut teil­weise auch privat genutzt wird. Das hat der Bun­des­finanzhof (BFH) mit Urteil vom 27. Januar 2016 X R 2/14 entschieden.

Der Kläger, ein selbständiger Versicherungsagent, hielt ein Fahrzeug im Betriebsvermögen, das er auch privat nutzte. Für einen Nutzungsausfall aufgrund eines Unfalls erhielt er von der Versicherung des Unfallverursachers eine Entschädigung. Das Finanzamt (FA) behandelte diese uneingeschränkt als Betriebs­einnahme. Der Kläger machte demgegenüber geltend, dass der Unfall sich auf einer Privatfahrt ereignet habe und er außerdem für die Zeit des Nutzungsausfalls kein Ersatzfahrzeug ange­mie­tet, sondern Urlaub genommen habe.

Der BFH gab dem FA Recht. Bewegliche Wirtschaftsgüter sind selbst dann, wenn sie gemischt genutzt werden, ungeteilt ent­weder Betriebsvermögen oder Privatvermögen. Vereinnahmt der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit Schäden am Wirt­schafts­gut Ersatzleistungen, richtet sich die steuerliche Be­ur­tei­lung nach der Zuordnung des Wirtschaftsguts. Das gilt un­ab­hängig davon, bei welcher Gelegenheit der Schaden entstanden ist und wie der Steuerpflichtige auf den Schaden reagiert.

Damit setzt der BFH die Rechtsprechung zu Schaden­ersatz­leistungen fort, die als Ausgleich für Substanzverluste oder Sub­stanzschäden vereinnahmt werden. Diese sind stets Betriebs­einnahmen, wenn sie an die Stelle eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens treten. Für den Verlust der Nutzungs­mög­lich­keit gilt nichts anderes. Auch der Gebrauchsvorteil eines Wirtschaftsguts ist ausschließlich dem Betrieb zuzuordnen, wenn das Wirtschaftsgut zum Betriebsvermögen gehört.

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Elternwille bestimmt Religionszugehörigkeit des Kindes

Rechtskräftiger Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 29.03.2016 (2 UF 223/15)
Quelle: Oberlandesgericht Hamm Pressemitteilung vom 06.05.2016

Bestimmen Kindeseltern die Religions­zu­ge­hö­rig­keit ihres Kindes, bleibt diese Bestimmung auch dann verbindlich, wenn das Kind – nach einem Entzug der elterlichen Sorge unter vormundschaftlicher Verantwortung des Jugendamtes – in einer Pflegefamilie aufwächst, die einer anderen Religion angehört und nach dieser lebt. Der Vormund ist dann nicht befugt, die Erstbestimmung der leiblichen Eltern zu ändern. Das hat der 2. Senat für Familien­sachen des Oberlandesgerichts Hamm am 29.03.2016 in einer vom Amts­gericht – Familiengericht – Dorsten in erster Instanz entschiedenen Familiensache beschlossen und damit den Antrag des Vormundes, die römisch-katholische Erziehung des Kindes zu genehmigen, zurück­gewiesen.

Die im 1986 Jahre geborene Verfahrensbeteiligte aus Duisburg ist Mutter der im Jahre 2007 geborenen Tochter. Die Kindes­mut­ter stammt aus einem Land Nordafrikas und ist mus­li­mi­schen Glaubens. Der im Jahre 1968 in Duisburg geborene, nicht sorgeberechtigte Kindesvater stammt von evangelischen Eltern ab.
Unmittelbar nach der Geburt nahm das Jugendamt das Kind in Obhut und verbrachte es in eine Bereitschaftspflegefamilie. Tags darauf entzog das Familiengericht der Mutter Teile der elterlichen Sorge, u.a. das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht der Gesundheitsfürsorge. In dem danach durch­ge­führ­ten Sorgerechtsverfahren brachte die Kindesmutter in meh­re­ren an das Familiengericht gerichteten Schreiben ihre Er­war­tung zum Ausdruck, dass das Kind nach dem mus­li­mi­schen Glauben groß gezogen werden solle. In diesem Sinne äußerte sie sich auch gegenüber der in dem Verfahren bestellten Sachverständigen.

