Schlagwort-Archiv Harald Halbig

Keine Rückstellung für künftige Zusatzbeiträge zur Handelskammer

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 41/17, Pressemitteilung vom 21.06.2017, Urteil vom 05.04.2017. Aktenzeichen X R 30/15

Der Inhaber eines Handwerksbetriebs kann keine Rückstellung für seine künftig zu er­wartenden Zusatzbeträge zur Hand­werks­kammer bilden. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 5. April 2017 X R 30/15 entschieden hat, gilt dies auch dann, wenn diese in der Vergangenheit jeweils nach dem Gewerbeertrag bereits abgelaufener Wirtschaftsjahre berechnet worden sind und eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Zusatzbeiträge auch künftig in der geltend gemachten Höhe entstehen und er hierfür in Anspruch genommen werden wird.

Im Streitfall war der Kläger Mitglied einer Handwerkskammer, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die nach ihrer Beitragsordnung einen Grund- und einen Zusatzbeitrag erhebt. Bemessungsgrundlage des Zusatzbeitrags war in der Ver­gan­gen­heit jeweils der Gewerbeertrag des drei Jahre vor dem Beitragsjahr liegenden Steuerjahres. In der Bilanz zum 31. Dezember 2009 passivierte der Kläger seine zu erwartenden Zusatzbeiträge für die Jahre 2010, 2011 und 2012 aufgrund seiner Gewerbeerträge der Jahre 2007, 2008 und 2009 unter „sonstige Rückstellungen“.

Nach einer Betriebsprüfung erkannte das Finanzamt (FA) die Rückstellung nicht an. Die Zusatzbeiträge seien erst im je­wei­ligen Beitragsjahr wirtschaftlich verursacht. Anders als das Finanzgericht gab der BFH dem FA Recht.

Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzen ent­weder das Bestehen einer ihrer Höhe nach ungewissen Ver­bindlichkeit oder die hinreichende oder überwiegende Wahr­scheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach voraus. Der Steuerpflichtige muss ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen. Besteht die Verbindlichkeit rechtlich noch nicht, ist ein wirtschaftlicher Bezug zum Zeitraum vor dem jeweiligen Bilanzstichtag erforderlich.

Rückstellungen für Verpflichtungen aus öffentlichem Recht können nur dann gebildet werden, wenn die Verpflichtung bereits konkretisiert, d.h. inhaltlich hinreichend bestimmt, in zeitlicher Nähe zum Bilanzstichtag zu erfüllen sowie sank­tions­bewehrt sind (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Urteil vom 9. November 2016 I R 43/15, BFHE 256, 270, BStBl II 2017, 379). Der rechtliche und wirtschaftliche Bezugspunkt der Ver­pflich­tung muss in der Vergangenheit liegen; die Verbindlichkeit muss nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch Vergangenes abgelten.

Im Streitfall dürfe keine Rückstellung für ungewisse Ver­bind­lichkeiten gebildet werden. Zum Bilanzstichtag 2009 seien die Beitragspflichten des Klägers für die Jahre 2010, 2011 und 2012 rechtlich noch nicht entstanden. Weder seien sie durch Verwaltungsakt festgesetzt worden noch seien die Merkmale des gesetzlichen Tatbestands erfüllt. Die Beitragspflicht sei zudem zwingend an die Kammerzugehörigkeit im Beitragsjahr geknüpft. Gebe der Kläger seinen Handwerksbetrieb auf, entfalle diese und er schulde weder den Grund- noch den Zusatzbeitrag.

