(Urteil weicht von überwiegender obergerichtlicher Rechtsprechung ab).
Ein hinreichend deutliches Verlangen einer Neuregelung der Verwaltung und Benutzung von Nachlassgegenständen i.S. von § 2038 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 745 Abs. 2 BGB setzt nicht voraus, dass der bislang allein Nutzende durch jenes Verlangen explizit vor die Alternative „Zahlung oder Auszug“ gestellt werden muss.
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger und Berufungsbeklagter –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte …
gegen
…
– Beklagter und Berufungskläger –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte …
wegen Forderung
hat das Oberlandesgericht Stuttgart – 19. Zivilsenat – durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Mollenkopf, die Richterin am Oberlandesgericht Zauner und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Starke aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.10.2018 für Recht erkannt:
Tenor:
1.
Die Berufung des Beklagten gegen das Grundurteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen (Jagst) vom 18. April 2018 (Az. 2 O 342/17) wird zurückgewiesen.
2.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung i.H. von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H. von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4.
Für den Beklagten wird die Revision gegen dieses Urteil zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wurde bereits mit Beschluss des Senats vom 11. Oktober 2018 (GA 204) auf 22.420,00 € festgesetzt.
Gründe
A.
Der Kläger und der Beklagte sind Brüder und bilden seit dem Tod der am 14. August 2015 verstorbenen Mutter der Parteien, A… M… V…, zu gleichen Teilen eine Erbengemeinschaft.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger vom Beklagten zu Gunsten der Erbengemeinschaft Zahlung einer Nutzungsentschädigung ab dem 1. Januar 2016 für die alleinige Nutzung der Wohnung 1. Obergeschoss, H…weg …, … W… (nebst zweier Garagen) sowie ab dem 1. August 2016 für die alleinige Bewirtschaftung und Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen Grundbuch W…, Flurstücknummern …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, … und … .
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts nimmt der Senat Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 18. April 2018 (2 O 342/17; GA 81 ff.).
Die Kläger haben vor dem Landgericht zuletzt beantragt (vgl. LGU 3),
den Beklagten zu verurteilen, an die Erbengemeinschaft nach A… M… V…, geb. S…, bestehend aus dem Kläger K… G… V… und dem Beklagten M… V…, 22.420,00 € zuzüglich Zinsen i.H. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 19.740,00 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 13. November 2017 sowie weitere Zinsen i.H. von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz aus 2.680,00 € „seit Zustellung dieses Schriftsatzes“ zu bezahlen.
Die Beklagte hat vor dem Landgericht beantragt (LGU 5),
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat mit Grundurteil vom 18. April 2018 (2 O 342/17) dem Kläger dem Grunde nach einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung ab dem 1. Januar 2016 für die alleinige Nutzung der Wohnung 1. Obergeschoss, H…weg …, … W…, nebst zweier Garagen an die Erbengemeinschaft nach A… M… V…, bestehend aus dem Kläger und dem Beklagten, zuerkannt (vgl. Ziff. 1 des Tenors).
Des Weiteren hat es dem Kläger dem Grunde nach einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung ab dem 1. August 2016 für die alleinige Bewirtschaftung und Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen Grundbuch W…, Flurstücknummern …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, …, … und … an die Erbengemeinschaft nach A… M… V…, bestehend aus dem Kläger und dem Beklagten, zugesprochen (Ziff. 2 des Tenors).
Wegen der Einzelheiten der Begründung nimmt der Senat Bezug auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Grundurteils (LGU 5 ff.).
Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte seinen erstinstanzlich gestellten Klagabweisungsantrag (vgl. LGU 4) vollumfänglich weiter.
Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass das Landgericht die rechtlichen Anforderungen für das klägerische Verlangen einer Neuregelung i.S. von § 745 Abs. 2 BGB verkannt habe. So erforderten diverse obergerichtliche Entscheidungen ein Neuregelungsverlangen des Inhalts, dass der alleinige Immobiliennutzer eindeutig vor die Alternative „Zahlung oder Auszug“ gestellt werde. Abgesehen davon wolle der Kläger weder eine eigene Nutzung noch eine Fremdnutzung, sondern vielmehr, dass die gleichbleibende Nutzung beibehalten werde, jetzt allerdings gegen Vergütung. Eine bloße Zahlungsaufforderung stelle jedoch kein Neuregelungsverlangen i.S. von § 745 Abs. 2 BGB dar.
Außerdem habe das Landgericht rechtsfehlerhaft angenommen, dass die vom Kläger begehrte Nutzungsentschädigung nach billigem Ermessen den Interessen aller Miterben entspreche. So habe es vorliegend nur die Interessen des Klägers berücksichtigt, nicht hingegen diejenigen des Beklagten, welcher die Wohnung schon seit fast 20 Jahren bewohne.
