Jahresarchiv 24. April 2013

Grenzen der Schreibhilfe eines Dritten bei der Errichtung eines privatschriftlichen Testaments

Das OLG Hamm hat mit Datum vom 02.10.2012, Az. I-15 W 231/12, über Grenzen bei der Er­rich­tung des eigenhändigen Testa­mentes entschieden.
Ein über bloße Stützungshandlung hinausgehende Ein­flussnahme einer anderen Person auf die Schreibleistung des Erblassers führt auch dann zur Unwirksamkeit des Testaments, wenn die niedergelegte Erklärung dem tatsächlichen Willen des Erblassers entspricht.
Die materielle Feststellungslast dafür, dass die Schreib­leistung des Erblassers ohne relevante Fremdeinwirkung zustande gekommen ist, trägt derjenige, der Rechte aus dem Testament für sich herleitet.
Das Gericht beruft sich darauf, dass die Eigenhändigkeit der Testamentserrichtung, die zwingend vorgeschrieben ist, nicht dadurch ersetzt werden kann, dass der Erblasser sich eines Dritten als Werkzeug bedient und diesen ermächtigt, die letztwillige Verfügung mitzuschreiben.
Somit ist Eigenhändigkeit ausgeschlossen, wenn dem Erb­lasser die Hand geführt wird und dadurch die Schriftzüge von einem Dritten geformt werden.
Zulässig ist jedoch eine unterstützende Schreibhilfe, solange der Erblasser die Formung der Schriftzeichen vom eigenen Willen getragen selbst bestimmen kann. Hierunter fallen das Abstützen des Armes, das Halten der zitternden oder geschwächten Hand.
Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Google ermöglicht Regelung des digitalen Nachlasses

Der digitale Nachlass stellt Erben immer wie­der vor Probleme, da er meist weitgehend ungeklärt ist. Google bietet für die Dienste Gmail (E-Mail), Google Drive (Netz-Festplatte), Picasa (Foto­service) und Google+ (soziales Netzwerk) eine Lösung an.

Google gibt seinen Nutzern hierbei die Möglichkeit, ihren digitalen Nachlass zu regeln. Das Unternehmen stellte Ein­stellungen für den Fall vor, dass ein Google-Konto längere Zeit nicht mehr genutzt wird.

Der Nutzer kann zwischen verschiedenen Möglichkeiten wählen:

  • Es besteht die Möglichkeit, die Daten automatisch löschen zu lassen. Als möglicher Zeitraum wird ein Spielraum von 3, 6, 9 oder 12 Monaten eingeräumt.
  • Alternativ hierzu besteht die Möglichkeit, dass das System die Einwahldaten für Google-Dienste an bestimmte Per­sonen übermittelt, beispielsweise per SMS.

Für alle anderen Online- und Cloud-Dienste kann man den digitalen Nachlass und den Umgang mit den vorhandenen Daten derzeit nur mit einer testamentarischen Verfügung oder einer digitalen Vorsorgevollmacht regeln. (vgl. Artikel „Regelung des digitalen Nachlasses„)

Sollten Sie diesbezüglich weitere Informationen wünschen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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Vor dem Juli 1949 geborene uneheliche Kinder sind weiterhin vom Erbrecht nach dem Vater ausgeschlossen

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss (Aktenzeichen 1 BvR 2436/11 und 1 BvR 3155/11) entschieden, dass unehelich geborene Kinder, welche vor dem 01.07.1949 geboren wor­den sind, weiterhin vom Erbrecht nach ihrem Vater ausge­schlossen sind. Dies gilt, wenn der Vater vor dem 29.05.2009 verstorben ist.

Das Gericht wies damit die Verfassungsbeschwerden zweier Männer ab, die vor 1949 unehelich geboren worden waren. Da ihre Väter vor dem Jahre 2009 verstorben waren, bestand kein Erbrecht für die nicht ehelichen Kinder. Dagegen wand­ten sich die unehelichen Abkömmlinge

Hintergrund ist, dass bis 1970 nicht ehelich geborene Kinder und ihr Vater als nicht verwandt galten. Nach der Gesetzes­änderung blieb es bei der Benachteiligung für vor dem 01.07.1949 geborene nicht eheliche Kinder. Diese Stichtags­regelung wurde im Jahre 2011 aufgehoben. Dies gilt jedoch nur für Erbfälle nach dem 29.05.2009. Die Begründung hierfür sind schützenswerte Interessen von Erblassern und Erben.

Im Februar hatte der europäische Gerichtshof für Menschen­rechte in Straßburg in einem französischen Fall entschieden, dass derartige Benachteiligungen einen Verstoß gegen die Menschenrechte darstellen würden. Das sah das Bundes­verfassungsgericht offensichtlich anders.

