News

Turnierbridge ist gemeinnützig

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 29/17, Pressemitteilung vom 10.05.2017, Urteil vom 09.02.2017, Aktenzeichen V R 69/14  , Urteil vom 09.02.2017. Aktenzeichen I R 70/14

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit den Urteilen vom 9. Februar 2017 V R 69/14 und V R 70/14 entschieden, dass ein Anspruch auf Anerkennung der Förderung von Turnierbridge als gemeinnützig besteht, weil Turnierbridge die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet ebenso fördert wie Sport.

Geklagt hatte ein Dachverband von Bridge-Vereinen in der Bundesrepublik Deutschland, der die Interessen des deutschen Bridge auf nationaler und internationaler Ebene vertritt und für die Organisation und Reglementierung des nationalen und internationalen Wettbewerbsbetriebs sowie die Veranstaltung nationaler und internationaler Wettbewerbe zuständig ist.

Wer als gemeinnützig anerkannt ist, ist grundsätzlich von der Körperschaftsteuer befreit. Dabei sind die als gemeinnützig anerkannten Zwecke, zu denen auch Sport gehört, in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 25 der Abgabenordnung (AO) abschließend aufgezählt. Hiervon nicht umfasste Zwecke können aber gemäß § 52 Abs. 2 Satz 2 AO für gemeinnützig erklärt werden, wenn durch sie die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend selbstlos gefördert wird.

Zwar ist Turnierbridge kein Sport (BFH-Urteil vom 9. Februar 2017 V R 69/14). Wie Schach, das als Sport gilt, fördert Turnierbridge aber die Allgemeinheit. Deshalb hat der BFH mit Urteil vom 9. Februar 2017 (V R 70/14) das für den Kläger zuständige Landes-Finanzministerium verpflichtet, Turnierbridge als gemeinnützig anzuerkennen.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Das bloße Aufgreifen einer Gestaltungsidee rechtfertigt nicht die Annahme eines Steuerstundungsmodells Pressemitte

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 30/17, Pressemitteilung vom 10.05.2017, Urteil vom 17.01.2017,  Aktenzeichen VIII R 7/13

Die Annahme eines Steuerstun­dungs­modells ergibt sich nicht ohne Wei­teres aus dem bloßen Aufgreifen einer bekannten Gestaltungsidee. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 17. Januar 2017 VIII R 7/13 entschieden hat, handelt es sich mangels vorgefertigten Konzepts nicht um ein Steuerstundungsmodell, wenn ein Anleger eine von ihm selbst oder von seinem Berater entwickelte oder modifizierte und individuell angepasste Investition umsetzt.

Verluste aus sog. Steuerstundungsmodellen können nur sehr beschränkt verrechnet werden. Gemäß § 15b des Einkommen­steuergesetzes (EStG) mindern Verluste im Zusammen­hang mit einem Steuerstundungsmodell nur Einkünfte, die der Steuer­pflichtige in Folgejahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt. Eine Verrechnung mit anderen Einkünften ist ausgeschlossen.

Im Urteilsfall hatte die Steuerpflichtige über die Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft eine zu 100 % fremdfinanzierte Inhaberschuldverschreibung mit indexbezogener Bonuszinsabrede erworben. Sie hatte hierzu einen Rechtsanwalt beauftragt, der Kontakt zu verschiedenen Kreditinstituten aufnahm, Berechnungen zur Vorteilhaftigkeit einer entsprechenden Investition erstellte, konkrete Ver­hand­lungen über die Konditionen der Schuldverschreibung und des der Finanzierung dienenden Darlehens führte und deren Aus­ge­stal­tung unter Berücksichtigung der individuellen wirtschaftlichen und steuerlichen Belange der Steuerpflichtigen abstimmte und auch die Gründung der vermögensverwaltenden Gesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co (der Klägerin) übernahm. Die Zahlung der Darlehenszinsen und des Disagios führte im Streitjahr 2006 zu einem erheblichen Verlust und bei der von der Klägerin angestrebten uneingeschränkten Verlustverrechnung zu einem entsprechenden Steuerstundungseffekt.

Finanzamt und Finanzgericht unterwarfen den von der Klägerin geltend gemachten Verlust der Verrechnungsbeschränkung des § 15b EStG.