Es sei geradezu absurd, dem Beklagten jetzt eine Nutzungsentschädigung abzuverlangen, welche er später zur Hälfte wieder zurückerhalte, wo doch gleichzeitig die Miete für die untere Wohnung, welche der Höhe nach der begehrten Nutzungsentschädigung entspreche, für den Kläger zur Verfügung stehe und beklagtenseits angeboten worden sei. Dass der Kläger dieses Angebot rundweg abgelehnt habe, zeige mehr als deutlich, dass es ihm keineswegs um eine Teilhabe am Wohnhaus H…weg … gehe, sondern einzig und allein darum, dem Beklagten und dessen Familie das Leben schwer zu machen. In diesem Zusammenhang berufe sich der Beklagte vorsorglich auf §§ 226, 242 BGB.
Was die streitgegenständlichen landwirtschaftlichen Flächen betreffe, so würden die vorstehenden Erwägungen entsprechend gelten.
Der Beklagte beantragt (GA 203 i.V.m. GA 102),
unter Abänderung des am 18. April 2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Ellwangen (2 O 342/17) die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt (GA 203 i.V.m. GA 98),
die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 18. April 2018 (2 O 342/17) zurückzuweisen.
Er verteidigt das landgerichtliche Grundurteil.
Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 11. Oktober 2018 (GA 202 ff.) verwiesen.
B.
Die Berufung des Beklagten ist zwar zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
I.
Was die Zulässigkeit der Klage betrifft, so ist das Landgericht (LGU 5) zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger gem. § 2039 Satz 1 BGB prozessführungsbefugt ist. Dies wird denn auch seitens der Berufung des Beklagten nicht angegriffen.
II.
Gegen die Annahme der Voraussetzungen des § 304 Abs. 1 ZPO für den Erlass eines Grundurteils durch das Landgericht (LGU 5) erheben sich für den Senat keine rechtlichen Bedenken.
In der Sache ist der Beklagte nach zutreffender Auffassung des Landgerichts dem Grunde nach verpflichtet, an die aus den Parteien bestehende Erbengemeinschaft eine Nutzungsentschädigung – wie klägerseits gefordert – für die alleinige Nutzung der streitgegenständlichen Wohnung ab dem 1. Januar 2016 wie auch der streitbefangenen landwirtschaftlichen Flächen ab dem 1. August 2016 zu bezahlen (§ 2038 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 745 Abs. 2 BGB).
1.
Nach § 2038 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 745 Abs. 2 BGB kann ein Mitglied einer Erbengemeinschaft gegenüber den anderen Mitgliedern eine den Interessen aller Miterben entsprechende Verwaltung und Benutzung von Nachlassgegenständen verlangen, sofern die Verwaltung und Benutzung nicht durch eine Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss geregelt ist.
a)
Dass die Parteien eine Erbengemeinschaft bilden und dass das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute streitgegenständliche Grundstück H…weg … in W… zum Nachlass gehört, ist ebenso unstreitig wie der Umstand, dass die Verwaltung und Benutzung nicht durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss der Miterben geregelt war. Die – stillschweigende – unentgeltliche Überlassung der früheren Alleineigentümerin (der Mutter der Parteien) bindet den Kläger nach deren Tod nicht (vgl. LGU 6).
Wie die Berufungserwiderung (GA 128) zutreffend aufzeigt, ist eine wesentliche Änderung der Verhältnisse darin zu sehen, dass sich die Eigentumsverhältnisse und damit die Entscheidungsmacht darüber, ob die Wohnung weiterhin unentgeltlich überlassen wird oder nicht, mit dem Tode der Mutter der Parteien geändert haben.
b)
Zu Recht hat das Landgericht (LGU 6 f.) angenommen, dass vorliegend ein hinreichend deutliches Verlangen des Klägers bezüglich einer Neuregelung der Verwaltung und Benutzung gegeben ist, in deren Folge sich ein Zahlungsanspruch ergibt.
aa)
Soweit für Nutzungsersatzansprüche teilweise gefordert wird, dass der bislang allein Nutzende durch das Neuregelungsverlangen vor die Alternative „Zahlung oder Auszug“ gestellt werden muss (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 6. Dezember 2013 – 14 UF 166/13, NJW 2014, 1022; OLG Naumburg, Beschl. v. 12. März 2012 – 8 W 1/12 [PKH], FamRZ 2012, 1941; OLG Braunschweig, Beschl. v. 17. November 1995 – 2 UF 51/95, FamRZ 1996, 548 f.; OLG Brandenburg, Beschl. v. 12. März 2001 – 9 U 7/00, FamRZ 2001, 1713 ff.), kommt es vorliegend auf diese Frage an.