Im Jahre 2008 entzog das Familiengericht der Kindesmutter die elterliche Sorge und übertrug diese dem Jugendamt als Vor­mund. Seit dem Jahre 2009 lebt das Kind inkognito in einer Dauerpflegefamilie, die ihre eigenen Kinder nach christlichen Wertvorstellungen erzieht und römisch-katholisch taufen ließ. Nach den Vorstellungen der Pflegeeltern und des Vormundes soll die Pflegetochter katholisch getauft werden, damit sie nach ihrer Teilnahme am katholischen Religionsunterricht auch die Erstkommunion empfangen kann. Dies entspreche, so diese Beteiligten, auch dem Wunsch des Kindes.

Das Familiengericht hat die vom Vormund getroffene An­ord­nung, das Pflegekind in der römisch-katholischen Religion zu erziehen, genehmigt. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Kindesmutter, die mit einer Taufe ihrer Tochter und ihrer römisch-katholischen Erziehung nicht einverstanden ist.
Die Beschwerde war erfolgreich. Der 2. Senat für Familien­sachen des Oberlandesgerichts Hamm hat die familien­gerichtliche Genehmigung, das Pflegekind nach dem römisch-katholischen Glauben zu erziehen, abgelehnt.

Der Vormund könne die (römisch-katholische) Religions­zuge­hörigkeit des Kindes, so der Senat, nicht mehr bestimmen. Das ließen die Vorschriften des Gesetzes über die religiöse Kinder­erziehung nicht zu. Die Kindesmutter habe zuvor entschieden, dass ihre Tochter nach dem muslimischen Glauben erzogen werden solle. An diese Erstbestimmung sei der Vormund gebunden. Das Gesetz über die religiöse Kindererziehung erlaube ihm nicht, diese zu ändern.
Ihr Erstbestimmungsrecht habe die Kindesmutter noch vor dem vollständigen Entzug der elterlichen Sorge ausgeübt. Das ergebe sich aus ihren im Sorgerechtsverfahren dokumentierten schriftlichen und persönlichen Äußerungen. Zu Zeitpunkt dieser Äußerungen sei die Kindesmutter noch Inhaberin des zur religiösen Erziehung des Kindes berechtigenden Teils der elterlichen Sorge gewesen.
Nach dem einschlägigen Gesetz sei insoweit unerheblich, ob diese Entscheidung auf heutiger Sicht dem Kindeswohl entspreche. Unerheblich sei auch, dass die Kindesmutter zu keiner Zeit in der Lage gewesen sei, mit ihrem Kind ihre Religionszugehörigkeit zu leben. Die maßgebliche gesetzliche Vorschrift erfordere lediglich ein nach außen dokumentiertes Bekenntnis der Kindeseltern zur Religionszugehörigkeit des Kindes. Ein solches Bekenntnis habe die Kindesmutter abgegeben.

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Auch ein verjährter Pflichtteilsanspruch ist als Nachlassverbindlichkeit von der Erbschaftsteuer abzuziehen

Das FG Schleswig-Holstein hat mit Datum vom 04.05.2016, Aktenzeichen 3 K 148/15, ent­schieden, dass ein Alleinerbe nach dem Tod des verpflichteten Erblassers seinen nun gegen sich selbst gerichteten Pflichtteilsanspruch auch noch geltend machen und als Nach­lass­verbindlichkeit vom Erwerb abziehen kann, wenn der Anspruch bereits verjährt ist.

Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Vater und die Mutter des Klägers hatten ein notarielles gemeinschaftliches Testament errichtet, worin sie sich gegen­seitig zu Alleinerben und den Sohn zum Erben des Über­le­ben­den einsetzten. Zuerst verstarb der Vater, dann die Mutter. Der Sohn beerbte die Mutter. In seiner Erbschaftsteuererklärung setzte er als Nachlassverbindlichkeit seinen eigenen Pflicht­teils­anspruch nach dem Tod des Vaters an. Das Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer fest, ohne diesen Pflichtteilsanspruch zu berücksichtigen. Daraufhin erhob der Sohn Klage. Die Klage war erfolgreich.