Der BFH sah dies anders und gab der Revision der Klägerin statt. Für die Annahme eines Steuerstundungsmodells genüge es nicht, dass eine rechtliche Gestaltung vorliege, die auf steuerliche Vorteile durch Verlustabzug/-verrechnung ausgelegt sei und ohne die Möglichkeit einer (sofortigen) Verlustverrechnung nicht gewählt worden wäre. Voraussetzung sei stets die Nutzung eines vorgefertigten Konzeptes, was bedeute, dass eine von einem Anbieter abstrakt entwickelte Investitionskonzeption am Markt zur Verfügung stehe, auf die der Anleger „nur“ noch zugreifen müsse. Hieran fehle es, wenn der Anleger – wie im Streitfall – eine von ihm selbst bzw. seinem Berater entwickelte und individuell angepasste Investition tätige.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Keine Gewerbesteuerbefreiung ambulanter Dialysezentren

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 28/17, Pressemitteilung vom 03.05.2017, Urteil vom 25.01.2017, Aktenzeichen I R 74/14

Nach § 3 Nr. 20 des Gewerbe­steuer­ge­set­zes können Krankenhäuser, Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflege­bedürftiger Personen, Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflege­bedürftiger Personen sowie Einrichtungen zur ambulanten oder stationären Rehabilitation von der Gewerbesteuer befreit sein. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 25. Januar 2017 I R 74/14 entschieden, dass ambulante Dialysezentren von der Steuerbefreiung nicht erfasst sind.

Im Streitfall betrieb die Klägerin, eine GmbH, zwei Dialyse­zentren, in denen Krankenfachkräfte und pfleger die Patienten während der ambulant vorgenommenen Dialyse betreuten. Damit war allerdings der nach sozialrechtlichen Vorgaben ge­prägte Begriff „Krankenhaus“ (der die Möglichkeit der Voll­ver­sorgung der Patienten erfordert) nicht erfüllt. Für eine Gleich­stellung mit einem krankenhäuslichen Dialysezentrum fehlt die Rechtsgrundlage: Die gesetzgeberische Einengung der Steu­er­befreiung auf Krankenhäuser, nicht aber sämtlicher Ein­rich­tungen, deren Leistungen über die Sozialversi­che­rungs­träger abgerechnet werden können, ist nach Auffassung des BFH aufgrund der Bedeutung der Vollversorgung und deren besonderer Kostenstruktur nicht zu beanstanden.

Die Dialysezentren konnten auch nicht als Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen an­ge­sehen werden. Denn ein dafür erforderlicher auf die Unter­stützung bei gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen der Personen gerichteter Zweck lag nicht bereits darin, den Patienten während des Aufenthalts Hilfestellung in dem für die Inanspruchnahme der nichtpflegerischen Leistung (der Dialyse) erforderlichen Maß zu geben. Die Einrichtungen der Klägerin dienten auch nicht zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen; denn damit sind nur Pflegedienste gemeint, die Pflegebedürftige in ihrer Wohnung pflegen und hauswirtschaftlich versorgen.

Offen lassen konnte der BFH hingegen die Frage, ob ambulante Dialysezentren als Einrichtungen zur ambulanten oder statio­nären Rehabilitation anzusehen sind. Dieser Befreiungs­tatbestand (ab 2015) war für den Streitfall zeitlich (noch) nicht anwendbar.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Ausschlussfristen und Mindestentgelt

Eine vom Arbeitgeber als Allgemeine Ge­schäfts­bedingung gestellte arbeitsvertragliche Aus­schlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 der am 1. August 2010 in Kraft getretenen Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) erfasst, verstößt im Anwendungs­bereich dieser Verordnung gegen § 9 Satz 3 in Verbindung mit § 13 AEntG*.

Die Klägerin war vom 15. Juli bis zum 15. Dezember 2013 beim Beklagten, der damals einen ambulante Pflegedienst betrieb, als Pflegehilfskraft beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt als Allgemeine Geschäftsbedingung eine Verfallklausel, nach der alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Bei Ablehnung oder Nichtäußerung der Gegenpartei binnen zwei Wochen nach der Geltendmachung sollte Verfall eintreten, wenn der Anspruch nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

Die Klägerin war vom 19. November bis zum 15. Dezember 2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Der Beklagte hatte trotz ärztlicher Bescheinigung Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit und leistete keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. In dem von der Klägerin am 2. Juni 2014 anhängig gemachten Verfahren hat sich der Beklagte darauf berufen, der Anspruch sei jedenfalls wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen. Das Ar­beitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landes­ar­beits­gericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision des Beklagten ist im Wesentlichen erfolglos geblieben. Die Klägerin hat für den durch die Arbeitsunfähigkeit bedingten Arbeitsausfall nach § 3 Abs. 1 EFZG Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Diesen musste sie nicht innerhalb der arbeitsvertraglich vorgesehenen Fristen geltend machen. Die nach Inkrafttreten der PflegeArbbV vom Beklagten gestellte Klausel verstößt gegen § 9 Satz 3 AEntG und ist deshalb unwirksam, so dass der Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV nicht wegen Versäumung der vertraglichen Ausschlussfrist erlischt. Für andere Ansprüche kann die Klausel nicht aufrechterhalten werden, weil dem das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB** entgegensteht.

