Schlagwort-Archiv Dr. Reinhard Popp

Kurzarbeit in der Corona-Krise

Die Auswirkungen der Corona-Krise betreffen unser Leben in fast allen Bereichen und bringen viele Branchen zum Stillstand. Während sowohl der Freistaat Bayern als auch der Bund eine Vielzahl von Soforthilfeprogrammen aufgelegt hat um insbesondere die finanziellen Einbußen von Unternehmen zu mildern, machen sich viele Menschen in erster Linie Sorgen darüber, welche Auswirkungen die Pandemie auf ihren Arbeitsplatz hat. Der Begriff „Kurzarbeit“, also die finanzielle Entlastung von Arbeitgebern bei den Lohnkosten und Sozialversicherungsbeiträgen ist hier allgegenwärtig. Weniger bekannt ist jedoch, welche Auswirkungen die Einführung von Kurzarbeit für Arbeitnehmer hat. Hier werfen sich diverse Fragen auf, wovon hier die am häufigsten gestellten Fragen beantwortet werden sollen:

 

  1. Was bedeutet Kurzarbeit?

 Kurzarbeit bedeutet die vorübergehende Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit in einem Betrieb aufgrund eines erheblichen Arbeitszeitausfalls. Hiervon können alle oder nur ein Teil der Arbeitnehmer des Betriebs betroffen sein.

 

  1. Wer kann Kurzarbeit beantragen?

Kurzarbeit beantragt der Arbeitgeber. Im Rahmen der Corona-Pandemie können Betriebe rückwirkend zum 01. März 2020 Kurzarbeitergeld bereits dann nutzen, wenn nur 10 % der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind.

 

  1. Muss ich mich in Kurzarbeit schicken lassen?

In Betrieben mit Betriebsräten unterliegt die Einführung der Kurzarbeit der Mitbestimmung des Betriebsrates. Gibt es keinen Betriebsrat bedarf die Einführung von Kurzarbeit grundsätzlich der Zustimmung des einzelnen Arbeitnehmers. Es empfiehlt sich jedoch diese Zustimmung zu erteilen, da andernfalls von Seiten des Arbeitgebers mit einer Änderungskündigung zu rechnen ist und man Gefahr läuft den Arbeitsplatz vollständig zu verlieren.

 

  1. Kann mein Arbeitgeber mich zwingen, erst einmal Urlaub zu nehmen?

Kurzarbeit kann der Arbeitgeber beantragen, wenn der Arbeitsausfall unvermeidbar ist und der Betrieb alles getan hat, um den Arbeitsausfall zu beheben. Der Arbeitgeber kann daher verlangen, dass zunächst Zeitguthaben und Überstunden abgebaut werden, ferner ist es ihm möglich, Urlaub anzuordnen, so dass die Arbeitnehmer somit zunächst einen Teil ihres Urlaubs nehmen müssen.

 

  1. Bin ich während des Bezugs von Kurzarbeitergeld sozialversichert?

Die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie in der Arbeitslosenversicherung und der betrieblichen Unfallversicherung bleibt während der Kurzarbeitsphase bestehen.

 

  1. Was passiert, wenn ich während der Kurzarbeit erkranke?

Erkranken Sie in der Zeit, in der Sie Kurzarbeitergeld beziehen, besteht ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld für einen Zeitraum von 6 Wochen fort (sog. Kranken-Kurzarbeitergeld).

 

  1. Was bedeutet Kurzarbeitergeld für mein Gehalt?

Arbeitnehmer erhalten 60 % ihres Nettolohns für die ausfallende Arbeitszeit, bei Arbeitnehmern mit Kindern sind es 67 %. Im Extremfall kann die Arbeitszeit auf null reduziert werden. Für einen alleinstehenden Arbeitnehmer mit einem monatlichen Bruttogehalt von 3.000,00 €, mithin ca. netto 1.970,00 €, bedeutet dies bei vollständiger Reduzierung der Arbeitszeit eine Einbuße bei seinem Nettolohn von 788,00 € Wird die Arbeitszeit auf 50 % reduziert, besteht immer noch eine Einbuße von 335,00 € netto.

