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Es sind strenge Anforderungen an die Tatsachenfeststellung bei der Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB zu stellen.

Die Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB setzt eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib und Leben des Betreuten voraus. Die Gefahr für Leib oder Leben erfordert kein zielgerichtetes Verhalten, aber objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 24. Mai 2017 – XII ZB 577/16 -FamRZ 2017, 1342).

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Januar 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hechingen vom 30. April 2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligte zu 1 (nachfolgend: Betreuungsbehörde) wendet sich gegen die betreuungsgerichtliche Genehmigung der Unterbringung der Betroffenen.

2

Für die Betroffene, die unter einer paranoiden Schizophrenie leidet, ist eine rechtliche Betreuung u.a. mit dem Aufgabenkreis der Wohnungsangelegenheiten eingerichtet. Am 3. Dezember 2017 wurde ihr Mietverhältnis fristlos gekündigt, weil sie andere Mieter des Wohnhauses durch nächtliches Klingeln und Klopfen an der Wohnungstür belästigt hatte, in deren Wohnungen eingedrungen war und Mitbewohner mehrfach beleidigt hatte.

3

Am 7. Dezember 2017 hat der Betreuer der Betroffenen beantragt, die Unterbringung der Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung betreuungsgerichtlich zu genehmigen. Das Amtsgericht hat nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens und Anhörung der Betroffenen deren Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung einer Pflegeeinrichtung für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet vom Tag der Aufnahme in der Einrichtung an, genehmigt. Das Landgericht hat die – unzutreffend als „sofortige Beschwerde“ bezeichnete -Beschwerde der Betreuungsbehörde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren Rechtsbeschwerde, mit der sie die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses begehrt.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

5

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung auf Eigengefährdung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB gestützt und sie wie folgt begründet:

6

Die Betroffene leide unter einer psychischen Krankheit in Form einer paranoiden Schizophrenie und sei aufgrund dieser Erkrankung nicht in der Lage, einen freien Willen zu bilden und danach zu handeln. Es bestehe auch eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben der Betroffenen. Diese setze kein zielgerichtetes Verhalten der Betroffenen voraus, so dass auch eine völlige Verwahrlosung ausreichen könne, wenn damit eine Gesundheitsgefahr durch körperliche Verelendung und Unterversorgung verbunden sei.

7

Dafür seien hier objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte gegeben, weil der Betroffenen Obdachlosigkeit drohe und diese eine konkrete Gefahr der Unterversorgung und Verwahrlosung der Betroffenen bedeute. Aufgrund der paranoiden Wahnvorstellungen mit Beeinträchtigungs- und Beziehungswahnerleben werde die Betroffene einer geordneten Tagesstruktur nicht nachkommen und deswegen in eine völlige Verwahrlosung hineingleiten. Der Grad der Gefahr sei groß und in Relation zum möglichen Schaden ohne freiheitsentziehende Maßnahme so hoch, dass die Unterbringung für den genehmigten Zeitraum verhältnismäßig sei.

8

Die Gefahr der Obdachlosigkeit sei auch bereits zum jetzigen Zeitpunkt gegeben. Die Berechtigung der fristlosen Kündigung stehe außer Frage. Die Betroffene habe daher die Wohnung zu räumen und an den Vermieter herauszugeben. Ein Abwarten der zwangsweisen Räumung nach Erlass eines Räumungsurteils und die darauffolgende Einweisung in ein Obdachlosenheim sei kein geeignetes Mittel, um die drohende Gefahr von der Betroffenen abzuwenden. Außerdem sei dies mit der Würde der Betroffenen nicht vereinbar, insbesondere weil die Gründe für die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses in der psychischen Erkrankung der Betroffenen ihren Ursprung hätten.

9

Geeignete mildere Mittel als die Unterbringung für einen Zeitraum von sechs Monaten seien nicht ersichtlich, weil eine Vermittlung der Betroffenen auf dem freien Wohnungsmarkt nicht möglich sei und sie eine offene Heimunterbringung oder Unterstützungsmaßnahmen Dritter – wie in der Vergangenheit – nicht akzeptiere.

10

2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die materiellen Voraussetzungen für eine geschlossene Unterbringung der Betroffenen gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB sind nicht ausreichend festgestellt.

11

a) Gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt.

12

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats setzt die Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB zwar keine akute, unmittelbar bevorstehende Gefahr für den Betreuten voraus. Notwendig ist allerdings eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib und Leben des Betreuten. Dies setzt kein zielgerichtetes Verhalten des Betreuten voraus, so dass auch eine völlige Verwahrlosung ausreichen kann, wenn damit eine Gesundheitsgefahr durch körperliche Verelendung und Unterversorgung verbunden ist (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 – XII ZB 248/09 -FamRZ 2010, 365Rn. 14). Erforderlich sind aber objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens. Der Grad der Gefahr ist dabei in Relation zum möglichen Schaden ohne Vornahme der freiheitsentziehenden Maßnahme zu bemessen (Senatsbeschluss vom 24. Mai 2017 – XII ZB 577/16 -FamRZ 2017, 1342Rn. 10 mwN).

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Die Prognose einer nicht anders abwendbaren Suizidgefahr oder einer Gefahr erheblicher gesundheitlicher Schäden ist Sache des Tatrichters. Sie baut im Wesentlichen auf der Anhörung des Betroffenen und der weiteren Beteiligten sowie auf dem nach § 321 FamFG einzuholenden Sachverständigengutachten auf (Senatsbeschluss vom 24. Mai 2017 – XII ZB 577/16 -FamRZ 2017, 1342Rn. 11 mwN).

14

bb) Die Genehmigung der Unterbringung muss zudem erforderlich sein. Wenn die Gefahr durch andere Mittel als die freiheitsentziehende Unterbringung abgewendet werden kann, kommt eine Unterbringung als unverhältnismäßig nicht in Betracht (Senatsbeschluss vom 24. Mai 2017 – XII ZB 577/16 -FamRZ 2017, 1342Rn. 12 mwN).

15

b) Nach den bislang getroffenen Feststellungen des Landgerichts ist eine geschlossene Unterbringung der Betroffenen nach diesen Maßstäben nicht zu rechtfertigen.

16

aa) Zwar leidet die Betroffene, wie das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigengutachten festgestellt hat, an einer behandlungsbedürftigen paranoiden Schizophrenie und damit an einer psychischen Krankheit iSv § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB .

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bb) Das Landgericht hat aber keine konkreten Umstände für die Annahme aufgezeigt, die Betroffene werde sich erheblichen gesundheitlichen Schaden iSv § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB zufügen, wenn die Unterbringung unterbleibt. Es führt hierzu lediglich aus, dass die bevorstehende Obdachlosigkeit für die Betroffene eine konkrete und ernstliche Gefahr der Unterversorgung und der Verwahrlosung bedeute und die Betroffene krankheitsbedingt einer geordneten Tagesstruktur nicht nachkommen und deshalb in eine völlige Verwahrlosung hineingleiten würde.

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Dass die Betroffene nach dem Verlust ihrer Wohnung tatsächlich obdachlos würde, hat das Landgericht aber nicht festgestellt. Auch wenn die Betroffene sich bislang nicht selbst um eine neue Wohnung bemüht hat, ist es jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie mit Hilfe ihres Betreuers, dem auch der Aufgabenkreis der Wohnungsangelegenheiten übertragen ist, neuen Wohnraum finden kann. Soweit in der angegriffenen Entscheidung in diesem Zusammenhang ausgeführt wird, eine Vermittlung der Betroffenen auf dem freien Wohnungsmarkt sei nicht möglich, beruht dies nicht auf entsprechenden Feststellungen. Insbesondere kann der angegriffenen Entscheidung nicht entnommen werden, ob der Betreuer bereits erfolglos versucht hat, der Betroffenen eine neue Wohnung zu verschaffen. Zudem hat sich das Landgericht auch nicht ausreichend mit der Frage befasst, ob einer Obdachlosigkeit der Betroffenen durch andere, gegebenenfalls durch den Betreuer zu organisierende Hilfen begegnet werden könnte. Die Annahme des Landgerichts, die Betroffene werde eine offene Heimunterbringung oder Unterstützungsmaßnahmen Dritter nicht akzeptieren, wird ebenfalls nicht von entsprechenden Feststellungen getragen. Zwar mag die Betroffene in der Vergangenheit derartige Hilfsangebote abgelehnt haben. Dies allein rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, dass die inzwischen 70-jährige Betroffene auch in ihrer jetzigen Situation diese ablehnende Haltung aufrechterhalten werde. Denn aufgrund der Kündigung ihres Mietverhältnisses und dem damit verbundenen Verlust ihrer Wohnung hat sich die aktuelle Lebenssituation der Betroffenen grundlegend verändert. Daher kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Betroffene nunmehr bereit ist, Hilfen anzunehmen. Erfolglose Bemühungen des Betreuers, der Betroffenen andere Hilfen anzubieten, hat das Landgericht jedenfalls nicht festgestellt.

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Ebenso wenig hat das Landgericht ausreichende Feststellungen für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens getroffen, falls eine Unterbringung der Betroffenen unterbleibt. Die angeführte Gefahr einer Verwahrlosung ist als solche nicht ausreichend, eine Selbstgefährdung im Sinne des § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu begründen, weil damit nicht aufgezeigt ist, inwieweit mit ihr die konkrete Gefahr eines erheblichen gesundheitlichen Schadens für die Betroffene verbunden sein soll (vgl. Senatsbeschluss vom 14. März 2018 – XII ZB 629/17 -FamRZ 2018, 950Rn. 30). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Betroffenen ohne die Unterbringung ein erheblicher gesundheitlicher Schaden droht, ergeben sich auch nicht aus dem vom Landgericht in Bezug genommenen Sachverständigengutachten. Auch darin wird insoweit lediglich ausgeführt, dass sich die Betroffene bislang nicht um eine Wohnung bemüht habe, sie krankheitsbedingt hierzu auch nicht in der Lage sei und ihr deshalb eine dauerhafte Obdachlosigkeit drohe, die mit der Gefahr eines erheblichen gesundheitlichen Schadens verbunden sei. Welche konkreten gesundheitlichen Gefahren für die Betroffene ohne die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung bestehen sollen und wie wahrscheinlich diese sind, wird in dem Sachverständigengutachten nicht dargelegt. Auch die angegriffene Entscheidung verhält sich hierzu nicht. Dazu hätte aber bereits deshalb Anlass bestanden, weil die Betroffene bis zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung trotz ihrer psychischen Erkrankung offensichtlich in der Lage war, sich selbst angemessen zu versorgen und ihren eigenen Hausstand zu führen. In der angegriffenen Entscheidung werden damit letztlich nur abstrakte Gefahren beschrieben, die sich aus dem Verlust der Wohnung für die Betroffene ergeben können.

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3. Die angegriffene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt, weil die Sache mangels hinreichender Tatsachenfeststellung noch nicht entscheidungsreif ist (vgl. § 74 Abs. 6 Satz 1 und 2 FamFG). Die angegriffene Entscheidung ist daher aufzuheben; die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen.

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4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen ( § 74 Abs. 7 FamFG ).

Dose
Klinkhammer
Günter
Botur
Krüger

Vorschriften
§ 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 321 FamFG, § 74 Abs. 7 FamFG

Bei Widerruf der Vorsorgevollmacht durch den Betreuer kann der Bevollmächtigte nur im Namen des Betroffenen Rechtsmittel gegen die Betreuerbestellung einlegen

Bundesgerichtshof: Beschluss vom 12.12.2018 – XII ZB 387/18
Auch nach einem wirksamen Widerruf der Vorsorgevollmacht durch den Betreuer kann der Bevollmächtigte noch im Namen des Betroffenen, nicht aber im eigenen Namen Rechtsmittel gegen die Betreuerbestellung einlegen (Fortführung des Senatsbeschlusses BGHZ 206, 321 =FamRZ 2015, 1702).

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Dezember 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Nedden-Boeger, Dr. Botur und Guhling
beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 24. Juli 2018 wird verworfen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.