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Keine steuerneutrale Übertragung der einzigen wesentlichen Betriebsgrundlage bei Fortführung der bisherigen gewerblichen Tätigkeit durch den Übergeber möglich

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 39/17, Pressemitteilung vom 14.06.2017,Urteil vom 25.01.2017, Aktenzeichen X R 59/14

Ein Gewerbetreibender kann seinen Betrieb nicht steuerneutral an seinen Nachfolger übergeben, wenn er sich den Nießbrauch vorbehält und seine bisherige gewerbliche Tätigkeit fortführt. Dies hat der Bundes­finanzhof (BFH) mit Urteil vom 25. Januar 2017 X R 59/14 zu § 6 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes ent­schie­den. Diese Vorschrift erlaubt es, einen Betrieb ohne die Auf­deckung stiller Reserven zu übertragen. Nach dem Urteil des BFH setzt dies allerdings voraus, dass der Übertragende seine bisherige gewerbliche Tätigkeit einstellt. Daran fehlt es, wenn die einzige wesentliche Betriebsgrundlage aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchs vom bisherigen Betriebsinhaber weiterhin ge­werb­lich genutzt wird.

Im Streitfall hatte die Klägerin das Grundstück, auf dem sich eine von ihr verpachtete Gaststätte befand, auf ihren Sohn übertragen, sich aber gleichzeitig den Nießbrauch vorbehalten und in der Folgezeit die Gaststätte weiter verpachtet. Das Finanzamt (FA) und ihm folgend das Finanzgericht (FG) waren der Auffassung, sie habe durch die Übertragung des Grund­stücks, das die einzige wesentliche Betriebsgrundlage war, einen steuerpflichtigen, wenn auch steuerbegünstigten Gewinn erzielt. Mit ihrer Revision wehrte sich die Klägerin gegen ihre Steuerpflicht.

Der BFH gab dem FA und dem FG Recht. Die Klägerin habe zwar unentgeltlich einen Betrieb übertragen, für eine steuerneutrale Übertragung sei aber zusätzlich erforderlich, dass dem Erwerber die betriebliche Betätigung ermöglicht werde und sich der Übertragende gleichzeitig einer weiteren Tätigkeit im Rahmen des übertragenen Gewerbebetriebes enthalte. Dabei mache es keinen Unterschied, ob ein aktiv betriebener oder ein verpachteter Betrieb übertragen werde.

Mit diesem Urteil bestätigt der BFH seine bisherige, für die Übertragung von Gewerbebetrieben geltende Rechtsprechung. Hiervon ist die Judikatur zu unterscheiden, die eine steuer­neutrale Übertragung eines land- und forstwirt­schaft­lichen Betriebs unter Nießbrauchsvorbehalt erlaubt. Diese sei -so der X. Senat- auf den Streitfall nicht übertragbar. Entscheidend ist, dass der Begriff „Gewerbebetrieb“ eine tätigkeitsbezogene Komponente aufweist. Daher ist Voraussetzung einer Betriebs­übergabe, dass der Gewerbetreibende nicht nur die Betriebs­mittel überträgt, sondern auch seine durch den betrieblichen Organismus bestimmte gewerbliche Tätigkeit aufgibt.

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Übernahme der Einkommensteuer für Geschenke an Geschäftsfreunde nicht abziehbar

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 36/17 , Pressemitteilung vom 07.06.2017, Urteil vom 30.03.2017, Aktenzeichen IV R 13/14

Entstehen dem Steuerpflichtigen Auf­wen­dun­gen für Geschenke an Geschäfts­freunde und übernimmt er zusätzlich die Steuer, die durch die Zuwendung an den Beschenkten ausgelöst wird, ist der Steuerpflichtige nicht zum Betriebsausgabenabzug berechtigt, wenn die Zuwendung zusammen mit der Steuer 35 € über­steigt. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 30. März 2017 IV R 13/14 entschieden.

Im Wirtschaftsleben ist es üblich, Geschäftspartner zu kul­tu­rel­len und sportlichen Veranstaltungen einzuladen. Solche Ge­schenke, die die Geschäftsbeziehung fördern oder Neu­kun­den anziehen sollen, können beim Empfänger zu einkommen­steuer­pflichtigen Einnahmen führen. Müsste der Empfänger den Wert der Einladung versteuern, würde der Zweck des Geschenks vereitelt. Deshalb ist es dem Schenkenden gestattet, die auf das Geschenk entfallende Einkommensteuer des Beschenkten zu übernehmen. Macht er von diesem Recht Gebrauch, wird die Steuer bei ihm mit einem Pauschsteuersatz von 30 % erhoben. Durch die Übernahme der Versteuerung kommt es zu einem sog. „Steuergeschenk“.

