Jahresarchiv 19. August 2015

Grenzen der Speicherung digitalisierter Steuerdaten aufgrund einer Außenprüfung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 58/15, Pressemitteilung vom 19.08.2015, Urteil vom 16.12.2014,  Aktenzeichen VIII R 52/12

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 16. Dezember 2014 VIII R 52/12 entschieden, dass § 147 Abs. 6 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) der Finanz­ver­wal­tung nicht das Recht gibt, die ihr im Rahmen einer Außenprüfung in digitaler Form überlassenen Daten über den Zeitraum der Prüfung hinaus auf Rechnern außerhalb der behördlichen Diensträume zu speichern.

Im Streitfall hatte das Finanzamt (FA) im Rahmen einer Außenprüfung bei dem Kläger (einem selbständig tätigen Steuerberater) mit der Prüfungsanordnung die Gewinn­er­mitt­lungen sowie zu deren Prüfung die Steuerdaten in digitaler Form auf einem maschinell verwertbaren Datenträger angefordert. Dagegen erhob der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage: Das FA dürfe diese Daten nicht -wie angekündigt- über die Prüfung hinaus bis zur Bestandskraft von nach der Außen­prüfung erlassenen Bescheiden auf dem (mobilen) Rechner des Prüfers speichern. Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Der BFH ist allerdings der Rechtsauffassung des Klägers gefolgt. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss der Gefahr missbräuchlicher Verwendung der Daten (z.B. wenn Daten außerhalb der Geschäftsräume des Steuerpflichtigen oder der Diensträume der Behörde infolge eines Diebstahls des Prüfer-Notebooks in fremde Hände geraten) angemessen Rechnung getragen werden. Dieser Anforderung ist ohne nennenswerte Beeinträchtigung einer rechnergestützten Außenprüfung nur dann entsprochen, wenn die Daten des Steuerpflichtigen nur in seinen Geschäftsräumen oder an Amtsstelle erhoben und verarbeitet werden sowie nach Abschluss der Außenprüfung nur noch in den Diensträumen der Finanzverwaltung gespeichert bzw. aufbewahrt werden, soweit und solange sie für Zwecke des Besteuerungsverfahrens (z.B. bis zum Abschluss etwaiger Rechtsbehelfsverfahren) benötigt werden.

Die räumliche Beschränkung des Datenzugriffs folgt zudem eindeutig aus dem Wortlaut des § 200 Abs. 2 AO und des § 6 der Betriebsprüfungsordnung 2000, wonach der Steuerpflichtige die prüfungsrelevanten Unterlagen nur in seinen Geschäfts­räumen, notfalls auch in seinen Wohnräumen oder an Amtsstelle vorzulegen hat und ein anderer Prüfungsort nur ausnahmsweise in Betracht kommt.

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Einspruchseinlegung durch einfache E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 57/15, Pressemitteilung vom 18.08.2015, Urteil vom 13.05.2015,  Aktenzeichen III R 26/14

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 13. Mai 2015 III R 26/14 entschieden, dass auch nach der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Rechtslage ein Einspruch mit einfacher E-Mail, d.h. ohne eine qualifizierte elektronische Signatur, eingelegt werden konnte, wenn die Finanzbehörde einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente eröffnet hat.

Die Familienkasse hatte im Januar 2013 eine zugunsten der Klägerin erfolgte Kindergeldfestsetzung aufgehoben und in dem Bescheid die E-Mail-Adresse der Familienkasse angegeben. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit einfacher E-Mail Einspruch ein, den die Familienkasse als unbegründet zurückwies. Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage ab: Da der Einspruch mangels qualifizierter elektronischer Signatur nicht wirksam eingelegt worden sei, liege ein bereits bestandskräftiger Aufhebungsbescheid vor.