Wert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Die 85jährige Betroffene leidet an vaskulärer Demenz, wegen derer sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Sie hatte ihrer Tochter, der Beteiligten zu 2, und ihrem Schwiegersohn, dem Beteiligten zu 1, im Jahr 2009 eine General- und Vorsorgevollmacht erteilt, deren wirksame Errichtung nicht in Zweifel steht.

2

Auf Anregung aller drei Kinder der Betroffenen hat das Amtsgericht eine Betreuung für den Aufgabenkreis der Immobilienangelegenheiten, Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post-, Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten, Vertretung gegenüber der Einrichtung und Widerruf von Vollmachten eingerichtet und die beiden Töchter der Betroffenen, die Beteiligten zu 2 und zu 3, als Betreuerinnen bestimmt. Diese widerriefen die dem Beteiligten zu 1 erteilte Vollmacht durch Anwaltsschreiben vom 13. März 2018.

3

Am 28. März 2018 hat der Beteiligte zu 1 im Namen der Betroffenen, hilfsweise im eigenen Namen, Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts eingelegt, die das Landgericht verworfen hat. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil dem Beteiligten zu 1 die Beschwerdeberechtigung für ein Rechtsmittel im eigenen Namen gegen die Verwerfung der Erstbeschwerde der Betroffenen durch das Landgericht fehlt.

5

1. Zwar wäre der Beteiligte zu 1 zur Einlegung der Rechtsbeschwerde im eigenen Namen befugt, soweit seine eigene Beschwerde vom Landgericht verworfen worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 25. April 2018 – XII ZB 282/17 -FamRZ 2018, 1251Rn. 6 mwN). Auf eine Überprüfung der Verwerfungsentscheidung hinsichtlich seiner eigenen Erstbeschwerde ist seine Rechtsbeschwerde jedoch nicht gerichtet, sondern der Beteiligte zu 1 wehrt sich ausdrücklich „gegen die Verwerfung der Beschwerde, die er … im Namen der Betroffenen gegen die Betreuungsanordnung eingelegt hat.“.

6

2. Bezogen auf diesen Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist der Beteiligte zu 1 nicht im eigenen Namen rechtsbeschwerdebefugt.

7

a) Zwar erfordert der durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotene effektive Rechtsschutz, ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel – auch im Fall des Vollmachtwiderrufs – nicht ineffektiv werden zu lassen. Daraus wird zu Recht gefolgert, § 303 Abs. 4 FamFG müsse verfassungskonform dahin ausgelegt werden, dass der Widerruf der Vollmacht durch den Betreuer nicht die Vertretungsmacht des Bevollmächtigten im Beschwerdeverfahren zur Überprüfung eben dieser Betreuerbestellung beseitigt. Da dem Bevollmächtigten durch die Befugnis, im Namen des Betroffenen Beschwerde einzulegen, gerade die Überprüfung der Betreuerbestellung ermöglicht werden soll, steht der Widerruf der Vollmacht durch einen Betreuer dem Beschwerderecht nicht entgegen. Damit soll gewährleistet werden, dass dem Rechtsmittel nicht durch einen vom Betreuer erklärten Widerruf der Vollmacht die Grundlage entzogen werden kann. Ein Wegfall der Vertretungsmacht wäre angesichts des schweren Eingriffs in das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1 GG nicht mit dem nach Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz vereinbar (Senatsbeschluss BGHZ 206, 321 =FamRZ 2015, 1702Rn. 24 mwN).

8

Das Recht, die Interessen des Betroffenen im Betreuungsverfahren wahrzunehmen, in dem es um den Aufgabenkreis des Widerrufs der Vorsorgevollmacht geht, ist daher ein der Vorsorgevollmacht immanentes und der Verfügungsgewalt des Betreuers entzogenes Recht, so wie es dem Betreuer auch nicht möglich wäre, als gesetzlicher Vertreter des Betroffenen ( § 1902 BGB ) ein von diesem persönlich oder durch den Vorsorgebevollmächtigten ergriffenes Rechtsmittel gegen die Betreuerbestellung zurückzunehmen. Dies berücksichtigt auch, dass der Betroffene mit der Vorsorgevollmacht gerade dafür sorgen will, dass er sich nicht selbst gegen staatliche Eingriffe wehren muss, sondern dass dies der Vorsorgebevollmächtigte in seinem Namen kann (Senatsbeschluss BGHZ 206, 321 =FamRZ 2015, 1702Rn. 24 mwN). Die trotz Widerruf insoweit als partiell fortbestehend anzusehende Vollmacht berechtigt indessen nur zur Einlegung von Rechtsmitteln im Namen des Vollmachtgebers.

9

b) Eine Rechtsbeschwerdebefugnis des Bevollmächtigten im eigenen Namen besteht hingegen mangels unmittelbarer Beeinträchtigung eigener Rechte bereits bei fortbestehender Vollmacht nicht (Senatsbeschluss vom 5. November 2014 – XII ZB 117/14 -FamRZ 2015, 249Rn. 6 ff., 15), und erst recht nicht nach deren Widerruf. Sie ist vielmehr nur nach Maßgabe der auch im Rechtsbeschwerdeverfahren anzuwendenden Vorschriften des § 303 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FamFG gegeben. Danach steht das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung im Interesse des Betroffenen dessen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner, Eltern, Großeltern, Pflegeeltern, Abkömmlingen und Geschwistern sowie Personen seines Vertrauens zu, wenn sie im ersten Rechtszug beteiligt worden sind. Als Schwiegersohn der Betroffenen steht der Beteiligte zu 1 jedoch nicht in einem entsprechenden Angehörigenverhältnis, und eine Stellung als Vertrauensperson der Betroffenen hat das Landgericht aus rechtlich nicht zu beanstandenden und auch von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Gründen verneint.

Vorschriften
Art. 19 Abs. 4 GG, § 303 Abs. 4 FamFG, Art. 2 Abs. 1 GG, § 1902 BGB, § 303 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FamFG
Quelle: IWW-Abrufnummer 206673

Verzicht auf ein zugewendetes Wohnrecht der Eltern gilt als Schenkung, welches auch im Falle der Verarmung des Schenkers zurückgefordert werden kann

Bundesgerichtshof: Urteil vom 17.04.2018 – X ZR 65/17
BGB § 528

a) Zur Bestimmung des Umfangs des Rückforderungsanspruchs des Schenkers wegen Verarmung ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten. Herauszugeben ist nicht nur der ursprünglich geschenkte Gegenstand. Bei einem wirtschaftlich nutzbaren Gegenstand, der das Vermögen des Beschenkten auch mit der Möglichkeit bereichert, Nutzungen daraus zu ziehen, sind vielmehr auch die seit der Schenkung gezogenen Nutzungen herauszugeben.

b) Hat der Schenker dem Beschenkten den Verzicht auf ein auf dem Grundstück des Beschenkten lastendes Wohnungsrecht zugewandt, ist für die Höhe des Rückforderungsanspruchs bei Verarmung des Schenkers als Wertersatz für den geschenkten Gegenstand der Betrag maßgeblich, um den sich der Verkehrswert des Grundstücks bei Eintritt der Bedürftigkeit des Schenkers durch den Wegfall der dinglichen Belastung erhöht hat.

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. April 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Dr. Grabinski, Hoffmann und Dr. Deichfuß sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 30. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 17. Mai 2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht zum Nachteil des Klägers entschieden hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der klagende Landkreis begehrt aus übergeleitetem Recht den Ersatz des Werts einer Schenkung wegen Verarmung der Schenkerin.

2

Die Eltern der Beklagten übertrugen dieser 1995 das Eigentum an einem Hausgrundstück in B. . Dabei wurde das Eigentum mit einem unentgeltlichen lebenslangen Wohnungsrecht zugunsten der Eltern belastet. 2003 verzichteten die Eltern auf das Wohnungsrecht und bewilligten die Löschung des Rechts im Grundbuch. Die Beklagte vermietete die Wohnung fortan gegen eine monatliche Kaltmiete von 340 € an ihre Mutter. Im Jahr 2010 verstarb ihr Vater. Nachdem sie pflegebedürftig geworden war, lebte die Mutter seit August 2012 in einer Alten- und Pflegeeinrichtung. Die zuvor von ihr bewohnte Wohnung stand zunächst leer; die Beklagte vermietete sie ab September 2013 gegen eine monatliche Kaltmiete von 360 €. Der Kläger leistete vom 10. August 2012 bis zum Tod der Mutter am 30. März 2015 Hilfe zur Pflege in Höhe von insgesamt 22.248,37 €.

3

Der Kläger, der einen Rückforderungsanspruch der Mutter der Beklagten auf sich übergeleitet hat, hat die Beklagte in entsprechender Höhe auf Zahlung in Anspruch genommen. Die Beklagte hat in Höhe der ihr entstandenen außergerichtlichen Rechtsverteidigungskosten Widerklage erhoben. Das Landgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Klägers die Beklagte zur Zahlung von 5.700 € nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen die beiderseitigen Rechtsmittel zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zur Höhe des Rückforderungsanspruchs zugelassenen Revision, der die Beklagte entgegentritt, verfolgt der Kläger den abgewiesenen Teil der Klageforderung weiter.

Entscheidungsgründe

4

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – wie folgt begründet:

5

Dem Kläger stehe gegen die Beklagte aus übergeleitetem Recht ein Anspruch gemäß § 528 Abs. 1 Satz 1 , § 818 Abs. 2 BGB auf Ersatz des Werts der durch die Löschung des dinglichen Wohnungsrechts erlangten Bereicherung zu. Die unentgeltliche Aufgabe des Wohnungsrechts sei eine Schenkung gewesen; die Aufgabe der dinglichen Belastung des Grundstücks habe zu einem Vermögenszuwachs bei der Beklagten geführt. Da die Mutter der Beklagten seit dem 10. August 2012 nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihren Unterhalt zu bestreiten, habe sie die Schenkung zurückfordern können, soweit sie deren Wert für ihren regelmäßigen Unterhalt bedurfte. Der auf den Kläger übergeleitete Anspruch richte sich mithin auf wiederkehrende Leistungen der Beklagten, bis der Wert des Schenkungsgegenstandes erschöpft sei.

6

Der Höhe nach gehe der Wertersatzanspruch aber nicht über die von der Beklagten in den Monaten von September 2013 bis zum Tod ihrer Mutter erwirtschafteten Mietüberschüsse in Höhe von insgesamt 5.700 € hinaus. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung des Werts des zurückzugebenden Geschenks sei der Zeitpunkt der Entstehung des Wertersatzanspruchs, mithin der Zeitpunkt der Bedürftigkeit der Schenkerin. Der Anspruch sei nicht nach dem durch den Wegfall des Wohnungsrechts erhöhten Verkehrswert des Grundstücks zu bemessen. Der Wert der Löschung eines Wohnungsrechts dürfe nicht losgelöst von der tatsächlichen Verwertung und Nutzung des Grundstücks durch den Eigentümer bemessen werden. Das Wohnungsrecht sei ebenso wenig wie seine Löschung ein verkehrsfähiges Gut. Maßgeblich müsse daher sein, welchen Betrag der Schenker nach objektiven Kriterien als angemessene Vergütung für die Aufgabe des Wohnungsrechts hätte verlangen können. Ein Wohnungsrecht mindere den Grundstückswert von vornherein nicht endgültig; mit dem Tode des Schenkers falle dem Beschenkten ohnehin eine entsprechende Erhöhung des Verkehrswerts zu. Der Beschenkte erhalte durch die Aufgabe des Wohnungsrechts lediglich die Möglichkeit, einen erhöhten Verkehrswert zu realisieren. Nehme er diese Möglichkeit nicht wahr, zumindest nicht vor dem Tod der zuvor Wohnungsrechtberechtigten, sei es nicht gerechtfertigt, ihn gleichwohl so zu stellen, als hätte er diesen Wert realisiert. § 528 Abs. 1 BGB erlaube nur die Abschöpfung einer Bereicherung, soweit der Bereicherte eine echte Vermögensvermehrung erfahren habe. Deshalb dürften die Herausgabepflicht des Bereicherten und eine daraus folgende Zahlungsverpflichtung nicht zu einer Verminderung von dessen Vermögen über den wirklichen Betrag der Bereicherung hinaus führen. Bereichert sei der Grundstückseigentümer lediglich, soweit er tatsächlich Nutzungen ziehe. Dieser Wert sei im Streitfall in Höhe der eingenommenen Mietzinszahlungen abzüglich einer für Reparaturen und die vorherige Renovierung zu veranschlagenden Kostendeckung zu bemessen, wobei die Kostendeckung als ein Anteil an der monatlichen Mietzinshöhe geschätzt werden könne. Der sich daraus ergebende Mietüberschuss sei im Streitfall bei einem Mietzins von monatlich 360 € gemäß § 287 Abs. 2 ZPO auf monatlich 300 € zu schätzen. Die Beklagte sei deshalb für den Zeitraum von 19 Monaten der Vermietung in Höhe von insgesamt 5.700 € bereichert.

