Kategorien-Archiv Steuerrecht / Steuerstrafrecht

Keine steuerliche Begünstigung für von Trägervereinen betriebene Freibäder

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 12/17, Pressemitteilung vom 22.02.2017, Urteil vom 9.11.2016, Aktenzeichen I R 56/15

Betreibt eine städtische Gesellschaft ein verlustbringendes Freibad nicht selbst, son­dern verpachtet sie es an einen Träger­verein, liegen die Voraussetzungen für die steuerliche Begünstigung dauerdefizitärer Tätigkeiten der öffentlichen Hand nicht vor. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. November 2016 I R 56/16 sind Verpachtungstätigkeiten nicht begünstigt.

Fast alle größeren Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) unterhalten Freibäder und entsprechen damit typischerweise einer Erwartungshaltung ihrer Bürger. Unter den klimatischen Bedingungen Mitteleuropas rechnen sich allerdings Freibäder für die Gemeinden betriebswirtschaftlich nicht, es sei denn diese würden hohe Eintrittspreise verlangen. Das wiederum ist sozialpolitisch aus Sicht vieler Menschen nicht akzeptabel. Folglich ist der Freibadbetrieb in Deutschland regelmäßig dauer­defizitär und führt fortlaufend zu erheblichen Verlusten für die Gemeinden. Der Gesetzgeber begünstigt solche dauerdefizitären Tätigkeiten der Gemeinden allerdings aus sozialpolitischen Gründen, indem er die Verluste steuerlich anerkennt und damit ihre Verrechnung mit Gewinnen der Gemeinden aus anderen Tätigkeiten ermöglicht (vgl. § 8 Abs. 7 des Körperschaft­steuer­gesetzes). Hierzu gehören z.B. städtische Gewinne aus Ener­gie­versorgungsunternehmen. Man spricht bei diesem Verrechnungs­modell üblicherweise vom kommunalen Querverbund.

Der BFH hat mit seinem Urteil anerkannt, dass auch der dauer­defizitäre Betrieb eines Freibades dem Grunde nach steuerlich begünstigt ist. Er entnimmt den gesetzlichen Regelungen jedoch die klare Aussage, dass die Begünstigung nur dann gewährt wird, wenn die Gemeinde entweder mit einem eigenen Betrieb (Betrieb gewerblicher Art) die dauerdefizitäre Tätigkeit selbst ausübt oder eine kommunale Eigengesellschaft (Kapital­ge­sell­schaft, deren Anteile sich in der Hand einer Kommune befinden) das Freibad selbst betreibt.

Im Streitfall war hingegen die städtische Eigengesellschaft nicht selbst Betreiberin des Freibades. Sie hatte dieses an einen im Vereinsregister eingetragenen Trägerverein gegen Zusage der Verlustübernahme verpachtet. Dieses Verpachtungsmodell ist nicht steuerlich begünstigt. Mit dieser Entscheidung konnte der BFH zugleich die umstrittene Rechtsfrage offenlassen, ob die gesetzliche Regelung der dauerdefizitären Tätigkeiten mit den unionsrechtlichen Beihilfevorschriften zu vereinbaren ist.

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Häusliches Arbeitszimmer: Personenbezogene Ermittlung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 13/17, Pressemitteilung vom 22.02.2017, Urteil vom 15.12.2016, Aktenzeichen VI R 53/12  , Urteil vom 15.12.2016, Aktenzeichen VI R 86/13

Nutzen mehrere Steuerpflichtige ein häus­liches Arbeitszimmer gemeinsam, ist die Höchstbetragsgrenze von 1.250 € per­so­nen­bezogen anzuwenden, so dass jeder von ihnen seine Aufwendungen hierfür bis zu dieser Obergrenze einkünftemindernd gel­tend machen kann. Dies hat der Bundes­finanzhof (BFH) mit zwei Urteilen vom 15. Dezember 2016 VI R 53/12 und VI R 86/13 entschieden und dabei seine Recht­spre­chung zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 des Einkom­men­steu­er­gesetzes (EStG) zugunsten der Steuerpflichtigen geändert.

Der BFH ist bislang von einem objektbezogenen Abzug der Auf­wendungen für ein häusliches Arbeitszimmer ausgegangen. Die abziehbaren Aufwendungen waren hiernach unabhängig von der Zahl der nutzenden Personen auf 1.250 € begrenzt. Nunmehr kann der Höchstbetrag von jedem Steuerpflichtigen in voller Höhe in Anspruch genommen werden, der das Arbeitszimmer nutzt, sofern in seiner Person die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG erfüllt sind.

