Schlagwort-Archiv Dr. Reinhard Popp

Ver­teil­ung der Be­weis­last für die Ver­nicht­ung eines ord­nungs­ge­mäß er­richt­et­en Test­ament­es

Das Oberlandesgericht München (Beschluss vom 31.10.2019, 31 Wx 398/17H) hat entschieden, dass ein Testament, das nur in Fotokopie vorliegt, dennoch gültig sein kann, wenn die formgerechte Errichtung und der Inhalt mit anderen Beweismitteln nachgewiesen werden können. Im vorliegenden Fall wurde das Testament von einem Ehepaar aufgesetzt und enthielt wechselseitige Verfügungen. Das Gericht stellte fest, dass das Testament nicht in Widerrufsabsicht vernichtet wurde, da es keine ausreichenden Beweise dafür gab. Daher wurde der überlebende Ehemann zum Alleinerben erklärt, und nach seinem Tod wurde seinem Erben ein entsprechender Erbschein erteilt.

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Anfechtung der Vaterschaft des rechtlichen Vaters durch den leiblichen Vater

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 09.04.2024 (1 BvR 2017/21) entscheiden, dass der leibliche Vater die Vaterschaft des rechtlichen Vaters nicht mehr anfechten kann, wenn zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater eine sozialfamiliäre Beziehung besteht.

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Elternunterhalt: Selbstbehalt für Alleinstehende 5.500 €

Das OLG München erhöht den Selbst­be­halt beim Eltern­unter­halt nach dem Pflege- und An­ge­hör­igen­ent­last­ungs­ge­setz auf 5.500 €

In seiner Ent­scheid­ung vom 06.03.2024 (2 UF 1201/23 e) hat das OLG München sich eingehend mit der Frage des Selbst­be­haltes von Kindern be­züglich des Eltern­unter­haltes befasst und fest­ge­stellt, dass dem Allein­steh­enden ein Selbst­behalt in Höhe von 5.500 € netto monatlich zu­zu­ge­stehen ist, bevor von Ihm die Leistung von Eltern­unterhalt verlangt werden kann.

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Schenkungen von Schwiegereltern an ihre Schwiegerkinder Fallstricke und Lösungsansätze

Schenkungen von Schwiegereltern an ihre Schwiegerkinder Fallstricke und Lösungsansätze Am Anfang ist alles eitel Sonnenschein.

Ihre Tochter oder Ihr Sohn haben den passenden Partner gefunden und haben geheiratet. Gerade in München stellt sich dann angesichts hoher Mieten auch die Frage, ob man diese in Kauf nehmen möchte oder nicht doch lieber über den Erwerb einer Eigentumswohnung oder eines Hauses nachdenken soll. Da häufig das Eigenkapital für eine derartige Anschaffung nicht ausreicht, erklären sich die Eltern mitunter dazu bereit, ihr Kind und dessen Ehegatten zu unterstützen und stellen ein Grundstück oder einen Geldbetrag für den gemeinsamen Erwerb einer Immobilie zur Verfügung. Die Immobilie wird erworben und beide Ehepartner werden ins Grundbuch eingetragen.

Doch nicht immer läuft alles nach Plan.

Die Ehe gerät in die Krise, die Eheleute trennen sich. Für die Eltern stellt sich dann die Frage, ob die auch an das Schwiegerkind erfolgte Schenkung rückgängig gemacht werden kann. Zwar können sie das Ende der Ehe nicht verhindern, möchten aber natürlich nicht, dass der ehemalige Partner des eigenen Kindes die auch ihm zugewandte Leistung behalten darf. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei einer Zuwendung an das Schwiegerkind um eine Schenkung. Scheitert die Ehe oder die Beziehung, wurde auch nach einer längeren Ehedauer ein Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern gegenüber ihrem Schwiegerkind grundsätzlich bejaht. Begründet wurde dies damit, dass die Schenkung an das Schwiegerkind in der Erwartung erfolgt ist, dass die Ehe andauern und damit die mit dem Zuschuss der Schwiegereltern erworbene Immobilie auch vom eigenen Kind dauerhaft genutzt werden kann.

Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung mit Urteil vom 18.06.2019 (Aktenzeichen XZR107/16) geändert. Es könne nun nicht mehr unterstellt werden, dass die Schwiegereltern bei der Schenkung davon ausgehen durften, die Ehe zwischen ihrem Kind und dem Schwiegerkind werde auf unabsehbare Zeit bestehen. Der Zuwendende müsse bei der Schenkung auch das Risiko einkalkulieren, dass die Ehe des Schwiegerkindes mit dem eigenen Kind nicht von lebenslanger Dauer ist. Das Scheitern einer Ehe gehöre zu den typischen Risiken der Schenkung. Entscheidend ist nun, dass das Festhalten des Schwiegerkindes am Schenkungsvertrag für die Schwiegereltern unzumutbar sein muss.

Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist hierbei die Dauer der Ehe nach der erfolgten Schenkung. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage und damit das Recht der Schwiegereltern die Schenkung rückgängig zu machen, kommt nur noch dann in Betracht, wenn nach der Zuwendung die Ehe nur von kurzer Dauer ist, diese also mehr oder weniger unmittelbar nach der Schenkung beendet wurde. Hierbei geht der Bundesgerichtshof von einer Dauer von maximal zwei bis – 2 – drei Jahren zwischen der Schenkung und dem Ende der Ehe aus. Zerbricht diese innerhalb dieses Zeitraums, können die Schwiegereltern die Schenkung an das Schwiegerkind in aller Regel in voller Höhe zurückverlangen.

Bei einer Dauer von länger als drei Jahren seit der Zuwendung, besteht dieser Rückforderungsanspruch in der Regel nicht mehr. Die Änderung der Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof soll nun aber nicht so verstanden werden, dass künftig keine Schenkungen an Kinder und deren Ehepartner mehr vorgenommen werden sollen. Möchten Eltern ihr Kind und dessen Partner beim Erwerb einer Immobilie unterstützen, empfiehlt es sich aber, über mehrere Gestaltungsmöglichkeiten nachzudenken.

Um zu vermeiden, dass nach einer verhältnismäßig kurzen Ehedauer von nur drei Jahren Rückforderungsansprüche möglicherweise nicht mehr realisiert werden können, sollten die Eltern in Betracht ziehen, allein das eigene Kind und nicht auch das Schwiegerkind zu beschenken, so dass nur das Kind alleiniger Eigentümer der Immobilie oder des Grundstücks wird. Von einer Schenkung an das Schwiegerkind sollte auch aus steuerrechtlicher Sicht abgesehen werden, da der schenkungssteuerliche Freibetrag von 400.000 Euro nur bei Schenkungen an das eigene Kind gilt. Eine weitere Möglichkeit könnte sein, dass sich die Schwiegereltern anlässlich der Schenkung eine Rückforderung ausdrücklich auch für den Fall vorbehalten, dass die Ehe nach längerer Zeit als drei Jahren zerbricht.

Letztlich könnte auch daran gedacht werden, die Zuwendung an das Schwiegerkind als Darlehen zu gestalten, welches mit Scheitern der Ehe an die Schwiegereltern zurückgezahlt werden muss. Dies sind nur einige Beispiele. Da bei jeder Gestaltungsmöglichkeit die individuellen Voraussetzungen zu berücksichtigen sind und die Materie insgesamt recht komplex ist, empfiehlt es sich dringend, vorab professionellen Rat einzuholen.

 

Großeltern haften für Ihre Enkel

Enkelunterhalt: Wann Großeltern in München für ihre Enkel bezahlen müssen

München. In früheren Artikeln hatten wir bereits mehrfach die Problematik gegenseitiger Unterhaltsverpflichtungen erörtert. Bekannt ist, dass getrenntlebende oder geschiedene Eltern für ihre minderjährigen Kinder Unterhalt bezahlen müssen. Ebenso, dass eine Unterhaltsverpflichtung der Kinder gegenüber ihren bedürftigen Eltern bestehen kann.