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II. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

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1. Im Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht zutreffend und in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung ( BGH, Urteil vom 29. März 1985 – V ZR 107/84 , BGHZ 94, 141, 143 f. [zu 3]; Urteil vom 20. Mai 2003 – X ZR 246/02 , BGHZ 155, 57, 59 [zu 2]) gesehen, dass der – auf den Kläger übergegangene – Anspruch der Schenkerin von Anfang an auf monatliche Zahlungen in Höhe des ungedeckten Unterhaltsbedarfs gerichtet war, weil die Schenkerin nur in dieser Höhe jeweils einen Rückforderungsanspruch erwarb und das Geschenk nicht in natura teilbar war, mithin von der Beklagten bis zur Erschöpfung des Werts des Geschenks Ersatz in entsprechender Höhe zu leisten war.

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2. Zutreffend ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, dass für die Ermittlung des Werts des Geschenks der Zeitpunkt maßgeblich ist, zu dem der Rückforderungsanspruch des Schenkers entsteht. Denn der Umfang des zu ersetzenden Werts des Geschenks kann nicht über den Wert hinausgehen, den das Geschenk selbst zu dem Zeitpunkt hat, zu dem eine Rückgabe des Geschenks im Falle seiner Teilbarkeit geschuldet wäre.

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3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertigt dies jedoch nicht seine Annahme, der Kläger könne von der Beklagten nur eine Zahlung in Höhe der von September 2013 bis März 2015 erwirtschafteten Mietüberschüsse verlangen. Der von der Beklagten zu ersetzende Wert der Schenkung ist vielmehr nach dem Wertzuwachs des Grundstücks zu bemessen, der im August 2012 noch aus dem im Jahr 2003 eingetretenen Wegfall der dinglichen Belastung mit dem Wohnungsrecht fortbestand. Zudem hat die Beklagte auch die Nutzungen herauszugeben, die sie bereits seit der Schenkung aus dem Geschenk gezogen hat.

11

a) Der Rückforderungsanspruch des § 528 BGB bezweckt, den Schenker vor einer wirtschaftlichen Notlage zu bewahren, solange der Beschenkte durch das Geschenk weiterhin bereichert ist. Ihm liegt wie der Einrede aus § 519 BGB das Ziel zugrunde, eine solche Notlage nicht entstehen oder fortbestehen zu lassen, während der Beschenkte durch das Geschenk ohne Gegenleistung weiterhin bereichert wäre (vgl. MünchKomm.BGB/Koch, 7. Aufl., § 528 Rn. 1). Der Freigiebigkeit des Schenkers soll – im beiderseitigen Interesse – eine für ihn auskömmliche Vermögenslage zugrunde liegen (vgl. Staudinger/Chiusi, BGB, Neubearb. 2013, § 528 Rn. 1). Fällt diese Vermögenslage innerhalb von zehn Jahren weg ( § 529 Abs. 1 Alt. 3 BGB ), während die Bereicherung beim Beschenkten noch vorhanden ist, bedarf es deshalb der Herausgabe der Bereicherung, um die wirtschaftliche Notlage des Schenkers auszugleichen.

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Mit dem Rückforderungsanspruch gilt es, die Vermögenslage des Beschenkten so aus einer Notlage zu führen, als hätte es das Geschenk nicht gegeben. Zur Bestimmung des Umfangs des Herausgabeanspruchs gemäß § 528 Abs. 1 Satz 1 ist deshalb eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten. Herauszugeben ist nicht nur der ursprünglich geschenkte Gegenstand. Bei einem wirtschaftlich nutzbaren Gegenstand, der das Vermögen des Beschenkten nicht nur mit dem Wert dieses Gegenstandes, sondern auch mit der Möglichkeit bereichert, Nutzungen daraus zu ziehen, sind vielmehr auch die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

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b) Soweit – wie im Streitfall – die Herausgabe des geschenkten Gegenstandes selbst nicht möglich und stattdessen deshalb gemäß § 818 Abs. 2 BGB dessen Wert zu ersetzen ist, kommt es für die Bestimmung der Anspruchshöhe auf den objektiven Wert dieses Gegenstandes an. Den besten Anhaltspunkt für diesen Wert bildet im Zweifel der Verkehrswert, da er den Geldwert widerspiegelt, für den der Gegenstand für denjenigen erhältlich ist, der ihn erwerben möchte, und den derjenige erzielen kann, der ihn veräußern möchte. Bei Verzicht auf ein Wohnungsrecht ist deshalb die hierdurch eintretende Erhöhung des Verkehrswerts des Grundstücks auszugleichen ( BGH, Urteil vom 26. Oktober 1999 – X ZR 69/97 , NJW 2000, 728, 730 [zu II 2 b, insoweit in BGHZ 143, 51 nicht abgedruckt]). Dieser Wert findet in der für einen solchen Verzicht am Markt üblichen Gegenleistung seinen Ausdruck (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2013 – III ZR 231/12 , BGHZ 196, 285 Rn. 28 ).

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aa) Das der Beklagten von ihrer Mutter gemachte Geschenk bestand, wie das Berufungsgericht an sich zutreffend gesehen hat, in dem Verzicht auf das Wohnungsrecht und die damit verbundene dingliche Belastung des Grundstücks. Die Beklagte erhielt mit anderen Worten ein (insoweit) lastenfreies Grundstück anstelle des bis dahin mit dem Wohnungsrecht belasteten. Hierdurch hat sich, wie wohl auch das Berufungsgericht nicht in Zweifel zieht, der Grundstückswert erhöht. Der vom Berufungsgericht nicht festgestellte, im August 2012 jedoch noch vorhandene Betrag dieser Erhöhung bildet den Wert des Geschenks und damit die Obergrenze des Rückforderungsanspruchs nach § 528 BGB .

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bb) Dem kann nicht die Erwägung des Berufungsgerichts entgegengehalten werden, der „volle Grundstückswert“ wäre der Beklagten mit dem Tod ihrer Mutter ohnehin zugeflossen. Dies verkennt, dass der Wert eines bebauten Grundstücks aus dem Bodenwert und dem Wert des aufstehenden Gebäudes besteht und dessen Wert sich wiederum aus dem Wert seiner Nutzbarkeit über die Zeit ergibt. Ebenso wenig wie der Wert eines einjährigen Wohnungsrechts demjenigen eines zehnjährigen entspricht, entspricht daher der Wert eines auf Lebenszeit mit einem solchen Recht belasteten Grundstücks dem Wert des unbelasteten. Daher lässt sich, wie die Revision insoweit zu Recht geltend macht, anstelle des durch den Verzicht erhöhten Grundstückswerts grundsätzlich auch der Wert betrachten, den dieser Verzicht (objektiv) für den Grundstückseigentümer hat und der demgemäß der Erhöhung des Grundstückswerts entsprechen muss.

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cc) Ebenso wenig kann es darauf ankommen, ob, in welcher Weise und in welchem Umfang der Grundstückseigentümer die ihm zugeflossene Werterhöhung „realisiert“ hat. Das Berufungsgericht übersieht bei seinen diesbezüglichen Erwägungen, dass die Bewertung eines Gegenstandes nicht davon abhängt, ob und in welcher Weise der Eigentümer tatsächlich über ihn eine Verfügung trifft. Es kommt nicht darauf an, ob er das Eigentum veräußert, in anderer Weise wirtschaftlich verwertet oder keinen Nutzen daraus zieht. Der objektive Wert eines Hausgrundstücks, wie es im Streitfall in Rede steht, ist – abgesehen von sich aus der Nutzung gegebenenfalls ergebenden Wertveränderungen – grundsätzlich davon unabhängig, ob der Eigentümer es selbst nutzt, vermietet oder leerstehen lässt.

17

Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus den vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidungen des III. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs. Soweit diese Entscheidungen darauf abstellen, dass in den darin zugrunde liegenden Streitfällen nach Bereicherungsrecht lediglich tatsächlich gezogene Nutzungen, nicht aber eine erlangte Nutzungsmöglichkeit auszugleichen seien ( BGH, Urteile vom 8. Oktober 1991 – XI ZR 259/90 , BGHZ 115, 268, 270 f. [zu II 2], vom 7. März 2013 – III ZR 231/12 , BGHZ 196, 285 Rn. 27 ), beziehen sich diese Ausführungen auf den Umfang eines Bereicherungsanspruchs nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB als des primären Herausgabeanspruchs. Sie stellen nicht in Frage, dass der Umfang eines Sekundäranspruchs auf Wertersatz objektiv nach dem Verkehrswert des primär herauszugebenden Gegenstandes zu bemessen ist (so vielmehr ausdrücklich BGHZ 196, 285 Rn. 28 ).

18

c) Darüber hinaus schuldet die Beklagte die Herausgabe der Bereicherung, die sich aus der mit der Schenkung eingetretenen, wirtschaftlichen Möglichkeit zur Nutzung des geschenkten Gegenstandes ergeben hat.

19

aa) Der Umfang und der Wert dieser Bereicherung sind zwar ebenfalls auf den Zeitpunkt der Entstehung des Herausgabeanspruchs gemäß § 528 Abs. 1 BGB zu bemessen. Insbesondere ein Wegfall der Bereicherung ist für den Zeitraum bis zu diesem Zeitpunkt gemäß § 818 Abs. 3 BGB uneingeschränkt zu berücksichtigen.

20

bb) Für diese Bereicherung sind indessen auch die Vermögensmehrungen zu berücksichtigen, die sich aus Nutzungen vor diesem Zeitpunkt, mithin vom Vollzug der Schenkung an, ergeben haben. Ebenso wie der Schenkungsgegenstand vor dem Entstehen des Anspruchs gemäß § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Beschenkten zugewendet wurde und damit dessen Vermögen gemehrt hat, sind auch die Nutzungen herauszugeben, die sich mit der Schenkung für den Beschenkten ergaben und sein Vermögen bereichert haben. Auch hinsichtlich dieser Nutzungen, die sich im Streitfall aus der von der Beklagten durch die Vermietung der vormals dem Wohnungsrecht unterliegenden Wohnung an ihre Mutter ergeben haben, ist gemäß § 818 Abs. 3 BGB bis zu dem nach § 818 Abs. 4 , § 819 BGB maßgeblichen Zeitpunkt zu ermitteln, inwieweit die Bereicherung noch besteht oder weggefallen ist.

21

III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt ist, und die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

22

1. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif. Entgegen der Auffassung der Revision kann aus dem jährlichen, von der Mutter der Beklagten gezahlten Mietzins von 4.080 € und dem Umstand, dass die im August 2012 77-jährige Mutter zu diesem Zeitpunkt noch eine statistische Lebenserwartung von 11,5 Jahren hatte, nicht ein die Klageforderung deutlich übersteigender Wert der Schenkung von mindestens 46.920 € abgeleitet werden.