Denn der Kläger, welcher zu Gunsten der Erbengemeinschaft Nutzungsentschädigung ab 1. Januar 2016 begehrt (vgl. S. 8 f. der Klageschrift vom 13. November 2017; GA 8 f.), hat den Beklagten erst mit Anwaltsschreiben vom 8. Juli 2016 (S. 3; Anlage K 8; hinter GA 12) unter Fristsetzung bis 29. Juli 2016 ausdrücklich vor diese Alternative gestellt.
Allerdings ist unstreitig, dass der Kläger den Beklagten ab September 2015 mehrfach – u.a. am 4. Oktober 2015 – aufgefordert hat, für die Nutzung der streitgegenständlichen Wohnung eine angemessene Miete und Nebenkostenvorauszahlungen an die Erbengemeinschaft zu zahlen (vgl. LGU 2 i.V.m. GA 4). Damit hat er nach zutreffender Auffassung des Landgerichts (LGU 8) zum Ausdruck gebracht, dass er anstelle der bisherigen unentgeltlichen Nutzung durch den Beklagten eine entgeltliche Nutzung begehrt.
bb)
Wie das Landgericht (LGU 7) in diesem Zusammenhang zu Recht ausgeführt hat, stellt das Verlangen einer Räumung eine der Möglichkeiten eines Neuregelungsverlangens i.S. von § 745 Abs. 2 BGB dar, welches in keinem inneren Zusammenhang mit einem Neuregelungsverlangen in Form eines Nutzungsentgelts steht.
Nicht zuletzt ist auch der bisherigen – allerdings gegenüber den oben genannten Entscheidungen zum Teil älteren – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Erfordernis, den bislang allein Nutzenden alternativ zur Zahlung oder zum Auszug aufzufordern, nicht zu entnehmen. Vielmehr ist dieser zufolge lediglich ein hinreichend bestimmtes Neuregelungsverlangen erforderlich, welches auch darin bestehen kann, dass – was der Beklagte (GA 189) verkennt – für die Zukunft die Zahlung eines Entgelts für die Nutzung verlangt wird; für einen vor dem deutlichen Verlangen nach Neuregelung liegenden Zeitraum kann allerdings ein Nutzungsentgelt nicht beansprucht werden (vgl. BGH, Urt. v. 11. Dezember 1985 – IVb ZR 82/84, FamRZ 1986, 434 f. i.V.m. BGH, Urt. v. 4. Februar 1982 – IX ZR 88/80, NJW 1982, 1753 f.; BGH, Urt. v. 6. August 2008 – XII ZR 155/06, FamRZ 2008, 2015 Tz. 22; vgl. auch OLG Köln, Beschl. v. 9. November 1998 – 13 W 55/98, FamRZ 1999, 1272, 1273).
Insbesondere hat der Bundesgerichtshof ein Schreiben, mit dem die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für den vom dortigen Beklagten genutzten Grundbesitz geltend gemacht wurde und die Bezifferung der Höhe nach vorbehalten wurde, als ausreichendes Verlangen i.S. von § 745 Abs. 2 BGB angesehen, da der Verpflichtete hierdurch Kenntnis von dem Zahlungsverlangen erlangt hatte (vgl. BGH, Urt. v. 14. November 1988 – II ZR 77/88, NJW 1989, 1030, 1031). Abgesehen davon hat der Bundesgerichtshof ein Verlangen, welches hilfsweise Ansprüche auf eine nach billigem Ermessen dem Interesse der Teilhaber entsprechende Verwaltung und Benutzung geltend machte, lediglich Auskunft forderte und ein konkretes Zahlungsbegehren nicht enthielt, für hinreichend deutlich angesehen (vgl. BGH, Urt. v. 16. Mai 2017 – X ZR 85/14, GRUR 2017, 890 Tz. 22).
cc)
Nach alledem kann gem. § 745 Abs. 2 BGB auch im Wege einer Leistungsklage ein Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung geltend gemacht werden, wenn sich der Zahlungsanspruch – wie hier – als Ergebnis der beanspruchten Neuregelung ergibt (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 10. Februar 2006 – 10 U 18/05, OLGR Hamburg 2006, 512, 513).
c)
Wie das Landgericht (LGU 8 f.) zu Recht ausführt, entspricht die vom Kläger begehrte Neuregelung der Verwaltung und Benutzung in Form einer Entschädigung für die alleinige Nutzung durch den Beklagten den Interessen aller Miterben nach billigem Ermessen (vgl. etwa LG Dortmund, Urt. v. 21. August 2012 – 3 O 72/12; bei juris).
aa)
Zwar geht das Interesse des Beklagten dahin, nach dem Tode der Mutter weiterhin unentgeltlich die Wohnung nutzen zu können. Dieses – sich als unökonomisch darstellende – Interesse des Beklagten entspricht jedoch nicht billigem Ermessen. Die Belange des Beklagten werden durch das klägerische Begehren der Leistung an die Erbengemeinschaft angemessen berücksichtigt.