Aufwendungen für Geschenke an Geschäftsfreunde sind nicht als Betriebsausgabe abziehbar. Das gilt nur dann nicht, wenn die Kosten pro Empfänger und Wirtschaftsjahr 35 € nicht übersteigen. Das Abzugsverbot soll verhindern, dass un­an­ge­mes­sener Repräsentationsaufwand vom Steuerpflichtigen auf die Allgemeinheit abgewälzt wird und dient der Bekämpfung des sog. „Spesenunwesens“.

Im Urteilsfall hatte ein Konzertveranstalter in großem Umfang Freikarten an Geschäftspartner verteilt. Soweit diesen dadurch steuerpflichtige Einnahmen zugeflossen sind, hatte er pauschale Einkommensteuer auf die Freikarten an das Finanzamt abge­führt.

Diese Steuer hat der BFH nun als weiteres Geschenk beurteilt mit der Folge, dass diese das steuerliche Schicksal der Zu­wen­dung – hier der Frei­karten – teilt. Zählt die verschenkte Frei­karte zum unangemessenen Repräsentationsaufwand, muss das auch für die übernommene Steuer gelten. Ein Betriebs­aus­ga­ben­ab­zug kommt danach nicht in Betracht, wenn der Wert des Geschenks und die dafür anfallende Pauschalsteuer insgesamt 35 € übersteigen. Damit ist das Abzugsverbot auch dann anzu­wenden, wenn diese Betragsgrenze erst aufgrund der Höhe der Pauschalsteuer überschritten wird.

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Zukauf von Fremdübersetzungen führt zur Gewerblichkeit der Übersetzungstätigkeit

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 37/17,  Pressemitteilung vom 07.06.2017 , Urteil vom 21.02.2017 , Aktenzeichen VIII R 45/13

Eine Personengesellschaft, die ihren Kunden im Rahmen einheitlicher Aufträge regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang Übersetzungen auch in Sprachen, die ihre Gesellschafter nicht selbst beherrschen, liefert, ist gewerblich tätig, wie der Bundes­finanz­hof (BFH) mit Urteil vom 21. Februar 2017 VIII R 45/13 ent­schieden hat.

Im Streitfall fertigte die Klägerin – eine Gesellschaft bürger­lichen Rechts, die auf technische Übersetzungen spezialisiert ist – technische Handbücher, Bedienungsanleitungen und ähnliche Dokumentationen für ihre Kunden. Die auftragsgemäß ge­schul­deten Übersetzungen erfolgten regelmäßig und in nicht un­er­heblichem Umfang auch in solchen Sprachen, die die Gesell­schafter der Klägerin nicht beherrschten. Hierfür schaltete die Klägerin Fremdübersetzer ein und nutzte – weil sie Textteile wiederverwenden konnte – ein sog. Translation Memory Sys­tem, d.h. ein System zur rechnergestützten Übersetzung und Speicherung von Texten.

Während die Klägerin ihre Tätigkeit als freiberuflich i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ansah, war das Finanzamt der Meinung, sie sei gewerblich tätig und erließ für die Streitjahre 2003 bis 2007 Gewerbesteuer­meß­bescheide. Das nachfolgende Klageverfahren blieb ohne Erfolg.

Der BFH hat dieses Ergebnis jetzt bestätigt. Dabei hat er be­tont, eine freiberufliche Übersetzertätigkeit einer Personen­gesellschaft sei nur anzunehmen, wenn deren Gesellschafter aufgrund eigener Sprachkenntnisse in der Lage seien, die beauftragte Übersetzungsleistung entweder selbst zu erbringen oder aber im Rahmen einer gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG zulässigen Mitarbeit fachlich vorgebildeter Personen leitend und eigenverantwortlich tätig zu werden. Beherrschten die Gesellschafter hingegen die beauftragten Sprachen nicht selbst, könne die Gesellschaft nicht freiberuflich tätig sein. Ein Defizit im Bereich eigener Sprachkompetenz könne grund­sätz­lich weder durch den Einsatz eines Translation Memory Systems noch durch die Unterstützung und sorgfältige Auswahl ein­ge­setzter Fremdübersetzer ausgeglichen werden, da die Rich­tig­keit der Übersetzungen nicht überprüft werden könne.