23

Allerdings ist die statistische Lebenserwartung des Berechtigten insofern ein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Bemessung des Werts des nicht (mehr) mit dem Wohnungsrecht belasteten Grundstücks, als sie den Zeitraum angibt, für den ohne den Wegfall der Belastung ein vollständiger oder teilweiser Wegfall der Nutzungsmöglichkeiten des Eigentümers zu erwarten war. Die für die dem Wohnungsrecht unterliegende Wohnung in der Vergangenheit erzielte Jahreskaltmiete kann auch – nicht anders als sonst bei der Immobilienbewertung – bei der Ermittlung des Ertragswerts dieser Wohnung herangezogen werden und insofern Auskunft über einen für den Verkehrswert des Gesamtgrundstücks erheblichen Umstand geben. Zur Ermittlung des Werts der Zuwendung müssen jedoch die auf das Wohnungsrecht und seine zu erwartende Dauer bezogenen Daten in Relation zu den für die Bewertung des Grundstücks insgesamt maßgeblichen Zahlen gesetzt werden.

24

2. Die hierzu erforderlichen Feststellungen zum Grundstückswert sind bislang nicht getroffen. Weiterhin ist bisher nicht erörtert worden, inwieweit eine Bereicherung aufgrund der von 2003 bis August 2012 gezogenen Nutzungen zum Zeitpunkt der Haftung gemäß § 818 Abs. 4 , § 819 BGB im Vermögen der Beklagten noch vorhanden oder bis dahin weggefallen war. Die erforderlichen Feststellungen wird das Berufungsgericht – gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe – nachzuholen haben.

Vorschriften
§ 528 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 2 BGB, § 528 Abs. 1 BGB, § 287 Abs. 2 ZPO, § 528 BGB, § 519 BGB, § 529 Abs. 1 Alt. 3 BGB, § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 818 Abs. 3 BGB, § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 818 Abs. 4, § 819 BGB

Der Versicherer einer Berufsunfähigkeitsversicherung muss deutlich auf die Rechtsfolgen einer Falschangabe hinweisen

Bundesgerichtshof: Beschluss vom 06.12.2017 – IV ZR 16/17
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, den Richter Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann und die Richterin Dr. Bußmann
am 6. Dezember 2017
beschlossen:

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 15. Dezember 2016 gemäß § 552a Satz 1 ZPO auf ihre Kosten zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines Monats
Stellung zu nehmen.

Gründe

1

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente in Anspruch und begehrt die Feststellung, dass d er zwischen den Parteien bestehende Versicherungsvertrag nicht durch ein Vertragsanpassungsverlangen der Beklagten nach § 19 Abs. 4 Satz 2 VVG geändert worden ist.

2

Im Jahr 2009 schloss der Kläger bei der Beklagten eine Risikoversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ab. Sein Antrag wurde von einem Versicherungsvertreter der Beklagten aufgenommen, der das auf seinem Laptop gespeicherte, fünfseitige Antragsformular ausfüllte. Anschließend wurde das Formular ausgedruckt und vom Kläger unterschrieben.

3

Auf Seite 2 des Antragsformulars befindet sich vor den Gesundheitsfragen ein Abschnitt mit der Überschrift „Hinweis auf die Rechtsfolgen der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht“. Die drucktechnische Gestaltung dieser Überschrift unterscheidet sich nicht von derjenigen der übrigen Abschnittsüberschriften. Der Hinweistext selbst ist drucktechnisch so gestaltet wie der Text der weiteren Abschnitte des Formulars; seine beiden letzten Zeilen („Bevor Sie unterschreiben, kontrollieren Sie bitte nochmals, ob alle Fragen vollständig und korrekt beantwortet sind, insbesondere wenn Ihnen eine andere Person beim Ausfüllen des Antrags geholfen hat.“) sind – ebenso wie einzelne Zeilen der übrigen Abschnitte des Antragsformulars – in Fettdruck verfasst. Die einzelnen Abschnitte sind optisch jeweils durch horizontale Linien voneinander getrennt.

4

Der fünftletzte Abschnitt vor der Unterschriftenleiste auf Seite 4 des Formulars ist mit „Erklärung“ überschrieben und besteht aus folgendem, durchgehend fettgedrucktem Text:

„Ich bestätige, dass ich den Hinweis auf die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung gelesen und verstanden habe. Alles vollständig – es folgen keine weiteren Risikoangaben.“
5

Bis auf eine Ausnahme, die das Rauchen betrifft, sind die Gesundheitsfragen im Antragsformular verneint, darunter die Frage, ob der Kläger in den letzten fünf Jahren aus gesundheitlichen Gründen durch Ärzte beraten oder untersucht worden sei. Tatsächlich hatte er im Jahr 2005 einen Radiologen aufgesucht, nachdem er sieben Jahre zuvor eine Lungenembolie erlitten hatte.

6

Der Kläger, ein Berufskraftfahrer, erlitt im Jahr 2013 erneut eine Lungenembolie und beantragte deswegen Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 7. August 2013 unter Hinweis auf unrichtig beantwortete Gesundheitsfragen ab. Sie erklärte, sie hätte dem Kläger bei Kenntnis von dessen gesundheitlichen Beeinträchtigungen keinen Versicherungsschutz in der gegebenen Form angeboten. Daher mache sie von ihrem Recht, den Vertrag rückwirkend anzupassen, mittels einer Ausschlussklausel Gebrauch, die unter anderem die vom Kläger zur Begründung seiner Berufsunfähigkeit angeführte Erkrankung erfasse.

7

Der Kläger hat behauptet, den Versicherungsvertreter der Beklagten bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen über die im Jahr 1998 erlittene Lungenembolie informiert zu haben. An die radiologische Untersuchung im Jahr 2005 habe er bei der Antragsaufnahme nicht gedacht.

8

Die Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

9

II. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Versicherungsvertrag sei nicht aufgrund der Erklärung der Beklagten im Schreiben vom 7. August 2013 rückwirkend gemäß § 19 Abs. 4 Satz 2 VVG geändert worden.

10

Dabei könne die vom Landgericht bejahte Frage, ob die drucktechnische Gestaltung des im Antragsformular enthaltenen Hinweises auf die Rechtsfolgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit unzureichend sei, offen bleiben. Die Beklagte habe jedenfalls nicht vorgetragen bzw. bewiesen, dass dieser Hinweis dem Kläger in einer Weise zur Kenntnis gebracht worden sei, die den gesetzlichen Anforderungen genüge. § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG verlange eine gesonderte Mitteilung in Textform; es müsse gewährleistet sein, dass es einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer möglich sei, den Inhalt des Hinweises zu verstehen. Eine Vorlage des Antragsformulars lediglich zur Unterschrift genüge insofern nicht. Es sei dem Kläger auch nicht verwehrt, sich auf die Nichterfüllung der Hinweispflicht zu berufen. Die Beklagte habe nicht den Nachweis geführt, dass der Kläger bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen arglistig getäuscht habe.

11

III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg ( § 552a Satz 1 ZPO ).

12

1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Rechtsfrage, ob für die Einhaltung der Textform und der Kenntnisnahme des Hinweises nach § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG nicht nur die Vorlage des Antragsformulars zur Unterschrift, sondern auch zur Durchsicht zu verlangen sei, höchstrichterlich noch nicht geklärt sei. Auf diese Frage kommt es im Streitfall indes nicht an; ein Revisionszulassungsgrund ist nicht gegeben (vgl. zum Erfordernis der Entscheidungserheblichkeit BGH, Beschlüsse vom 19. Februar 2013 – VIII ZR 178/12 , […] Rn. 2 ff.; vom 7. Januar 2003 – X ZR 82/02 , BGHZ 153, 254 unter II 1 b [[…] Rn. 5]). Unabhängig davon, ob dem Kläger das Antragsformular nur zur Unterschrift oder auch zur Durchsicht vorgelegt worden ist, ist dieser von der Beklagten nicht, wie es § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG verlangt, durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeige obliegenheitsverletzung hingewiesen worden.

13

Wie der Senat bereits entschieden hat, sind die Anforderungen des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG in Fällen, in denen der Versicherer den Versicherungsnehmer – wie hier – nicht in einer von sonstigen Erklärungen getrennten Urkunde auf die Folgen einer Anzeigeobliegenheitsverletzung hingewiesen hat, nur gewahrt, wenn die Belehrung drucktechnisch so gestaltet ist, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann ( Senatsurteil vom 27. April 2016 – IV ZR 372/15 , BGHZ 210, 113 Rn. 13; vgl. auch Senatsurteil vom 9. Januar 2013 – IV ZR 197/11 , BGHZ 196, 67 Rn. 24 m.w.N.). Dem genügt die im Antragsformular der Beklagten enthaltene Belehrung nicht.

14

Sie unterscheidet sich – wie das Landgericht zutreffend erkannt hat – drucktechnisch in keiner Weise von den übrigen Abschnitten des Formulars. Das trifft trotz der von der Revision angeführten Gestaltungsmerkmale zu. Dass die Abschnittsüberschrift in einer größeren Schrift als der Belehrungstext sowie in Fettdruck gehalten und der Abschnitt oberhalb der Überschrift und unterhalb des Belehrungstextes jeweils durch eine horizontale Linie eingerahmt ist, hebt den Belehrungstext nicht hinreichend hervor, weil auch die übrigen Abschnitte des Antragsformulars diese Merkmale aufweisen. Entgegen der Auffassung der Revision genügt das Formular auch nicht wegen des mit „Erklärung“ überschriebenen Abschnitts auf Seite 4 den Anforderungen des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG . Denn dieser Abschnitt enthält weder eine gesonderte Belehrung über die Folgen einer Anzeigeobliegenheitsverletzung noch einen konkreten Verweis auf die zwei Seiten vorher abgedruckte Belehrung.

15

2. Aus den vorstehenden Erwägungen hat das Rechtsmittel in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Soweit sich das Berufungsgericht nach der Beweisaufnahme nicht davon überzeugt hat, dass der Kläger die Gesundheitsfragen arglistig falsch beantwortet hat (vgl. hierzu Senatsurteil vom 12. März 2014 – IV ZR 306/13 , BGHZ 200, 286 Rn. 9 ff. ), wird dies von der Revision zu Recht nicht angegriffen.

Hinweis:Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Vorschriften
§ 552a Satz 1 ZPO, § 19 Abs. 4 Satz 2 VVG, § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO

Quelle: IWW

Betreuerbestellung bei mehreren gemeinschaftlich zur Vertretung berufenen Bevollmächtigten

Bundesgerichtshof: Beschluss vom 31.01.2018 – XII ZB 527/17
BGB § 1896 Abs. 2 Satz 2

Hat der Betroffene mehrere Personen in der Weise bevollmächtigt, dass sie ihn nur gemeinschaftlich vertreten können, können die Bevollmächtigten nur dann die Angelegenheiten des Betroffenen ebenso gut wie ein Betreuer besorgen, wenn davon auszugehen ist, dass sie zu einer gemeinschaftlichen Vertretung in der Lage sind. Dazu bedarf es einer Zusammenarbeit und Abstimmung der Bevollmächtigten und damit jedenfalls eines Mindestmaßes an Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit.

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Januar 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 8. September 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Wert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Die im Jahre 1922 geborene Betroffene erteilte Ende Oktober 2003 ihrer Tochter (Beteiligte zu 1) und ihrer Schwiegertochter (Beteiligte zu 2) eine notarielle General- und Altersvorsorgevollmacht. Diese kann nach § 1 des Vollmachtstextes nur gemeinschaftlich ausgeübt werden. Die Generalvollmacht berechtigt die beiden Bevollmächtigten, umfassend im vermögensrechtlichen Bereich für die Betroffene tätig zu werden. Die Altersvorsorgevollmacht ermächtigt sie zu Entscheidungen unter anderem in den Bereichen der Aufenthaltsbestimmung und der Gesundheitssorge.

2

Mitte September 2016 hat sich die Tochter der Betroffenen an das Amtsgericht gewandt und beantragt, als Betreuerin für die nach ihren Angaben seit Anfang 2015 an Demenz erkrankte Betroffene bestellt zu werden, und im weiteren Fortgang des Verfahrens auch die Bestellung eines externen Betreuers oder Kontrollbetreuers angeregt. Ihre Schwägerin, in deren Nähe die Betroffene lebt, treffe Entscheidungen zu Fragen von Gesundheit und Finanzen der Betroffenen stets allein und bereichere sich auf Kosten der Betroffenen.