*§ 9 AEntG lautet:
„Ein Verzicht auf den entstandenen Anspruch auf das Mindest­entgelt nach § 8 ist nur durch gerichtlichen Vergleich zulässig; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf das Mindestentgelt nach § 8 ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Anspruchs können ausschließlich in dem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag nach den §§ 4 bis 6 oder dem der Rechtsverordnung nach § 7 zugrunde liegenden Tarifvertrag geregelt werden; die Frist muss mindestens sechs Monate betragen.“

*§ 13 AEntG lautet:
„Eine Rechtsverordnung nach § 11 steht für die Anwendung der §§ 8 und 9 sowie der Abschnitte 5 und 6 einer Rechtsverordnung nach § 7 gleich.“

**§ 307 Abs. 1 BGB lautet:
„Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.“

Quelle: Bundesarbeitsgericht Pressemitteilung Nr. 44/16 vom 24.08.2016
Urteil vom 24. August 2016 – 5 AZR 703/15 –

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Arbeitsrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Keine Heilung einer nicht ausreichend begründeten vorzeitigen Anforderung der Einkommensteuererklärung nach deren Erledigung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 27/17, Pressemitteilung vom 26.04.2017, Urteil vom 17.01.2017, Aktenzeichen VIII R 52/14

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17. Januar 2017 VIII R 52/14 entschieden, dass ein nicht ausreichend begründeter (und damit rechtswidriger) Ermessensverwaltungsakt nicht durch das Nachschieben einer Begründung „geheilt“ werden kann, wenn er sich vor der Einlegung des Einspruchs bereits erledigt hat.

Gegenstand des Urteils war die Aufforderung des Finanzamts (FA) an die Kläger, ihre Einkommensteuererklärung abzugeben. Nach den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder über Steuererklärungsfristen verlängert sich die gesetzliche Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung (31. Mai) bis zum Ende des auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres, wenn die Steuererklärung durch eine Person i.S. der §§ 3 und 4 des Steuerberatungsgesetzes (z.B. einen Steuerberater) angefertigt wird. Allerdings bleibt es dem FA vorbehalten, die Erklärung für einen Zeitpunkt vor Ablauf dieser Frist anzufordern. Es handelt sich hierbei um eine Ermessens­entscheidung, die zu begründen ist. (Hinweis: Es geht um die Rechtslage bis 31. Dezember 2017.)

Im Streitfall hatte das FA von dieser Möglichkeit Gebrauch ge­macht und die Kläger aufgefordert, die Einkommen­steuer­erklärung für 2010 bis zum 31. August 2011 (und damit vorzeitig) einzureichen. Allerdings war aus der formelhaften Begründung, das FA handle „im Interesse“ einer ordnungs­gemäßen Durchführung des Besteuerungsverfahrens, nicht erkennbar, aus welchem Grund die Abgabefrist im konkreten Fall verkürzt wurde. Die von einem Steuerberater angefertigte Erklärung ging am 7. Dezember 2011 beim FA ein. Das FA setzte daraufhin einen Verspätungszuschlag in Höhe von 880 € fest.

Der BFH gab den Klägern Recht. Sowohl die Aufforderung zur vorzeitigen Abgabe der Steuererklärung als auch die Festsetzung des Verspätungszuschlags waren rechtswidrig. Zwar hätte der Begründungsmangel nach § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 der Abgabenordnung durch das sog. Nachschieben einer Begründung beseitigt werden können. Eine solche Heilung des Verfah­rens­mangels kommt jedoch nach Auffassung des BFH nicht mehr in Betracht, wenn sich die Aufforderung zur termingebundenen Abgabe vor der Einlegung eines Einspruchs durch die Abgabe der Steuererklärung bereits erledigt hat. Aufgrund der Rechts­wi­drig­keit der Aufforderung war auch der vom FA festgesetzte Verspätungszuschlag rechtswidrig und aufzuheben, da die Kläger die Steuererklärung noch innerhalb der allgemein bis zum 31. Dezember 2011 verlängerten Frist eingereicht hatten.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Am Nachlass zu beteiligende Personen