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Bildung von Rückstellungen für Entsorgungspflichten nach dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 34/17, Pressemitteilung vom 24.05.2017, Urteil vom 25.01.2017, Aktenzeichen I R 70/15

Hersteller von Elektro- und Elektronik­geräten sind nach dem Elektro- und Elektronik­geräte­gesetz (ElektroG) verpflichtet, nach dem 13. August 2005 in Verkehr gebrachte Geräte abzuholen und zu entsorgen. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Januar 2017 I R 70/15 können für diese Verpflichtungen Rückstellungen erst gebildet werden, wenn sie sich durch den Erlass einer sog. Abholanordnung hinreichend konkretisiert haben.

Nach dem ElekroG müssen sich Gerätehersteller bei einer Gemeinsamen Stelle registrieren und dort die in Verkehr gebrachten Geräte melden. Die Gemeinsame Stelle ermittelt sodann den Umfang der Abholpflichten, erlässt im Rahmen einer Beleihung Abholanordnungen und koordiniert die Bereitstellung von Sammelbehältern sowie die Abholung der Geräte.

Im dem vom BFH entschiedenen Streitfall handelte es sich um die Herstellerin von Energiesparlampen, welche für die von ihr in Verkehr gebrachten Geräte mit dem Argument Rück­stel­lun­gen gebildet hatte, die Abhol- und Entsorgungspflicht ergebe sich unmittelbar aus dem ElektroG.

Der BFH hat in seinem Urteil nun klargestellt, dass sich die Abhol- und Entsorgungsverpflichtung der Hersteller zwar als abstrakte Rechtspflicht aus dem ElektroG ergibt, sich diese aber erst durch den Erlass einer zusätzlichen Abholverfügung hin­reichend konkretisiert. Eine Rückstellungsbildung war danach mangels Abholanordnung ausgeschlossen.

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Grunderwerbsteuer: Kein einheitliches Vertragswerk bei wesentlich geändertem Generalübernehmervertrag

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 35/17, Pressemitteilung vom 24.05.2017, Urteil vom 08.03.2017, Aktenzeichen II R 38/14

Der Bundesfinanzhof (BFH) legt Grenzen für die Annahme eines einheitlichen Vertragswerks fest, so dass nicht jedes Bauprojekt, das sich auf den Kauf von Grundstücken und die anschließende Bebauung richtet, zur Grunderwerbsteuerpflicht der Bau­errich­tungskosten führt. Wie der BFH mit Urteil vom 8. März 2017 II R 38/14 entschieden hat, liegt ein einheitlicher Erwerbs­ge­gen­stand nicht vor, wenn der zunächst angebotene General­über­neh­mer­vertrag zur Bebauung des Grundstücks nach dem Ab­schluss des Grundstückskaufvertrags in wesentlichen Punkten geändert wurde. Indizien für eine wesentliche Abweichung sind die Änderung der Flächengrößen und/oder der Baukosten um mehr als 10 % sowie die Errichtung eines zusätzlichen Ge­bäu­des, das für das Bauvorhaben prägend ist. Zudem ist ein ein­heit­licher Erwerbsgegenstand insgesamt zu verneinen, wenn sich die ursprünglich angebotene Baumaßnahme nach Abschluss des Grundstückskaufvertrags durch zusätzliche Bauten wesentlich ändert. Dies gilt unabhängig davon, ob daneben die weiteren, im ursprünglichen Angebot bereits enthaltenen Gebäude im Wesentlichen wie geplant errichtet werden. Der Grunderwerbsteuer unterliegt in solchen Fällen nur der Kaufpreis für das Grundstück.