Im ersten Fall (Az: VI R 53/12) nutzten die Kläger gemeinsam ein häusliches Arbeitszimmer in einem Einfamilienhaus, das ihnen jeweils zur Hälfte gehörte. Finanzamt und Finanzgericht (FG) erkannten die Aufwendungen für das häusliche Arbeits­zimmer von jährlich ca. 2.800 € nur in Höhe von 1.250 € an und ordneten diesen Betrag den Klägern je zur Hälfte zu.

Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben. Der auf den Höchstbetrag von 1.250 € begrenzte Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer ist jedem Steuerpflichtigen zu gewähren, dem für seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wenn er in dem Arbeitszimmer über einen Arbeitsplatz verfügt und die geltend gemachten Aufwendungen getragen hat. Der BFH hat zudem klargestellt, dass die Kosten bei Ehegatten jedem Ehepartner grundsätzlich zur Hälfte zuzuordnen sind, wenn sie bei hälftigem Miteigentum ein häusliches Arbeitszimmer gemeinsam nutzen. Im Streitfall hatte das FG jedoch nicht geprüft, ob der Klägerin in dem Arbeitszimmer ein eigener Arbeitsplatz in dem für ihre berufliche Tätigkeit konkret erforderlichen Umfang zur Verfügung stand. Der BFH hat die Sache deshalb an das FG zurückverwiesen.

Im zweiten Fall (Az: VI R 86/13) hat der BFH darüber hinaus betont, dass für den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer feststehen muss, dass dort überhaupt eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit entfaltet wird. Außerdem muss der Umfang dieser Tätigkeit es glaubhaft erscheinen lassen, dass der Steuerpflichtige hierfür ein häusliches Arbeits­zimmer vorhält. Dies hatte das FG nicht aufgeklärt. Der BFH musste die Vorentscheidung daher auch in diesem Verfahren aufheben und die Sache an das FG zurückverweisen.

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Vertrauensschutz bei einvernehmlicher Streitbeilegung vor dem Finanzgericht

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 14/17, Pressemitteilung vom 22.02.2017, Urteil vom 6.7.2016,  Aktenzeichen X R 57/13

Ein Finanzamt (FA) verstößt gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn es zunächst aufgrund einer einvernehmlichen Beendigung eines Finanzrechtsstreits den angefochtenen Steuerbescheid zwar aufhebt, im Anschluss daran aber erneut einen inhaltsgleichen Verwaltungsakt erlässt. Nach dem Urteil vom 6. Juli 2016 X R 57/13 des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt dann ein Verstoß gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) vor.

Im Urteilsfall hatte sich das FA mit der Klägerin in einer einen Feststellungsbescheid (Steuerbescheid) betreffenden Finanz­streitsache nach einem entsprechenden Hinweis des Finanz­gerichts (FG) zunächst dahingehend verständigt, den in Streit stehenden Änderungsbescheid noch während der mündlichen Verhandlung aufzuheben und den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären. Im Gegenzug nahm die Klägerin ihren Einspruch zurück und erklärte den Rechtsstreit ebenfalls in der Hauptsache für erledigt. Kurze Zeit später erließ das FA einen in­halts­gleichen Änderungsbescheid, den es nunmehr auf eine andere Rechtsgrundlage stützte. Das von der Klägerin erneut angerufene FG hob den Zweitbescheid auf, weil die rechtlichen Voraussetzungen der vom FA beabsichtigten Korrektur des Steuerbescheids im Urteilsfall nicht gegeben gewesen seien.

Der BFH hat die vorinstanzliche Entscheidung im Ergebnis bestätigt. Das FA sei aufgrund seines Verhaltens in der ersten mündlichen Verhandlung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben daran gehindert gewesen, im Nachgang einen in­halts­gleichen Steuerbescheid erneut zu erlassen. Entscheidend hierfür sei die zwischen den Beteiligten getroffene verfahrensbeendende Absprache vor dem FG. Indem das FA danach den ersten Än­de­rungs­bescheid mit Zustimmung der Klägerin aufgehoben und den Rechtsstreit ohne jede Einschränkung oder Bedingung für erledigt erklärt habe, sei auf Seiten der Klägerin ein Vertrauens­tat­be­stand geschaffen worden. Dieser habe zu einer wirtschaftlichen Disposition der Klägerin geführt, da die Klägerin durch die Rück­nahme des Einspruchs und die korrespondierende Erledi­gungs­erklärung ihren verfahrensrechtlichen Besitzstand aufgegeben habe. Infolge des zielstrebigen und vorbehaltslosen Hinwirkens des FA auf eine umgehende Beendigung des Finanz­ge­richts­prozesses „ohne Urteil“ habe sie uneingeschränkt darauf ver­trauen dürfen, die Finanzbehörde werde sich dazu auch künftig nicht mehr in Widerspruch setzen.