 

  1. Wie erhalte ich das Kurzarbeitergel?

Das Kurzarbeitergeld erhalten sie von Ihrem Arbeitgeber im Rahmen der normalen Gehaltsabrechnung, wobei dieser zunächst in Vorleistung tritt und danach das Kurzarbeitergeld mit der Arbeitsagentur abrechnet.

 

  1. Was ist, wenn Kurzarbeitergeld zum Leben nicht ausreicht?

Reicht der Bezug des Kurzarbeitergeldes nicht aus, um die Lebensunterhaltungskosten zu decken, können Leistungen der Grundsicherung beantragt werden. Der Zugang zu diesen Leistungen wurde für Anträge, die zwischen dem 01. März und dem 30. Juni 2020 gestellt werden, erleichtert. Dies betrifft auch Solo-Selbständige, die kein Kurzarbeitergeld erhalten können. Auch sie können Leistungen der Grundsicherung beantragen, wenn sie aufgrund der Corona-Krise keine Aufträge mehr erhalten.

 

  1. Kann ich während der Kurzarbeit woanders arbeiten?

Beschäftigte, die schon vor Einführung einer Kurzarbeit eine Nebentätigkeit hatten, können diese fortführen. Das daraus erzielte Einkommen wird nicht auf das Kurzarbeitergeld ange­rechnet. Bis zum 31.10.2020 wird darüber hinaus ein in einem systemrelevanten Bereich, insbesondere im Gesundheitswesen, erzielter Nebenverdienst nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.

Bitte beachten Sie, dass obige Ausführungen nicht abschließend sein können und es im Einzelfall gegebenenfalls einer ausführlichen rechtlichen Beratung bedarf.

Rauchen auf öffentlichen Spielplätzen kann teuer werden

Als der Freistaat Bayern am 23. Juli 2010 das Gesetz zum Schutz der Gesundheit (Gesundheitsschutzgesetz – GSG) erlassen hat, ging ein Aufschrei durch die Bevölkerung. Dass das Rauchen in Gaststätten nicht mehr erlaubt sein sollte, war für viele nicht nachvollziehbar. Während sich hier mittlerweile die Wogen geglättet haben und es zu einer breiten Akzeptanz des Rauchverbotes in Gaststätten kam, ist vielen nicht bekannt, dass das Gesundheitsschutzgesetz nach Artikel 2 auch Anwendung findet auf Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, genau unter 2 c) räumlich abgegrenzte und vom Träger gewidmete Kinderspielplätze. Damit gilt das Rauchverbot per Gesetz auf insgesamt 750 öffentlichen Spielplätzen in München. Eines besonderen Hinweises hierauf, beispielsweise durch entsprechende Hinweisschilder, bedarf es nicht.

 

Während bislang die Stadt München Kontrollen nur dann durchgeführt hat, wenn es explizite Hinweise auf Verstöße gab, muss nun auch unter Berücksichtigung genauerer Forschungen über die Schädlichkeit des Passivrauchens damit gerechnet werden, dass hier zukünftig strenger kontrolliert wird. Bei einem Verstoß handelt es sich nach Artikel 9 des Gesundheitsschutzgesetzes um eine Ordnungswidrigkeit, welche mit einer Geldbuße belegt werden kann.

 

Auf private Spielplätze findet das Gesundheitsschutzgesetz keine Anwendung. Mithin gilt das Rauchverbot dort nicht. Ein Verbot kann jedoch beispielsweise in einer Hausordnung geregelt werden.

Betteln als Möglichkeit der Einkommenserzielung. Ist Betteln in München erlaubt?