Die nach dem Inhalt einer Verfügung von Todes wegen als Erben in Betracht kommenden Per­so­nen sind gemäß § 345 Abs. 1 Satz Nr. 2 FamFG am Erbscheinsverfahren zu beteiligen. Ist das Bestehen eines Erbrechtes nicht von vorne herein gänzlich unwahrscheinlich, sind sie auf Antrag am Erbscheins­er­tei­lungs­verfahren zu beteiligen. Das Bestehen eines tatsächlichen Erbrechtes ist erst nach förmlicher Beteiligung am Verfahren abschließend zu klären.

Dies hat das OLG München mit Datum vom 08.11.2016, Aktenzeichen 31 Wx 254/16, entschieden.

Ob das behauptete Recht von vorne herein gänzlich aus­ge­schlossen werden kann, wird bei der Beteiligung nicht ab­schließend geprüft. Am Erbscheinsverfahren sind ebenfalls die Personen zu beteiligen, die mittels Auslegung oder nur in einer aufgehobenen Verfügung Erben sein können. Somit wird das rechtliche Gehör gewahrt. Eine Beschwerdebefugnis im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG besteht bereits dann, wenn eine Rechts­beeinträchtigung möglich erscheint. Ob eine tatsächliche sub­jektive Verletzung des Beschwerdeführers vorliegt, wird erst in der Begründetheit geprüft.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Häusliches Arbeitszimmer eines Selbständigen

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 26/17, Pressemitteilung vom 19.04.2017, Urteil vom 22.02.2017, Aktenzeichen III R 9/16

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes besteht ein Abzugsverbot für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer; dieses gilt allerdings dann nicht, „wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht“ (Satz 2). Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 22. Februar 2017 III R 9/16 entschieden, dass bei einem Selbständigen nicht jeder Schreibtischarbeitsplatz in seinen Betriebsräumen zwangsläufig einen solchen zumutbaren „anderen Arbeitsplatz“ darstellt.

Im Urteilsfall war der als Logopäde selbständig tätige Kläger in zwei Praxen in angemieteten Räumen tätig, die weit über­wie­gend von seinen vier Angestellten genutzt wurden. Für Ver­wal­tungs­arbeiten nutzte er ein häusliches Arbeitszimmer. Das Finanzgericht (FG) gelangte aufgrund einer Würdigung der konkreten Umstände zu der Auffassung, dass eine Erledigung der Büroarbeiten in den Praxisräumen – auch außerhalb der Öff­nungs­zeiten – nicht zumutbar sei, so dass die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer begrenzt (Höchstbetrag: 1.250 €) abzugsfähig seien.

Dem folgte der BFH. Soweit die Nutzung des Arbeitsplatzes in einer Weise eingeschränkt ist, dass der Steuerpflichtige in seinem häuslichen Arbeitszimmer einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit verrichten muss, kommt das Abzugsverbot nach seinem Sinn und Zweck nicht zum Tragen. Auch der selbständig Tätige kann daher auf ein (zusätzliches) häusliches Arbeitszimmer angewiesen sein. Ob dies der Fall ist, muss die Tatsacheninstanz (das FG) anhand objektiver Umstände des Einzelfalls klären. Anhaltspunkte können sich sowohl aus der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes (Größe, Lage, Ausstattung) als auch aus den Rahmen­be­din­gun­gen seiner Nutzung (Umfang der Nutzungsmöglichkeit, Zugang zum Gebäude, zumutbare Möglichkeit der Einrichtung eines außerhäuslichen Arbeitszimmers) ergeben. Im Streitfall ergab sich aus den tatsächlichen Gegebenheiten (Nutzung der Räume durch die Angestellten, Tätigkeit des Klägers außerhalb der Praxis, die Größe, die Ausstattung, die konkrete Nutzung der Praxisräume durch die vier Angestellten, Vertraulichkeit der für die Bürotätigkeit erforderlichen Unterlagen und den Umfang der Büro- und Verwaltungstätigkeiten) eine Unzumutbarkeit der Nutzung der Praxisräume als außerhäusliches Arbeitszimmer.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis im Anschluss an ein Heimarbeitsverhältnis

Ein Arbeitsvertrag kann auch dann ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren kalendermäßig befristet werden, wenn zwischen den Parteien zuvor ein Heimarbeitsverhältnis bestanden hat.