Weniger bekannt dagegen ist, dass neben den Eltern des Kindes unter Umständen auch andere Verwandte, insbesondere die Großeltern, für den Kindesunterhalt ihrer Enkel aufkommen müssen. § 1601 BGB regelt hierzu: „Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren“. Unterhaltsverpflichtet, aber auch unterhaltsberechtigt sind daher alle in gerader ab- und aufsteigender Linie miteinander Verwandte, unabhängig vom Grad der Verwandtschaft. Unbeachtlich ist hier auch die Frage, wer Inhaber des Sorgerechts ist. Verwandte, die dem Unterhaltsberechtigten näher sind, haften danach für dessen Unterhalt an erster Stelle. Dies sind zunächst die Eltern und Adoptiveltern. Großeltern haften erst dann, wenn beide Eltern für die Zahlung von Kindesunterhalt ausfallen, sei es infolge eines zu geringen Einkommens, aber auch beim Tod der Kindeseltern.

In einem aktuellen Beschluss vom 27.10.2021 ( Aktenzeichen: XII ZB 123/21) hat der Bundesgerichtshof nun entschieden, dass eine Haftung der Großeltern für den Unterhalt ihrer minderjährigen Enkel eintreten kann, wenn die vorrangig zur Unterhaltszahlung verpflichteten Kindeseltern über keine ausreichenden Einkünfte verfügen und finanziell gut situierte Großeltern vorhanden sind. Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der von der Kindesmutter geschiedene Kindesvater wurde auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch genommen. Der Kindesvater verfügte über Einkünfte von ca. 1.400,00 € netto monatlich. Die Kindesmutter verdiente monatlich netto ca. 1.000,00 €. Der Kindesvater war nun der Meinung, ihm müssten monatlich mindestens 1.400,00 € zum Leben bleiben. Er könne daher keinen Unterhalt bezahlen. Den Unterhalt für sein Kind könnten auch seine Eltern, das heißt die Großeltern des Kindes, welche über ein gemeinsames monatliches Nettoeinkommen von 5.600,00 € netto verfügten, übernehmen.

Der Bundesgerichtshof hatte nun die Frage zu klären, ob und wann eine Haftung der Großeltern eintritt. Letztlich ging es darum, wieviel Einkommen dem unterhaltsverpflichteten Kindesvater verbleiben muss. Muss ihm ein notwendiger Selbstbehalt von aktuell 1.280,00 € verbleiben oder ist ein angemessener Selbstbehalt von aktuell 1.400,00 € zuzugestehen? Der Bundesgerichtshof hat dahingehend entschieden, dass eine Haftung der Großeltern für den Unterhalt der minderjährigen Enkel bereits dann eintreten kann, wenn der angemessene und nicht erst der notwendige Selbstbehalt der vorrangig verpflichteten Kindeseltern tangiert wird. Konkret bedeutet dies, dass beispielsweise ein Vater, der für sein Kind Unterhalt bezahlen muss, dies aber aus finanziellen Gründen nicht kann, von den Eltern der Mutter des Kindes oder seinen eigenen Eltern verlangen kann, den Unterhalt, den die Eltern des Kindes zahlen müssten, für ihr Enkelkind zu übernehmen.

Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Sollten beide Elternteile zur Zahlung des Kindesunterhaltes ausfallen und daher die Großeltern herangezogen werden, gilt auch zu deren Gunsten, dass ihnen nach Zahlung des geschuldeten Unterhaltes ein angemessenes Einkommen verbleiben muss.

Wann kommt eine Unterhaltsverpflichtung der Großeltern daher überhaupt in Frage?