Betteln ist und war schon immer eine Möglichkeit für Menschen, Einkommen zu erzielen. Bereits im Mittelalter begann die Obrigkeit, welche im raschen Anwachsen der Bettelei eine Gefahr für ihre Herrschaft sah, durch polizeiliche Anordnungen das unberechtigte Betteln zu unterdrücken. Neuerdings, insbesondere seit dem Beitritt von Rumänien und Bulgarien im Jahr 2007 zur europäischen Union gewinnt man den Eindruck, als habe die Bettelei in Deutschland wieder stark zugenommen[1]. Obwohl man zunächst den Eindruck gewinnen kann, als sei die bettelnde Person durch einen Schicksalsschlag dazu gezwungen, stecken hinter diesen Bettlern meist gut organisierte kriminelle Banden. Dabei gilt das Recht zu betteln nicht uneingeschränkt. Insbesondere ist Betteln dann nicht mehr erlaubt, wenn durch die Verhaltensweisen der Bettler andere beeinträchtigt werden. Dabei wird unterschieden zwischen stillen, aktivem und aggressivem Betteln. Beim stillen Betteln weist der Bettler durch Schilder oder auch nur durch das Aufstellen einer Schale auf sein Anliegen hin. Beim aktiven Betteln wendet sich der Bettler schriftlich oder mündlich an Passanten und fordert diese auf, ihm Geld und Anderes zu geben. Wird die bettelnde Person dabei aufdringlich und versucht die Passanten insbesondere durch körperliche Berührungen oder anpöbeln dazu zu zwingen ihm Geld oder Ähnliches zu geben, spricht man von aggressivem Betteln. Während den Behörden in aller Regel keine Rechtsgrundlage zur Verfügung steht, um stilles Betteln zu unterbinden, kann aggressives Betteln die öffentliche Sicherheit gefährden. Um dies zu untersagen, hat das Kreisverwaltungsreferat München für das Betteln innerhalb des Altstadtrings und des Hauptbahnhofviertel eine seit dem 12.08.2014 geltende Gemeinverfügung erlassen, wonach das Betteln in bestimmten Formen verboten ist. Dazu gehören:

 

  • Das aggressive Betteln
  • Das organisierte bzw. bandenmäßige Betteln
  • Das den Verkehr behindernde Betteln – die Durchgangsbreite von 1,60 m, bei einem angrenzenden Radweg die Durchgangsbreite von 1,90 m muss gewährleistet sein
  • Das Betteln unter Vortäuschen körperlicher Behinderungen und sozialer Notlagen
  • Das Betteln durch Vortäuschen von künstlerischen Darbietungen bei nichtgebrauchs­fähigen Musikinstrumenten
  • Das Betteln in Begleitung von Kindern oder durch Kinder
  • Das Betteln von Tieren, ohne dass die erforderlichen sowie vollständig und wahrheits­getreu ausgefüllten tierschutzrechtlichen Nachweise mitgeführt werden[2].

 

Letztlich lässt sich festhalten, dass zwischen stillem, aktivem und aggressivem Betteln unterschieden wird. Bei lediglich stillem Betteln steht den Behörden keine Rechtsgrundlage zur Verfügung, um dies zu unterbinden. Soweit Sie sich durch aggressives Betteln genötigt fühlen, können Sie sich mit Ihren Beschwerden an das Kreisverwaltungsreferat oder auch direkt an die Polizei wenden.

[1] Vergl. hierzu: Mag. jur. Daniel Enzenberger in NJW 2018, 35/50.

[2] Vergl. hierzu Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt München – Kreisverwaltungsreferat – vom 01.08.2014.

Seinen Rufnamen kann man jetzt ändern

Der Rufname einer Person hat in Deutschland eine lange Tradition. So ist es in vielen Familien immer noch üblich, den ersten Namen eines Kindes beispielsweise nach den Großeltern zu bestimmen. Der zweite oder auch dritte Name wird dann zum Rufnamen.

Obwohl Eltern frei bestimmen konnten, welcher von mehreren Vornamen der Rufname sein soll, waren diese mit der Einführung neuer Richtlinien für die Ausstellung von Pässen und Personalausweisen seit November 2010 de facto gezwungen, den ersten Vornamen als Rufnamen zu verwenden. Denn in der maschinenlesbaren Zone der Ausweispapiere wurden alle vorhandenen Vornamen gleichberechtigt eingetragen und zwar in der auf der Geburtsurkunde festgelegten Reihenfolge, wobei der erste Name dann der Rufname war.

Seit dem 01.11.2018 regelt nun das Zweites Personenstandsänderungsgesetz (2. PStRÄndG), dass derjenige, der mehrere Vornamen hat, künftig frei entscheiden kann, welcher davon sein Rufname sein soll. Personen mit mehreren Vornamen ist es seit dem 01.11.2018 daher erlaubt, die Reihenfolge ihrer Vornamen durch eine Erklärung vor dem Standesamt neu zu bestimmen. Lediglich Vornamen, die mit Bindestrich miteinander verbunden sind, sind von dieser Regelung ausgenommen und dürfen nicht geändert werden. Auch die Schreibweise der Vornamen muss beibehalten werden.

