Monatsarchiv 26. April 2013

Haftung des Erben bei Abwicklung des Mietvertrages des Erblassers

Die Haftung bemisst sich nach verschiedenen Fallgruppen
  1. Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis bis zum Tod des Mieters. Diese sind zweifellos Nach­lass­verbindlichkeiten. Für sie haftet der Erbe nach seinem Eintritt in das Mietverhältnis nach § 564 Satz 1 BGB. Darunter fallen insbesondere:
    • Mietzahlungen
    • Betriebskosten
    • Durchführung von Renovierungsarbeiten
    • Schadensersatz wegen Beschädigung der Mietsache
    • Durchführung von Schönheitsreparaturen
    • Schadensersatz wegen nicht (vollständig) erfolgter Renovierungsarbeiten

    Weiterhin haftende Personen nach § 563 Abs. 1 und 2 BGB in Verbindung mit dem Mietvertrag:

    • Ehegatte oder Lebenspartner bei einer gemeinsamen Haushaltsführung mit dem Erblasser
    • Kinder oder Familienangehörige des Erblassers, soweit sie mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben und wenn dann nicht der Ehegatte eintritt
    • Personen, die mit dem Erblasser einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt geführt haben (§ 563 Abs. 1 und 2 BGB)
    • Überlebende Mieter
    • Erbe, der benannten Personen nicht angehört, wenn die Personen nicht in das Mietverhältnis eintreten oder es fortsetzen (§ 564 Satz 1 BGB)
  2. Forderungen vom Tod des Erblassers bis zum Ende des gekündigten VertragesDer Erbe kann seine Haftung durch Erhebung der Dürftig­keits­einrede auf den Nachlass beschränken.
  3. Neue VerbindlichkeitEine Relevanz liegt vor, wenn der Erbe nicht in der für die Ausübung seines Sonderkündigungsrechts geltenden Frist kündigt (§ 564 Satz 2 BGB). Der BGH hat diese Frage in seiner Entscheidung vom 23.01.2013 offen gelassen. Es handelt sich hierbei um Forderungen, die durch die Wei­ter­führung des Mietverhältnisses entstanden sind. Der Erbe haftet jetzt persönlich als Mieter.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Erbe haftet nach rechtzeitiger Kündigung des Mietvertrages nur begrenzt

Der BGH hat mit Datum vom 23.01.2013, Akten­zeichen VIII ZR 68/12, entschieden, dass die nach dem Erbfall fällig werdenden Forderungen jedenfalls dann reine Nachlassverbindlichkeiten sind, wenn das Mietverhältnis durch den Erben innerhalb der im § 564 Satz 2 BGB bestimmten Frist beendet wird.

Der BGH hat somit entschieden, dass Mietschulden keine Nachlasserbenschulden sind.

Nachlasserbenschulden sind Verbindlichkeiten, die durch Rechtsgeschäfte des Erben bei der Verwaltung des Nach­lasses entstehen. Sie gelten als Eigenverbindlichkeiten des Erben.

Der Wortlaut des § 564 Satz 1 BGB bietet keine Anhalts­punkte dafür, dass eine persönliche Haftung des Erben vorliegen soll.

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Funktionelle Zuständigkeit des Rechtspflegers

Die Entscheidung des Rechtspflegers des Nach­lassgerichtes, durch die ein Antrag auf Erteilung eines Erbscheines aufgrund ge­setz­licher Erbfolge mit der Begründung zurückgewiesen wird, es sei testamentarische Erbfolge eingetreten, ist wegen feh­lender funktioneller Zuständigkeit unwirksam.

Dies hat das OLG Hamm am 25.04.2013, Az: 15 W 398/12, entschieden. Dies gilt auch dann, wenn der Richter die Sache dem Rechtspfleger zur Entscheidung übertragen, jedoch keine bindende Festlegung getroffen hat, dass testamen­tarische Erbfolge nicht eingetreten ist und deshalb ein Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge zu erteilen ist.

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Kündigung wegen Kirchenaustritts

Der Austritt eines Mitarbeiters einer von einem katholischen Caritasverband getragenen Kinder­betreuungsstätte aus der katholischen Kirche kann die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.

Nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze selbst. Dieses Recht kommt neben den verfassten Kirchen auch den ihnen zugeordneten karitativen Einrichtungen zu. Es ermöglicht ihnen, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst auch im Rahmen privatrechtlich begründeter Arbeitsverhältnisse entsprechend ihrem Selbstverständnis zu regeln. Nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse von 1993 ist der Austritt aus der katholischen Kirche ein schwerwiegender Loyalitäts­verstoß, der eine Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters nicht zulässt. Im Kündigungsschutzprozess haben die Arbeitsgerichte zwischen den Grundrechten der Arbeitnehmer – etwa auf Glaubens- und Gewissensfreiheit – und dem Selbst­be­stim­mungs­recht der Religionsgesellschaft abzuwägen.

Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat – wie die Vor­instanzen – die Klage eines seit 1992 beim beklagten Caritas­verband beschäftigten Sozialpädagogen gegen eine auf seinen Austritt aus der katholischen Kirche gestützte Kündigung ab­gewiesen. Der Kläger arbeitete in einem sozialen Zentrum, in dem Schulkinder bis zum 12. Lebensjahr nachmittags betreut werden. Die Religionszugehörigkeit der Kinder ist ohne Be­deu­tung. Religiöse Inhalte werden nicht vermittelt. Im Februar 2011 trat der Kläger aus der katholischen Kirche aus. Gegenüber dem Beklagten nannte er als Beweggründe die zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen, die Vorgänge um die „Piusbruderschaft“ und die Karfreitagsliturgie, in der eine antijudaische Tradition der katholischen Kirche zu Tage trete.

Der Kläger hat durch seinen Austritt gegen seine arbeits­ver­trag­lichen Loyalitätsobliegenheiten verstoßen. Aufgrund dessen war es dem Beklagten nicht zumutbar, ihn als Sozialpädagogen weiterzubeschäftigen. Nach dem kirchlichen Selbstverständnis leistete der Kläger unmittelbar „Dienst am Menschen“ und nahm damit am Sendungsauftrag der katholischen Kirche teil. Ihm fehlt infolge seines Kirchenaustritts nach dem Glaubens­ver­ständ­nis des Beklagten die Eignung für eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der Dienstgemeinschaft. Zwar hat auch die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Klägers ein hohes Gewicht. Sie musste aber hier hinter das Selbstbestimmungsrecht des Be­klagten zurücktreten. Dieser kann im vorliegenden Fall von den staatlichen Gerichten nicht gezwungen werden, im ver­kün­di­gungs­nahen Bereich einen Mitarbeiter weiterzubeschäftigen, der nicht nur in einem einzelnen Punkt den kirchlichen Loya­li­täts­anforderungen nicht gerecht geworden ist, sondern sich ins­ge­samt von der katholischen Glaubensgemeinschaft losgesagt hat. Beschäftigungsdauer und Lebensalter des Klägers fielen dem­gegenüber im Ergebnis nicht ins Gewicht. Für Sozial­pä­da­go­gen gibt es zudem auch außerhalb der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen Beschäftigungsmöglichkeiten.

Der Kläger wird durch die Kündigung nicht iSv. § 1, § 7 AGG diskriminiert. Die Ungleichbehandlung wegen seiner Religion ist nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 AGG gerechtfertigt. Eine entschei­dungs­erhebliche Frage der Auslegung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 stellte sich angesichts der Art der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit nicht.

Quelle: Bundesarbeitsgericht Pressemitteilung Nr. 29/13 vom 18.09.2014
Urteil vom 25. April 2013 – 2 AZR 579/12 –

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Grenzen der Schreibhilfe eines Dritten bei der Errichtung eines privatschriftlichen Testaments

Das OLG Hamm hat mit Datum vom 02.10.2012, Az. I-15 W 231/12, über Grenzen bei der Er­rich­tung des eigenhändigen Testa­mentes entschieden.
Ein über bloße Stützungshandlung hinausgehende Ein­flussnahme einer anderen Person auf die Schreibleistung des Erblassers führt auch dann zur Unwirksamkeit des Testaments, wenn die niedergelegte Erklärung dem tatsächlichen Willen des Erblassers entspricht.
Die materielle Feststellungslast dafür, dass die Schreib­leistung des Erblassers ohne relevante Fremdeinwirkung zustande gekommen ist, trägt derjenige, der Rechte aus dem Testament für sich herleitet.
Das Gericht beruft sich darauf, dass die Eigenhändigkeit der Testamentserrichtung, die zwingend vorgeschrieben ist, nicht dadurch ersetzt werden kann, dass der Erblasser sich eines Dritten als Werkzeug bedient und diesen ermächtigt, die letztwillige Verfügung mitzuschreiben.
Somit ist Eigenhändigkeit ausgeschlossen, wenn dem Erb­lasser die Hand geführt wird und dadurch die Schriftzüge von einem Dritten geformt werden.
Zulässig ist jedoch eine unterstützende Schreibhilfe, solange der Erblasser die Formung der Schriftzeichen vom eigenen Willen getragen selbst bestimmen kann. Hierunter fallen das Abstützen des Armes, das Halten der zitternden oder geschwächten Hand.
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Google ermöglicht Regelung des digitalen Nachlasses

Der digitale Nachlass stellt Erben immer wie­der vor Probleme, da er meist weitgehend ungeklärt ist. Google bietet für die Dienste Gmail (E-Mail), Google Drive (Netz-Festplatte), Picasa (Foto­service) und Google+ (soziales Netzwerk) eine Lösung an.