3

Nach mehrfachen schriftlichen Stellungnahmen der beiden Bevollmächtigten hat das Amtsgericht durch den Rechtspfleger mit Beschluss vom 22. Juni 2017 entschieden, dass für die Betroffene kein Betreuer bestellt wird. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist ohne Erfolg geblieben.

4

Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt sie weiterhin das Ziel, dass für die Betroffene eine Betreuung oder Kontrollbetreuung errichtet wird.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

6

1. Dieses hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Rechtspfleger sei zur Entscheidung über die Anregung der Beteiligten zu 1 zuständig gewesen. Der angefochtene Beschluss sei dahin auszulegen, dass kein Kontrollbetreuer bestellt worden sei. Die Voraussetzungen einer Kontrollbetreuung lägen auch nicht vor. Der Gesundheitszustand der Betroffenen, die in einem Heim untergebracht sei und dort die erforderliche Pflege und Versorgung erhalte, erfordere die Einrichtung einer Kontrollbetreuung nicht. Soweit die Tochter der Betroffenen geltend mache, Auskünfte nur teilweise oder gar nicht zu bekommen, könne sie sich auf ihre Vollmacht berufen. Das sei nicht Aufgabe eines Kontrollbetreuers. Soweit sie geäußert habe, die Beteiligte zu 2 nehme Zugriff auf das Vermögen der Betroffenen, handele es sich um einen bloßen Verdacht, der einer tatsächlichen Grundlage entbehre. Für die von der Beteiligten zu 2 bis einschließlich Dezember 2014 angeblich abgebuchten und verbrauchten 145.000 € sei nicht ersichtlich, dass Verfügungen ohne Wissen und Wollen der zu diesem Zeitpunkt noch nicht erkrankten Betroffenen erfolgt seien. Auch für die Befürchtung, die Tochter der Beteiligten zu 2 könne unter Missbrauch der ihr von der Betroffenen erteilten Kontovollmachten Gelder für sich verbrauchen, gebe es keine Anhaltspunkte. Als Mitbevollmächtigte könne die Beteiligte zu 1 zudem ihre Schwägerin und deren Tochter auf Vermögensverfügungen zu Lasten der Betroffenen selbst kontrollieren und Auskunftsansprüche gegen ihre Schwägerin geltend machen. Für die gemeinschaftlich geregelte Vertretung der Betroffenen wäre zwar eine gut funktionierende und auf Vertrauen basierende Abstimmung wünschenswert und hilfreich. Ein Defizit in dem Vertrauensverhältnis führe aber nicht dazu, dass ein Kontrollbetreuer zur Wahrung der Rechte der Betroffenen zu bestellen sei.

7

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

8

a) Das Landgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Amtsgericht allein über die Einrichtung einer Kontrollbetreuung entschieden hat. Es hat dies offensichtlich zum einen daraus, dass der vorliegend tätige Rechtspfleger gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 RPflG nur insoweit zuständig ist, und zum anderen im Wege der Auslegung daraus geschlossen, dass der Beschwerde laut Nichtabhilfebeschluss des Rechtspflegers mit der Maßgabe abgeholfen wurde, es werde kein Kontrollbetreuer bestellt.

9

Diese Annahme ist jedoch unzutreffend. Zwar ist richtig, dass § 15 RPflG die dem Betreuungsgericht übertragenen Angelegenheiten dem Richter vorbehält und hiervon in Absatz 1 Satz 2 lediglich die Verrichtungen ausnimmt, die eine Betreuung nach § 1896 Abs. 3 BGB – mithin eine sogenannte Kontrollbetreuung – betreffen. Gleichwohl hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts in Überschreitung seiner Kompetenz über die Frage einer Betreuung insgesamt entschieden. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Tenor des Beschlusses vom 22. Juni 2017, sondern es folgt auch aus den Beschlussgründen. Danach hat „das Gericht (…) geprüft, ob für die Betroffene ein Betreuer bestellt werden muss.“ Im Anschluss wird zuerst ausgeführt, dass und warum die Betroffene ausreichend durch die Bevollmächtigten vertreten werde und es einer umfänglichen Betreuung nicht bedürfe. In einem zweiten Begründungsschritt wird dann dargelegt, dass auch die Einsetzung eines Kontrollbetreuers nicht in Betracht komme. Der sich nur mit der Kontrollbetreuung befassende Nichtabhilfebeschluss konnte der Ausgangsentscheidung insoweit keinen anderen Gehalt verleihen.

10

Unabhängig davon, dass in einem Betreuungsverfahren wie dem vorliegenden mit der (Voll-)Betreuung als Gegenstand die Frage der Kontrollbetreuung nicht gesondert durch den Rechtspfleger verbeschieden werden kann, ist hier mithin nicht lediglich die Ablehnung der Kontrollbetreuung Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden. Vielmehr ist dem Landgericht die umfassende Prüfung angefallen, ob für die Betroffene eine Betreuung zu errichten ist.

11

b) Dies lässt sich, wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht verneinen.

12

Allerdings darf ein Betreuer nur bestellt werden, soweit dies erforderlich ist ( § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB ). An der Erforderlichkeit fehlt es, soweit die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können ( § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB ). Eine Vorsorgevollmacht steht daher der Bestellung eines Betreuers grundsätzlich entgegen (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Februar 2016 – XII ZB 498/15 -FamRZ 2016, 704Rn. 12 mwN). Hat der Betroffene jedoch mehrere Personen in der Weise bevollmächtigt, dass sie ihn nur gemeinschaftlich vertreten können, können die Bevollmächtigten nur dann die Angelegenheiten des Betroffenen ebenso gut wie ein Betreuer besorgen, wenn davon auszugehen ist, dass sie zu einer gemeinschaftlichen Vertretung in der Lage sind. Dazu bedarf es aber – wie das Landgericht im Ansatz richtig erkannt hat – einer Zusammenarbeit und Abstimmung der Bevollmächtigten und damit jedenfalls eines Mindestmaßes an Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit. Anderenfalls ist das für eine wirksame gemeinschaftliche Vertretung notwendige Einvernehmen zwischen den Bevollmächtigten nicht herstellbar.

13

So aber liegt es nach den bislang getroffenen Feststellungen hier. Die von der Betroffenen im Jahre 2003 erteilte Vollmacht berechtigt die Bevollmächtigten allein zur gemeinschaftlichen Vertretung. Eine solche ist bislang jedoch nicht erfolgt, sondern die Schwiegertochter der Betroffenen ist offensichtlich im Wesentlichen allein als Vertreterin tätig geworden, ohne dass ein Einvernehmen mit der Tochter der Betroffenen hergestellt wurde. Zudem stellt sich das Verhältnis zwischen den beiden Bevollmächtigten als in einer Weise belastet dar, die ein einvernehmliches Handeln zum Wohl der Betroffenen als nur schwer umsetzbar erscheinen lässt. Bei dieser Sachlage hätte es gemäß § 26 FamFG jedenfalls weitergehender Ermittlungen bedurft, um die Erforderlichkeit einer Betreuung unter Verweis auf die den beiden Beteiligten erteilte Vollmacht zu verneinen.

14

3. Der angefochtene Beschluss ist daher gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben und die Sache nach § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG an das Landgericht zurückzuverweisen.

15

Dieses wird neben der Ermittlung, ob die beiden Bevollmächtigten zu der ihnen durch die Vollmacht allein gestatteten gemeinschaftlichen Vertretung in der Lage sind, auch zu prüfen haben, ob weitere von der Betroffenen erteilte Einzelvollmachten bestehen, die zumindest für Teilbereiche wie etwa bestimmte Bankgeschäfte einen Betreuungsbedarf entfallen lassen können.

16

Unabhängig davon wird das Landgericht Feststellungen dazu zu treffen haben, ob bei der Betroffenen die Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegen. Sofern dies der Fall ist und sich gerade für den Bereich der Vermögenssorge ergibt, dass der Betreuungsbedarf durch eine vorhandene Vollmacht abgedeckt wird, wird sich das Landgericht zudem nochmals mit der Frage befassen müssen, ob es einer Betreuung zur Geltendmachung von Rechten der Betroffenen gegenüber der bevollmächtigten Person nach § 1896 Abs. 3 BGB (Kontrollbetreuung) bedarf. Dabei wird es in den Blick zu nehmen haben, ab welchem Zeitpunkt die Betroffene nach medizinischen Erkenntnissen nicht mehr selbst zur Kontrolle der bevollmächtigten Person in der Lage war, und zu erwägen haben, inwieweit die aktenkundigen finanziellen Verfügungen den Verdacht begründen, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2017 – XII ZB 143/17 -FamRZ 2017, 1714Rn. 12 f. mwN).

17

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen ( § 74 Abs. 7 FamFG ).

Vorschriften
§ 15 Abs. 1 Satz 2 RPflG, § 15 RPflG, § 1896 Abs. 3 BGB, § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB, § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 26 FamFG, § 74 Abs. 5 FamFG, § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG, § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 74 Abs. 7 FamFG

 

Quelle: IWW

Bei Tod des Schuldners muss die Haftungsbeschränkung der Rechtsmittelinstanz vorbehalten bleiben

Bundesgerichtshof: Beschluss vom 25.01.2018 – III ZR 561/16
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Seiters und Reiter sowie die Richterinnen Dr. Liebert und Pohl
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beklagten auf Einstellung der Zwangsvollstreckung – ohne Sicherheitsleistung – aus dem vorläufig vollstreckbaren Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 25. November 2016 – 6 U 92/16 – wird abgelehnt.

Gründe

1

1. Nach § 719 Abs. 2 ZPO, der gemäß § 544 Abs. 5 Satz 2 ZPO im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde entsprechende Anwendung findet, kann das Revisionsgericht die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil anordnen, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Eine Einstellung ohne Sicherheitsleistung kommt dabei nur in Betracht, wenn zusätzlich glaubhaft gemacht wird, dass der Schuldner zu einer Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2009 – VIII ZR 305/09, BGHZ 183, 281 Rn. 6 ff; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 719 Rn. 8; MüKoZPO/ Götz, 5. Aufl., § 719 Rn. 15). Eine Einstellung scheidet grundsätzlich aus, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 712 ZPO zu stellen, obwohl ihm ein solcher möglich und zumutbar war (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 24. November 2010 – XII ZR 31/10, NJW-RR 2011, 705 Rn. 7 und vom 24. Mai 2016 – II ZR 105/16, juris Rn. 4; jeweils mwN).

2

2. Soweit der Antragsteller darauf verweist, dass er erst während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens den vormaligen Beklagten (Vater) beerbt habe und deshalb im Berufungsverfahren keinen Antrag nach § 712 ZPO habe stellen können, ist dies ohne Bedeutung. Denn der Beklagte ist aufgrund des Erbfalls vom 23. Februar 2017 auch in die prozessuale Stellung seines Vaters eingerückt und muss sich deshalb den Umstand, dass dieser keinen entsprechenden Antrag gestellt hat, grundsätzlich entgegenhalten lassen. Etwas anderes mag gelten, wenn die Gründe für einen Antrag nach § 712 ZPO in der Person des Erblassers nicht vorlagen und erst aufgrund des Erbgangs die Voraussetzungen des § 719 Abs. 2 ZPO erfüllt werden. Letzteres ist hier indessen nicht der Fall.

3

Der Antragsteller macht in diesem Zusammenhang geltend, dass ihm die Möglichkeit erhalten bleiben müsse, den – hiermit beantragten – Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung im laufenden Verfahren geltend zu machen. Anderenfalls seien seine Rechte auf materielle Beschränkung der Haftung auf den Nachlass im Wege der Einrede nach §§ 1989, 1990 BGB im Rahmen eines gegebenenfalls einzuleitenden Nachlassinsolvenzverfahrens beeinträchtigt. Auch dieser Einwand verhilft dem Antrag nicht zum Erfolg.