Die Klägerin erwarb im Jahr 2003 von verschiedenen Grund­stückseigentümern mehrere Grundstücke zur Bebauung; das flächenmäßig größte Grundstücksareal kaufte sie von einem Veräußerer (Veräußerer A). Das Angebot auf Abschluss eines Bauerrichtungsvertrags mit einem Generalübernehmer, das die Klägerin vor den Grundstückskaufverträgen eingeholt hatte, war auf die schlüsselfertige und funktionsgerechte Erstellung von Hallen gerichtet. Im August 2004 schloss die Klägerin mit dem Generalübernehmer abweichend vom ursprünglichen Angebot einen Vertrag über die Errichtung von mehreren Hallen sowie einem zusätzlichen Konferenzgebäude. Die Baukosten erhöhten sich dadurch um 12 %. Das Finanzamt ging davon aus, dass die von der Klägerin insgesamt erworbenen Grund­stücke nach den Grundsätzen über den einheitlichen Er­werbs­gegenstand in bebautem Zustand Gegenstand der Erwerbs­vorgänge gewesen seien. Es setzte gegen die Klägerin Grund­erwerbsteuer fest, wobei im angefochtenen Grund­erwerb­steuerbescheid der Kaufpreis für das vom Veräußerer A er­worbene Grundstücksareal und die Kosten für die Errichtung der Gebäude auf sämtlichen Grundstücken als Be­mes­sungs­grundlage angesetzt waren. Die Klage hatte nur teilweise Erfolg. Das Finanzgericht ging ebenfalls davon aus, dass die Klägerin die Grundstücke in bebautem Zustand erworben habe; es minderte aber die Bemessungsgrundlage um die Bau­errich­tungskosten für das Konferenzgebäude und um weitere fehlerhaft einbezogene Kosten.

Die Revision der Klägerin war im Wesentlichen erfolgreich. Der BFH hat entschieden, dass die Klägerin das Grundstücksareal vom Veräußerer A in unbebautem Zustand erworben hat. Die Bauerrichtungskosten waren nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen. Für die Annahme eines einheitlichen Vertragswerks fehlte es an einem objektiv sach­lichen Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag mit dem Veräußerer A und dem Vertrag mit dem zur Bau­errichtung verpflichteten General­über­neh­mer. Der General­über­neh­mer­vertrag beruhte auf einem erst nach Abschluss des Grundstückskaufvertrags wesentlich geänderten Angebot. Die Änderung des Angebots ergab sich aus der Aufnahme des Konferenzgebäudes und aus der Erhöhung der Baukosten um rund 12 %.

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Kein Abzug sog. finaler Betriebsstättenverluste nach Unionsrecht

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 31/17, Pressemitteilung vom 17.05.2017, Urteil vom 22.02.2017, Aktenzeichen I R 2/15

Leistet der Veräußerer bei der entgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer ausländischen Personen­ge­sell­schaft wegen der schlechten wirt­schaft­li­chen Lage der Gesellschaft an den Er­wer­ber eine Ausgleichszahlung, kann er insoweit keinen in­län­di­schen Verlust geltend machen, als die Personengesellschaft über ausländische Betriebsstätten verfügt, die nach dem ein­schlägigen Abkommen zur Vermeidung der Doppel­be­steue­rung (DBA) nicht der inländischen Besteuerung unterliegen. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 22. Februar 2017 I R 2/15 zudem entschieden hat, führt die Ausgleichszahlung aufgrund einer geänderten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) auch nicht zu einem nach Unionsrecht abziehbaren sog. finalen Verlust.