Das FG Schleswig-Holstein hat entschieden, dass das Finanzamt im vorliegenden Fall zu Unrecht den als Nachlassverbindlichkeit geltend gemachten Pflichtteilsanspruch bei der Erbschaft­steuer­festsetzung nicht steuermindernd berücksichtigt hat. Für die Abziehbarkeit von Pflichtteilsansprüchen als Nachlass­ver­bind­lich­keit gilt Folgendes:

Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 5 Nr. 1 ErbStG sind vom Erwerb des Erben die vom Erblasser her­rüh­renden persönlichen Verbindlichkeiten als Nachlass­ver­bind­lich­keiten abzuziehen. Das sind die Verbindlichkeiten, die gemäß § 1922 Abs. 1 BGB, § 45 Abs. 1 AO im Rahmen der Rechts­nachfolge auf den Erben übergehen. Der Abzug setzt voraus, dass die Verbindlichkeiten rechtlich bestehen und im Regel­fall den Erblasser im Todeszeitpunkt wirtschaftlich belasten. Mit dem zusätzlichen Erfordernis der wirtschaftlichen Belastung weicht das Erbschaftsteuerrecht somit vom Zivilrecht ab.

§ 10 Satz 2 ErbStG beinhaltet, dass gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG auch Verbindlichkeiten aus geltend gemachten Pflicht­teilen gemäß §§ 2303 ff BGB zu den abzugsfähigen Nach­lass­ver­bind­lichkeiten gehören. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt ein Pflichtteilsanspruch jedoch erst dann als Erwerb von Todes wegen, wenn er auch geltend gemacht wird. Dies ist Voraus­setzung für die Abziehbarkeit.

Unter Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches versteht man das ernstliche Verlangen auf Erfüllung des Anspruches gegen­über dem Erben. Es muss eine Bekundung des Pflichtteils­berechtigten in geeigneter Weise stattfinden, aus der ersichtlich ist, dass er die Erfüllung seines Pflichtteilsanspruches verlangt. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG entsteht die Erbschaftsteuer für den Erwerb des Pflichtteilsanspruches mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung.

Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG wirkt die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer gegenüber dem Erben zurück, also auf den Zeitpunkt des Todes des Erblassers. Es handelt sich somit um ein rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

Die Verbindlichkeit geht zivilrechtlich auf den Erben über, wenn der Pflichtteilsverpflichtete vor der Erfüllung des Pflicht­teils­anspruches verstirbt. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Anspruch vorher geltend gemacht wurde gemäß §§ 1922, 1967 Abs. 1 BGB. Abweichend vom Zivilrecht stellt die Pflicht, den Pflichtteil zahlen zu müssen, nur eine vom Erblasser her­rüh­rende Schuld und somit eine abziehbare Nachlassverbindlichkeit dar, wenn der Berechtigte diesen Anspruch zu Lebzeiten des Verpflichteten geltend gemacht hatte oder ihn nun geltend macht. Geschieht dies vor Verjährung des Pflichtteils­anspruches, gilt der Pflichtteilsanspruch als Erwerb des Pflicht­teils­berechtigten von Todes wegen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Somit ist eine Abziehbarkeit als Nachlassverbindlichkeit des Pflichtteilsanspruches gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 in Ver­bindung mit Abs. 5 Nr. 1 ErnStG möglich.

Herauszustellen ist, dass der Pflichtteilsanspruch zwar zivil­rechtlich verjährt ist, der Anspruch jedoch nicht untergegangen ist. Die verjährte Forderung ist voll wirksam und kann auch eingeklagt werden, es besteht nur die Möglichkeit durch den Erben die Einrede der Verjährung zu erklären, so dass der Anspruch nicht durchsetzbar ist. Somit ist der Pflicht­teils­anspruch erbschaftsteuerrechtlich nicht erloschen.