Soweit es der Beklagte in diesem Zusammenhang für absurd erachtet, ein Nutzungsentgelt zu entrichten, wenn doch die Mieteinnahmen aus der vermieteten Wohnung im Erdgeschoss der streitgegenständlichen Immobilie vollständig dem Kläger zufließen könnten, berücksichtigt er nicht, dass dem Beklagten – mangels entsprechender Vereinbarung mit dem Kläger i.S. von § 745 Abs. 2 BGB – ebenso wenig ein volles Nutzungsrecht an der von ihm genutzten Wohnung im 1. Obergeschoss zusteht wie dem Kläger ein umfassendes Nutzungsrecht an der vermieteten Wohnung im Erdgeschoss (so zutreffend LGU 9).
bb)
Dass der Kläger keine Eigennutzung der streitgegenständlichen Wohnung gefordert hat, steht dem geltend gemachten Nutzungsersatzanspruch nicht entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 15. September 1997 – II ZR 94/96, DNotZ 1998, 474, 475 f.; LG Münster, Urt. v. 26. September 2014 – 10 O 160/08, FamRZ 2015, 1932, 1934).
Das seitens der Berufung in diesem Zusammenhang zitierte Urteil des BGH vom 29. Juni 1966 (V ZR 163/63, NJW 1966, 1707 ff.) statuiert zwar, dass ein Teilhaber nur dann Ersatz für die vom anderen Teilhaber gezogenen Nutzungen verlangen kann, wenn entweder die Teilhaber eine dahingehende Vereinbarung i.S. von § 745 Abs. 2 BGB getroffen haben oder wenn ihm der Mitgebrauch des Grundstücks entgegen seinem Verlangen hartknäckig verweigert worden ist. Dies setzt jedoch nach zutreffender Auffassung des Bundesgerichtshofs voraus, dass – anders als im vorliegenden Fall – der die Nutzungsentschädigung fordernde Teilhaber seinen Anspruch auf eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Nutzung (noch) nicht geltend macht bzw. gemacht hat.
d)
Entgegen der Auffassung der Berufung (GA 119 f,) steht dem klägerischen Verlangen auch nicht der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§§ 226, 242 BGB) entgegen.
Die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens setzt voraus, dass feststeht, dass die Rechtsausübung objektiv keinen Vorteil bringen kann und lediglich zur Schädigung des anderen dient (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 6. März 1979 – 3 Ws 9-25, 84-85/79, NJW 1979, 1613 [OLG Frankfurt am Main 06.03.1979 – 3 Ws 9/79]).
Hierfür ist seitens der Berufung nichts Durchgreifendes dargetan. Soweit die Berufung (GA 119) in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass der Kläger mit der Miete für die untere Wohnung wirtschaftlich genau das gleiche Ergebnis hätte, dies aber kategorisch ablehne, wird auf die Ausführungen oben unter 1. c) aa) verwiesen. Auch die Replik des Beklagten vom 28. September 2018 (S. 9 f.; GA 191 ff.) auf die Berufungserwiderung des Klägers enthält keine Tatsachen, auf deren Grundlage ein ausschließlich auf eine Schädigung des Beklagten gerichtetes Handeln des Klägers angenommen werden müsste.
Soweit der Beklagte im Senatstermin vom 11. Oktober 2018 die weitergehenden Vorschläge unterbreitet hat, die streitgegenständliche Immobilie H…weg … gegen eine entsprechende Immobilie aus dem Nachlass zu tauschen bzw. ohne Anerkennung einer Rechtspflicht im Rahmen der Auseinandersetzung des Nachlasses die geforderte Miete zu bezahlen, hat der Kläger auf seinen eigenen Vorschlag aus dem Anwaltsschreiben vom 4. Oktober 2018 (Anlage K 19; GA 198 ff.) verwiesen und darüber hinaus ausgeführt, dass er sich zur Frage eines entsprechenden Grundstückstauschs äußern werde (vgl. S. 2 f. der Sitzungsniederschrift vom 11. Oktober 2018; GA 203 f.) Auch vor diesem Hintergrund erweist sich der beklagtenseits erhobene Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Klägers (§§ 226, 242 BGB) als nicht gerechtfertigt.