4

Nach § 780 Abs. 1 ZPO kann der als Erbe des Schuldners verurteilte Beklagte die Beschränkung seiner Haftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist. Dieser Vorbehalt kann bei einem Erbfall während des Nichtzulassungsbeschwerde- oder Revisionsverfahrens grundsätzlich noch nachträglich in die Beschwerde- beziehungsweise Revisionsentscheidung aufgenommen werden (vgl. nur Senat, Urteil vom 21. März 1955 – III ZR 115/53, BGHZ 17, 69, 72 ff; BGH, Urteile vom 9. Mai 1962 – VIII ZR 45/61, NJW 1962, 1250 f und vom 26. Juni 1970 – V ZR 156/69, BGHZ 54, 204, 205 f; anders nur, wenn in der Revisionsinstanz vom beklagten Rechtsmittelkläger lediglich die beschränkte Erbenhaftung geltend gemacht und die Revision deshalb als unzulässig ohne Vorbehalt verworfen wird; dann kann allerdings Vollstreckungsgegenklage gemäß §§ 781, 785 auch ohne Vorbehalt erhoben werden, BGH aaO S. 207).

5

Die vorbehaltene Beschränkung der Haftung auf den Nachlass führt allerdings nicht dazu, dass nicht in das übrige Vermögen des Erben vollstreckt werden kann; vielmehr ist es Sache des Erben, bei einer Zwangsvollstreckung in sein übriges Vermögen den Vorbehalt selbst im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen (§§ 781, 785 ZPO) und dabei die materiellen Voraussetzungen der Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlass nachzuweisen. Letztere müssen bei Aufnahme des Vorbehalts nicht geprüft werden. Allerdings steht es dem Prozessgericht frei, die materiellen Voraussetzungen der Beschränkung mit zu prüfen (vgl. nur BGH, Urteile vom 9. März 1983 – IVa ZR 211/81, NJW 1983, 2378, 2379; vom 13. Juli 1989 – IX ZR 227/87, NJW-RR 1989, 1226, 1230 und vom 2. Februar 2010 – VI ZR 82/09, NJW-RR 2010, 664 Rn. 7 f) und zum Beispiel die Verurteilung auf Leistung aus dem Nachlass zu beschränken (vgl. nur BayObLGZ 1999, 323, 328 f; siehe auch Zöller/Geimer, ZPO, 32. Aufl., § 780 Rn. 15; MüKoZPO/Schmidt/Brinkmann, 5. Aufl., § 780 Rn. 10, 13).

6

Vor diesem Hintergrund scheidet die beantragte (uneingeschränkte) Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Berufungsurteil bereits deshalb aus, weil dadurch auch eine zulässige Zwangsvollstreckung in den Nachlass betroffen wäre, die hier in Form der Sicherungsvollstreckung in das zum Nachlass gehörende Hausgrundstück in Selfkant seitens der Kläger im Raum steht (siehe dazu Schriftsatz der die Zwangsvollstreckung betreibenden zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 22. Februar 2017 und Stellungnahme des Klägervertreters zum Einstellungsantrag vom 17. Januar 2018). Ob im Rahmen des Einstellungsantrags als „minus“ auch eine einstweilige Beschränkung der Zwangsvollstreckung auf den Nachlass möglich wäre (vgl. zur Beschränkung der Einstellung der Zwangsvollstreckung auf bestimmte Vollstreckungsmaßnahmen bzw. auf die Vollstreckung in bestimmte Vermögensgegenstände im Rahmen des § 719 Abs. 2 ZPO: Senat, Beschluss vom 28. September 1955 – III ZR 171/55, BGHZ 18, 219 f und BGH, Beschluss vom 10. November 1955 – V ZR 211/55, BGHZ 18, 398, 400), kann dahinstehen. Denn abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, dass eine Vollstreckung in nachlassfremde Gegenstände droht, würde dies zumindest voraussetzen, dass die materiellen Voraussetzungen der Haftungsbeschränkung auf den Nachlass glaubhaft gemacht sind, hier mithin die in der Antragsschrift angesprochene Nachlassinsolvenz. Zum Nachlass fehlt aber näherer Vortrag des Beklagten. Es kommt deshalb nicht einmal mehr darauf an, dass es für die begehrte Einstellung ohne Sicherheitsleistung auch an der Glaubhaftmachung der vom Beklagten – unter Hinweis darauf, dass er aus gesundheitlichen Gründen erwerbslos sei und derzeit keine Sozialleistungen erhalte – behaupteten Unfähigkeit zur Stellung einer Sicherheitsleistung fehlt.

Bei Anordnung einer Betreuung gegen den Willen des Betroffenen muss zwingend

Bundesgerichtshof: Beschluss vom 18.10.2017 – XII ZB 186/17
BGB § 1896 Abs. 1a

Wird die Betreuung eines Volljährigen gegen dessen Willen angeordnet, so muss festgestellt werden, dass dem an einer psychischen Erkrankung leidenden Betroffenen die Fähigkeit fehlt, einen freien Willen zu bilden. Die Feststellungen zum Ausschluss der freien Willensbestimmung müssen durch ein Sachverständigengutachten belegt sein (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 16. März 2016 – XII ZB 455/15 -FamRZ 2016, 970).

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Oktober 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 31. März 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.

Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Der 66jährige Betroffene leidet an einer Parkinsonerkrankung mit hirnorganischer Beeinträchtigung, wegen derer er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Am 5. Oktober 2013 hatte er seinem Sohn, dem Beteiligten zu 2, Vorsorgevollmacht mit umfassender Vertretungsbefugnis erteilt. Mitte 2014 schenkte er dem Beteiligten zu 2 einen Geldbetrag von 120.000 € mit der Zwecksetzung, aus diesen Mitteln ein Haus zu erwerben, welches nach Möglichkeit vom Betroffenen bewohnt werden solle. Der Beteiligte zu 2 erwarb daraufhin eine Eigentumswohnung, in die der Betroffene einzog.

2

Das Amtsgericht hat Anfang 2017 eine Betreuung für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge, Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung sowie Rechts-/Antrags- und Behördenangelegenheiten eingerichtet und den Beteiligten zu 1 als Berufsbetreuer bestellt.

3

Dagegen hat auch der Beteiligte zu 2 Beschwerde eingelegt, die das Landgericht zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich dessen Rechtsbeschwerde.

II.

4

Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

5

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthaft. Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 2 folgt aus § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Januar 2017 – XII ZB 438/16 -FamRZ 2017, 552Rn. 9 ff.).

6

2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

7

a) Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Anordnung der Betreuung sei trotz bestehender Vorsorgevollmacht gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich. Es lägen gewichtige Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass der Beteiligte zu 2 die Vorsorgevollmacht nicht zum Wohle des Betroffenen eingesetzt habe. Die erfolgte Schenkung stelle bereits objektiv einen hohen Betrag dar. Die Annahme eines derart hohen Geldbetrags durch den Beteiligten zu 2 stelle sich angesichts der gesundheitlichen Situation des Betroffenen als nicht an dessen Wohl orientierte Entscheidung dar. Angesichts der schwerwiegenden Erkrankung des Betroffenen sei schon zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht gesichert gewesen, wie lange dieser in der Lage sein würde, in einem Privathaus zu leben. Für die künftige Unterbringung des Betroffenen in einem Pflegeheim würden erhebliche finanzielle Mittel erforderlich, die dem Betroffenen aufgrund der erfolgten Schenkung fehlten. Auch fehle es an jeder rechtlichen Absicherung des Betroffenen hinsichtlich der mit seinem Vermögen erworbenen Immobilie; die Eintragung eines Wohnrechts oder Nießbrauchs zugunsten des Betroffenen sei nicht erfolgt. Aufgrund dessen trage der Betroffene auch das Insolvenz- und Todesfallrisiko des Beteiligten zu 2.

8

b) Die angefochtene Entscheidung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

9

aa) Die Rechtsbeschwerde rügt, dass der Betroffene ausweislich des landgerichtlichen Anhörungsprotokolls mit der Betreuung nicht einverstanden sei. Da sich dem angefochtenen Beschluss keine hinreichenden Feststellungen hierzu entnehmen lassen, ist rechtsbeschwerderechtlich davon auszugehen, dass die Einrichtung der Betreuung gegen den Willen des Betroffenen erfolgt ist.

10

bb) Nach § 1896 Abs. 1a BGB darf aber gegen den freien Willen des Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden. Wenn der Betroffene der Einrichtung einer Betreuung nicht zustimmt, ist neben der Notwendigkeit einer Betreuung stets zu prüfen, ob die Ablehnung durch den Betroffenen auf einem freien Willen beruht. Das fachärztlich beratene Gericht hat daher festzustellen, ob der Betroffene trotz seiner Erkrankung noch zu einer freien Willensbestimmung fähig ist. Die Feststellungen zum Ausschluss der freien Willensbestimmung müssen durch ein Sachverständigengutachten belegt sein (Senatsbeschluss vom 16. März 2016 – XII ZB 455/15 -FamRZ 2016, 970Rn. 6 f. mwN). Das Gutachten muss Art und Ausmaß der Erkrankung und deren Auswirkung auf die Fähigkeit zur freien Willensbildung im Einzelnen anhand der Vorgeschichte, der durchgeführten Untersuchungen und der sonstigen Erkenntnisse darstellen und wissenschaftlich begründen. Nur dann ist das Gericht in der Lage, das Gutachten zu überprüfen und sich eine eigene Meinung von der Richtigkeit der vom Sachverständigen gezogenen Schlussfolgerungen zu bilden (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Februar 2017 – XII ZB 510/16 -FamRZ 2017, 648Rn. 15 mwN).

11

cc) Diesen Anforderungen wird der angefochtene Beschluss nicht gerecht, denn er enthält keinerlei Feststellungen zur Fähigkeit des Betroffenen, seinen Willen frei zu bilden. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben.

12

3. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da er die noch erforderlichen Feststellungen nicht selbst treffen kann. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

13

a) Bei seiner erneuten Befassung wird das Landgericht zu berücksichtigen haben, dass sich tragfähige Feststellungen zur Fähigkeit des Betroffenen, einen freien Willen zu bilden, nicht ohne Weiteres dem vorliegenden Sachverständigengutachten entnehmen lassen. Zwar ist in dem eingeholten Gutachten mitgeteilt, dass bei dem Betroffenen eine Fähigkeit zur freien Willensbildung nicht vorhanden sei. Dieses ist jedoch nicht näher begründet und steht im Widerspruch zu der seitens des Gutachters vorgenommenen diagnostischen Einordnung, wonach hinsichtlich des kognitiven Leistungsvermögens keine abschließende Einschätzung zur Frage einer zwischenzeitlichen Verschlechterung im Vergleich zur Voruntersuchung durch den Sachverständigen im Jahr 2012 möglich sei, da eine weitere Untersuchung, zu der der Betroffene nicht angetroffen worden sei, nicht habe erfolgen können. Das im Jahr 2012 erstattete Gutachten gelangte indessen noch zu dem Ergebnis, dass die freie Willensbildung bei dem Betroffenen nicht eingeschränkt sei, und dass eine krankheitsbedingte Willensbeeinträchtigung nicht festgestellt werden könne.

14

b) Anhaltspunkte dafür, dass der Beteiligte zu 2 seine Vollmacht entgegen dem Wohle des Betroffenen eingesetzt habe, könnten aus dem vom Landgericht als interessenwidrig beurteilten Schenkungsgeschäft allenfalls dann hergeleitet werden, wenn dieses unter Gebrauchmachen von der Vorsorgevollmacht abgeschlossen oder vollzogen worden ist. Entsprechende Feststellungen sind indessen bisher nicht getroffen; vielmehr hat der Betroffene in seiner mündlichen Anhörung bestätigt, die Geldsumme für den angegebenen Zweck selbst zur Verfügung gestellt zu haben.

15

4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen ( § 74 Abs. 7 FamFG ).

Vorschriften
§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG, § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG, § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 1896 Abs. 1a BGB, § 74 Abs. 7 FamFG

Quelle IWW

Verlängerung der Betreuung nur mit Prüfung der Betreuerauswahl möglich

Bundesgerichtshof: Beschluss vom 18.10.2017 – XII ZB 222/17
FamFG § 69 Abs. 1

BGB § 1896

Kommt das Beschwerdegericht in einem Betreuungsverfahren zu dem Ergebnis, dass die Betreuung zu Recht angeordnet ist, muss es auch die Betreuerauswahl auf ihre Richtigkeit hin überprüfen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 30. August 2017 – XII ZB 16/17 – […]).