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Doppelte AfA bei Bebauung des Ehegattengrundstücks

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 35/16, Pressemitteilung vom 04.05.2016, Urteil vom 09.03.2016,  Aktenzeichen X R 46/14

Bebaut der Unternehmer ein betrieblich genutztes Grundstück, das ihm zusammen mit seinem Ehegatten gehört, sind Wert­steigerungen der dem Ehegatten gehören­den Grundstückshälfte nicht ein­kom­men­steuerpflichtig, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 9. März 2016 X R 46/14 entschieden hat. Hieraus können sich erhebliche steuerliche Vorteile im Hinblick auf die Absetzungen für Abnutzung (AfA) ergeben. Übertragen die Ehegatten z.B. später das gemeinsame Grundstück auf ihren Sohn, der den Betrieb des Vaters fortführt, kann für nur einmal angefallene Baukosten die AfA im Ergebnis zweimal in Anspruch genommen werden.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der Vater des Klägers schon in den 1960er Jahren mehrere Betriebsgebäude auf Grundstücken errichtet, die zur Hälfte auch der Mutter des Klägers gehörten. Er nahm AfA auf seine Baukosten vor. Im Jahr 1993 übertrug der Vater den Betrieb unentgeltlich auf den gemeinsamen Sohn (den Kläger). Gleichzeitig übertrugen der Vater und die Mutter die betrieblich genutzten Grundstücke ebenfalls unentgeltlich auf den Kläger.

Soweit es um die Übertragung von Wirtschaftsgütern ging, die dem Vater gehörten, muss der Kläger die Buchwerte aus den Bilanzen des Vaters fortführen (heute § 6 Abs. 3 des Ein­kom­men­steuergesetzes). Umstritten war hingegen die Behandlung der Gebäudeteile, die zivilrechtlich der Mutter gehörten. Der Kläger sah in der Schenkung dieser Gebäudeteile eine Einlage in seinen Betrieb. Diese Einlage bewertete er mit dem aktuellen Teilwert der Gebäudeteile. Da der Teilwert erheblich höher war als der Restbuchwert des Bilanzpostens, der in den Bilanzen des Vaters verblieben war, eröffnete dies dem Kläger die Möglichkeit zur Vornahme erneuter hoher AfA-Beträge auf die von seinem Vater in der Vergangenheit schon nahezu abgeschriebenen Gebäudeteile.

Diese rechtliche Beurteilung hat der BFH nunmehr bestätigt. Dies hat zur Folge, dass in derartigen Fällen im Ergebnis eine doppelte Abschreibung möglich ist, obwohl die Baukosten nur einmal anfallen. Allerdings hat der BFH im Gegenzug klargestellt, dass für den Bilanzposten, der den eigenen Bauaufwand des Unternehmers für die Gebäudeteile des anderen Ehegatten verkörpert, keine Steuersubventionen in Anspruch genommen werden können, die vom Gesetzgeber nur für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens gewährt werden. Dies wurde in der Praxis bisher anders gehandhabt, wodurch die Buchwerte dieser Bilanzposition zusätzlich gemindert werden konnten.

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Ererbte Grundstücke der Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft fallen ins Gesamtgut

Das OLG München hat mit Datum vom 26.10.2015, Az. 34 Wx 233/15, entschieden, dass bei einer Erbschaft von Ehegatten, die den Güterstand der Gütergemeinschaft gewählt haben, als gesetzliche Erben, diese Erbschaft kraft Gesetzes in das Gesamtgut fällt. Dazu ist es nicht notwendig, dass die Erben­gemeinschaft das Vermögen rechtsgeschäftlich in das Gesamtgut der Ehegatten überträgt.

Der Entscheidung des OLG München lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beteiligten leben im Güterstand der Gütergemeinschaft. Im Grundbuch sind sie als Eigentümer von Grundbesitz in Erben­gemeinschaft eingetragen. Die Beteiligten erklärten zu notarieller Urkunde, dass die ihnen kraft gesetzlicher Erbfolge zugefallenen Erb­teile in das Gesamtgut gefallen seien. Da sich somit die Erbteile im Gesamtgut vereinigt hätten, sei die Erben­gemein­schaft beendet. Aufgrund dessen beantragten sie, als Eigen­tümer in Gütergemeinschaft in das Grundbuch eingetragen zu werden. Das Grundbuchamt hatte mit einer Zwischenverfügung beanstandet, dass die Beteiligten eine Auflassung nachreichen müssten. Die Beschwerde dagegen ist erfolgreich.