Dem Nutzungsberechtigten muss aber in diesem Zu­sam­men­hang zugestanden werden, selbst einzuschätzen, wann ein Gesteck derart verwelkt oder sonst unansehnlich geworden ist, dass seine Entfernung geboten erscheint, ohne das Recht des Verwandten faktisch auszuhebeln.

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Die Ausschlagungsfrist eines minderjährigen Erben beginnt erst mit Kenntnis beider Erziehungsberechtigter

Das OLG Frankfurt hat am 03.07.2012, Akten­zeichen 21 C 22/12, entschieden, dass die Aus­schlagungs­frist minderjähriger Erben erst mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der letzte von den ge­meinsamen Erziehungsberechtigten erstmals von dem Anfall und dem Grund der Erbenberufung Kenntnis erlangt hat.

04Gemäß § 1944 Abs. 1 BGB ist eine Ausschlagung nur binnen 6 Wochen möglich. Fristbeginn ist, wenn der Erbe von seiner Berufung erfährt. Bei minderjährigen Erben ist auf die Kennt­nis des Vertretungsberechtigten abzustellen. Für den Frist­beginn ist wohl auf die Kenntnis beider Erziehungs­be­rech­tig­ter abzustellen. Umstritten ist, ob die Kenntnis eines Eltern­teils genügt. Die herrschende Auffassung hält die Kenntnis beider Elternteile für erforderlich.

In der Praxis gilt somit für die Beweislast, dass derjenige, der sich auf die Wirksamkeit der Ausschlagung beruft, deren Existenz, Zeitpunkt und Wirksamkeit beweisen muss. Der Gegner wiederum hat zu beweisen, dass das Aus­schlagungs­recht durch Fristablauf weggefallen ist (BGH 00, 1504).

§ 1949 Abs. 1 BGB steht dem nicht entgegen und kann nur bei einer positiv erklärten Annahme zu einer anderen Be­weis­last­verteilung führen. Solange der Erbe ohne gesetz­lichen Vertreter geschäftsunfähig ist, beginnt die Frist gemäß § 1944 Abs. 2 Satz 3 BGB in Verbindung mit § 210 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu laufen.

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Dank ist nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nicht geschuldet

Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, bei Be­en­di­gung des Arbeitsverhältnisses in einem Ar­beits­zeugnis Formulierungen aufzunehmen, in denen er dem Arbeit­nehmer für die Zusammenarbeit dankt und ihm für die Zukunft alles Gute wünscht.

Mit dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 11.12.2012 (9 AZR 227/11) seine bisherige Rechtsprechung zu Schlusssätzen in Zeugnissen erneut bestätigt.

Dies ist insoweit erstaunlich, als entsprechende Schluss­formulierungen bei guter Zeugnisbewertung aus der Praxis nicht mehr wegzudenken sind.

Es empfiehlt sich daher, bei Abschluss von Aufhebungs­verträgen oder Vergleichen darauf zu achten, den Zeugnis­inhalt auch im Hinblick auf die Schlussformulierung genau festzulegen.

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Gegenstand einer Feststellungsklage gem. § 256 ZPO kann das Bestehen oder Nichtbestehen eines (Mit-)Erbrechts sein

Dies hat das OLG Koblenz am 21.02.2013, Az: 2 U 917/12, entschieden. Insbesondere steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, dass ein hierüber ergehendes Urteil nur zwischen den Parteien wirkt und keine Bindungswirkung für ein eventuelles Erb­scheinsverfahren hat.

Die Möglichkeit der Durchführung des Erbscheinsverfahrens steht somit dem Rechtsschutzinteresse nicht entgegen, da in diesem keine der materiellen Rechtskraft fähigen Ent­schei­dungen über das Erbrecht getroffen werden.

Erforderlich jedoch ist ein Feststellungsinteresse. Dies liegt in der Regel schon dann vor, wenn der Beklagte das Recht des Klägers ernstlich bestreitet oder vorbringt, dass er ein eigenes Recht gegenüber dem Kläger hat. Gegenstand kann sowohl das Bestehen als auch das Nichtbestehen eines Miterbrechts sein.

Von einem ernstlichen Bestreiten der Miterbenstellung eines Klägers ist insbesondere dann auszugehen, wenn auf außergerichtliche Versuche, eine erbrechtliche Regelung her­beizuführen, nicht reagiert wird. Eine einseitige Erklärung des Beklagten im Rechtsstreit, das Erbrecht des Klägers künftig nicht bestreiten zu wollen, lässt das Fest­stel­lungs­interesse nicht entfallen. Dies würde nur bei Anerkenntnis des Beklagten vorliegen.

