Ich schaue zum Fenster hinaus. Gerade beginnt es zu schneien. Langsam wird mir doch etwas weihnachtlich zu Mute. In diesem Jahr, in dem durch Corona sich so viel verändert hat, finde ich es sehr schwer, in Weihnachtsstimmung zu kommen. Kontaktbeschränkungen, Ausgangssperren, Lockdown, das Alles trübt insbesondere auch die Vorweihnachtszeit. Auch die Weihnachtsmärkte fehlen. Es war unvorstellbar, dass es einmal nicht möglich sein wird, selbst zu entscheiden, wann und mit wem man sich treffen kann. Man hat nicht einmal darüber nachgedacht, dass es nicht normal sein könnte, sich beispielsweise zu einem Glühwein zu verabreden. Oder, wie ein Mandant neulich meinte, sich nach der Kirche auf einen kleinen Plausch zu treffen. Ja, dieses Weihnachten ist ein ganz anderes Weihnachten.
In diesem Jahr war es auch oftmals so, dass Väter bei der Geburt ihrer Kinder nicht dabei sein durften. Wie wäre es wohl gewesen, wenn diese Regelung auch bei der Geburt Jesu gegolten hätte. Nun gut, Maria und Josef bekamen keinen Platz in der Herberge, was in der heutigen Zeit insofern gleichzustellen wäre, dass es gar nicht möglich wäre, in einem Hotel zu übernachten. Und doch zeigt uns die Weihnachtsgeschichte, dass durch den Zusammenhalt zwischen Maria, Josef und dem Jesuskind es möglich ist, auch schwierige Situationen zu meistern und unabhängig von den Umständen das Beste aus der Situation zu machen.
Gerade in den letzten Monaten ist mir aufgefallen, dass sich durch die Pandemie viele Menschen Gedanken darum gemacht haben, was es für Auswirkungen hat, wenn sie plötzlich an dem Corona Virus erkranken. Hierbei ging es nicht nur um die gesundheitlichen Aspekte, vielmehr auch um die zwischenmenschlichen Verbindungen. Viele Personen kamen zu dem Schluss, dass sie sich Menschen wünschen, die für sie da sind und die auch ganz offiziell und nach außen erkennbar zu ihnen gehören. Dies hatte zur Folge, dass ich noch nie so viele Erwachsenenadoptionen wie in diesem Jahr begleitet habe. Die Gründe der Erwachsenenadoption waren meistens die gleichen: Alleinstehende Personen wollten die Sicherheit haben, dass sie in schwierigen Situationen nicht allein sind und haben Menschen, die ihnen wirklich nahestehen, adoptiert. Es scheint eine gewisse Sicherheit zu geben, wenn offiziell festgestellt wird, dass das bereits vorhandene Vertrauensverhältnis, welches einem Eltern-Kind-Verhältnis entsprechen muss, vorliegt. Viele Mandanten haben mir gesagt, dass sie gerade in der Zeit des Lockdowns festgestellt haben, wie schwer es ihnen fällt, aufgrund der Kontaktbeschränkungen ihnen nahestehende Personen nicht oder nur eingeschränkt sehen zu können. Meine 80-jährige Nachbarin beispielsweise hatte aufgrund der Tatsache, dass sie Vorerkrankungen hat, keinen direkten Kontakt mit ihrem Sohn und dessen Familie haben können. Ich fand es aber schön zu sehen, dass auf verschiedene Weise versucht wurde, den persönlichen Kontakt mit ihr aufrecht zu erhalten, auch wenn dies nicht direkt möglich war. Des Öfteren stand die kleine Enkelin im Garten und unterhielt sich mit ihrer Großmutter, welche auf dem Balkon stand. Ich fand dies eine sehr schöne Idee.
Ein weiterer Grund für die in diesem Jahr von mir begleiteten Erwachsenenadoptionen ist, dass oftmals Ausnahmeregelungen, beispielsweise beim Grenzübertritt, für Eltern und Kinder gelten. Jedoch wurde mir auch als häufiger Grund für die Beantragung einer Erwachsenenadoption genannt, dass durch die stetige Gefahr vor der Ansteckung des Corona Virus den Mandanten klar geworden ist, wie schnell der Tod vor der Tür stehen kann und man manche Dinge nicht auf die lange Bank schieben sollte. Dies waren ausschlaggebende Gründe für die Erwachsenenadoptionen. Ich finde diese Gründe sehr gut nachvollziehbar und habe die Verfahren gerne begleitet.
Während ich den Schneeflocken zusehe, kommt mir plötzlich eines meiner Lieblingsweihnachtslieder in den Sinn. Es heißt „Weihnachten bin ich zu Haus“ von Roy Black. Es handelt davon, dass sich jemand im Traum an Weihnachten nach Hause wünscht und sich an die vergangenen Weihnachtsfeste mit seinen inzwischen verstorbenen Eltern erinnert. Es ist für mich ein sehr emotionales Weihnachtslied. Und erinnert mich immer an wundervolle Weihnachtsfeste mit meinen Eltern und Geschwistern.
Egal, wie sehr uns diese Pandemie einschränkt und die Welt verändert, Weihnachten ist und bleibt das Fest der Liebe. Ich hoffe, dass Sie die Möglichkeit haben, auch dieses andere Weihnachtsfest mit Ihren Lieben verbringen zu können, sei es persönlich oder beispielsweise über das Handy oder den Computer. Falls Sie Weihnachten alleine verbringen werden, wünsche ich Ihnen viele schöne Erinnerungen an vergangene Weihnachtsfeste und die Kraft, das Beste daraus zu machen. Ich hoffe für Sie alle, dass Sie auch diese Weihnachten Erinnerungen schaffen können, an die Sie noch viele Jahre mit Freude zurückdenken.
Trotz allem von Herzen frohe Weihnachten und ein hoffentlich gutes und gesundes Neues Jahr.
Christine Gerlach für
Hans, Dr. Popp & Partner
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