Das OLG München entschied, dass das Grundbuchamt keine Zwischenverfügung erlassen durfte. Der Erlass einer Zwischen­verfügung ist nur dann statthaft, wenn der Mangel des Antrages rückwirkend geheilt werden kann. Jedoch ist es unzulässig, mit einer Zwischenverfügung auf den Abschluss eines Rechts­ge­schäfts hinzuwirken, das Grundlage der einzutragenden Rechtsänderung werden soll. Auf ein solches Rechtsgeschäft jedoch hatte das Grundbuchamt mit der von ihm vermissten Auflassung hingewirkt. Ein Eintragungsersuchen, welches ohne eine erforderliche Auflassung gestellt wird, ist zurückzuweisen.

Auch der Erwerb von Todes wegen fällt in das Gesamtgut. Eine Ausnahme liegt dann vor, wenn der Erblasser letztwillig be­stimmt hat, dass der Erwerb Vorbehaltsgut gem. § 1418 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB sein soll. Dies scheidet bei gesetzlicher Erbfolge aus, auch wenn die Ehegatten Miterben sind. Da das Grundstück zum Gesamtgut gehört, ist eine Eintragung der Ehegatten in Erbengemeinschaft im Grundbuch unrichtig. Die Erbteile und die dazugehörigen Gegenstände sind gesamthänderisch gebunden und nicht gem. § 2042 ff. BGB auseinanderzusetzen. Somit scheidet eine Auflassung für eine Erbengemeinschaft auf die Ehegatten in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit gem. § 1416 BGB aus. Der Beleg der Unrichtigkeit des Grundbuches liegt im Nachweis der Gütergemeinschaft und dem Erwerb aufgrund gesetzlicher Erbfolge i.S. des § 29 GBO.

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Fahrtkosten bei Vermietung und Verpachtung regelmäßig in voller Höhe abziehbar

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 34/16, Pressemitteilung vom 20.04.2016, Urteil vom 01.12.2015,  Aktenzeichen IX R 18/15

Vermieter können Fahrtkosten zu ihren Vermietungsobjekten im Regelfall mit einer Pauschale von 0,30 € für jeden gefahrenen Kilometer als Werbungskosten geltend machen. Die ungünstigere Entfernungs­pauschale (0,30 € nur für jeden Entfernungskilometer) ist aber dann anzuwenden, wenn das Vermietungsobjekt ausnahms­weise die regelmäßige Tätigkeitsstätte des Vermieters ist. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 1. Dezember 2015 IX R 18/15 klargestellt.

Im Streitfall sanierte der Steuerpflichtige mehrere Wohnungen und ein Mehrfamilienhaus und suchte die hierfür eingerichteten Baustellen 165-mal bzw. 215-mal im Jahr auf. Aufgrund der Vielzahl der Fahrten zu den beiden Objekten kam das Finanzamt (FA) zu dem Ergebnis, dass der Steuerpflichtige am Ort der Ver­mietungsobjekte seine regelmäßige Tätigkeitsstätte habe. Die Fahrtkosten waren daher nach Ansicht des FA nur in Höhe der Entfernungspauschale abziehbar.

Der BFH gab dem FA Recht. Denn auch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung kann ein Vermieter – vergleichbar einem Arbeitnehmer – am Vermietungsobjekt eine regelmäßige Tätigkeitsstätte haben, wenn er sein Vermietungsobjekt nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit fortdauernd und immer wieder aufsucht. Dies war aufgrund der ungewöhnlich hohen Zahl Fahrten und der damit praktisch arbeitstäglichen Anwesenheit hier der Fall. Der Steuerpflichtige konnte daher seine Fahrtkosten nur in Höhe der Entfer­nungs­pauschale abziehen.