Der BFH widersprach der Auffassung des FG. Er hatte sich dabei noch mit der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) auseinanderzusetzen. Danach ist der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Nie­der­schrift zu erklären. Bereits nach bisheriger Rechtsprechung des BFH erfordert die „schriftliche“ Einspruchseinlegung nicht, dass der Einspruch im Sinne der strengeren „Schriftform“ vom Einspruchsführer eigenhändig unterschrieben wird. Es reicht aus, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat. Entsprechendes hat der BFH nun für einen elek­tronisch eingelegten Einspruch entschieden. Insoweit ist ein ein­fa­ches elektronisches Dokument ohne qualifizierte elektronische Signatur (z.B. eine einfache E-Mail) geeignet, einen papier­ge­bun­de­nen, schriftlich eingelegten Einspruch zu ersetzen. Voraus­setzung ist jedoch, dass die Behörde einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente eröffnet hat. Dies ergab sich im Streitfall daraus, dass die Familienkasse in dem ange­griffenen Bescheid ihre E-Mail-Adresse angegeben hatte.

Ab 1. August 2013 wurde § 357 Abs. 1 Satz 1 AO dahingehend ergänzt, dass der Einspruch auch „elek­tro­ni­sch“ eingereicht werden kann. Damit wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass ein einfaches elektronisches Dokument zur Einspruchseinlegung ausreicht und es nicht der Einhaltung der strengeren „elek­tro­ni­schen Form“ bedarf, die eine qualifizierte elektronische Signatur erfordert. Diese bürgerfreundliche Erleichterung gilt allerdings für eine eventuell nachfolgende Klageerhebung nicht: § 52a der Finanzgerichtsordnung ist formstrenger; Einzelheiten zur Möglichkeit der elektronischen Klageerhebung lassen sich der Rechtsbehelfsbelehrung der jeweiligen Einspruchsentscheidung entnehmen.

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Hinterbliebenenversorgung – Spätehenklausel – Diskriminierung wegen des Alters

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte ver­pflichtet ist, an die Klägerin eine Hinter­blie­be­nen­versorgung zu zahlen.

Die Klägerin ist die Witwe eines im April 1947 geborenen und im Dezember 2010 verstorbenen ehemaligen Mitarbeiters der Be­klagten. Diesem waren Leistungen der betrieblichen Alters­ver­sor­gung einschließlich einer Witwenversorgung zugesagt worden. Die maßgebliche Pensionsregelung enthält eine „Spätehen­klausel“, nach der zusätzliche Voraussetzung für die Zahlung der Witwen-/Witwerrente ist, dass der versorgungsberechtigte Mitarbeiter die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hat. Diese Voraussetzung erfüllte der verstorbene Ehemann der Klägerin nicht; die Ehe war erst am 8. August 2008 geschlossen worden. Die Beklagte weigerte sich aus diesem Grund, an die Klägerin eine Witwenrente zu zahlen.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die „Spätehenklausel“ ist gemäß § 7 Abs. 2 AGG un­wirk­sam. Der verstorbene Ehemann der Klägerin wurde durch die „Spätehenklausel“ unmittelbar wegen des Alters benachteiligt. Die Benachteiligung kann weder in direkter noch in ent­spre­chen­der Anwendung von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG gerechtfertigt wer­den. Diese Bestimmung lässt bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit Unterscheidungen nach dem Alter unter erleichterten Voraussetzungen zu. Sie erfasst, soweit es um Altersgrenzen als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung geht, nur die Alters- und Invaliditätsversorgung und nicht die Hinterbliebenenversorgung und damit auch nicht die Witwen-/Witwerversorgung. Die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung der unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters nach § 10 Sätze 1 und 2 AGG liegen nicht vor. Die „Spätehenklausel“ führt zu einer über­mäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer.

Quelle: Bundesarbeitsgericht Pressemitteilung Nr. 40/15 vom 04.08.2015
Urteil vom 4. August 2015 – 3 AZR 137/13 –

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Erhöhung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende

Rückwirkend zum 1.1.2015 erhalten Allein­erzie­hende mit einem Kind einen um 600 € höheren Steuerfreibetrag. Dieser beträgt nun pro Jahr 1.908 €. Für jedes zusätzliche zum Haushalt gehörende Kind wird ein weiterer Freibetrag von 240 € gewährt.
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Erhöhung des Grundfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderfreibetrags

Der Grundfreibetrag wird für jeden Steuer­pflichtigen zum 1.1.2015 um 118 auf nunmehr 8.472 € und zum 1.1.2016 um weitere 180 € auf dann 8.652 € erhöht. Das Kindergeld wird rückwirkend zum 1.1.2015 für jedes Kind um 4 € pro Monat und zum 1.1.2016 nochmals um weitere 2 € pro Kind pro Monat erhöht. Der Kinderfreibetrag wird pro Kind und Elternteil rückwirkend zum 1.1.2015 um 72 € auf 2.256 € und zum 1.1.2016 um weitere 48 € auf dann 2.304 € erhöht.
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Widerrufsmöglichkeit einer Vorsorgevollmacht durch den Betreuer als eigener Aufgabenkreis

Der BGH hat mit Datum vom 28.07.2015, Aktenzeichen XII ZB 674/14, entschieden, dass ein Betreuer eine Vorsorgevollmacht nur dann widerrufen kann, wenn ihm dies als eigener Aufgabenkreis zugewiesen worden ist. Durch den Widerruf wird nämlich erheblich in die Grundrechte und die Selbstbestimmung des Betroffenen eingegriffen.

Ein Betreuer, der explizit zum Widerruf einer Vorsorgevollmacht aufgrund eines eigenen Aufgabenkreises bestimmt worden ist, sorgt durch den Widerruf einer Vollmacht dafür, dass diese erlischt, ohne dass dies rückgängig gemacht werden könnte. Dies ist auch dann der Fall, wenn kein tatsächlich wichtiger Grund dafür besteht, die Vollmacht zu widerrufen. Der Vollmachtswiderruf bleibt auch dann wirksam, wenn auf eine Beschwerde hin die Betreuerbestellung oder zumindest der Aufgabenkreis des Vollmachtswiderrufes aufgehoben worden ist.

Der Bevollmächtigte hat die Möglichkeit, auch wenn die Vollmacht wirksam widerrufen wurde, sich gegen diesen Widerruf zu wenden. Dem Bevollmächtigten soll die Möglichkeit gegeben werden, die Betreuerbestellung zu prüfen. Er ist befugt, im Namen des Betroffenen Beschwerde einzulegen. Der Widerruf der Vollmacht durch einen Betreuer steht dem Beschwerderecht nicht entgegen. Die Vertretungsmacht endet erst mit dem Abschluss des Verfahrens darüber, ob der Betreuer rechtmäßig bestellt worden ist.

Es ist zu beachten, dass bei behebbaren Mängeln bei der Vollmachtsausübung durch den Bevollmächtigten als milderes Mittel regelmäßig zu versuchen ist, durch einen zu bestellenden Kontrollbetreuer auf den Bevollmächtigten positiv einzuwirken. Insbesondere besteht die Möglichkeit, Auskunft und Rechenschaftslegung zu verlangen sowie bestehende Weisungsrechte auszuüben. Der Widerruf der Vollmacht ist die ultima ratio.

Thematische Ergänzung: Vorsorgevollmacht

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Schätzungsmethode des „Zeitreihenvergleichs“ nur unter Einschränkungen zulässig

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 51/15, Pressemitteilung vom 22.07.2015, Urteil vom 25.03.2015, Aktenzeichen X R 20/13

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat sich mit Urteil vom 25. März 2015 X R 20/13 zu der Schätzungsmethode des Zeitreihenvergleichs geäußert. Diese Methode wird von der Finanzverwaltung im Rahmen von Außenprüfungen insbesondere bei Gastro­no­mie­betrie­ben zunehmend häufig angewandt.

Dabei handelt es sich um eine mathematisch-statistische Ver­pro­bungsmethode, bei der die jährlichen Erlöse und Wareneinkäufe des Betriebs in kleine Einheiten –regelmäßig in Zeiträume von einer Woche– zerlegt werden. Für jede Woche wird sodann der Rohgewinnaufschlagsatz (das Verhältnis zwischen Erlösen und Einkäufen) ermittelt. Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass der höchste Rohgewinnaufschlagsatz, der sich für einen be­lie­bi­gen Zehn-Wochen-Zeitraum ergibt, auf das gesamte Jahr an­zu­wen­den ist. Dadurch werden rechnerisch zumeist erhebliche Hinzuschätzungen zu den vom Steuerpflichtigen angegebenen Erlösen ausgewiesen.