Ein Feststellungsinteresse entfällt erst dann, wenn der Kläger endgültig gesichert ist.

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Sittenwidrigkeit eines Erbverzichtsvertrages wegen Unkenntnis der Vermögensverhältnisse ist möglich

Das OLG Düsseldorf hat mit Datum vom 21.02.2013, Aktenzeichen I-3 Wx 193/12, entschieden, dass Parteien eines beidseitigen Erbverzichtsvertrages nicht verpflichtet sind, sich einander ungefragt über ihr Vermögen Auskunft zu erteilen.

Die Sittenwidrigkeit solcher Verträge kommt allenfalls dann in Betracht, wenn die Einbeziehung der Vermögensverhältnisse erkennbar ist.

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Bundesverfassungsgericht entscheidet zu Gunsten homosexueller Lebenspartner bei Sukzessivadoption

Die Richter des Bundesverfassungsgerichtes haben das Adoptionsrecht homosexueller Lebenspartner gestärkt.

Bisher galt das Verbot der sogenannten Sukzessivadoption. Es handelt sich hierbei um Adoptionsfälle, in denen einer der beiden eingetragenen Lebenspartner ein Kind adoptiert hat und auch der andere Partner danach Adoptivmutter oder –vater werden möchte. Das Bundesverfassungsgericht hat nun entschieden, dass auch schwulen und lesbischen Lebenspartnern in diesen Fällen eine Adoption möglich sein muss. Bisher war dies nicht möglich.

Das Bundesverfassungsgericht sah das Recht auf Gleich­behandlung verletzt. Eine Rechtfertigung der Benachteiligung läge nicht dadurch vor, dass es sich um gleichgeschlechtliche Lebenspartner handle. Nach Aussagen des Gerichts könnten diese ebenso wie Partner in einer Ehe in dauerhafter recht­licher Bindung für das Wohl des Kindes sorgen.

Der erste Senat führte weiter aus, dass die zusätzliche, sogenannte Sukzessivadoption durch den zweiten Lebens­partner dem Wohl des Kindes in der Regel zuträglich sei so­wie die rechtliche Stellung des Kindes verbessere, ins­beson­dere würde das Kind bei Unterhalt und Erbrecht von einer doppelten Elternschaft profitieren.

Konsequenz hieraus ist, dass eine Neuregelung gefunden werden muss, eine Frist bis zum 30.06.2014 wurde durch das Bundesverfassungsgericht gesetzt. Weiterhin ordnet das Gericht an, dass eine Sukzessivadoption für eingetragene Lebenspartner ab sofort möglich ist.

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Vorlage des Krankenscheins am ersten Krankheitstag ist zulässig

Gemäß § 5 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz ist ein Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeit­geber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalen­der­tage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über die be­stehende Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauf folgenden Arbeitstag vorzulegen.

Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG: 5 AZR 886/11) ist der Arbeitgeber jedoch berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung auch früher, das heißt auch am ersten Krankheitstag zu verlangen.

Dem entschiedenen Fall lag eine Klage einer Redakteurin zugrunde, welcher eine Dienstreise nicht genehmigt wurde. Daraufhin meldete sie sich für diesen Tag krank. Der Arbeit­geber verlangt nun von der Mitarbeiterin zukünftig ein Attest bereits für den ersten Krankheitstag vorzulegen. Die Redak­teurin klagte auf Widerruf dieser Weisung, da das Verlangen eines Attestes am ersten Krankheitstag einer sachlichen Rechtsfertigung bedürfe.

Zu Unrecht, wie das BAG nun entschied. Es liegt im Ermessen des Arbeitgebers eine solche Weisung zu erteilen. Dieser muss nicht begründen, weshalb er bereits so früh auf die Vorlage eines Attests besteht. Insbesondere ist nicht er­for­derlich, dass in der Vergangenheit ein Verdacht bestand, der Arbeitnehmer habe eine Krankheit nur vorgetäuscht.

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Vater muss seiner erwachsenen Tochter Unterhalt für ein Studium bezahlen

Der Vater einer heute 25 Jährigen schuldet seiner Tochter Unterhalt für ein im Oktober 2011 aufgenommenes Journalistikstudium. Das hat der 7. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm am 05.02.2013 entschieden und damit den erstinstanzlichen Be­schluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Dortmund bestätigt.