Im Regelfall sucht ein Steuerpflichtiger ein Vermietungsobjekt allerdings nicht arbeitstäglich auf, sondern in größerem oder kleinerem zeitlichem Abstand, z.B. zu Kontrollzwecken, bei Mieterwechseln oder zur Ablesung von Zählerständen. Zudem erfordert bei nicht umfangreichem Grundbesitz die Verwaltung eines Mietobjekts in der Regel keine besonderen Einrichtungen, wie z.B. ein Büro, sondern erfolgt regelmäßig von der Wohnung des Steuerpflichtigen aus. In einem solchen Fall ist das Ver­mietungsobjekt nicht der ortsgebundene Mittelpunkt der Ver­mie­tungs­tätigkeit. Die Fahrtkosten können dann entsprechend den lohnsteuerlichen Grundsätzen mit 0,30 € je gefahrenen Kilo­meter geltend gemacht werden.

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Keine Berücksichtigung von Währungsverlusten bei Investition in Auslandsbetriebsstätten

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 33/16, Pressemitteilung vom 13.04.2016, Urteil vom 02.12.2015, Aktenzeichen I R 13/14

Ist eine deutsche Personengesellschaft (Oberpersonengesellschaft) an einer aus­ländischen Personengesellschaft beteiligt, mindert ein Währungsverlust aus der Liquidation der ausländischen Unter­per­so­nen­gesellschaft nicht den im Inland steuerpflichtigen Gewerbe­ertrag, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 2. De­zem­ber 2015 I R 13/14 entschieden hat.

Im Streitfall hielt eine inländische KG rund 25 % der Anteile an einer US-amerikanischen Personengesellschaft (Limited Part­ner­ship). Die US-Gesellschaft wurde liquidiert. Da sich bei der KG aufgrund von Wechselkursänderungen aus der Rückzahlung ihrer Einlage ein Währungsverlust in Höhe von rund 1 Mio. € ergab, machte sie diesen Verlust gewerbesteuermindernd geltend.

Dem ist der BFH – ebenso wie zuvor das Finanzamt und das Finanzgericht – entgegengetreten. Entscheidend ist, dass der Gewerbesteuer nur die Erträge inländischer Betriebsstätten unterliegen. Zudem ist gewerbesteuerrechtlich jede Per­so­nen­gesellschaft eigenständig Steuerschuldnerin. Für doppelstöckige Personengesellschaften sehen deshalb § 8 Nr. 8 und § 9 Nr. 8 des Gewerbesteuergesetzes vor, dass aus dem Gewerbeertrag einer inländischen Gesellschaft sowohl Gewinne als auch Ver­luste aus ihren Beteiligungen (an inländischen und aus­län­di­schen) Personengesellschaften herauszurechnen sind. Diese Regelungen gelten nicht nur für laufende Beteiligungserträge, sondern auch für den Fall, dass eine ausländische Unter­per­so­nen­gesellschaft liquidiert wird und hierbei ein Währungsverlust entsteht.

Der BFH sieht dies auch unter Berücksichtigung der Recht­spre­chung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil X, C-686/13) als mit dem Unionsrecht vereinbar an. Es bestehe keine Verpflichtung, Währungsverluste zur Gewährleistung der auch gegenüber Drittstaaten (hier: USA) geltenden Kapital­ver­kehrs­freiheit bei der Ermittlung des inländischen Gewerbe­ertrags der KG abzuziehen.

Der BFH äußert sich im Übrigen zu wichtigen Verfahrensfragen bei doppelstöckigen Personengesellschaften.

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Die Rentenversicherung ist verpflichtet, eine an einen Dritten überwiesene Rente an einen Berechtigten nachzuzahlen

Das SG Koblenz hat mit Datum vom 08.04.2016, Aktenzeichen S1R291/16ER, entschieden, dass die Rentenversicherung, wenn sie die Rente an einen unbekannten Dritten gezahlt hat, an den eigentlichen Rentenberechtigten erneut auszahlen muss.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der betroffene Rentner hatte dem Rentenversicherungsträger eine fehlerhafte IBAN seiner Bankverbindung mitgeteilt. Er korrigierte diesen Fehler jedoch umgehend telefonisch und schriftlich. Damit lag zum Auszahlungszeitpunkt die richtige Bankverbindung vor. Es kam jedoch zu einer Überweisung auf das ursprünglich angegebene falsche Konto, welches einer unbekannten Person gehörte. Die Rentenversicherung weigerte sich daraufhin, eine erneute Zahlung an den Rentner vorzunehmen. Sie verwies den Rentner darauf, das Geld selbst zurückzuholen.