Die Klägerin war für die Beklagte in der Zeit vom 15. Juni 2009 bis zum 31. August 2010 als Heimarbeiterin tätig. Ab dem 1. September 2010 wurde sie im Rahmen eines Arbeits­ver­hält­nisses bei der Beklagten beschäftigt. Der zunächst für die Dauer von einem Jahr befristete Arbeitsvertrag wurde durch Ergän­zungs­vertrag vom 12. Mai 2011 bis zum 31. August 2012 verlängert. Die Klägerin hat die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf Grund der Befristung am 31. August 2012 geendet hat.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Befristung des Arbeitsvertrags ist wirksam. Der Arbeitsvertrag konnte nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die Dauer von zwei Jahren ohne Vorliegen eines sachlichen Grunds befristet werden. Eine sachgrundlose Befristung ist zwar nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Ein Heimarbeitsverhältnis nach § 2 Abs. 1 HAG ist jedoch kein Arbeitsverhältnis im Sinne von § 14 Abs. 2 TzBfG.

Quelle: Bundesarbeitsgericht Pressemitteilung Nr. 43/16 vom 24.08.2016
Urteil vom 24. August 2016 – 7 AZR 342/14 –

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Arbeitsrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Kosten für die Bebauung eines Grundstücks als Gegenstand der Grunderwerbsteuer

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 22/17, Pressemitteilung vom 12.04.2017, Urteil vom 25.1.2017, Aktenzeichen II R 19/15

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 25. Januar 2017 II R 19/15 eine weitere Entscheidung zu dem Themen­komplex des einheitlichen Erwerbs­ge­gen­stands im Grunderwerbsteuerrecht ge­trof­fen. Danach kann für den Fall, dass ein Bauerrichtungs­vertrag zeitlich nach dem Grundstückskaufvertrag und nach der Festsetzung der Grunderwerbsteuer geschlossen wird, die Finanzbehörde berechtigt sein, im Wege der Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung die Bauerrichtungskosten zusätzlich zu den Kosten des Grundstückserwerbs mit Grunderwerbsteuer zu belasten.

Im Urteilsfall erwarb der Kläger von einer Stadt ein Grundstück, welches mit einem Reihenhaus bebaut werden sollte. Im Grundstückskaufvertrag, der sowohl von der Stadt (Verkäuferin) als auch von dem zu beauftragenden Bauunternehmen unter­zeichnet wurde, war u.a. festgelegt, nach welchen archi­tek­to­ni­schen Plänen das Haus errichtet werden sollte. Das Finanzamt (FA) setzte kurze Zeit später die Grunderwerbsteuer fest und bezog lediglich die Kosten für den Grundstückskauf in die Be­mes­sungsgrundlage für die Steuer ein. Nach der Steuer­fest­setzung schloss der Kläger einen Bauerrichtungsvertrag mit dem Bauunternehmen. Daraufhin änderte das FA die ursprüngliche Steuerfestsetzung und bezog die sich aus diesem Vertrag ergebenden Baukosten mit ein. Dagegen wehrte sich der Kläger mit Erfolg vor dem Finanzgericht.

Der BFH hingegen entschied, dass das FA die Baukosten nach­träglich in die Bemessungsgrundlage für die Steuer mitein­be­zie­hen durfte. Ist der Erwerber eines Grundstücks beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags hinsichtlich des „Ob“ und „Wie“ der Bebauung gebunden, wird das erworbene Grundstück erst dann in bebautem Zustand erworben, wenn auch der Bauerrich­tungs­vertrag geschlossen ist. Mit dieser Entscheidung stellt der BFH im Rahmen einer weiteren Fallgruppe aus dem Bereich des einheitlichen Erwerbsgegenstands klar, dass der Abschluss des Bauerrichtungsvertrags das zunächst unbebaute Grundstück rückwirkend auf den Zeitpunkt des Grundstückskaufvertrags zu einem bebauten werden lässt und die Baukosten nachträglich im Rahmen der Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung zusätzlich zu den Kosten für den Grundstückskauf bei der Festsetzung der Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen sind.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Bundesfinanzhof akzeptiert Gestaltungen betreffend gewerblicher Verluste durch Ankauf physischen Goldes Pressemitteilung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 24/17, Pressemitteilung vom 12.04.2017, Urteil vom 19.1.2017, Aktenzeichen IV R 10/14, Urteil vom 19.1.2017, Aktenzeichen IV R 50/14

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteilen vom 19. Januar 2017 IV R 10/14 und IV R 50/14 zwei –auch als „Goldfinger-Modelle“ beschriebene– Gestaltungen akzeptiert, bei denen Personengesellschaften durch den Ankauf physischen Goldes Verluste aus Ge­werbebetrieb erzielt haben. Diese Gestal­tun­gen führen bei den Gesellschaftern zu Steuervorteilen, wenn kein sog. Steuerstundungsmodell vorliegt.