Da Großeltern in aller Regel nicht damit rechnen müssen, für den Unterhalt ihrer erwachsenen Kinder, geschweige denn für den Unterhalt ihrer Enkel aufkommen zu müssen, muss ihnen ein angemessener Selbstbehalt verbleiben. Da Großeltern nur eine nachrangige Haftung trifft und ihr Lebensstandard nicht spürbar und dauerhaft eingeschränkt werden darf, ist ihnen ein angemessener Selbstbehalt von mindestens 2.000,00 € monatlich zuzugestehen. Dies bedeutet, dass ein Großelternteil daher nur dann auf Unterhalt in Anspruch genommen werden kann, wenn ihm nach Abzug aller unterhaltsrechtlich relevanter Positionen wie insbesondere Abzahlung eines Darlehens, Zahlung von Kranken- und Versicherungsbeiträgen, Beiträge für eine angemessene zusätzliche Altersversorgung, angemessene Wohnkosten etc., noch mindesten 2.000,00 € netto monatlich zum Leben verbleiben.

Letztlich dürfte es sich daher bei diesen Fällen wohl um Ausnahmefälle handeln, da in aller Regel Kindesunterhalt durch das Sozialamt geleistet werden wird und § 94 Abs. 1 S. 3 SGB XII, im Gegensatz zu Unterhaltsansprüchen der Eltern gegenüber ihren Kindern, eine Überleitung des Unterhaltsanspruches auf die Großeltern nicht vorsieht. Gleichwohl sind Großeltern aber letzten Endes nicht davor gefeit, von ihren Enkeln auf Unterhaltszahlungen in Anspruch genommen zu werden.

Gez.

Popp

Stiefeltern: diese Rechte haben Sie als Stiefmutter und Stiefvater

In immer mehr Familien lebt einer der beiden Elternteile des Kindes mit einem neuen Partner zusammen. Stiefeltern gibt es in Zeiten von zunehmenden Patchwork-Familien so viele wie nie zuvor. Nach einem Bericht der Bundeszentrale für politische Bildung vom 23.03.2021 wird dabei der Anteil von Stieffamilien auf rund 10 % geschätzt.

 

Im Gegensatz zu der Kernfamilie, welche aus einer Mutter, einem Vater sowie ihren gemeinsamen leiblichen Kindern besteht, die in einem Haushalt zusammenleben, handelt es sich bei der Stieffamilie um einen Familienverbund, bei dem mindestens ein Elternteil ein Kind aus einer früheren Beziehung in die neue Familie miteingebracht hat. Dabei wird man allein aufgrund der Tatsache, dass man mit einem neuen Partner zusammenlebt, nicht sofort zum Stiefvater oder zur Stiefmutter. Zum Stiefvater oder zur Stiefmutter wird man rechtlich gesehen erst dann, wenn man den neuen Partner heiratet und mit dessen Kindern nicht blutsverwandt ist. Während bereits das Zusammenleben mit dem neuen Partner zu massiven Spannungen mit dem anderen Elternteil des Kindes führen kann, stellen sich mit einer Heirat des neuen Partners auch unterschiedliche rechtliche Fragen.

 

So ist die weit verbreitete Meinung, dass man mit der Heirat des Partners an die Stelle des anderen Elternteils tritt, falsch.

 

Auch nach einer Trennung oder Scheidung teilen sich die leiblichen Eltern in aller Regel das Sorgerecht. Das bedeutet, dass der andere leibliche Elternteil, zumindest bei grundlegenden Entscheidungen, zum Beispiel bei der Gesundheitsfürsorge, bei schulischen Belangen oder einem Ortswechsel mit einer größeren räumlichen Distanz, ausdrücklich zustimmen muss. Anders verhält es sich bei Entscheidungen für das Kind im Rahmen des täglichen Lebens. Hier sieht der Gesetzgeber in § 1687b BGB eine Regelung vor, wonach den Stiefeltern ein sogenanntes kleines Sorgerecht gewährt wird. Dieses ermöglicht den Stiefeltern, im Einverständnis mit dem Ehepartner, bei Sachverhalten, die keine schwerwiegenden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben, wie zum Beispiel Fragen zur Freizeitgestaltung, mitzuentscheiden.