Mit dieser Entscheidung hat der BFH seine Rechtsprechung zum Vertrauensschutz der Steuerpflichtigen auf Fälle der Vereinbarung einer einvernehmlichen Streitbeilegung vor dem FG ausgeweitet.

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Firmenwagenbesteuerung: Zuzahlungen des Arbeitnehmers mindern geldwerten Vorteil

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 11/17, Pressemitteilung vom 15.02.2017, Urteil vom 30.11.2016, Aktenzeichen VI R 2/15  , Urteil vom 30.11.2016, Aktenzeichen VI R 49/14

Nutzungsentgelte und andere Zuzahlungen des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber für die außerdienstliche Nutzung eines be­trieb­lichen Kfz mindern den Wert des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit zwei Urteilen vom 30. November 2016 (VI R 2/15 und VI R 49/14) zur Kfz-Nutzung für private Fahrten und für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte entschieden. Der BFH hat dabei seine Rechtsprechung zugunsten der Steuerpflichtigen insoweit modifiziert, als nunmehr nicht nur ein pauschales Nutzungsentgelt, sondern auch einzelne (indi­vi­du­elle) Kosten des Arbeitnehmers –entgegen der Auffassung der Finanzbehörden– bei Anwendung der sog. 1 %-Regelung steu­er­lich zu berücksichtigen sind.

Im ersten Fall (Az: VI R 2/15) hatten sich der Kläger und sein Arbeitgeber die Kosten des Dienstwagens, den der Kläger auch für private Zwecke nutzen durfte, geteilt. Der Kläger trug sämtliche Kraftstoffkosten (ca. 5.600 €). Die übrigen PKW-Kosten übernahm der Arbeitgeber. Der geldwerte Vorteil aus der Kfz-Überlassung wurde nach der 1 %-Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) berechnet und betrug ca. 6.300 €. Der Kläger begehrte, die von ihm im Streitjahr getragenen Kraftstoffkosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und setzte den Vorteil aus der Privatnutzung lediglich in Höhe von 700 € fest.

Der BFH hat die Vorinstanz im Ergebnis bestätigt. Leistet der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die außerdienstliche Nutzung eines Dienstwagens ein Nutzungsentgelt, mindert dies den Wert des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung. Ebenso ist es, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der privaten Nutzung einzelne (individuelle) Kosten (hier: Kraftstoffkosten) des betrieblichen PKW trägt. Der Umstand, dass der geldwerte Vorteil aus der Kfz-Überlassung nach der 1 %-Regelung ermittelt worden ist, steht dem nach dem jetzt veröffentlichten Urteil nicht mehr entgegen. Der BFH war demgegenüber bislang davon ausgegangen, dass vom Arbeitnehmer selbst getragene Kfz-Kosten nicht steuerlich berücksichtigt werden können, wenn der Nutzungsvorteil pauschal nach der sog. 1 %-Regelung (anstelle der sog. Fahrtenbuchmethode) bemessen wird.

Allerdings kann der Wert des geldwerten Vorteils aus der Dienstwagenüberlassung durch Zuzahlungen des Arbeitnehmers lediglich bis zu einem Betrag von 0 € gemindert werden. Ein geldwerter Nachteil kann aus der Überlassung eines Dienst­wagens zur Privatnutzung nicht entstehen, und zwar auch dann nicht, wenn die Eigenleistungen des Arbeitnehmers den Wert der privaten Dienstwagennutzung und der Nutzung des Fahrzeugs zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte übersteigen. Ein verbleibender „Restbetrag“ bleibt daher ohne steuerliche Aus­wir­kungen. Er kann insbesondere nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden.

Deshalb hat der BFH die Revision des Klägers im zweiten Fall (Az: VI R 49/14) zurückgewiesen. Der Arbeitnehmer hatte für die Privatnutzung des Dienstwagens an seinen Arbeitgeber ein Nutzungsentgelt von ca. 6.000 € geleistet, das höher als der nach der Fahrtenbuchmethode ermittelte geldwerte Vorteil (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) von ca. 4.500 € war und in seiner Einkommensteuererklärung den überschießenden Betrag bei seinen Arbeitnehmereinkünften steuermindernd geltend gemacht. Dem sind Finanzamt und FG entgegengetreten. Der BFH hat dies bestätigt.