Bei der inlandsbezogenen Gestaltung (inländische Personen­gesellschaft – „Inlandsfall“ [BFH IV R 10/14]) tritt typischer­weise ein „Steuerstundungseffekt“ ein. Dieser Effekt entsteht dadurch, dass die Anschaffungskosten für das Gold als sofort abziehbare Betriebsausgaben zu einem gewerblichen Verlust führen, der mit bzw. von anderen positiven Einkünften der Gesellschafter ausgeglichen bzw. abgezogen werden kann. Bei der auslandsbezogenen Gestaltung (ausländische Personen­ge­sell­schaft – „Auslandsfall“ [BFH IV R 50/14]) kommt es ty­pi­scherweise zu einer endgültigen Reduzierung der Einkom­men­steuerbelastung. Dies ist eine Folge des durch die ausländischen Verluste ggf. bis auf Null reduzierten Steuersatzes (sog. nega­ti­ver Progressionsvorbehalt), dem durch den Verkauf des Goldes in einem späteren Jahr regelmäßig keine oder nur eine geringe Steuersatzsteigerung gegenübersteht.

Die Gestaltungen basieren (verkürzt dargestellt) darauf, dass die Personen­gesellschaften durch den An- und Verkauf physischen Goldes eine gewerbliche Tätigkeit ausüben, sie ihren Gewinn durch eine Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln dürfen und sie dabei die Anschaffungskosten für das als Umlaufvermögen zu qualifizierende Gold sofort als Betriebsausgaben geltend machen können.

Der BFH bestätigte in beiden Fällen die Urteile der Vorinstanzen, wonach im Inlandsfall u.a. entsprechende Verluste (negative Einkünfte) aus Gewerbebetrieb und im Auslandsfall entspre­chende negative Progressionseinkünfte festzustellen sind. Er entschied im Inlandsfall, dass eine gewerblich geprägte Per­so­nen­gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommen­steuer­gesetzes (EStG), die nur kraft Fiktion gewerbliche Einkünfte erzielt, Umlaufvermögen haben kann. Im Auslandsfall entschied er, dass auf den An- und Verkauf von physischem Gold die Grundsätze des Wertpapierhandels nicht übertragbar sind; er bejahte aufgrund der Besonderheiten des Goldhandels einen Gewerbetrieb i.S. des § 15 Abs. 2 EStG. Zu beiden Fällen führte er aus, dass die Aufwendungen im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung für die Anschaffung der Goldbarren nicht nach § 4 Abs. 3 Satz 4 Varianten 1 oder 3 EStG vom sofortigen Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen sind.

Allerdings ist der Gesetzgeber zwischenzeitlich gegen derartige Gestaltungen vorgegangen. Er hat für Inlandsfälle dem § 15b EStG einen Absatz 3a angefügt. Danach liegt unter den dort näher genannten Voraussetzungen ein Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b EStG vor. Verluste hieraus können nicht mehr mit bzw. von anderen positiven Einkünften ausgeglichen bzw. abge­zo­gen werden, sondern sind nur noch mit künftigen Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle verrechenbar (erstmals anwendbar auf Modelle, bei denen Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens nach dem 28. November 2013 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt wurden). Für Auslandsfälle hat er zum einen die Vorschrift des § 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe c EStG eingefügt, die bei Ermittlung des anzuwen­den­den Einkommensteuersatzes einen sofortigen Betriebs­aus­ga­ben­abzug verhindert (erstmals anwendbar auf Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, die nach dem 28. Februar 2013 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt wurden). Zum anderen hat er § 32b Abs. 1 Satz 3 EStG um die –in allen offenen Fällen anwendbare– Regelung ergänzt, dass § 15b EStG sinngemäß anzuwenden ist.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Jetzt anrufen: (089) 55 21 44 0 oder senden Sie uns einfach eine Nachricht.
Call Now Button