Das SG Koblenz entschied, das der Rentner für die Fehlbuchung nicht verantwortlich sei aufgrund dessen, dass er umgehend das richtige Konto mitgeteilt habe, noch vor Aus¬zahlung. Ebenso sei ihm nicht zumutbar, noch länger auf seine Rente zu warten aufgrund seiner finanziellen Situation.

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Prozesskosten für die Geltendmachung von Schmerzensgeld keine außergewöhnliche Belastung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 32/16, Pressemitteilung vom 06.04.2016, Urteil vom 19.12.2015, Aktenzeichen VI R 7/14

Kosten eines Zivilprozesses, mit dem der Steuerpflichtige Schmerzensgeld wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers geltend macht, sind keine außergewöhnlichen Be­las­tungen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 17. Dezember 2015 VI R 7/14 entschieden und damit die Steuerermäßigung gemäß § 33 des Ein­kom­men­steuergesetzes (EStG) versagt.

Entsprechend einer langjährigen Rechtsprechung, zu der der BFH in 2015 zurückgekehrt ist (BFH-Urteil vom 18. Juni 2015 VI R 17/14, BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800), können Zivil­prozesskosten grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Be­las­tun­gen abgezogen werden. Zwar kann sich ein Steuer­pflich­ti­ger nach einem verlorenen Zivilprozess der Zahlung der Prozess­kosten aus rechtlichen Gründen nicht entziehen. Dies reicht für den Abzug der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung aber nicht aus. Denn hinsichtlich der Zwangsläufigkeit i.S. von § 33 EStG ist auf die wesentliche Ursache abzustellen, die zu der Aufwendung geführt hat. Zivilprozesskosten sind folglich nur dann als zwangsläufig anzusehen, wenn auch das die Prozess­führung auslösende Ereignis zwangsläufig war. Denn es sollen nur zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenz­not­wen­digen Grundbedarf steuermindernd berücksichtigt werden.

Hierzu gehören Zivilprozesskosten in der Regel nicht. Dies gilt insbesondere, wenn –wie im Urteilsfall– Ansprüche wegen immaterieller Schäden geltend gemacht werden. Zivilprozess­kosten sind vielmehr nur insoweit abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich mensch­li­chen Lebens berührt und der Steuerpflichtige gezwungen ist, einen Zivilprozess zu führen.

Nicht zu entscheiden hatte der BFH über die ab 2013 geltende Neuregelung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG. Berücksichtigt werden hiernach nur noch solche Aufwendungen, ohne die der Steuer­pflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Offen ist dabei, ob hierdurch die Voraussetzungen für die Anerkennung von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen enger gefasst worden sind.

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Was kann ich bei mangelhaften Pflegeleistungen machen?

Am 01.04.2016 ist das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSPG) in Kraft getreten. Dieses regelt, dass bei Streitigkeiten aus Verträgen, die dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) unterliegen, die allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V. zuständig ist.

Hierunter fallen insbesondere Verträge, in denen ein Unternehmer Wohnraum vermietet und gleichzeitig Pflege- und Betreuungsleistungen erbringt. Dies ist zum Beispiel bei Pflegebedürftigen im Pflegeheim der Fall.

Die Schlichtungsanträge können online oder postalisch, per Fax oder E-Mail eingereicht werden. Antragsformulare werden zum Herunterladen angeboten. Die Verträge können sich auch auf neue Wohnformen, wie zum Beispiel das betreute Wohnen beziehen, wenn Pflege- und Betreuungsleistungen erbracht werden.

Die außergerichtliche Streitbeilegung ist freiwillig und nicht gesetzlich vorgeschrieben. Jedoch muss bei Vertragsschluss von Seiten des Unternehmers mitgeteilt werden, ob er bereit oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen gemäß § 6 Absatz 3 WBVG.

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