Entscheidend ist dabei im Ausgangspunkt die sog. Symmetrie­these, nach der die abkommensrechtliche Freistellung aus­län­di­scher Einkünfte sowohl positive als auch negative Einkünfte umfasst. Die Rechtsprechung von EuGH und BFH ging bislang davon aus, dass hiervon abweichend aus Gründen der unions­rechtlichen Niederlassungsfreiheit bei der inländischen Kör­per­schaft­steuerbemessungsgrundlage ein Verlustabzug möglich ist, wenn und soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass die Ver­luste im ausländischen Betriebsstättenstaat (sog. Quellenstaat) steuerrechtlich unter keinen Umständen verwertbar und damit „final“ sind (sog. finale Verluste). Der BFH hatte dies an­ge­nom­men, wenn die Verluste im Quellenstaat aus tatsächlichen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden können oder ihr Abzug in jenem Staat zwar theoretisch noch möglich, aus tatsächlichen Gründen aber so gut wie ausgeschlossen ist und ein wider Erwarten gewährter Abzug im Ausland verfahrens­rechtlich im Inland noch rückwirkend nachvollzogen werden könnte.

Diese Rechtsprechung wird jedoch vom EuGH inzwischen nicht mehr aufrecht erhalten. Im Urteil Timac Agro Deutschland vom 17. Dezember 2015 C-388/14 hat der EuGH entschieden, dass wegen fehlender tatbestandlicher Vergleichbarkeit mit einem Inlandsfall keine unionsrechtlichen Bedenken bestehen, wenn ein Mitgliedstaat einer gebietsansässigen Gesellschaft im Fall der Veräußerung einer in einem anderen Mitgliedstaat be­le­ge­nen Betriebsstätte die Möglichkeit verwehrt, die Verluste der veräußerten Betriebsstätte in die Bemessungsgrundlage der Steuer einzubeziehen, sofern aufgrund eines DBA die aus­schließliche Befugnis zur Besteuerung der Ergebnisse dieser Betriebsstätte dem Mitgliedstaat zusteht, in dem sie belegen ist. An diese Rechtsprechungsänderung sah sich der BFH nun als gebunden an.

Zwar ist die Bedeutung der EuGH-Entscheidung nicht un­um­stritten. Dennoch belässt diese Entscheidung keinen Raum „für vernünftige Zweifel hinsichtlich der richtigen Auslegung der fraglichen Rechtsnorm“. Der BFH hat sich daher in seinem Urteil dem EuGH angeschlossen. Er hat davon abgesehen, die Rechts­frage (nochmals) dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen.

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Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Mieten für Konzertsäle

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 32/17, Pressemitteilung vom 17.05.2017, Urteil vom 08.12.2016, Aktenzeichen IV R 24/11

Konzertveranstalter müssen die Kosten für die tageweise Anmietung von Konzertsälen und anderen Veranstaltungsstätten bei der Gewerbesteuer anteilig ihrem Gewinn hinzurechnen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 8. Dezember 2016 IV R 24/11 entschieden hat.

Im Urteilsfall mietete die Klägerin unterschiedliche Räum­lich­kei­ten für die Durchführung von Konzerten und anderen Ver­an­stal­tun­gen mit Künstlern an. Die Klägerin zog die Kosten für diese Mieten von ihrem Gewinn ab, nahm jedoch keine Hinzu­rech­nung eines Anteils dieser Ausgaben nach § 8 Nr. 1 Buchst. e des Gewerbesteuergesetzes vor. Nach dieser Regelung sind Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung unbeweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen anteilig dem Gewinn aus Gewerbetrieb hinzuzurechnen. Das Finanzamt (FA) erhöhte die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer nach dieser Vorschrift.

Der BFH hatte das Verfahren wegen eines zunächst anhängigen Normenkontrollersuchens eines anderen Finanzgerichts über die Verfassungskonformität der streitigen Regelung bei dem Bun­des­verfassungsgericht (BVerfG) ausgesetzt. Nachdem das BVerfG entschieden hatte, bestätigte der BFH jetzt die durch das FA getroffene Entscheidung. Eine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung gezahlter Mieten ist danach schon dann vor­zu­neh­men, wenn das Unternehmen des Steuerpflichtigen auf das Vorhandensein entsprechender Räume angewiesen ist. Un­er­heb­lich ist es hierbei, wenn sehr unterschiedliche Immobilien nur für kurze Zeit angemietet werden. Es muss auch nicht hypothetisch geprüft werden, ob der Steuerpflichtige jede einzelne Immobilie für die jeweilige Veranstaltung statt mieten auch hätte kaufen können.

