Pflichtteilsanspruch der Abkömmlinge – Kann man diesen legal minimieren?

Pflichtteilsanspruch der Abkömmlinge – Kann man diesen legal minimieren?

Häufig ist es so, dass Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament verfassen. In diesem wird der überlebende Ehegatte nach dem Tod des Erstversterbenden als Erbe eingesetzt.
Dies ist auch verständlich, da ja beide Ehegatten zusammen das Vermögen erwirtschaftet haben. Hierbei ist es auch gleich, ob die Ehefrau sich zu Hause um den Haushalt und die
Kinder gekümmert hat, oder ob diese arbeiten gegangen ist. Schlussendlich war es nur durch Teamwork möglich, ein solides finanzielles Umfeld zu schaffen.
Was passiert aber, wenn Abkömmlinge vorhanden sind und diese bereits nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils Pflichtteilsansprüche gegen den Längerlebenden geltend
machen? Von den Eltern ist es mit Sicherheit nicht gewünscht, dass durch die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen nach dem Tod des Erstversterbenden der
überlebende Ehegatte in finanzielle Bedrängnis kommt. Dies kann jedoch schnell geschehen, wenn eines der Kinder oder alle Kinder Pflichtteilsansprüche geltend machen.
Häufig ist es ja auch so, dass zwar Grundbesitz vorhanden ist, jedoch das Bargeld nicht ausreicht, um diese Pflichtteilsansprüche zu bedienen. Im schlimmsten Fall muss dann der
überlebende Ehegatte das Familienheim verkaufen, um die Pflichtteilsansprüche bezahlen zu können.

Oft kommen Mandanten zu mir und sind der Ansicht, dass es doch möglich sein müsse, die Kinder ganz vom Erbe auszuschließen, auch ohne jeglichen Anspruch auf den Pflichtteil, um
so den überlebenden Ehegatten zu schützen. Dies ist im deutschen Recht jedoch nicht möglich. Der Pflichtteilsanspruch bleibt immer bestehen. Nur in sehr wenigen
Ausnahmefällen ist es möglich, wegen einer sogenannten Pflichtteilsunwürdigkeit einen Pflichtteilsberechtigten vollständig von allen Ansprüchen auszuschließen.
Aber gibt es tatsächlich auch legale Möglichkeiten, um den Pflichtteilsanspruch wenigstens zu minimieren? Die Antwort ist ja. Man muss sich dazu vor Augen führen, dass es sowohl
einen Pflichtteils- als auch einen Pflichtteilsergänzungsanspruch gibt. Der Pflichtteilsanspruch bemisst sich nach dem Wert des Nachlasses am Todestag. Der
Pflichtteilsergänzungsanspruch berechnet sich nach den Schenkungen, die der Erblasser in den letzten 10 Jahren vor seinem Tod vorgenommen hat. Man muss sich das so verstellen,
dass man fiktiv den Wert dieser Schenkung dem Nachlass hinzurechnet und der Pflichtteilsberechtigte dann in Höhe seiner Quote an diesen Schenkungen beteiligt wird. Pro
Jahr werden jedoch von dem Wert der Schenkung 10 % abgezogen, so dass, auch wenn der Schenker nach der Schenkung nicht mehr länger als 10 Jahre lebt, weniger auszugleichen
ist, als zum Zeitpunkt des Todes, wenn der Wert der Schenkung sich noch im Nachlass befindet.

Bei Ehegatten ist jedoch eine Schenkung seit Beginn der Eheschließung ausgleichspflichtig. Hier gibt es auch keine Abschmelzung.
Der volle Wert der Schenkung wird dem Nachlass fiktiv zugerechnet. Somit partizipiert auch hier jeder Pflichtteilsberechtigte in Höhe seiner Quote.
Oftmals kommen meine Mandanten auf die Idee, das Familienheim gegen Einräumung eines Wohnrechts oder Nießbrauchrechts an eines der Kinder zu übertragen. Damit wäre dieses ja
dem Nachlass entzogen und das andere Geschwisterteil kann dann hieraus keine Pflichtteilsansprüche mehr geltend machen. Dies ist leider ein Irrtum. Bei Übertragung von
Immobilien gegen Wohnrecht bzw. Nießbrauchrecht fängt die oben genannte 10-Jahres-Frist nicht zu laufen an. Es gilt hier das sogenannte Niederstwertprinzip. Der Wert zum Zeitpunkt
der Schenkung wird mit dem Wert am Todestag verglichen. Der niedere Wert ist dann anzusetzen als Grundlage für die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruches.
Somit ist es ratsam, wenn es zu Schenkungen kommen soll, um eine Pflichtteilsreduzierung herbeizuführen, diese frühzeitig zu beginnen. Jedes Jahr, das vergeht, ist in diesem Sinne
wertvoll.

Natürlich gibt es noch andere Möglichkeiten, dafür zu sorgen, dass die Kinder keinen Pflichtteilsanspruch nach dem Tod des Erstversterbenden geltend machen. Dies ist
insbesondere durch die Verfügung einer Pflichtteilsstrafklausel möglich. Dies bedeutet grob skizziert, dass verfügt wird, dass, wenn nach dem Tod des Erstversterbenden ein
Pflichtteilsanspruch geltend gemacht wird, der eigentlich als Schlusserbe eingesetzte Abkömmling nach dem Tod des Zweitversterbenden ebenfalls nur Pflichtteilsberechtigter
sein soll. Dies ist, wie Sie sich vorstellen können, ein sehr gutes Instrument, um einen Abkömmling daran zu hindern, nach dem Tod des Erstversterbenden Pflichtteilsansprüche
geltend zu machen.

Falls auch Sie sich in dieser Situation befinden und unsicher darüber sind, ob Ihre Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden Pflichtteilsansprüche geltend machen möchten, bin ich
Ihnen gerne behilflich, Wege zu finden, die Pflichtteilsansprüche zu minimieren oder die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen zu sanktionieren.

Selbstverständlich besteht auch die Möglichkeit, zu Lebzeiten einen Pflichtteilsverzichtsvertrag mit den Abkömmlingen zu schließen.

Gerne können Sie diesbezüglich auf mich zukommen

Über den Autor

Christine Gerlach author

Rechtsanwältin in München
Fachanwältin für Erbrecht
Tätigkeitsschwerpunkte:
Erbrecht, Pflichtteilsrecht, Testamentsvollstreckung, Gesellschaftsrecht
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