 

Ein großes Problem für alle Beteiligten kann bei einer Trennung des leiblichen Elternteils vom Stiefvater oder der Steifmutter entstehen. Nicht selten hat das Kind eine enge Beziehung zum Stiefelternteil aufgebaut. Hier gibt das Gesetz den Stiefeltern, ähnlich wie auch den Großeltern, nach § 1685 Abs. 2 BGB ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben, mithin eine sozial-familiäre Beziehung bestand. Verstirbt der leibliche Elternteil und stand die elterliche Sorge den Eltern gemeinsam zu, geht die elterliche Sorge und damit auch das Recht zu bestimmen, wo das Kind zukünftig wohnen wird, auf den überlebenden Elternteil über. Hat das Kind aber seit längerer Zeit in einem Haushalt mit einem Elternteil und dessen Ehegatten gelebt, kann der Stiefvater oder die Stiefmutter beim Familiengericht beantragen, dass das Kind bei ihm oder ihr bleibt, wenn das Kindeswohl durch den Umzug zum überlebenden Elternteil gefährdet würde (sogenannte Verbleibensanordnung). Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine vorübergehende Maßnahme, welche dem Kind Zeit und Gelegenheit geben soll, sich innerlich auf den Wechsel in den Haushalt des leiblichen Elternteils einzustellen.

 

Auch der Erbfolge innerhalb der Stieffamilie gilt es besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Nach dem Gesetz sind Stiefeltern und Stiefkinder nicht verwandt. Da die gesetzliche Erbfolge der Blutsverwandtschaft, was bedeutet „Das Gut folgt dem Blut“ unterliegt, sind Stiefkinder im Falle des Todes eines Stiefelternteils gesetzlich nicht erbberechtigt. Besonders starker Handlungsbedarf besteht in einer sogenannten Patchwork-Familie, das heißt in einer Familienstruktur, in der neben Stiefkindern gemeinsame Kinder vorhanden sind. Um eine gerechte Verteilung des Nachlasses zu gewährleisten, empfiehlt es sich dringend, ein Testament zu erstellen, bei welchem aufgrund der unterschiedlichen Verwandtschaftsverhältnisse auf eine sorgfältige, rechtlich einwandfreie Formulierung zu achten ist. Der Eintritt der gesetzlichen Erbfolge ohne testamentarische Verfügung kann ansonsten zu unliebsamen und nicht gewollten erbrechtlichen Ergebnissen führen.

 

Abschließend noch einige Anmerkungen zur Stiefkindadoption, der in Deutschland häufigsten Form einer Adoption. Mit der Adoption durch den Stiefelternteil hat der andere leibliche Elternteil keine Rechtsbeziehung zum Kind mehr. Rechte und Pflichten, darunter auch das gesetzliche Erbrecht, gehen an den Stiefelternteil. Aber auch hier gilt: eine Adoption ohne Zustimmung auch des leiblichen Elternteils, welcher nach der Adoption alle Rechte gegenüber dem Kind verliert, ist nicht möglich. Ab dem 14. Lebensjahr muss auch das Adoptivkind zustimmen. Ist das Kind volljährig, ist das Einverständnis der leiblichen Eltern nicht mehr notwendig.

 

Als Fazit bleibt: Alltagsentscheidungen dürfen Stiefeltern für ihre Stiefkinder treffen. Sobald es aber um grundlegendere Dinge geht, haben Stiefeltern gegen den Willen des anderen leiblichen Elternteils keine echte rechtliche Handhabe.

 

Gez.