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AfA beim Erwerb von Vertragsarztpraxen

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 33/17, Pressemitteilung vom 17.05.2017, Urteil vom 21.02.2017, Aktenzeichen VIII R 7/14, Urteil vom 21.02.2017, Aktenzeichen VIII R 56/14

Die Übertragung von Vertragsarztpraxen berechtigt den Erwerber nur dann zu Ab­setzungen für Abnutzung (AfA) auf einen Praxiswert und das miterworbene Inventar, wenn Erwerbsgegenstand die gesamte Praxis und nicht nur eine Vertrags­arzt­zu­las­sung ist, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit zwei Urteilen vom 21. Februar 2017 VIII R 7/14 und VIII R 56/14 entschieden hat.

In beiden Streitfällen hatten die Beteiligten Praxisübernahme­verträge geschlossen, in denen es auch um die Überleitung der sog. Vertragsarztzulassungen vom Praxisveräußerer und Zulassungsinhaber auf die Praxiserwerber ging. Die Zulassung vermittelt ein höchstpersönliches, öffentlich-rechtliches Statusrecht, das dazu berechtigt, gesetzlich krankenversicherte Patienten zu behandeln und die Leistungen gegenüber den ge­setzlichen Krankenkassen abzurechnen. Sie wird in zulas­sungs­beschränkten Gebieten in einem sog. Nachbesetzungsverfahren (§ 103 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch –SGB V–) erteilt und kann vom Zulassungsinhaber nicht direkt an einen Er­wer­ber veräußert werden. Gleichwohl enthalten Praxis­über­tra­gungs­verträge häufig Regelungen zur Überleitung der Zu­las­sung auf den Praxiserwerber und eine Verpflichtung zur Mit­wir­kung des Zulassungsinhabers im Nach­be­set­zungs­verfahren.

Im ersten Fall (Az.: VIII R 7/14) erwarb eine fachärztliche Gemeinschaftspraxis die Vertragsarztpraxis eines Kassenarztes. Der Kaufpreis für die Praxis orientierte sich an den durch­schnittlichen Einnahmen aus der Untersuchung und Behandlung der gesetzlich und privat versicherten Patienten samt eines Zuschlags. Eine Besonderheit der fachärztlichen Einzelpraxis war, dass die Patienten diese im Wesentlichen aufgrund von Überweisungen anderer Ärzte aufsuchten und diese sog. Zuweiserbindungen ein entscheidender wertbildender Faktor waren. Die Gemeinschaftspraxis übernahm einige Mitarbeiter der Einzelpraxis und das Patientenarchiv, da sie davon ausging, dass frühere Patienten der Einzelpraxis die Gemeinschaftspraxis aufsuchen würden. Sie wollte ihre Tätigkeit jedoch nicht in den Räumen des bisherigen Praxisinhabers ausüben. Der bisherige Einzelpraxisinhaber übernahm im Kaufvertrag die Verpflichtung, im Nachbesetzungsverfahren an der Erteilung der Zulassung an eine Gesellschafterin der Gemeinschaftspraxis mitzuwirken.

Wird eine Vertragsarztpraxis samt der zugehörigen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter der Praxis, insbesondere des Praxiswerts, als Chancenpaket erworben, ist der Vorteil aus der Zulassung als Vertragsarzt untrennbar im Praxiswert als abschreibbares immaterielles Wirtschaftsgut enthalten.

Wie der BFH jetzt ausdrücklich entschieden hat, gilt dies auch, wenn eine Gemeinschaftspraxis eine Einzelpraxis unter der Be­dingung erwirbt, die Vertragsarztzulassung des Einzel­praxis­inhabers werde im Nachbesetzungsverfahren einem Gesell­schafter der Gemeinschaftspraxis erteilt. Maßgebliches Indiz für einen beabsichtigten Erwerb der Praxis als Chancenpaket sei, dass Veräußerer und Erwerber einen Kaufpreis in Höhe des Verkehrswerts der Praxis oder sogar einen darüber liegenden Wert vereinbarten. Der Umstand, dass die Gemeinschaftspraxis nicht beabsichtige, die ärztliche Tätigkeit in den bisherigen Räumen des Einzelpraxisinhabers fortzusetzen, stehe dem nicht entgegen. Auf dieser Grundlage bejahte der BFH im Streitfall die AfA-Berechtigung auf den Praxiswert und die übrigen erworbenen Wirtschaftsgüter der Praxis.