Der BFH hat diese Schätzungsmethode nunmehr nur unter folgenden Einschränkungen zugelassen:

1. Das Verhältnis zwischen Erlösen und Wareneinkäufen im Betrieb muss über das ganze Jahr hinweg weitgehend konstant sein.

2. Bei einer formell ordnungsmäßigen Buchführung ist der Zeit­reihenvergleich zum Nachweis materieller Mängel der Buch­füh­rung von vornherein ungeeignet.

3. Ist die Buchführung zwar formell nicht ordnungsgemäß, sind aber materielle Unrichtigkeiten nicht konkret nachgewiesen, sind andere Schätzungsmethoden vorrangig.

4. Auch wenn solche anderen Schätzungsmethoden nicht zur Verfügung stehen, dürfen die Ergebnisse eines Zeitreihen­ver­gleichs nicht unbesehen übernommen werden, sondern können allenfalls einen Anhaltspunkt für eine Hinzuschätzung bilden.

5. Nur wenn die materielle Unrichtigkeit der Buchführung bereits aufgrund anderer Erkenntnisse feststeht, können die Ergebnisse eines –technisch korrekt durchgeführten– Zeitreihenvergleichs auch für die Höhe der Hinzuschätzung herangezogen werden.

In diesem Zusammenhang hat der BFH ferner entschieden, dass beim Einsatz eines programmierbaren Kassensystems bereits das Fehlen der hierfür aufbewahrungspflichtigen Unterlagen (Be­triebs­anleitung, Programmierprotokolle) einen formellen Mangel der Buchführung darstellt, der grundsätzlich schon für sich genommen zu einer Hinzuschätzung berechtigt.

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Altersdiskriminierende Kündigung im Kleinbetrieb

Ist bei einer Kündigung gegenüber einer Arbeit­nehmerin aufgrund von ihr vorgetragener Indizien eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters nach § 22 AGG zu vermuten und gelingt es dem Arbeitgeber nicht, diese Vermutung zu widerlegen, ist die Kündigung auch im Kleinbetrieb unwirksam.

Die am 20. Januar 1950 geborene Klägerin war bei der beklagten Gemeinschaftspraxis seit dem 16. Dezember 1991 als Arzt­helferin beschäftigt. In der Praxis waren im Jahr 2013 noch vier jüngere Arbeitnehmerinnen tätig. Die Klägerin war zuletzt über­wie­gend im Labor eingesetzt. Die Gesellschafter der Beklagten kündigten ihr Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 24. Mai 2013 zum 31. Dezember 2013 wegen Veränderungen im Labor­bereich, welche eine Umstrukturierung der Praxis erforderten. Dabei führten sie an, die Klägerin sei „inzwischen pensions­berechtigt“. Den anderen Beschäftigten wurde nicht gekündigt. Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Kündigung und verlangt eine Entschädigung wegen Alters­diskriminierung. Das Kündigungsschreiben lasse eine Benach­tei­ligung wegen ihres Alters vermuten. Nach Darstellung der Be­klag­ten sollte die Kündigung lediglich freundlich und verbindlich formuliert werden. Die Kündigung sei wegen eines zu er­war­ten­den Entfalls von 70 bis 80 % der abrechenbaren Labor­leistungen erfolgt. Die Klägerin sei mit den übrigen Arzthelferinnen nicht vergleichbar, weil sie schlechter qualifiziert sei. Deshalb sei ihr gekündigt worden.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeits­gerichts Erfolg. Die Kündigung verstößt gegen das Benach­tei­li­gungs­verbot des § 7 Abs. 1 AGG und ist deshalb unwirksam. Die Beklagte hat keinen ausreichenden Beweis dafür angeboten, dass die wegen der Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliegt. Ob und ggf. in welcher Höhe der Klägerin der geltend gemachte Entschä­di­gungs­anspruch zusteht, kann noch nicht festgestellt werden. Die Sache wurde insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht Pressemitteilung Nr. 37/15 vom 23.07.2015
Urteil vom 23. Juli 2015 – 6 AZR 457/14 –