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Erbschaft als Betriebseinnahme

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 8/17, Pressemitteilung vom 07.02.2017, Urteil vom 6.12.2016,  Aktenzeichen I R 50/16

Erhält eine GmbH eine Erbschaft, ist der Erwerb für die GmbH nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. Dezember 2016 I R 50/16 auch dann körper­schaft­steuerpflichtig, wenn der Erbanfall zugleich der Erbschaftsteuer unterliegt.

Im Streitfall betrieb eine GmbH ein Seniorenpflegeheim. Sie wurde mit notariell beurkundetem Testament von einem ledigen Heimbewohner mit der Auflage zu dessen Alleinerbin eingesetzt, das Erbvermögen ausschließlich für Zwecke des Heimbetriebs zu verwenden. Nach dem Versterben des Heimbewohners setzte das Finanzamt zum einen Erbschaftsteuer in Höhe von 300.510 € fest. Zum anderen erhöhte es den von der GmbH erklärten Gewinn um das ihr nach Abzug der Testaments­voll­streckungs­kosten verbliebene Erbvermögen von 1.041.659,65 € und setzte dementsprechend Körperschaftsteuer fest. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Der BFH bestätigte die Klageabweisung. Nach seinem Urteil verfügt die GmbH als Kapitalgesellschaft ertragsteuerrechtlich über keine außerbetriebliche Sphäre. Der Bereich ihrer ge­werb­lichen Gewinnerzielung umfasst sämtliche Einkünfte und damit auch Vermögensmehrungen, die nicht unter die Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes (EStG) fallen. Dies gilt auch für Vermögenszugänge aufgrund unentgeltlicher Zuwendungen einschließlich eines Erbanfalls.

Nach dem Urteil des BFH liegt keine verfassungsrechtlich un­zu­lässige Kumulation von Körperschaftsteuer und Erbschaft­steuer vor. Das Verfassungsrecht gebietet nicht, alle Steuern auf­ein­ander abzustimmen und Lücken sowie eine mehrfache Be­steue­rung des nämlichen Sachverhalts zu vermeiden. So ist es bei­spielsweise nicht zu beanstanden, dass der nämliche Gewinn sowohl der Einkommen- oder Körperschaftsteuer sowie zu­sätz­lich der Gewerbesteuer unterworfen wird. Dies gilt auch für eine Kumulation von Ertrag- und Erbschaftsteuer, wie die Mil­de­rungs­regelung des § 35b EStG verdeutlicht.

Der BFH verneint auch einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) im Hinblick auf eine unterschiedliche Behandlung von Erbanfällen bei natürlichen und juristischen Personen. Denn Art. 3 Abs. 1 GG enthält kein allgemeines Verfassungsgebot einer rechtsformneutralen Besteuerung. Es obliegt dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ob er die progressive Einkommensteuerbelastung gemäß § 32a EStG mit Rücksicht auf die Erbschaftsteuerbelastung der Einkünfte abfedert (§ 35b EStG) und ob sowie in welcher Form er diese Entlastung auf den linearen Körperschaftsteuertarif gemäß § 23 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (im Streitjahr: 15 %) erstreckt.

Schließlich verneint der BFH auch einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Im Streitfall kam dies bereits deshalb nicht in Betracht, da die Klägerin von der Gewerbesteuer befreit (§ 3 Nr. 20 des Gewerbesteuergesetzes) war und der Erbanfall deshalb insgesamt mit Erbschaft- und Körper­schaft­steuer in Höhe von lediglich 45 % belastet war.

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Kostümparty eines gemeinnützigen Karnevalsvereins kein Zweckbetrieb

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 9/17, Pressemitteilung vom 07.02.2017, Urteil vom 30.11.2016, Aktenzeichen V R 53/15

Ein von einem gemeinnützigen Kar­ne­vals­verein in der Karnevalswoche durch­ge­führ­tes Kostümfest ist kein Zweckbetrieb. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. November 2016 V R 53/15 un­ter­liegen die Einkünfte aus der Veranstaltung daher der Kör­per­schaftsteuer und die Umsätze dem Umsatz­steuer­regelsatz.