Popp

Sozialamt fordert von Großeltern an Enkel verschenktes Geld zurück

München -Dass leistungsfähige Kinder für ihre Eltern Unterhalt bezahlen müssen, wenn deren Einkommen nicht ausreicht, um beispielsweise die Kosten für ein Pflegeheim zu bezahlen können, dürfte mittlerweile bekannt sein. Weniger bekannt ist jedoch, dass Verwandte in gerader Linie grundsätzlich unterhaltspflichtig sind und daher auch Enkelkinder unter Umständen für ihre Großeltern aufkommen müssen. Zwar haften Enkelkinder nachrangig nach den eigenen Eltern. Sind diese aber nicht leistungsfähig, kann es, wenn auch in seltenen Fällen, zu Konstellationen kommen, in denen Enkelkinder vom Sozialamt in Regress genommen werden, wenn die Großeltern Sozialhilfe erhalten.

Um welche Fälle handelt es sich?

Viele Großeltern legen für ihre Enkel häufig bereits gleich nach deren Geburt Sparbücher oder dergleichen an, damit diese einmal ein Startkapital haben, sei es für den Führerschein oder für die Einrichtung der ersten Wohnung. Doch was passiert mit dem Sparguthaben, wenn die Rente der Großeltern nicht ausreicht, um beispielsweise die Kosten für ein Pflegheim zu bezahlen? Dass eine derartige Situation eintreten würde, konnte damals, als mit dem Kapitalaufbau begonnen wurde, niemand ahnen.

Ich hatte bereits in einem meiner früheren Beiträge in der Kirchenzeitung dargelegt, dass das Sozialamt Schenkungen, welche durch den bedürftig gewordenen, den sogenannten verarmten Schenker, innerhalb der letzten zehn Jahre erfolgten, rückgängig machen und von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes verlangen kann. Kann das Sozialamt also auch von den Enkeln die Schenkungen, also das von den Großeltern für sie angesparte Startkapital, zurückfordern?

Es kann, wie vom Oberlandesgericht Celle entschieden wurde. Zunächst hat das Gericht festgestellt, dass die Einzahlungen für einen Sparplan an die Enkel Schenkungen sind. Zwar handelte es sich bei den im entschiedenen Fall bezahlten Raten von monatlich 50,00 € um einen kleineren Betrag, welcher als Einzelbetrag als sogenanntes Gelegenheitsgeschenk vom Rückforderungsanspruch des Sozialamtes nicht erfasst wäre. Nach Auffassung des Gerichts lag hier jedoch keine anlassbezogene Schenkung wie zu Weihnachten oder zum Geburtstag vor, sondern um geleistete Zahlungen zum Zweck eines Kapitalaufbaus. Die Enkel mussten daher das in den letzten 10 Jahren angesparte Kapital zurückbezahlen. Dieser Fall zeigt, dass Regressforderungen des Sozialamtes auch nach der Einführung des Angehörigenentlastungsgesetzes, wonach nahe Angehörige erst ab einem Jahreseinkommen von 100.000,00 € brutto für Pflegekosten aufkommen müssen, nicht vom Tisch sind.

Für viele betroffene Großeltern oder sonstige Schenker stellt sich somit die Frage, wie eventuell der Zugriff des Sozialhilfeträgers auf das Ersparte der Enkelkinder verhindert werden kann. Nachdem eine Rückforderung in der Regel nicht zu befürchten ist, wenn man das Geld nicht mehr hat, könnte das Kapital rechtzeitig auszugeben werden, sobald eine Pflegebedürftigkeit absehbar wird und eine Regressforderung im Raum steht. Das Kapital muss aber dann auch tatsächlich verbraucht sein, zum Beispiel für eine Ausbildung, Führerschein oder ähnliches. Wurden Anschaffungen getätigt, die sich wieder veräußern lassen, oder Schulden getilgt, die erneut aufgenommen werden können, bleibt die Rückzahlungspflicht weiterhin bestehen.

