Kategorien-Archiv Steuerrecht / Steuerstrafrecht

Beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer: Einschränkungen beim Sonderausgabenabzug für Beiträge zu einer „Rürup-Rente“ wegen einer daneben bestehenden Direktversicherung verfassungswidrig?

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 82/14, Pressemitteilung vom 10.12.2014, Urteil vom 16.07.2014,  Aktenzeichen X R 35/12

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hatte darüber zu entscheiden, ob eine seit dem Jahr 2008 geltende Einschränkung des Sonderausgabenabzugs bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes GG ) vereinbar ist. Aufgrund einer Gesetzes­än­de­rung können diese als nicht rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer ihre für eine private Altersvorsorge in Form einer sog. „Rürup-Rente“ geleisteten Beiträge seit dem Jahr 2008 unter Umständen nur in (sehr) eingeschränktem Umfang als Sonderausgaben abziehen, falls sie daneben auch über eine Direktversicherung als betriebliche Altersversorgung verfügen.

Im Streitfall hatte die GmbH des Klägers bereits im Jahr 1992 zu seinen Gunsten eine Direktversicherung abgeschlossen. Die Bei­träge waren vergleichsweise gering (im Streitjahr betrugen sie 1.534 €) und wurden vom Kläger im Wege einer Gehalts­um­wand­lung erbracht. Im Streitjahr 2008 zahlte der Kläger zudem 22.050 € in einen „Rürup-Rentenvertrag“ ein. Von letzteren Aufwendungen konnte er aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 10 Abs. 3 Sätze 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes letztlich nur 6.108 € als Sonderausgaben abziehen. Ohne die vorhandene Direktversicherung hätte der Kläger dagegen 13.200 € absetzen können.

Der BFH konnte sich der Auffassung des Klägers nicht an­schließen, nach der diese Kürzung unverhältnismäßig sei und deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Der Gesetzgeber hat mit Wirkung ab dem Jahr 2008 angeordnet, dass die Kürzung des Sonderausgabenabzugs im Fall der Gewährung von Zu­kunfts­sicherungsleistungen durch den Arbeitgeber nicht davon abhängt, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer hierzu eigene Beitragsleistungen erbringt. Damit wird abweichend von der bisherigen Rechtsprechung des BFH z.B. ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der eine betriebliche Altersvorsorge erhält, bei der Kürzung des Sonderausgabenabzugs den renten­ver­si­che­rungs­pflichtigen Arbeitnehmern und den Beamten ohne Rück­sicht darauf gleichgestellt, ob sein Anspruch auf betriebliche Al­ters­vorsorge vollständig auf eigenen Beiträgen beruht. Dass der Gesetzgeber zu einer solchen groben Typisierung berechtigt war, hat der BFH u.a. damit begründet, dass es (beherrschende) Gesellschafter-Geschäftsführer in der Hand haben, ihre Alters­versorgung zu gestalten und entsprechend auf die Auswirkungen der Gesetzgebung reagieren können. Nach Ansicht des BFH be­wegt sich der Gesetzgeber mit den verschiedenen Typisierungen und Pauschalierungen, die –wie im Streitfall– kumulativ zu einer sehr eingeschränkten Abzugsfähigkeit der „Rürup-Beiträge“ führen können, insgesamt noch innerhalb des ihm ein­ge­räum­ten Gestaltungsspielraums.

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Bundesfinanzhof legt die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vor

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 79/14, Pressemitteilung vom 03.12.2014, Beschluss vom 22.10.2014, Aktenzeichen II R 16/13

Der II. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Beschluss vom 22. Oktober 2014 II R 16/13 dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens seit dem Feststellungszeitpunkt 1. Januar 2009 wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) verfassungswidrig sind.

In dem Verfahren, das dem Vorlagebeschluss zugrunde liegt, hatte der Kläger im Jahr 2008 eine Teileigentumseinheit (La­den­lokal) im ehemaligen Westteil von Berlin erworben. Er ist der Ansicht, dass der gegenüber dem Voreigentümer fest­ge­stell­te Einheitswert für das Teileigentum ihm gegenüber keine Bin­dungswirkung entfalten könne, weil die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens wegen des lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkts 1. Januar 1964 verfassungswidrig seien. Die Einheitswertfeststellung müsse daher zum 1. Januar 2009 ersatzlos aufgehoben werden.

Der BFH stützt seine Vorlage auf folgende Gesichtspunkte:

Einheitswerte werden für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, für Betriebsgrundstücke und für andere Grundstücke festgestellt. Sie sind neben den Steuermesszahlen und den von den Ge­mein­den festgelegten Hebesätzen Grundlage für die Bemessung der Grundsteuer. Maßgebend für die Feststellung der Einheitswerte sind in den alten Bundesländern und West-Berlin die Wert­ver­hält­nisse im Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 1964.