Zur Änderung der Namensreihenfolge bedarf es einer Erklärung, welche auch vom Standesbeamten der Standesämter beglaubigt oder beurkundet werden kann. Diese sind in München:

Landeshauptstadt München

Kreisverwaltungsreferat (KVR)

Hauptabteilung II Einwohnerwesen

Standesämter München und München Pasing

 

Ruppertstraße 11

80337 München

Tel.: 089/233-96060

Fax:089/233-44404

 

oder

 

Landsberger Straße 486

81241 München

Tel.: 089/233-37245

Fax: 089/233-37390

 

Diverse Mailadressen:

standesamt.kvr@muenchen.de

standesamtpasing.kvr@muenchen.de

heiratsbuero.kvr@muenchen.de

geburtenbuero.kvr@muenchen.de

Die Unternehmerehe

Inhalte:

Steuerrecht, Güterrecht, Scheidungsrecht, Erbrecht

 

Referenten:

Rechtsanwältin Christine Gerlach, München
Rechtsanwalt Dr. Reinhard Popp, München

Zielgruppe:

Unternehmer

Voraussetzungen:

Es sind keine besonderen Vorkenntnisse erforderlich.

Termin/Veranstaltungsort:

auf Anfrage

» Information und Voranmeldung

Wenn der Betriebsprüfer kommt

Inhalte:

Rechte und Pflichten bei der Außenprüfung
Vorbereitung – Prüfungsschwerpunkte – Richtiges Verhalten

Tätigkeitsschwerpunkte:

Recht der Familienunternehmen, Steuerrecht, Betriebsprüfung, Finanzgerichtsverfahren

Referentin:

Rechtsanwältin Hannah Stein, München

Zielgruppe:

Unternehmer
Buchhalter

Voraussetzungen:

Es sind keine besonderen Vorkenntnisse erforderlich.

Termin/Veranstaltungsort:

auf Anfrage

» Information und Voranmeldung

 

Kurzbeschreibung und Themenübersicht

Seminar zur Betriebsprüfung Keine Angst vor der Außenprüfung, Tipps und Ratschläge

Wenn sich die Betriebsprüfung anmeldet, kommt oft Panik auf. Und ein ungenügend vorbereiteter Unternehmer kann auch durchaus Grund dazu haben.

Aber: Die Kontrollen des Finanzamtes unterliegen strengen Regeln. Man muss sie nur kennen.

Auch während der Betriebsprüfung lässt sich noch manches aus dem Feuer reißen. Wer informiert ist, spart Steuern und verhindert Schaden für sich und sein Unternehmen.

Dieses Seminar ist unser meistbesuchter Klassiker.

Es werden u. a. folgende Schwerpunkte behandelt:

  • Auswahlkriterien der Finanzverwaltung von zu prüfenden Betrieben
  • Vorbereitung auf eine Betriebsprüfung
  • Prüfungsschwerpunkte und Prüfungsmethoden
  • Richtiges Verhalten während der Betriebsprüfung
  • Tipps zum Umgang mit den Prüfern
  • Teilnehmerfragen (open end)

Arbeitsrecht für Unternehmer

Inhalte:

Das Arbeitsvertragsrecht
von der Einstellung bis zur Kündigung

Referent:

Dr. jur. Reinhard Popp
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Familienrecht

Tätigkeitsschwerpunkte:

Arbeitsrecht, Kündigungsschutzrecht,
Ehe- und Familienrecht, Vertrags- und Schadensersatzrecht

 

Zielgruppe:

Unternehmer
Mitarbeiter des Personalbüros

Voraussetzungen:

Es sind keine besonderen Vorkenntnisse erforderlich.

Termin/Veranstaltungsort:

auf Anfrage

» Information und Voranmeldung

Kurzbeschreibung und Themenübersicht

Sie wollen ein Arbeitsverhältnis kündigen? Verwenden Sie noch die alten Verträge? Das kann teuer werden!