Im zweiten Fall (Az.: VIII R 56/14) schloss der Inhaber einer Einzelpraxis mit dem Neugesellschafter einer Gemein­schafts­praxis einen sog. Praxisübernahmevertrag. Dieser stand unter der Bedingung der erfolgreichen Überleitung der Vertrags­arzt­zu­lassung auf den Erwerber. Der Verkäufer verpflichtete sich auch hier im Nachbesetzungsverfahren an der Überleitung der Zulassung auf den Erwerber mitzuwirken. Zudem verlegte er seine Vertragsarztpraxis für eine kurze Zeit an den Ort der Gemeinschaftspraxis. Allerdings wurde er tatsächlich nicht für die Gemeinschaftspraxis tätig.

Der BFH verneinte hier die AfA-Berechtigung des Erwerbers in vollem Umfang. Der Neugesellschafter habe nur den wirt­schaft­li­chen Vorteil aus der auf ihn überzuleitenden Vertrags­arzt­zulassung gekauft, da er weder am Patientenstamm der früheren Einzelpraxis noch an anderen wertbildenden Faktoren ein Interesse gehabt habe. Dieses Wirtschaftsgut sei nicht abschreibbar, da es keinem Wertverzehr unterliege. Der Inhaber könne eine ihm unbefristet erteilte Vertragsarztzulassung, solange er sie inne habe, gleichbleibend in Anspruch nehmen. Er könne zudem den aus ihr resultierenden wirtschaftlichen Vorteil im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens gemäß § 103 SGB V durch eine Überleitung der Zulassung auf einen Nachfolger verwerten. Daher erschöpfe sich der Wert des immateriellen Wirtschaftsgutes des wirtschaftlichen Vorteils aus der Vertragsarztzulassung nicht in einer bestimmten bzw. bestimmbaren Zeit.

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Turnierbridge ist gemeinnützig

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 29/17, Pressemitteilung vom 10.05.2017, Urteil vom 09.02.2017, Aktenzeichen V R 69/14  , Urteil vom 09.02.2017. Aktenzeichen I R 70/14

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit den Urteilen vom 9. Februar 2017 V R 69/14 und V R 70/14 entschieden, dass ein Anspruch auf Anerkennung der Förderung von Turnierbridge als gemeinnützig besteht, weil Turnierbridge die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet ebenso fördert wie Sport.

Geklagt hatte ein Dachverband von Bridge-Vereinen in der Bundesrepublik Deutschland, der die Interessen des deutschen Bridge auf nationaler und internationaler Ebene vertritt und für die Organisation und Reglementierung des nationalen und internationalen Wettbewerbsbetriebs sowie die Veranstaltung nationaler und internationaler Wettbewerbe zuständig ist.

Wer als gemeinnützig anerkannt ist, ist grundsätzlich von der Körperschaftsteuer befreit. Dabei sind die als gemeinnützig anerkannten Zwecke, zu denen auch Sport gehört, in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 25 der Abgabenordnung (AO) abschließend aufgezählt. Hiervon nicht umfasste Zwecke können aber gemäß § 52 Abs. 2 Satz 2 AO für gemeinnützig erklärt werden, wenn durch sie die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend selbstlos gefördert wird.

Zwar ist Turnierbridge kein Sport (BFH-Urteil vom 9. Februar 2017 V R 69/14). Wie Schach, das als Sport gilt, fördert Turnierbridge aber die Allgemeinheit. Deshalb hat der BFH mit Urteil vom 9. Februar 2017 (V R 70/14) das für den Kläger zuständige Landes-Finanzministerium verpflichtet, Turnierbridge als gemeinnützig anzuerkennen.

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