2.
Nach zutreffender Auffassung des Landgerichts kann der Kläger vom Beklagten gem. § 2038 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 745 Abs. 2 BGB auch Zahlung von Nutzungsersatz an die Erbengemeinschaft für die streitgegenständlichen landwirtschaftlichen Flächen – wie verlangt (vgl. S. 9 f. der Klageschrift vom 13. November 2017; GA 9 f.) – ab dem 1. August 2016 verlangen.
a)
Auch diese Flächen gehören zum Nachlass; eine vorrangige Regelung durch Mehrheitsbeschluss oder Vereinbarung der Parteien existiert gleichermaßen nicht.
b)
Auch insoweit liegt ein hinreichendes Verlangen des Klägers auf Neuregelung i.S. von § 745 Abs. 2 BGB durch entgeltliche Nutzungsüberlassung vor.
Zwar hat der Kläger den Beklagten hinsichtlich der landwirtschaftlichen Grundstücke nicht – insbesondere auch nicht in seinem oben erwähnten Anwaltsschreiben vom 8. Juli 2016 (Anlage K 8; hinter GA 12) – vor die Alternative „Zahlung oder Räumung“ gestellt. Allerdings hat der Kläger den Beklagten unstreitig ab September 2015 – u.a. am 4. Oktober 2015 – mehrfach aufgefordert, für die Nutzung der streitgegenständlichen Landwirtschaftsflächen eine angemessene Pacht an die Erbengemeinschaft zu bezahlen (vgl. LGU 2).
Der Kläger hat damit nach zutreffender Auffassung des Landgerichts (LGU 11) zum Ausdruck gebracht, dass er anstelle der bisherigen unentgeltlichen Nutzung durch den Beklagten eine Verpachtung an den Beklagten – d.h. eine entgeltliche Nutzung – begehrt. Eine „Vergütung“ der vorherigen Nutzung durch den Beklagten hat der Kläger demgegenüber nicht begehrt.
c)
Auch diese vom Kläger begehrte Neuregelung der Verwaltung und Benutzung in Form einer Nutzungsentschädigung für die alleinige Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen durch den Beklagten entspricht aus den oben genannten Gründen den Interessen aller Miterben nach billigem Ermessen.
Insoweit gilt gleichermaßen, dass aufgrund der zwischen den Parteien bestehenden Gesamthandsgemeinschaft die landwirtschaftlichen Flächen allen Miterben zustehen und eine unmittelbar dingliche Berechtigung dem Beklagten ebenso wenig zusteht wie dem Kläger (vgl. LGU 11).
Wie oben bereits ausgeführt, steht der Umstand, dass der Kläger eine Eigennutzung der streitgegenständlichen landwirtschaftlichen Flächen nicht eingefordert hat, dem geltend gemachten Nutzungsentschädigungsanspruch nicht entgegen.
III.
Die Revision wird für den Beklagten wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) zugelassen, weil bislang noch keine Entscheidung des Revisionsgerichts zu der Frage vorliegt, ob ein hinreichend deutliches Verlangen einer Neuregelung der Verwaltung und Benutzung von Nachlassgegenständen i.S. von § 2038 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 745 Abs. 2 BGB voraussetzt, dass der bislang allein Nutzende durch jenes Verlangen vor die Alternative „Zahlung oder Auszug“ gestellt werden muss.
Diese Frage ist vorliegend zum einen insoweit entscheidungserheblich, als der Kläger, welcher zu Gunsten der Erbengemeinschaft Nutzungsentschädigung hinsichtlich der streitgegenständlichen Wohnung ab 1. Januar 2016 begehrt, den Beklagten – wie oben bereits erwähnt – erst mit Anwaltsschreiben vom 8. Juli (Anlage K 8; hinter GA 12) unter Fristsetzung bis 29. Juli 2016 ausdrücklich vor diese Alternative gestellt hat.
Zum anderen ist sie auch insoweit entscheidungserheblich, als der Kläger in Ansehung der streitgegenständlichen landwirtschaftlichen Grundstücke nach Aktenlage überhaupt kein derart pointiertes Neuregelungsverlangen („Zahlung oder Räumung“) erhoben hat.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. In diesem Zusammenhang war das vorausgegangene landgerichtliche Grundurteil nicht gesondert für vorläufig vollstreckbar zu erklären, da es keinen vollstreckungsfähigen Inhalt aufweist.
Quelle: IWW-Abrufnummer 206798
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