Der BFH ist der Ansicht, dass die Maßgeblichkeit dieser veralteten Wertverhältnisse (spätestens) seit dem Feststellungszeitpunkt 1. Januar 2009 wegen des 45 Jahre zurückliegenden Haupt­fest­stel­lungs­zeitpunkts nicht mehr mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung des Steuerrechts vereinbar ist. Durch den Verzicht auf weitere Hauptfeststellungen sei es nach Anzahl und Ausmaß zu dem Gleichheitssatz widersprechenden Wertverzerrungen bei den Einheitswerten gekommen. Die seit 1964 eingetretene rasante städtebauliche Entwicklung gerade im großstädtischen Bereich, die Fortentwicklung des Bauwesens nach Bauart, Bauweise, Konstruktion und Objektgröße sowie andere tiefgreifende Ver­änderungen am Immobilienmarkt fänden keinen an­ge­mes­senen Niederschlag im Einheitswert.

Der BFH vertritt indes nicht die Auffassung, dass das Niveau der Grundsteuer insgesamt zu niedrig sei und angehoben werden müsse. Vielmehr geht es lediglich darum, dass die einzelnen wirtschaftlichen Einheiten innerhalb der jeweiligen Gemeinde im Verhältnis zueinander realitätsgerecht bewertet werden müssen. Nur eine solche Bewertung kann gewährleisten, dass die Be­lastung mit Grundsteuer sachgerecht ausgestaltet wird und mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist.

Es obliegt nunmehr dem BVerfG, über die Vorlagefrage zu entscheiden. Der Vorlagebeschluss steht als solcher dem Erlass von Einheitswertbescheiden, Grundsteuermessbescheiden und Grundsteuerbescheiden sowie der Beitreibung von Grundsteuer nicht entgegen. Die entsprechenden Bescheide werden jedoch für vorläufig zu erklären sein.

Die Vorlage betrifft nicht die Bewertung des Grundvermögens im Beitrittsgebiet, für die die Wertverhältnisse am Haupt­fest­stel­lungs­zeitpunkt 1. Januar 1935 maßgebend sind. Die Gründe, die den BFH zu der Vorlage veranlasst haben, gelten aber aufgrund dieses noch länger zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkts erst recht im Beitrittsgebiet.

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Umsatzsteuer: Steuerfreiheit von Raucherentwöhnungsseminaren

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 81/14, Pressemitteilung vom 03.12.2014, Urteil vom 26.08.2014, Aktenzeichen XI R 19/12

Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 26. August 2014 (XI R 19/12) entschieden, dass die Durchführung von Raucherentwöhnungsseminaren als vorbeugende Maßnahme des Gesund­heits­schutzes eine steuerfreie Heilbehandlung sein kann. Voraus­setzung ist allerdings, dass eine entsprechende medizinische Indikation vorliegt.

Die Klägerin ist ein in der Rechtsform einer GbR betriebenes Unternehmen, das überwiegend Seminare zur Raucher­ent­wöh­nung durchführt. Nach einer Umsatzsteuer-Sonder­prüfung versagte das Finanzamt die begehrte Steuer­be­frei­ung nach § 4 Nr. 14 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) und setzte die Umsatzsteuer entsprechend fest. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG gehören zu den steuerfreien Heilbehandlungen auch Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht werden. Darunter fallen insbesondere Maßnahmen, die dem Schutz einschließlich der Auf­recht­erhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Ge­sund­heit dienen.

Auf die Revision der Klägerin hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht (FG) zurück. Der BFH stellte fest, dass das Rauchen nach inzwischen einhelliger Auffassung als gesundheitsschädlich gilt. Bei den streitbefangenen Rau­cher­entwöhnungsseminaren kann es sich daher um dem Schutz der Gesundheit dienende Dienstleistungen handeln – sei es nur vorbeugend oder sei es zur Wiederherstellung der bereits geschädigten Gesundheit. Dem steht nicht entgegen, dass die genannten Leistungen Präventionsmaßnahmen i. S. des § 20 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch sind, die wegen des fehlenden unmittelbaren Krankheitsbezugs grundsätzlich nicht zu den von der Steuer befreiten Heilbehandlungen gehören. Denn auch derartige Präventionsmaßnahmen fallen unter die Steuerbefreiung, wenn sie im Rahmen einer medizinischen Behandlung – aufgrund ärztlicher Anordnung oder mithilfe einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme – durchgeführt wer­den. Dabei können auch die im Streitfall von Betriebsärzten vor­genommenen Sammelüberweisungen von Arbeitnehmern zur Teilnahme an Raucherentwöhnungsseminaren den An­for­de­run­gen an die gebotene medizinische Indikation genügen, wenn sie auf medizinischen Feststellungen der Betriebsärzte beruhen.

Die Sache war nicht spruchreif, weil das FG bislang u.a. noch nicht festgestellt hat, in welchem Umfang die Klägerin neben den nicht begünstigten Seminaren zur Gewichtsreduktion und zum Stress-Management tatsächlich Raucher­ent­wöh­nungs­seminare durchgeführt hat und ob die Sammelüberweisungen der Betriebsärzte auf entsprechenden medizinischen Fest­stellungen beruhten. Die noch fehlende Aufklärung des Sach­verhalts wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.