Google gibt seinen Nutzern hierbei die Möglichkeit, ihren digitalen Nachlass zu regeln. Das Unternehmen stellte Ein­stellungen für den Fall vor, dass ein Google-Konto längere Zeit nicht mehr genutzt wird.

Der Nutzer kann zwischen verschiedenen Möglichkeiten wählen:

  • Es besteht die Möglichkeit, die Daten automatisch löschen zu lassen. Als möglicher Zeitraum wird ein Spielraum von 3, 6, 9 oder 12 Monaten eingeräumt.
  • Alternativ hierzu besteht die Möglichkeit, dass das System die Einwahldaten für Google-Dienste an bestimmte Per­sonen übermittelt, beispielsweise per SMS.

Für alle anderen Online- und Cloud-Dienste kann man den digitalen Nachlass und den Umgang mit den vorhandenen Daten derzeit nur mit einer testamentarischen Verfügung oder einer digitalen Vorsorgevollmacht regeln. (vgl. Artikel „Regelung des digitalen Nachlasses„)

Sollten Sie diesbezüglich weitere Informationen wünschen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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Vor dem Juli 1949 geborene uneheliche Kinder sind weiterhin vom Erbrecht nach dem Vater ausgeschlossen

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss (Aktenzeichen 1 BvR 2436/11 und 1 BvR 3155/11) entschieden, dass unehelich geborene Kinder, welche vor dem 01.07.1949 geboren wor­den sind, weiterhin vom Erbrecht nach ihrem Vater ausge­schlossen sind. Dies gilt, wenn der Vater vor dem 29.05.2009 verstorben ist.

Das Gericht wies damit die Verfassungsbeschwerden zweier Männer ab, die vor 1949 unehelich geboren worden waren. Da ihre Väter vor dem Jahre 2009 verstorben waren, bestand kein Erbrecht für die nicht ehelichen Kinder. Dagegen wand­ten sich die unehelichen Abkömmlinge

Hintergrund ist, dass bis 1970 nicht ehelich geborene Kinder und ihr Vater als nicht verwandt galten. Nach der Gesetzes­änderung blieb es bei der Benachteiligung für vor dem 01.07.1949 geborene nicht eheliche Kinder. Diese Stichtags­regelung wurde im Jahre 2011 aufgehoben. Dies gilt jedoch nur für Erbfälle nach dem 29.05.2009. Die Begründung hierfür sind schützenswerte Interessen von Erblassern und Erben.

Im Februar hatte der europäische Gerichtshof für Menschen­rechte in Straßburg in einem französischen Fall entschieden, dass derartige Benachteiligungen einen Verstoß gegen die Menschenrechte darstellen würden. Das sah das Bundes­verfassungsgericht offensichtlich anders.

Dem Nutzungsberechtigten muss aber in diesem Zu­sam­men­hang zugestanden werden, selbst einzuschätzen, wann ein Gesteck derart verwelkt oder sonst unansehnlich geworden ist, dass seine Entfernung geboten erscheint, ohne das Recht des Verwandten faktisch auszuhebeln.

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Die Ausschlagungsfrist eines minderjährigen Erben beginnt erst mit Kenntnis beider Erziehungsberechtigter

Das OLG Frankfurt hat am 03.07.2012, Akten­zeichen 21 C 22/12, entschieden, dass die Aus­schlagungs­frist minderjähriger Erben erst mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der letzte von den ge­meinsamen Erziehungsberechtigten erstmals von dem Anfall und dem Grund der Erbenberufung Kenntnis erlangt hat.

04Gemäß § 1944 Abs. 1 BGB ist eine Ausschlagung nur binnen 6 Wochen möglich. Fristbeginn ist, wenn der Erbe von seiner Berufung erfährt. Bei minderjährigen Erben ist auf die Kennt­nis des Vertretungsberechtigten abzustellen. Für den Frist­beginn ist wohl auf die Kenntnis beider Erziehungs­be­rech­tig­ter abzustellen. Umstritten ist, ob die Kenntnis eines Eltern­teils genügt. Die herrschende Auffassung hält die Kenntnis beider Elternteile für erforderlich.

In der Praxis gilt somit für die Beweislast, dass derjenige, der sich auf die Wirksamkeit der Ausschlagung beruft, deren Existenz, Zeitpunkt und Wirksamkeit beweisen muss. Der Gegner wiederum hat zu beweisen, dass das Aus­schlagungs­recht durch Fristablauf weggefallen ist (BGH 00, 1504).

§ 1949 Abs. 1 BGB steht dem nicht entgegen und kann nur bei einer positiv erklärten Annahme zu einer anderen Be­weis­last­verteilung führen. Solange der Erbe ohne gesetz­lichen Vertreter geschäftsunfähig ist, beginnt die Frist gemäß § 1944 Abs. 2 Satz 3 BGB in Verbindung mit § 210 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu laufen.

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