Kläger war im Streitfall ein eingetragener Verein. Er war mit seinem Satzungszweck „Förderung des Karnevals in seinem historischen Sinne“ als gemeinnützig gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 23 der Abgabenordnung (AO) anerkannt. Neben klassischen Karnevalssitzungen veranstaltete der Kläger seit vielen Jahren am Karnevalssamstag die Kostümparty „Nacht der Nächte“. Das Finanzamt (FA) ging davon aus, dass hierin kein Zweckbetrieb gemäß § 65 AO zu sehen sei und unterwarf daher die daraus erzielten Einkünfte der Körperschaftsteuer und die Umsätze dem Regelsteuersatz. Während die Klage zum Finanzgericht (FG) Erfolg hatte, hob der BFH auf die Revision des FA das Urteil des FG auf und wies die Klage ab. Nach dem Urteil des BFH fehlen alle Voraussetzungen für die Annahme eines Zweckbetriebs.

Die „Nacht der Nächte“ habe in ihrer Gesamtrichtung nicht dazu gedient, die satzungsmäßigen Zwecke des Klägers zu ver­wirk­lichen (§ 65 Nr. 1 AO). Dies setze voraus, dass der der Brauch­tums­pflege gewidmete Geschäftsbetrieb der Kulturförderung, nicht aber zur Förderung kommerzieller Ziele diene. Entgegen der Auffassung des FG umfasse das traditionelle Brauchtum in Gestalt des Karnevals nicht jede von einem gemeinnützigen Karnevalsverein in der Karnevalswoche durchgeführte gesellige Veranstaltung, die durch Kostümierung der Teilnehmer, musi­ka­li­sche und tänzerische Darbietungen sowie ausgelassenes Feiern geprägt werde. Erforderlich sei vielmehr, dass die Ver­an­stal­tung selbst durch Elemente des Karnevals in seiner traditionellen Form gekennzeichnet werde. Dies treffe auf die Veranstaltung im Streitfall nicht zu.

Zudem habe es sich bei der „Nacht der Nächte“ nicht um einen für die Vereinszwecke i.S. des § 65 Nr. 2 AO „unentbehrlichen Hilfsbetrieb“ gehandelt. Es sei nicht ersichtlich, weshalb eine Kostümparty, bei der Darbietungen, die nicht im engeren Sinne karnevalistischer Art sind, einen wesentlichen Anteil ausmachen, das unentbehrliche und einzige Mittel zur unmittelbaren För­derung des Karnevals in seiner historischen Form sein soll. Schließlich scheitere die Annahme eines Zweckbetriebs auch an der Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO. Für den BFH war insoweit ausschlaggebend, dass eine Kostümparty während der Karnevalszeit auch von anderen Unternehmern veranstaltet werden kann. Zudem habe das FG selbst festgestellt, dass der Kläger in Wettbewerb mit nicht steuerbegünstigten kommer­ziellen Anbietern vergleichbarer Veranstaltungen getreten sei.

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BFH verwirft Sanierungserlass des BMF

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 10/17, Pressemitteilung vom 07.02.2017, Beschluss vom 28.11.2016, Aktenzeichen GrS 1/15

Die im Sanierungserlass des Bundes­mi­nis­te­ri­ums der Finanzen (BMF) vorgesehene Steuerbegünstigung von Sanierungs­gewinnen verstößt gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Diese Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. November 2016 GrS 1/15 ist von grundlegender Bedeutung für die Besteuerung insolvenzgefährdeter Unter­nehmen.

1. Rechtslage

Ein Sanierungsgewinn, der dadurch entsteht, dass Schulden zum Zwecke der Sanierung ganz oder teilweise vom Gläubiger er­las­sen werden, erhöht das Betriebsvermögen und ist grund­sätz­lich steuerbar. Bis zum Veranlagungszeitraum 1997 waren Sanie­rungs­gewinne nach § 3 Nr. 66 des Einkommensteuer­gesetzes (EStG) a.F. in voller Höhe steuerfrei. Voraussetzung war die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, der volle oder teilweise Erlass seiner Schulden, die insoweit bestehende Sanierungsabsicht der Gläubiger sowie die Sanierungseignung des Schuldenerlasses. Seit Aufhebung dieser Vorschrift durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590) ist ein Sanierungsgewinn demgegenüber grundsätzlich steuerpflichtig. Eine Steuer­be­frei­ung solcher Sanierungsgewinne kann nur durch Billigkeits­maß­nah­men im Einzelfall erreicht werden.

In dem Sanierungserlass, der sich auf die Billigkeitsregelungen der § 163 und § 227 der Abgabenordnung (AO) stützt, hat das BMF in einer allgemeinverbindlichen Verwaltungsanweisung geregelt, dass Ertragsteuern auf einen Sanierungsgewinn unter ähnlichen Voraussetzungen wie unter der früheren Rechtslage erlassen werden können (BMF-Schreiben vom 27. März 2003 IV A 6 S 2140 8/03, BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 IV C 6 S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18). Liegt ein Sanierungsplan vor, wird davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Eine Prüfung im Einzelfall, ob persönliche oder sachliche Billigkeits­gründe vorliegen, findet nicht mehr statt.

