Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 77/16, Pressemitteilung vom 21.12.2016, Urteil vom 20.10.2016, Aktenzeichen V R 26/15
Berichtigt der Unternehmer eine Rechnung für eine von ihm erbrachte Leistung, wirkt dies auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsausstellung zurück, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Grundsatzurteil vom 20. Oktober 2016 V R 26/15 entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis und unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat.
Die Entscheidung ist von großer Bedeutung für Unternehmer, die trotz formaler Rechnungsmängel den Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen in Anspruch nehmen. Sie hatten bislang bei späteren Beanstandungen selbst im Fall einer Rechnungsberichtigung Steuernachzahlungen für das Jahr des ursprünglich in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs zu leisten. Die Steuernachzahlung war zudem im Rahmen der sog. Vollverzinsung mit 6 % jährlich zu verzinsen. Beides entfällt nunmehr.
Im Streitfall hatte die Klägerin den Vorsteuerabzug aus Rechnungen eines Rechtsanwalts in Anspruch genommen, die nur auf einen nicht näher bezeichneten „Beratervertrag“ Bezug nahmen. Weitere Rechnungen hatte ihr eine Unternehmensberatung ohne weitere Erläuterung für „allgemeine wirtschaftliche Beratung“ und „zusätzliche betriebswirtschaftliche Beratung“ erteilt. Das Finanzamt versagte der Klägerin den Vorsteuerabzug aus den in den Streitjahren 2005 bis 2007 erteilten Rechnungen. Es ging davon aus, dass die Rechnungen keine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung enthielten. Dagegen erhob die Klägerin Klage und legte während des Klageverfahrens im Jahr 2013 berichtigte Rechnungen vor, die die Leistungen ordnungsgemäß beschrieben. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gleichwohl ab. Nach dem Urteil des FG ermöglichten die berichtigten Rechnungen einen Vorsteuerabzug erst in 2013 und wirkten nicht auf die erstmalige Rechnungserteilung in den Streitjahren zurück.
Auf die Revision der Klägerin hat der BFH das Urteil des FG aufgehoben und den Vorsteuerabzug für die Jahre 2005 bis 2007 zugesprochen. Dies beruht maßgeblich auf dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache Senatex vom 15. September 2016 C-518/14. Danach wirkt eine Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsausstellung zurück. Der EuGH missbilligt zudem das pauschale Entstehen von Nachzahlungszinsen. Der BFH hat sich dem nunmehr entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis und unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung angeschlossen. Damit der Rechnungsberichtigung Rückwirkung zukommt, muss das Ausgangsdokument allerdings über bestimmte Mindestangaben verfügen, die im Streitfall vorlagen. Die Berichtigung kann zudem bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG erfolgen.
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