Der im Jahre 1949 geborene Vater, der für das Auswärtige Amt im europäischen Ausland berufstätig ist, hatte sich in einem im Jahre 2005 abgeschlossenen Vergleich gegenüber seiner im Jahre 1988 geborenen Tochter verpflichtet, Kindesunterhalt zu zahlen. Die Tochter stammt aus der im Jahre 2005 geschiedenen Ehe der Eltern und hat zwei Geschwister. Sie lebte nach der Trennung der Eltern im Jahre 2001 mit der Mutter in Dortmund. Dort legte sie im Jahre 2008 das Abitur ab und begann danach zunächst ein Studium für Tourismus und Freizeitmanagement in den Niederlanden. Dieses brach sie Anfang 2010 ab, absolvierte in der Folgezeit mehrere Praktika und einen längeren Aufenthalt in Australien, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Im Oktober 2011 nahm sie das Studium der Journalistik an einer Universität im Ruhrgebiet auf. Im vorliegenden Verfahren hat sich der Vater auf den Wegfall seiner Unterhaltspflicht ab März 2010 berufen und u.a. gemeint, seine Tochter sei nicht be­dürftig, zum Studium nicht geeignet, verletze ihre Obliegen­heiten und habe einen Unterhaltsanspruch zudem verwirkt

Das Amtsgericht hat auf den Wegfall der Unterhaltspflicht bis einschließlich September 2011 erkannt und für die Folgezeit einen Unterhalt von monatlich ca. 350 € zugesprochen. Der 7. Senat für Familiensachen hat die Beschwerde des Vaters zurückgewiesen, mit der er sich gegen die ab Oktober 2011 fortbestehende Unterhaltspflicht gewandt hat. Die Tochter habe, so 7. Senat für Familiensachen, gemäß § 1610 BGB Anspruch auf angemessenen Unterhalt für den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten für eine angemessene Berufs­ausbildung.

Für das im Jahre 2011 aufgenommene Journalistikstudium sei sie ausbildungsgeeignet. Die aus dem Abiturzeugnis ersichtlichen Leistungen disqualifizierten sie nicht für das Studium, ihre bisher im Studium gezeigten Leistungen indizierten ihre Geeignetheit.

Die Tochter habe auch nicht gegen die sie treffende Ausbil­dungs­obliegenheit verstoßen. Sie befinde sich noch in der Erstaus­bil­dung, die der Vater entsprechend seinen wirtschaftlichen Verhältnissen anteilig zu alimentieren habe. Ein Kind, das nach seinem Schulabschluss zunächst keine Ausbildung beginne, habe zwar mangels Bedürftigkeit zunächst keinen Unterhalts­an­spruch, es sei darauf zu verweisen, seinen Bedarf durch eigene (ungelernte) Arbeit oder aus eigenem Vermögen zu decken. Dadurch verliere es aber nicht den Anspruch auf Unterhalt für eine später begonnene angemessene Ausbildung. So könne auch ein 24jähriges Kind noch eine Ausbildung oder ein Studium beginnen. Von einem jungen Menschen könne nicht von Beginn an eine zielgerichtete, richtige Entscheidung in der Berufs­wahl erwartet werden. Ihm sei eine Orientierungsphase zur Berufs­wahl zuzubilligen, deren Dauer sich nach Alter, Entwicklungs­stand und den gesamten Lebensumständen richte. Hiernach sei es im vorliegenden Fall noch hinzunehmen, dass die Tochter ihr Studium in den Niederlanden bis zum Beginn des vierten Semesters abgebrochen und sich auch im Anschluss an dieses nicht sehr zielgerichtet im Hinblick auf ihr jetziges Studium verhalten habe. Nach den zeitlichen und familiären Umständen und unter Berücksichtigung des jetzt aufgenommenen Jour­na­listikstudiums, bei dem es immer noch um die Erstausbildung der Tochter gehe, sei noch nicht von einer Obliegenheits­verletzung der Tochter auszugehen.

Die Tochter habe auch nicht in unterhaltsrelevanter Weise gegen ihr obliegende Informationsobliegenheiten verstoßen und ihren Anspruch für die Zeit ab Oktober 2011 nicht verwirkt. Sie habe ihren Vater zwar im Hinblick auf die Studienerfolge des in den Niederlanden aufgenommenen Studiums unzutreffend unter­richtet und auch eigene Bezüge verschwiegen. In Bezug auf das jetzt aufgenommene Studium habe sie ihrer Informations­pflicht nunmehr aber genügt. Durch dieses Studium sei eine neue Situation entstanden. Der Tochter sei zuzubilligen, ihr Studium zügig zu Ende zu führen, hierzu bedürfe es auch einer Alimen­tation durch ihren Vater.

rechtskräftiger Beschluss des 7. Senats für Familiensachen vom 05.02.2013 (7 UF 166/12)

Quelle: Oberlandesgericht Hamm Pressemitteilung vom 29.05.2013

 

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