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Oktober 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hanau vom 6. April 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.

Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Der 60jährige Betroffene leidet nach den Feststellungen des Landgerichts an einer monopolaren affektiven manischen bzw. submanischen Störung, wegen derer er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Das Amtsgericht richtete für ihn im November 2014 mit Überprüfungsfrist bis zum 11. November 2015 eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis der Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, Entscheidung über die Unterbringung, Vermögenssorge einschließlich Schuldenregulierung, Vertretung in postalischen Angelegenheiten, soweit es sich nicht erkennbar um Privatpost handelt, Vertretung gegenüber Heim- und Klinikleitung, Behörden, Versicherern und sonstigen Institutionen, Haus- und Grundstücksangelegenheiten ein und ordnete einen Einwilligungsvorbehalt für die Vermögenssorge an.

2

Im Verfahren auf Verlängerung der Betreuung hat der Betroffene deren Aufhebung begehrt und hilfsweise seinen durch schriftliche Betreuungsverfügung untermauerten Betreuungswunsch dahin geäußert, dass seine Schwester, gegebenenfalls gemeinsam mit seiner Ehefrau, als ehrenamtliche Betreuer bestellt werden solle. Mit Beschluss vom 18. November 2016 hat das Amtsgericht die Betreuung nach Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens und Anhörung des Betroffenen verlängert, dabei den Aufgabenkreis auf die Vermögenssorge einschließlich Schuldenregulierung sowie Haus- und Grundstücksangelegenheiten reduziert, den Einwilligungsvorbehalt aufrecht erhalten, den Beteiligten zu 1 zum neuen Berufsbetreuer und den Beteiligten zu 2 zum (berufsmäßigen) Ersatzbetreuer bestellt sowie die Frist zur erneuten Überprüfung bis zum 17. November 2023 festgelegt.

3

Das Landgericht hat die Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen; hiergegen richtet sich seine Rechtsbeschwerde.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

5

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Der Betroffene bedürfe weiterhin der Betreuung und des Einwilligungsvorbehalts, weil er aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht in der Lage sei, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen. Das folge aus den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, die auch durch die vom Betroffenen eingereichten Atteste nicht in Zweifel gezogen würden. Er richte seine Finanzplanung und Vorhaben nach seinen megalomanen Ideen und nicht nach der Realität aus, weshalb konkrete Anhaltspunkte für eine weitere erhebliche Vermögensgefährdung sprächen. Er habe bereits Schulden in erheblicher Höhe durch den Besuch kostenpflichtiger Internetportale. Ohne eine weitere Betreuung sei damit zu rechnen, dass der Betroffene unüberlegt auf der Basis realitätsferner Annahmen Kredite kündigen, neue Rechtsgeschäfte eingehen und sein Vermögen und seine soziale Absicherung weiterhin erheblich gefährden werde, da er wahnhaft bedingt von unrealistischen Erwartungen ausgehe.

6

Eine Entscheidung über den im ersten Rechtszug geäußerten Wunsch des Betroffenen, von seiner Schwester und seiner Ehefrau betreut zu werden, sei in der Beschwerdeinstanz nicht angefallen, weil hierüber zunächst gesondert das Amtsgericht zu entscheiden habe. Andernfalls verlöre der Betroffene eine Instanz.

7

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

8

a) Wie der Senat bereits entschieden hat, stellt § 1897 BGB den Maßstab der Betreuerauswahl nicht nur bei der Erstentscheidung, sondern auch bei einer Verlängerung der Betreuung dar. Dies folgt aus dem Rechtscharakter der Verlängerungsentscheidung als erneute vollständige Einheitsentscheidung über die Betreuung und ergibt sich aus § 295 Abs. 1 Satz 1 FamFG , nach dem für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers die Verfahrensvorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahme entsprechend gelten (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 – XII ZB 57/17 -FamRZ 2017, 1612Rn. 14 mwN).

9

Kommt das Beschwerdegericht in dem Verfahren zu dem Ergebnis, dass die Betreuung zu Recht verlängert worden ist, muss es zwingend in einem zweiten Schritt auch die Betreuerauswahl auf ihre Richtigkeit hin überprüfen (Senatsbeschlüsse vom 30. August 2017 – XII ZB 16/17 – […] Rn. 15 und vom 11. Mai 2016 – XII ZB 579/15 -FamRZ 2016, 1258Rn. 13 f. mwN). In diesem Zusammenhang muss es sich mit dem vom Betroffenen geäußerten Betreuervorschlag ( § 1897 Abs. 4 BGB ) und der von ihm schriftlich errichteten Betreuungsverfügung auseinandersetzen, unabhängig davon, ob dieser im ersten Rechtszug übergangen oder seine Behandlung gesetzeswidrig zurückgestellt worden ist. Denn § 1896 BGB unterscheidet nicht zwischen Anordnung der Betreuung und Bestellung eines Betreuers; vielmehr ist eine Einheitsentscheidung zu treffen, was auch im Beschwerdeverfahren zu beachten ist. Die Befassung mit dem geäußerten Betreuervorschlag bereits im vorliegenden Betreuungsverlängerungsverfahren ist auch deshalb zwingend, weil sich die Betreuerauswahl unter den in Frage kommenden Personen bei der Erstbestellung und Verlängerung der Betreuung nach den Maßstäben des § 1897 Abs. 4 bis 6 BGB richtet, während die nachträgliche Entlassung und Neubestellung eines Betreuers nur unter den enger gefassten Voraussetzungen des § 1908 b BGB möglich wäre.

10

b) Da das Landgericht über den Betreuervorschlag bewusst nicht entschieden hat, kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht in der Sache abschließend entscheiden, da insoweit noch weitere Feststellungen zu treffen sind.

11

3. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers kein Ermessen einräumt. Es ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betroffene wünscht. Der Wille des Betroffenen kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person seinem Wohl zuwiderläuft. Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will. Die Annahme einer solchen konkreten Gefahr beruht auf einer Prognoseentscheidung des Gerichts, für die dieses sich naturgemäß auf Erkenntnisse stützen muss, die in der – näheren oder auch weiter zurückliegenden – Vergangenheit wurzeln. Soweit es um die Eignung der vorgeschlagenen Person geht, müssen diese Erkenntnisse geeignet sein, einen das Wohl des Betroffenen gefährdenden Eignungsmangel auch für die Zukunft und bezogen auf den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis zu begründen (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 – XII ZB 57/17 -FamRZ 2017, 1612Rn. 15 mwN).

12

4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen ( § 74 Abs. 7 FamFG ).

Vorschriften
§ 1897 BGB, § 295 Abs. 1 Satz 1 FamFG, § 1897 Abs. 4 BGB, § 1896 BGB, § 1897 Abs. 4 bis 6 BGB, § 1908 b BGB, § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB, § 74 Abs. 7 FamFG

Besteht objektiv Betreuungsbedarf, ist bei fehlender Kooperationsbereitschaft des Betroffenen entscheidend, ob durch die Betreuung eine Verbesserung seiner Situation erreicht werden kann

Bundesgerichtshof: Beschluss vom 27.09.2017 – XII ZB 330/17
BGB § 1896 Abs. 2

FamFG § 26

a) Für welche Aufgabenkreise ein Betreuungsbedarf besteht, ist aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Lebenssituation des Betroffenen zu beurteilen. Dabei genügt es, wenn ein Handlungsbedarf in dem betreffenden Aufgabenkreis jederzeit auftreten kann (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 22. März 2017 – XII ZB 260/16 -FamRZ 2017, 995und vom 6. Juli 2016 – XII ZB 131/16 -FamRZ 2016, 1668).

b) An der Erforderlichkeit einer Betreuung kann es im Einzelfall fehlen, wenn der Betroffene jeden Kontakt mit seinem Betreuer verweigert und der Betreuer dadurch handlungsunfähig ist, also eine „Unbetreubarkeit“ vorliegt. Bei der Annahme einer solchen Unbetreubarkeit ist allerdings Zurückhaltung geboten (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 11. Mai 2016 – XII ZB 363/15 -FamRZ 2016, 1350und vom 28. Januar 2015 – XII ZB 520/14 -FamRZ 2015, 650).

c) § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB lässt die Erforderlichkeit der Betreuung nur bei Vorliegen von konkreten Alternativen entfallen. Die Möglichkeit einer Bevollmächtigung steht der Erforderlichkeit der Betreuung daher nur entgegen, wenn es tatsächlich mindestens eine Person gibt, welcher der Betroffene das für eine Vollmachterteilung erforderliche Vertrauen entgegen bringt und die zur Übernahme der anfallenden Aufgaben als Bevollmächtigter bereit und in der Lage ist (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 23. September 2015 – XII ZB 225/15 -FamRZ 2015, 2049).

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. September 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling und Guhling und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 2. Juni 2017 aufgehoben, soweit das Landgericht die Beschwerde des Betroffenen gegen die Aufhebung der Betreuung für den Aufgabenkreis Vermögenssorge, Gesundheitssorge, Vertretung gegenüber Ämtern, Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern, Geltendmachung von Ansprüchen auf Leistungen aller Art und Entscheidung über Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post zurückgewiesen hat.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Wert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Der Betroffene wendet sich gegen die Aufhebung der für ihn eingerichteten Betreuung.

2

Für den im Jahre 1990 geborenen Betroffenen wurde mit Beschluss des Amtsgerichts vom 22. März 2016 die Beteiligte zu 1, eine Berufsbetreuerin, zur Betreuerin für den Aufgabenkreis Vermögenssorge, Gesundheitssorge, Wohnungsangelegenheiten, Vertretung gegenüber Ämtern, Behörden, Versicherungen und Renten- und Sozialleistungsträgern, Geltendmachung von Ansprüchen auf Leistungen aller Art sowie Entscheidung über Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post bestellt und eine Überprüfungsfrist von drei Jahren bestimmt.

3

Nachdem es in der Betreuungsführung wiederholt zu Schwierigkeiten zwischen dem Betroffenen, dessen Mutter (der Beteiligten zu 3) und der Betreuerin kam, hat das Amtsgericht die Betreuung aufgehoben, weil der Betroffene nicht betreuungsfähig sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht zurückgewiesen und die von der Mutter im eigenen Namen eingelegte Beschwerde verworfen.

4

Mit seiner Rechtsbeschwerde wendet sich der Betroffene weiterhin gegen die Aufhebung der Betreuung.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde ist nur für den Bereich der Wohnungsangelegenheiten unbegründet. Im Übrigen führt sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, soweit mit diesem die Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen worden ist, und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

6

1. Dieses hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

7

Für die Bestellung eines Betreuers sei kein Raum, wenn sie keinen Erfolg verspreche. Hiervon sei auszugehen, wenn der Betroffene trotz – oder gerade wegen – einer psychischen Erkrankung die Betreuung und den Kontakt zum Betreuer ablehne und die Betreuung infolgedessen keinerlei Änderung der Situation des Betroffenen herbeizuführen geeignet sei. So liege der Fall hier.

8

Für den Bereich der Gesundheitssorge bestehe zwar Handlungsbedarf, weil durch weitere Diagnostik geklärt werden müsse, welche psychische Erkrankung vorliege. Der Betroffene verweigere jedoch die hierfür notwendige Mitwirkung. Für die Wohnungsangelegenheiten sei derzeit kein Betreuungsbedarf erkennbar. Der Betroffene wohne bei seiner Mutter und habe wie diese nicht den Wunsch nach einer Änderung geäußert. Auch für die Vermögenssorge sei kein Handlungsbedarf ersichtlich. Der Betroffene habe weder Verbindlichkeiten noch sonstige laufende Ausgaben, deren Erfüllung überwacht werden müsse. Allein daraus, dass er über weitere – bereits aufgelöste – Konten verfügt und eine Bareinzahlung getätigt habe, über die er der Betreuerin keine Auskunft erteilt habe, lasse sich ebenso wenig ein Handlungsbedarf herleiten wie aus der Tatsache, dass er nicht in der Lage sei, Kontoauszüge zu sammeln.