Welcher Arbeitgeber kennt diese Situation nicht: Sie haben einem Ihrer Mitarbeiter aus berechtigtem Grund gekündigt. In der Folge kehrt aber nicht etwa Ruhe im Betrieb ein, sondern der Arbeitnehmer erhebt Klage. Er will Sie zwingen, ihn weiter zu beschäftigen, obwohl es wirtschaftlich unsinnig ist, oder sein Verbleiben für das Betriebsklima verheerend ist.

Oft möchte er aber nur eine möglichst hohe Abfindung erstreiten. Häufig werden derartige Prozesse verloren, weil Sie z.B. eine kleine aber entscheidende Formalität übersehen haben. Kenntnisse im Arbeitsrecht sind für Unternehmer, Geschäftsführer sowie Leiter und Mitarbeiter von Personalabteilungen von immenser Bedeutung. Diese Kenntnisse werden Ihnen praxisbezogen in unserem Seminar vermittelt.

Ein besonderes Augenmerk gilt der Behandlung folgender Themen:

  • Fehler beim Abschluss des Arbeitsvertrages, Vermeidung faktischer Besitzstände des Arbeitnehmers
  • Allgemeine Voraussetzungen der Kündigung, Form, Frist, Inhalt, Zustellung
  • Eventuelle Abmahnung, taktische Vorbereitung der Kündigung
  • Verhaltensbedingte, personenbedingte, betriebsbedingte Kündigung, Änderungskündigung, Fristlose Kündigung
  • Betriebsrat, Auszubildende, Mutterschutzgesetz, Schwerbehindertengesetz
  • Beendigung besonderer Arbeitsverhältnisse, Probe-, Zeit-, Aushilfsarbeitsverhältnisse
  • Aufhebungsvertrag, Zeugnis
  • Kündigungsschutzklage, Verfahren vor den Arbeitsgerichten, Umgang mit Anwälten, Vergleich
  • Teilnehmerfragen (open end)

 

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Arbeitgeber und Lohnsteuer

Inhalte:

Vorbereitung auf die Lohnsteuer-Außenprüfung
Brennpunkte im Lohnsteuerrecht

Tätigkeitsschwerpunkte:

Recht der Familienunternehmen, Steuerrecht, Betriebsprüfung, Finanzgerichtsverfahren

Referentin:

Rechtsanwältin Hannah Stein, München

Zielgruppe:

Unternehmer
Mitarbeiter der Personalabteilung
Mitarbeiter des Lohnbüros

Voraussetzungen:

Es sind keine besonderen Vorkenntnisse erforderlich.

Termin/Veranstaltungsort:

auf Anfrage

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Betriebsübergang bei Rettungsdiensten

Ein Betriebs(teil)übergang iSv. § 613a Abs. 1 BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität be­wahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kenn­zeich­nen­den Tatsachen im Rahmen einer Gesamt­be­wer­tung berücksichtigt werden, ohne dass Teilaspekte isoliert betrachtet werden dürfen.

Die Klägerin war seit April 2001 bei dem J. e.V. beschäftigt, zu­letzt als Rettungsassistentin. Dieser sicherte den Rettungsdienst für den beklagten Landkreis im Gebiet S. ab und betrieb hierzu vier Rettungswachen. Er beschäftigte 41 Arbeitnehmer/innen zu den Bedingungen der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR). Ende 2010 entschied sich der beklagte Landkreis, den Rettungsdienst ab Juni 2011 selbst durchzuführen. Er kündigte die mit dem J. e.V. bestehenden Untermiet- und Mietverträge über die Ret­tungs­wachen, bestellte neue Rettungsfahrzeuge und schrieb die Stellen des Rettungsdienstes neu aus. Im Auswahlverfahren wählte er aus 70 Bewerbern neben den bereits zuvor beim J. e.V. tätigen 41 Beschäftigten etwas mehr als zehn neue Beschäftigte aus, um ein verändertes Schichtmodell durchführen zu können. Er schloss mit allen Beschäftigten neue Arbeitsverträge zum 1. Juni 2011 ab, die eine Probezeit vorsahen und eine Bezugnahme auf den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) ent­hiel­ten. Die neuen Fahrzeuge kamen beim beklagten Landkreis ab dem 1. Juni 2011 zum Einsatz. Die von dem J. e.V. im Jahr 2006 beschafften Rettungsfahrzeuge übernahm der beklagte Landkreis – anders als die Einrichtungsgegenstände der Rettungswachen – nicht.