Es bieten sich aber auch komplexere Vertragsgestaltungen an, wie etwa eine Vereinbarung der Großeltern mit den eigenen Kindern, wonach die Raten das Entgelt für Leistungen sind, welche üblicherweise auf der Grundlage einer Vorsorgevollmacht erbracht werden, beispielsweise Kommunikation mit Behörden, Fahrten zum Arzt, Einkaufen, Tätigkeiten aller Art etc. Letztlich handelt es sich um eine Vereinbarung, wonach die Kinder für ihre Eltern diese Leistungen übernehmen und sich die Eltern (Großeltern) im Gegenzug dazu verpflichten, als Entgelt dafür beispielsweise die Sparraten für ihre Enkel für einen Sparplan zu übernehmen.

Ob und inwieweit derartige Vertragsgestaltungen letztlich Bestand haben und einen Regress des Sozialhilfeträgers verhindern können, lässt sich derzeit mangels einschlägiger Gerichtsentscheidungen nicht garantieren. Gleichwohl sollte an entsprechende Regelungen gedacht werden, wobei sich eine rechtliche und steuerliche Beratung empfiehlt. Der Versuch ist es dann aber allemal wert.

 

Dr. Popp

Rechtsanwalt

Elternunterhalt – Wie ist vorhandenes Vermögen zu berücksichtigen?

München – Seit am 01.01.2020 das Angehörigen-Entlastungsgesetz in Kraft getreten ist, müssen viele Kinder nicht mehr für bedürftige Eltern, welche beispielsweise die Kosten für ein Pflegeheim nicht aufbringen können, Unterhalt bezahlen. Zur Erinnerung: Sozialämter können nur noch Regress für gewährte Sozialhilfeleistungen bei Kindern nehmen, deren Jahreseinkommen 100.000,00 € brutto übersteigt. Doch wie ist die Lage, wenn sowohl Eltern als auch deren Kinder über erhebliches Vermögen verfügen?

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Elternunterhalt – wenn Kinder für ihre Eltern zahlen müssen

Es betrifft immer mehr Menschen. Die Eltern werden pflegebedürftig und müssen unter Umständen ins Heim. Die Rente und das Ersparte reichen dann oft nicht aus, um das Heim bezahlen zu können.

Sowohl steigende Heim- und Pflegekosten, als auch die angespannte finanzielle Situation der Sozialhilfeträger haben dazu geführt, dass verstärkt Kinder von ihren Eltern auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch genommen werden.

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Kurzarbeit in der Corona-Krise

Die Auswirkungen der Corona-Krise betreffen unser Leben in fast allen Bereichen und bringen viele Branchen zum Stillstand. Während sowohl der Freistaat Bayern als auch der Bund eine Vielzahl von Soforthilfeprogrammen aufgelegt hat um insbesondere die finanziellen Einbußen von Unternehmen zu mildern, machen sich viele Menschen in erster Linie Sorgen darüber, welche Auswirkungen die Pandemie auf ihren Arbeitsplatz hat. Der Begriff „Kurzarbeit“, also die finanzielle Entlastung von Arbeitgebern bei den Lohnkosten und Sozialversicherungsbeiträgen ist hier allgegenwärtig. Weniger bekannt ist jedoch, welche Auswirkungen die Einführung von Kurzarbeit für Arbeitnehmer hat. Hier werfen sich diverse Fragen auf, wovon hier die am häufigsten gestellten Fragen beantwortet werden sollen:

 

  1. Was bedeutet Kurzarbeit?

 Kurzarbeit bedeutet die vorübergehende Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit in einem Betrieb aufgrund eines erheblichen Arbeitszeitausfalls. Hiervon können alle oder nur ein Teil der Arbeitnehmer des Betriebs betroffen sein.

 

  1. Wer kann Kurzarbeit beantragen?

Kurzarbeit beantragt der Arbeitgeber. Im Rahmen der Corona-Pandemie können Betriebe rückwirkend zum 01. März 2020 Kurzarbeitergeld bereits dann nutzen, wenn nur 10 % der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind.