2. Streitfall

Die Entscheidung des Großen Senats erging im Streitfall eines Klägers, der als Einzelunternehmer seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelte. Er war mit seinem Betrieb über mehrere Jahre mit Verlust tätig. Im Dezember 2007 verzichteten eine Spar­kasse und eine Bankengruppe auf „nicht bedienbare Forderun­gen“. Das für den Kläger zuständige Finanzamt (FA) berück­sich­tigte bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb auch die Forderungsverzichte der Banken in Höhe von ca. 620.000 € und setzte mit Steuerbescheid vom 17. Februar 2009 Ein­kom­men­steuer entsprechend fest. Der hiergegen eingelegte Ein­spruch hatte keinen Erfolg.

Der Kläger beantragte zudem den „Erlass der Steuern für 2007 aus dem Sanierungsgewinn“. Auch diesen Antrag lehnte das FA ab. Mit Einspruchsentscheidung vom 18. April 2012 entschied das FA, dass dem Kläger kein Billigkeitserlass nach dem Sa­nie­rungserlass zustehe. Es fehle insbesondere an einer Sanierungs­eignung, da der Kläger auch im Folgejahr einen Verlust erlitten habe. Die Klage zum Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Im Revisionsverfahren, dem das BMF beigetreten ist, legte der X. Senat des BFH dem Großen Senat die Frage vor, ob der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.

3. Entscheidung des Großen Senats

Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH verstößt der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Dass Sanierungsgewinne der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterliegen sollen, hat der Gesetzgeber im Jahr 1997 ausdrücklich entschieden, indem er die bis dahin hierfür geltende gesetzliche Steuerbefreiung (§ 3 Nr. 66 EStG a.F.) abschaffte.

Der Finanzverwaltung ist es verwehrt, diese Gewinne aufgrund eigener Entscheidung gleichwohl von der Besteuerung zu be­freien. Sie verstößt gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, indem sie mit dem Sanierungserlass die Be­steue­rung eines trotz Ausschöpfung der Verlustverrechnungs-möglichkeiten verbleibenden Sanierungsgewinns unter Bedingungen, die der damaligen gesetzlichen Steuerbefreiung ähnlich sind, allgemein als sachlich unbillig erklärt und von der Besteuerung ausnimmt. Die im Sanierungserlass aufgestellten Voraussetzungen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen beschreiben keinen Fall sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO. Mit der Schaffung typisierender Regelungen für einen Steuererlass außerhalb der nach §§ 163 und 227 AO im Einzelfall möglichen Billigkeitsmaßnahmen nimmt das BMF eine strukturelle Gesetzeskorrektur vor und verletzt damit das sowohl verfassungsrechtlich (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) als auch einfachrechtlich (§ 85 Satz 1 AO) normierte Legalitäts­prinzip.

4. Bedeutung der Entscheidung

Der Sanierungserlass gewährte in wirtschaftlichen Schwierig­kei­ten befindlichen Unternehmen eine steuerliche Begünstigung. Dies beruhte darauf, dass die Gläubiger mit ihrem Forderungs­verzicht zu erkennen geben, dass sie die Unternehmens­sa­nie­rung für erforderlich und die ergriffenen Maßnahmen für erfolgversprechend halten. Das Bedürfnis für die Begünstigung wurde aus dem wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Interesse am Erfolg der Unternehmenssanierung abgeleitet. Wichtig war und ist dies insbesondere für insolvenzgefährdete Unternehmen.

Für den Erfolg des Forderungsverzichts als Sanierungsmaßnahme kommt es auch auf die Beteiligung des Steuergläubigers an. Denn der aus betrieblichen Gründen vom Gläubiger erklärte Ver­zicht auf eine betriebliche Darlehensforderung ist als Betriebs­einnahme beim Schuldner zu erfassen. Damit führt der For­de­rungs­verzicht zu einem steuerpflichtigen Gewinn. Die Be­steue­rung dieses Gewinns wird im Hinblick auf das mit dem For­de­rungs­verzicht verfolgte Sanierungsziel teilweise als proble­ma­tisch angesehen. In der Literatur wird zudem darüber disku­tiert, ob die Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne den Charakter einer europarechtswidrigen Beihilfe in Form einer Steuer­ver­gün­sti­gung aufweist.