9

Für den Bereich der Vertretung gegenüber Ämtern, Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern und die Geltendmachung von Ansprüchen auf Leistungen aller Art bestehe zwar ein erheblicher Regelungsbedarf. Das Verhalten des Betroffenen mache es der Betreuerin jedoch unmöglich, ihre Aufgaben wirksam wahrzunehmen. Der Betroffene verweigere eine Kontaktaufnahme, von der Betreuerin erbetene Unterlagen schicke er ihr nicht zu, außerdem erteile er seiner Mutter parallel Vollmachten, ihn in einzelnen, in den Aufgabenkreis der Betreuerin fallenden Angelegenheiten zu vertreten. Ob das Verhalten des Betroffenen (ausschließlich) krankheitsbedingte Ursachen habe, habe aufgrund seiner Verweigerung einer weiteren Diagnostik nicht geklärt werden können. Nach dem bisherigen Verlauf der Betreuung sei davon auszugehen, dass auch ein anderer Betreuer an der Fehlvorstellung des Betroffenen von der Tätigkeit eines Betreuers und der fehlenden Kooperation scheitern werde.

10

Darüber hinaus sei die Mutter in einzelnen Angelegenheiten tätig geworden. Der Betroffene habe ihr am 24. März 2017 eine auf ein Jahr beschränkte Vollmacht erteilt, wozu er in der Lage sei. Somit sei davon auszugehen, dass derzeit ausreichende Hilfen zur Verfügung stünden.

11

2. Das hält mit Ausnahme der Aufhebung der Betreuung für den Bereich der Wohnungsangelegenheiten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

12

a) Nach § 1908 d BGB ist die Betreuung aufzuheben, sobald die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers entfallen. Hierfür genügt es, wenn eines der die Betreuung begründenden Tatbestandsmerkmale des § 1896 BGB weggefallen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 18. November 2015 – XII ZB 16/15 -FamRZ 2016, 291Rn. 8 mwN). Bei seiner Prüfung, ob dies hinsichtlich der für den Betroffenen angeordneten Betreuung zu bejahen ist, geht das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass eine Betreuung für den angeordneten Aufgabenkreis gemäß § 1896 Abs. 2 BGB erforderlich sein muss. Für welche Aufgabenkreise ein Betreuungsbedarf besteht, ist aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Lebenssituation des Betroffenen zu beurteilen. Dabei genügt es, wenn ein Handlungsbedarf in dem betreffenden Aufgabenkreis jederzeit auftreten kann (Senatsbeschlüsse vom 22. März 2017 – XII ZB 260/16 -FamRZ 2017, 995Rn. 7 und vom 6. Juli 2016 – XII ZB 131/16 -FamRZ 2016, 1668Rn. 14 mwN).

13

Trotz bestehenden Handlungsbedarfs kann es an der Erforderlichkeit der Betreuung etwa dann fehlen, wenn die Betreuung – aus welchem Grund auch immer – keinerlei Änderung der Situation des Betroffenen herbeizuführen geeignet ist. Daher kommt die Aufhebung der Betreuung nach der Senatsrechtsprechung dann in Betracht, wenn sich herausstellt, dass der mit der Bestellung des Betreuers erstrebte Erfolg nicht zu erreichen ist, weil der Betreuer seine Aufgaben nicht wirksam wahrnehmen und zum Wohl des Betroffenen nichts bewirken kann. Davon kann im Einzelfall ausgegangen werden, wenn der Betroffene jeden Kontakt mit seinem Betreuer verweigert und der Betreuer dadurch handlungsunfähig ist, also eine „Unbetreubarkeit“ vorliegt. Bei der Annahme einer solchen Unbetreubarkeit ist allerdings Zurückhaltung geboten, zumal die fehlende Bereitschaft, vertrauensvoll mit dem Betreuer zusammenzuarbeiten, Ausdruck der Erkrankung des Betroffenen sein kann. Gerade in diesem Fall kommt die Aufhebung einer Betreuung nur dann in Betracht, wenn es gegenüber den sich für den Betroffenen aus der Krankheit oder Behinderung ergebenden Nachteilen unverhältnismäßig erscheint, die Betreuung aufrechtzuerhalten. Besteht objektiv ein Betreuungsbedarf, ist daher bei fehlender Kooperationsbereitschaft des Betroffenen entscheidend, ob durch die Betreuung eine Verbesserung der Situation des Betroffenen erreicht werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit ein Betreuer durch rechtliche Entscheidungen einen für den Betroffenen positiven Einfluss nehmen könnte (Senatsbeschlüsse vom 11. Mai 2016 – XII ZB 363/15 -FamRZ 2016, 1350Rn. 19 mwN und vom 28. Januar 2015 – XII ZB 520/14 -FamRZ 2015, 650Rn. 11 ff. mwN).

14

Es ist die Aufgabe des Betreuungsgerichts, auch bei schwierigen Betroffenenpersönlichkeiten durch den die Betreuung anordnenden Beschluss geeignete Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche rechtliche Betreuung zu schaffen. Deshalb muss das Betreuungsgericht bei der Betreuerauswahl Bedacht darauf nehmen, dass für Betroffene mit schwieriger Persönlichkeit ein Betreuer bestellt wird, der dieser Herausforderung mit Sachkunde und Erfahrung begegnen kann. Gegebenenfalls ist auch ein Betreuerwechsel erforderlich, um eine Person zu bestellen, die Zugang zum Betroffenen findet (Senatsbeschluss vom 28. Januar 2015 – XII ZB 520/14 -FamRZ 2015, 650Rn. 15).

15

b) Bei Anlegung dieser Maßstäbe hat das Landgericht das Fehlen der Tatbestandsvoraussetzungen einer Betreuerbestellung für den Betroffenen im Wesentlichen zu Unrecht verneint.

16

aa) Rechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das Landgericht keinen ausreichenden Handlungsbedarf für den Bereich der Wohnungsangelegenheiten gesehen hat. Dass ein solcher auftreten kann, ist nach den getroffenen Feststellungen nicht absehbar und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht dargelegt.

17

Nicht tragfähig ist hingegen die Begründung des Landgerichts, weshalb es auch für den Bereich der Vermögenssorge an einem Handlungsbedarf fehlen soll. Im Zusammenhang mit dem Bereich der Geltendmachung von Ansprüchen aller Art geht auch das Landgericht von einem erheblichen Regelungsbedarf aus. Die Einkommenssituation des Betroffenen ist ungeklärt, nach erfolgreicher Geltendmachung von Ansprüchen wird die Verwendung der eingehenden Gelder zu regeln sein. Mithin kann sich ein Handlungsbedarf insoweit jederzeit ergeben. Dass der Betroffene sich nicht zu verschulden droht, kann gegen die Notwendigkeit eines Einwilligungsvorbehalts nach § 1903 BGB sprechen, beseitigt aber nicht einen rechtlichen Regelungsbedarf für die Vermögenssorge im Übrigen.

18

Soweit es die weiteren bislang von der Betreuung umfassten Bereiche anbelangt, hat das Landgericht einen Handlungsbedarf ausdrücklich und rechtlich zutreffend bejaht.

19

bb) Mit Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde dagegen, dass das Landgericht von einer „Unbetreubarkeit“ des Betroffenen ausgegangen ist. Bei seiner entsprechenden Annahme hat das Landgericht den Verfahrensstoff nicht ausgeschöpft und dadurch gegen seine aus dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 26 FamFG folgende Pflicht verstoßen.

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Wie die Rechtsbeschwerde zutreffend darlegt, hatte das Amtsgericht im Zuge seiner Prüfung, ob die Betreuung aufzuheben sei, eine andere Berufsbetreuerin um Stellungnahme gebeten, ob sie zur Übernahme der Betreuung bereit sei. Diese hatte nach einem persönlichen Gespräch mit dem Betroffenen ausgeführt, der Betroffene wisse sehr genau, welche Hilfen er von einem Betreuer erwarten könne und welche nicht. Alle vom Betroffenen geschilderten Probleme könnten besprochen und geregelt werden. Obwohl diese Berufsbetreuerin ersichtlich ohne Probleme in Kontakt mit dem Betroffenen treten und ein ausführliches Gespräch führen konnte, hat das Landgericht ohne Erwähnung dieses Umstandes die Sinnhaftigkeit eines Betreuerwechsels verneint. Das war rechtsfehlerhaft.

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cc) Anders als das Landgericht meint, steht der Betreuung auch nicht § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB entgegen. Diese Norm lässt die Erforderlichkeit der Betreuung nur bei Vorliegen von konkreten Alternativen entfallen. Daher sind das Vorliegen der Geschäftsfähigkeit des Betroffenen und die damit einhergehende rechtliche Möglichkeit der Bevollmächtigung nicht ausreichend. Vielmehr muss es auch tatsächlich mindestens eine Person geben, welcher der Betroffene das für eine Vollmachterteilung erforderliche Vertrauen entgegen bringt und die zur Übernahme der anfallenden Aufgaben als Bevollmächtigter bereit und in der Lage ist (Senatsbeschluss vom 23. September 2015 – XII ZB 225/15 -FamRZ 2015, 2049Rn. 13). Wie die Rechtsbeschwerde mit Recht geltend macht, ist das bei der Mutter des Betroffenen nicht der Fall.

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Eine Vollmacht, die die Mutter zu einem rechtlichen Tätigwerden in dem Umfang ermächtigen würde, in dem es einer Betreuung bedürfte, hat der Betroffene bislang nicht erteilt. Die vom Landgericht angesprochene Vollmacht vom 24. März 2017 bezieht sich allein auf die „Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Organisation der Betreuung“ und soll die Mutter ersichtlich lediglich legitimieren, für den Betroffenen gegenüber der Betreuerin und dem Betreuungsgericht tätig zu werden. Die Mutter des Betroffenen hat zudem ausdrücklich gegenüber der Betreuungsbehörde abgelehnt, sich bevollmächtigen zu lassen, und ihrerseits nicht zuletzt durch die (verworfene) Beschwerde gegen die Aufhebung der Betreuung darauf gedrungen, dass ein familienfremder Berufsbetreuer für den Betroffenen tätig wird.

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3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen ( § 74 Abs. 7 FamFG ).

Vorschriften
§ 1908 d BGB, § 1896 BGB, § 1896 Abs. 2 BGB, § 1903 BGB, § 26 FamFG, § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 74 Abs. 7 FamFG

Bildung von Rückstellungen für Entsorgungspflichten nach dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 34/17, Pressemitteilung vom 24.05.2017, Urteil vom 25.01.2017, Aktenzeichen I R 70/15

Hersteller von Elektro- und Elektronik­geräten sind nach dem Elektro- und Elektronik­geräte­gesetz (ElektroG) verpflichtet, nach dem 13. August 2005 in Verkehr gebrachte Geräte abzuholen und zu entsorgen. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Januar 2017 I R 70/15 können für diese Verpflichtungen Rückstellungen erst gebildet werden, wenn sie sich durch den Erlass einer sog. Abholanordnung hinreichend konkretisiert haben.

Nach dem ElekroG müssen sich Gerätehersteller bei einer Gemeinsamen Stelle registrieren und dort die in Verkehr gebrachten Geräte melden. Die Gemeinsame Stelle ermittelt sodann den Umfang der Abholpflichten, erlässt im Rahmen einer Beleihung Abholanordnungen und koordiniert die Bereitstellung von Sammelbehältern sowie die Abholung der Geräte.

Im dem vom BFH entschiedenen Streitfall handelte es sich um die Herstellerin von Energiesparlampen, welche für die von ihr in Verkehr gebrachten Geräte mit dem Argument Rück­stel­lun­gen gebildet hatte, die Abhol- und Entsorgungspflicht ergebe sich unmittelbar aus dem ElektroG.

Der BFH hat in seinem Urteil nun klargestellt, dass sich die Abhol- und Entsorgungsverpflichtung der Hersteller zwar als abstrakte Rechtspflicht aus dem ElektroG ergibt, sich diese aber erst durch den Erlass einer zusätzlichen Abholverfügung hin­reichend konkretisiert. Eine Rückstellungsbildung war danach mangels Abholanordnung ausgeschlossen.

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