 

  1. Muss ich mich in Kurzarbeit schicken lassen?

In Betrieben mit Betriebsräten unterliegt die Einführung der Kurzarbeit der Mitbestimmung des Betriebsrates. Gibt es keinen Betriebsrat bedarf die Einführung von Kurzarbeit grundsätzlich der Zustimmung des einzelnen Arbeitnehmers. Es empfiehlt sich jedoch diese Zustimmung zu erteilen, da andernfalls von Seiten des Arbeitgebers mit einer Änderungskündigung zu rechnen ist und man Gefahr läuft den Arbeitsplatz vollständig zu verlieren.

 

  1. Kann mein Arbeitgeber mich zwingen, erst einmal Urlaub zu nehmen?

Kurzarbeit kann der Arbeitgeber beantragen, wenn der Arbeitsausfall unvermeidbar ist und der Betrieb alles getan hat, um den Arbeitsausfall zu beheben. Der Arbeitgeber kann daher verlangen, dass zunächst Zeitguthaben und Überstunden abgebaut werden, ferner ist es ihm möglich, Urlaub anzuordnen, so dass die Arbeitnehmer somit zunächst einen Teil ihres Urlaubs nehmen müssen.

 

  1. Bin ich während des Bezugs von Kurzarbeitergeld sozialversichert?

Die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie in der Arbeitslosenversicherung und der betrieblichen Unfallversicherung bleibt während der Kurzarbeitsphase bestehen.

 

  1. Was passiert, wenn ich während der Kurzarbeit erkranke?

Erkranken Sie in der Zeit, in der Sie Kurzarbeitergeld beziehen, besteht ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld für einen Zeitraum von 6 Wochen fort (sog. Kranken-Kurzarbeitergeld).

 

  1. Was bedeutet Kurzarbeitergeld für mein Gehalt?

Arbeitnehmer erhalten 60 % ihres Nettolohns für die ausfallende Arbeitszeit, bei Arbeitnehmern mit Kindern sind es 67 %. Im Extremfall kann die Arbeitszeit auf null reduziert werden. Für einen alleinstehenden Arbeitnehmer mit einem monatlichen Bruttogehalt von 3.000,00 €, mithin ca. netto 1.970,00 €, bedeutet dies bei vollständiger Reduzierung der Arbeitszeit eine Einbuße bei seinem Nettolohn von 788,00 € Wird die Arbeitszeit auf 50 % reduziert, besteht immer noch eine Einbuße von 335,00 € netto.

 

  1. Wie erhalte ich das Kurzarbeitergel?

Das Kurzarbeitergeld erhalten sie von Ihrem Arbeitgeber im Rahmen der normalen Gehaltsabrechnung, wobei dieser zunächst in Vorleistung tritt und danach das Kurzarbeitergeld mit der Arbeitsagentur abrechnet.

 

  1. Was ist, wenn Kurzarbeitergeld zum Leben nicht ausreicht?

Reicht der Bezug des Kurzarbeitergeldes nicht aus, um die Lebensunterhaltungskosten zu decken, können Leistungen der Grundsicherung beantragt werden. Der Zugang zu diesen Leistungen wurde für Anträge, die zwischen dem 01. März und dem 30. Juni 2020 gestellt werden, erleichtert. Dies betrifft auch Solo-Selbständige, die kein Kurzarbeitergeld erhalten können. Auch sie können Leistungen der Grundsicherung beantragen, wenn sie aufgrund der Corona-Krise keine Aufträge mehr erhalten.

 

  1. Kann ich während der Kurzarbeit woanders arbeiten?

Beschäftigte, die schon vor Einführung einer Kurzarbeit eine Nebentätigkeit hatten, können diese fortführen. Das daraus erzielte Einkommen wird nicht auf das Kurzarbeitergeld ange­rechnet. Bis zum 31.10.2020 wird darüber hinaus ein in einem systemrelevanten Bereich, insbesondere im Gesundheitswesen, erzielter Nebenverdienst nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.

Bitte beachten Sie, dass obige Ausführungen nicht abschließend sein können und es im Einzelfall gegebenenfalls einer ausführlichen rechtlichen Beratung bedarf.

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