Aus der Entscheidung des Großen Senats folgt nicht, dass Billigkeitsmaßnahmen auf der Grundlage einer bundesweit geltenden Verwaltungsanweisung generell unzulässig sind. Vorauszusetzen ist nur, dass in jedem davon betroffenen Einzelfall tatsächlich ein Billigkeitsgrund für die Ausnahme von der Besteuerung vorliegt. Die Entscheidung des Großen Senats steht auch nicht einem im Einzelfall möglichen Erlass von Steuern auf einen Sanierungsgewinn aus persönlichen Billigkeitsgründen entgegen.

Auf der Grundlage des Beschlusses des Großen Senats ist davon auszugehen, dass finanzgerichtliche Klagen auf Gewährung einer Steuerbegünstigung nach dem Sanierungserlass keinen Erfolg mehr haben werden. Unberührt bleiben individuelle Billig­keits­maßnahmen, die auf besonderen, außerhalb des Sanierungs­erlasses liegenden Gründen des Einzelfalls wie etwa auf persönlichen Billigkeitsgründen beruhen.

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Besteuerung von Stillhalterprämien und steuerliche Berücksichtigung des vom Stillhalter gezahlten Barausgleichs

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 4/17, Pressemitteilung vom 01.02.2017, Urteil vom 20.10.2016, Aktenzeichen VIII R 55/13

Zahlt der Stillhalter bei einem Options­geschäft einen Barausgleich, führt dies zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 20. Oktober 2016 VIII R 55/13 entschieden.

Im Urteilsfall hatte der Kläger vor und nach der Einführung der Abgeltungsteuer am 1. Januar 2009 Verkaufs- und Kaufoptionen auf den Dow Jones Euro-Stoxx-50-Index eingeräumt. Für die Übernahme der Verpflichtung, zum Ende der Laufzeit der Option die Differenz zwischen dem tatsächlichen Schluss­ab­rech­nungs­preis und dem Basiswert auszugleichen, erhielt er eine Still­hal­ter­prämie. Diese unterlag vor der Einführung der Ab­gel­tung­steuer der Besteuerung nach § 22 Nr. 3 des Einkommen­steuer­gesetzes (EStG) und wird seit dem 1. Januar 2009 gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG besteuert. Die steuerliche Berücksichtigung des vom Kläger nach Endfälligkeit der Optionen gezahlten Bar­aus­gleichs lehnte das Finanzamt (FA) ab. Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg.

Der BFH gab der Revision des FA statt. Zwar ist der Barausgleich entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung sowohl vor als auch nach Einführung der Abgeltungsteuer als Verlust des Still­halters aus einem Termingeschäft steuerlich zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts können jedoch Verluste aus dem Barausgleich für Optionen, die vor der Ein­füh­rung der Abgeltungsteuer eingeräumt wurden und unter die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung fallen, nur mit positiven Einkünften i.S. des § 23 EStG und mit Kapitalerträgen i.S. des § 20 Abs. 1 EStG verrechnet werden. Da die Kläger keine der­artigen Einkünfte erzielt hatten, war die Klage mangels Ver­rech­nungsmöglichkeit insoweit unbegründet. Dagegen können Ver­luste des Stillhalters, die unter die Neuregelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG fallen auch mit positiven Kapital­einkünften i.S. des § 20 Abs. 1 EStG verrechnet werden. Insoweit hatte die Klage Erfolg, da die Kläger im Streitjahr derartige Einkünfte erzielt hatten. Der BFH sieht diese Ungleichbehandlung aufgrund des grundlegenden System­wechsels als verfassungsrechtlich gerechtfertigt an.

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Schadensersatz mindert nicht den Veräußerungsverlust aus Aktiengeschäft

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 5/17, Pressemitteilung vom 01.02.2017, Urteil vom 4.10.2016, Aktenzeichen IX R 8/15

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 4. Oktober 2016 IX R 8/15 ent­schie­den, dass nachträgliche Schadens­ersatz­zahlungen einer Wirtschafts­prü­fungs­ge­sell­schaft wegen fehlerhafter Bestätigungs­ver­mer­ke, die ein Anleger für Verluste aus Aktiengeschäften erhält, nicht die in früheren Jahren entstandenen Verluste aus dem Verkauf der Aktien mindern.