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Aufwendungen für Arzneimittel bei Diätverpflegung als außergewöhnliche Belastung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 50/15, Pressemitteilung vom 22.07.2015, Urteil vom 14.04.2015, Aktenzeichen VI R 89/13

Mit Urteil vom 14. April 2015 hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) ent­schieden, dass Aufwendungen für ärzt­lich verordnete Arzneimittel i.S. von § 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG) nicht dem Abzugsverbot für Diätverpflegung nach § 33 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterfallen.

Die Klägerin leidet an einer chronischen Stoffwechselstörung. Sie nimmt aus diesem Grund –ärztlich verordnet– Vitamine und andere Mikronährstoffe ein. Die hierfür entstandenen Auf­wen­dun­gen machte sie in ihrer Einkommensteuererklärung ver­geb­lich als Krankheitskosten und damit als sog. außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG geltend. Die nach erfolglosem Ein­spruch erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Aufwendungen für Vitamine und andere Mikro­nähr­stoffe seien Diätverpflegung und könnten deshalb nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

Auf die Revision der Klägerin hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Das FG habe nicht festgestellt, ob es sich bei den von der Klägerin ein­genommenen Präparaten um Nahrungsergänzungsmittel i.S. des § 1 der Nahrungsergänzungsmittelverordnung und damit um Lebensmittel oder, ob es sich um Arzneimittel i.S. des § 2 AMG handele. Die erforderlichen Feststellungen habe es im zweiten Rechtsgang nachzuholen. Denn vom Abzugsverbot nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG würden nur Aufwendungen für Diät­lebensmittel, nicht aber Arzneimittel i.S. des § 2 AMG erfasst. Dies gelte auch dann, wenn die Arzneimittel im Rahmen einer Diät eingenommen würden. Aufwendungen hierfür seien vielmehr als Krankheitskosten nach § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, wenn die Einnahme der Medikamente einer Krankheit geschuldet und die Medikation durch ärztliche Verordnung nachgewiesen sei.

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Behinderungsbedingte Umbaukosten einer Motoryacht sind keine außergewöhnlichen Belastungen

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 49/15, Pressemitteilung vom 15.07.2015, Urteil vom 02.06.2015, Aktenzeichen VI R 30/14

Mit Beschluss vom 2. Juni 2015 hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) ent­schie­den, dass Aufwendungen für den be­hin­der­ten­gerechten Umbau einer Motor­yacht dem Steuerpflichtigen nicht zwangs­läufig erwachsen und deshalb nicht als außergewöhnliche Be­las­tung i.S. des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu be­rück­sich­tigen sind.

Der Kläger ist aufgrund eines Autounfalls querschnittsgelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen (Grad der Behinderung 100). Im Jahr 2008 erwarb er eine Motoryacht, die er im Streitjahr 2011 rollstuhlgerecht umbauen ließ. Hierfür entstanden ihm Kosten in Höhe von ca. 37.000 €, die er in seiner Einkommen­steuer­er­klä­rung vergeblich als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG geltend machte. Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) blieb ebenso wie jetzt die Revision erfolglos.

Der BFH war der Auffassung, das FG habe die Aufwendungen zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt. Nach § 33 EStG seien nur zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf abzugsfähig. Aufwendungen für die Anschaffung und den Unterhalt einer Motoryacht zählten hierzu nicht. Der Steuerpflichtige sei nicht verpflichtet, derartige Konsumaufwendungen zu tragen. Sie stünden vielmehr in seinem Belieben. Das gelte auch für Mehraufwendungen, die erforderlich seien, ein solches Boot behindertengerecht um­zu­gestalten. Diese Aufwendungen seien nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern –anders als die krankheits- oder behindertengerechte Ausgestaltung des in­di­vi­duellen (existenziell wichtigen) Wohnumfelds– in erster Linie Folge eines frei gewählten Konsumverhaltens.

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