Mit ihrer Feststellungsklage hat die Klägerin geltend gemacht, der beklagte Landkreis sei im Wege des Betriebsübergangs nach § 613a BGB in die Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverträgen mit dem J. e.V. eingetreten. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen.

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Achten Senat des Bun­des­arbeitsgerichts keinen Erfolg. Zwar durfte das Landes­arbeits­gericht seine die Klage abweisende Entscheidung nicht damit begründen, allein die sächlichen Betriebsmittel – insbesondere die Rettungsfahrzeuge – seien für den Betrieb des Rettungs­dienstes identitätsprägend, da deren Einsatz den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktions­zu­sam­men­hangs ausmache. Die gebotene Gesamtbewertung aller maß­geb­lichen Kriterien durch den Senat ergab allerdings, dass das Lan­des­arbeitsgericht die Klage im Ergebnis zutreffend ab­ge­wie­sen hat, weil die wirtschaftliche Einheit „Rettungsdienst“ nach dem Inhaberwechsel ihre Identität nicht bewahrt hatte.

Quelle: Bundesarbeitsgericht Pressemitteilung Nr. 45/16 vom 25.08.2016
Urteil vom 25. August 2016 – 8 AZR 53/15 –

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Arbeitsrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Ausschlussfristen und Mindestentgelt

Eine vom Arbeitgeber als Allgemeine Ge­schäfts­bedingung gestellte arbeitsvertragliche Aus­schlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 der am 1. August 2010 in Kraft getretenen Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) erfasst, verstößt im Anwendungs­bereich dieser Verordnung gegen § 9 Satz 3 in Verbindung mit § 13 AEntG*.

Die Klägerin war vom 15. Juli bis zum 15. Dezember 2013 beim Beklagten, der damals einen ambulante Pflegedienst betrieb, als Pflegehilfskraft beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt als Allgemeine Geschäftsbedingung eine Verfallklausel, nach der alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Bei Ablehnung oder Nichtäußerung der Gegenpartei binnen zwei Wochen nach der Geltendmachung sollte Verfall eintreten, wenn der Anspruch nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

Die Klägerin war vom 19. November bis zum 15. Dezember 2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Der Beklagte hatte trotz ärztlicher Bescheinigung Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit und leistete keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. In dem von der Klägerin am 2. Juni 2014 anhängig gemachten Verfahren hat sich der Beklagte darauf berufen, der Anspruch sei jedenfalls wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen. Das Ar­beitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landes­ar­beits­gericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision des Beklagten ist im Wesentlichen erfolglos geblieben. Die Klägerin hat für den durch die Arbeitsunfähigkeit bedingten Arbeitsausfall nach § 3 Abs. 1 EFZG Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Diesen musste sie nicht innerhalb der arbeitsvertraglich vorgesehenen Fristen geltend machen. Die nach Inkrafttreten der PflegeArbbV vom Beklagten gestellte Klausel verstößt gegen § 9 Satz 3 AEntG und ist deshalb unwirksam, so dass der Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV nicht wegen Versäumung der vertraglichen Ausschlussfrist erlischt. Für andere Ansprüche kann die Klausel nicht aufrechterhalten werden, weil dem das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB** entgegensteht.

*§ 9 AEntG lautet:
„Ein Verzicht auf den entstandenen Anspruch auf das Mindest­entgelt nach § 8 ist nur durch gerichtlichen Vergleich zulässig; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf das Mindestentgelt nach § 8 ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Anspruchs können ausschließlich in dem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag nach den §§ 4 bis 6 oder dem der Rechtsverordnung nach § 7 zugrunde liegenden Tarifvertrag geregelt werden; die Frist muss mindestens sechs Monate betragen.“

*§ 13 AEntG lautet:
„Eine Rechtsverordnung nach § 11 steht für die Anwendung der §§ 8 und 9 sowie der Abschnitte 5 und 6 einer Rechtsverordnung nach § 7 gleich.“

**§ 307 Abs. 1 BGB lautet:
„Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.“

Quelle: Bundesarbeitsgericht Pressemitteilung Nr. 44/16 vom 24.08.2016
Urteil vom 24. August 2016 – 5 AZR 703/15 –

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