Im Urteilsfall hatten die Kläger in den Jahren 1999 bis 2002 Aktien einer Aktiengesellschaft (AG) erworben. Zuvor hatte eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die Jahresabschlüsse der AG geprüft und Bestätigungsvermerke erteilt. Aus der späteren Veräußerung der Aktien im Jahr 2002 entstanden den Klägern infolge eines Kurseinbruchs hohe Verluste, die das Finanzamt (FA) bestandskräftig steuerlich berücksichtigte. Im Rahmen eines zivilgerichtlichen Klageverfahrens, in dem die Kläger die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wegen fehlerhafter Bestä­ti­gungs­vermerke auf Schadensersatz in Anspruch nahmen, schlossen die Kläger mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Jahr 2007 einen Vergleich, der eine Zahlung der Wirtschafts­prüfungsgesellschaft von 3.000.000 € beinhaltete. Diese Zah­lung minderte nach der Auffassung des FA den aus der Ver­äuße­rung erlittenen Verlust. Daher änderte das FA den Verlust­fest­stel­lungs­bescheid. Die hiergegen gerichtete Klage der Steuer­pflichtigen vor dem Finanzgericht hatte Erfolg.

Der BFH hat die vorinstanzliche Entscheidung bestätigt. Nach dessen Urteil führte die Schadensersatzzahlung der Wirt­schafts­prüfungsgesellschaft wegen des fehlerhaften Bestätigungs­vermerks nicht zu einer rückwirkenden Minderung des im Jahr 2002 erlittenen Veräußerungsverlusts i.S. des § 17 des Ein­kom­mensteuergesetzes (EStG) oder des Verlusts aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 EStG. Diese Leistung mindert beim Erwerber nicht die Anschaffungskosten der Anteile. Hat der Erwerber die Anteile bereits veräußert, erhöht die Zahlung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auch nicht den Veräußerungserlös.

Der Verlust i.S. des § 17 Abs. 1 EStG war im Veräußerungsjahr 2002 entstanden. Die erst nach vollzogener Veräußerung geleistete Schadensersatzzahlung war demgegenüber Gegen­stand eines selbständigen Rechtsgeschäfts, das nicht in unmit­tel­barem Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung stand, so dass die Zahlung nicht auf den Zeitpunkt der Verlustentstehung zurückwirkte. Ebenso wenig entfaltete die Schadens­ersatz­zahlung, die die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aufgrund einer eigenständigen Rechtsgrundlage leistete, Rückwirkung auf einen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.

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Zuständigkeit der Familienkassen für Auslandsfälle

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 23/17

Mit Urteil vom 19. Januar 2017 III R 31/15 hat der Bundesfinanzhof (BFH) über die Folgen des Tätigwerdens einer unzu­stän­digen Familienkasse entschieden.

Die Bundesagentur für Arbeit hat die Zuständigkeit für Auslandsfälle bei bestimmten Familienkassen konzentriert. Danach ist die Familienkasse Sachsen bundesweit zuständig, wenn ein Anspruchsberechtigter oder ein Kind ihren Wohnsitz in Polen haben.

Im Streitfall hatte die Klägerin, eine in Berlin lebende und versicherungspflichtig beschäftigte polnische Staatsangehörige, Kindergeld für ihre in Polen beim geschiedenen Ehemann lebende Tochter beantragt. Die Familienkasse Berlin-Brandenburg lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass das Kindergeld dem Vater zustehe. Der dagegen eingelegte Einspruch wurde nicht von der Familienkasse Berlin-Brandenburg, sondern von der Familienkasse Sachsen zurückgewiesen.

Das Finanzgericht hob die Einspruchsentscheidung auf und vertrat die Auffassung, der Ablehnungsbescheid der sachlich unzuständigen Familienkasse Berlin-Brandenburg regele lediglich, dass die Klägerin gegen diese Behörde keinen Anspruch auf Kindergeld habe; über Ansprüche gegen andere Kindergeld­kassen treffe der Bescheid keine Aussage.

Der BFH ist dem entgegengetreten. Die Zuständig­keits­an­ord­nung der Bundesagentur für Arbeit begründet keine sachliche, sondern (nur) eine örtliche Zuständigkeit ihrer Familienkassen. Der Ablehnungsbescheid war daher nicht nichtig und auch nicht aufzuheben, wenn keine anderen Rechtsfehler vorlagen. Die unzuständige Familienkasse Berlin-Brandenburg konnte auf den Einspruch hin entweder ihren Ablehnungsbescheid aufheben und den Antrag an die örtlich zuständige Familienkasse weiterleiten oder –wie geschehen– die Entscheidung über den Einspruch der zuständigen Familienkasse Sachsen überlassen. Die Ablehnung war auch materiell rechtmäßig, denn der in Polen lebende geschiedene Ehemann war vorrangig kindergeldberechtigt, weil er die Tochter in seinen Haushalt aufgenommen hatte.

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