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Abzug von Betriebsausgaben, wenn ein zum Betrieb des Ehemanns gehörender Pkw auch von der Ehefrau in ihrem Betrieb genutzt wird

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 78/14, Pressemitteilung vom 26.11.2014, Urteil vom 15.07.2014, Aktenzeichen X R 24/12

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15. Juli 2014 X R 24/12 Grundsätze zur Beurteilung von Fallgestaltungen aufgestellt, in denen ein Pkw, der einem Ehegatten gehört, von beiden Ehegatten in ihrem jeweiligen Betrieb genutzt wird.

Im Streitfall war der Ehemann Eigentümer eines Pkw, der zu seinem Betriebsvermögen gehörte. Er zog daher sämtliche Pkw-Kosten als Betriebsausgaben ab und versteuerte die private Pkw-Nutzung pauschal mit monatlich 1 % des Brutto-Listenpreises (sog. „1 %-Regelung“ nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Ein­kom­men­steuergesetzes). Die Ehefrau führte ebenfalls einen kleinen Betrieb. Sie hatte keinen eigenen Pkw, sondern nutzte für ihre Betriebsfahrten den Pkw des Ehemanns. An den entstehenden Pkw-Kosten beteiligte sie sich nicht. Gleichwohl setzte sie ein­kommensteuerlich einen Pauschalbetrag von 0,30 €/km als Betriebsausgabe ab.

Das Finanzamt hat diesen Pauschalbetrag nicht zum Abzug zu­gelassen, was der BFH nunmehr bestätigt hat. Betriebs­aus­gaben setzen das Vorhandensein von „Aufwendungen“ voraus. An solchen (eigenen) Aufwendungen fehlt es aber, wenn der Nutzer eines Pkw für die Nutzung keinerlei Kosten tragen muss.

Der X. Senat hat darüber hinaus klargestellt, dass das Be­steu­erungssystem in dieser Frage insgesamt ausgewogen ist: Der Ehemann als Eigentümer des Fahrzeugs kann sämtliche Pkw-Kosten als Betriebsausgaben absetzen. Die zusätzliche Nutzung des Wagens durch die Ehefrau löst bei ihm keine Einkommen­steuer aus, weil diese Nutzung bereits mit dem –ohnehin durchgeführten– Pauschalansatz im Rahmen der 1 %-Regelung abgegolten ist. Im Gegenzug kann die Ehefrau für ihre Pkw-Nutzung keine eigenen Betriebsausgaben geltend machen. Dieses Ergebnis erscheint sachgerecht, da ein nochmaliger Abzug bei der Ehefrau angesichts des bereits dem Ehemann gewährten vollen Kostenabzugs zu einer doppelten steuermindernden Auswirkung derselben Aufwendungen führen würde.

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Politikberater ist kein Freiberufler

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 75/14, Pressemitteilung vom 12.11.2014, Urteil vom 14.05.2014, Aktenzeichen VIII R 18/11

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hatte darüber zu entscheiden, ob die Berufstätigkeit eines Politikberaters als frei­beruflich oder als gewerblich einzustufen ist.

Das Berufsbild eines Politikberaters ist gesetzlich nicht normiert. In der Praxis kann die unter dieser Berufsbezeichnung ausgeübte Tätigkeit unterschiedlicher Art sein und von der als Lobbyismus bezeichneten Interessenvertretung von Firmen und Verbänden im parlamentarischen Umfeld über gutachtliche Tätigkeit für Parteien, Politiker und andere politische Akteure bis hin zu persönlicher Zuarbeit reichen. Im Streitfall bezeichnete sich der Kläger, der ein Magisterstudium in den Fächern Politik­wissen­schaft, Rechtswissenschaft und neuere Geschichte abge­schlos­sen hatte, als „Politikberater für Gesetzgebung“. Er umschrieb seine konkrete Tätigkeit auch als „begleitender Berichterstatter zum Gesetzgebungsverfahren“ und als eine Art „wissen­schaft­licher Parlamentskorrespondent“. Seine Geschäftspartner waren ein Verband, Wirtschaftsunternehmen und einige Anwalts­kanz­leien. Seine Tätigkeit bestand vor allem darin, seine Auftraggeber schriftlich über die Hintergründe und den aktuellen Stand laufender Gesetz- und Verordnungsgebungsverfahren in einem thematisch begrenzten Bereich (u.a. Umweltschutzrecht) zu informieren.

Der BFH konnte sich der Auffassung des Klägers nicht an­schließen, dass diese Berufstätigkeit freiberuflich sei. Nach den vom BFH zu Grunde gelegten Maßstäben der bisherigen Recht­sprechung war sie weder als wissenschaftlich noch als schrift­stellerisch zu qualifizieren noch entsprach sie dem Berufsbild eines Journalisten und war diesem auch nicht ähnlich, weil sich seine Ausarbeitungen nicht an die Öffentlichkeit richteten.

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Vorlage an das Bundesverfassungsgericht: Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs für Berufsausbildungskosten ist verfassungswidrig

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 73/14, Pressemitteilung vom 05.11.2014, Beschlüsse vom 17.07.2014, Aktenzeichen VI R 2/12, Aktenzeichen VI R 8/12

Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob es mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist, dass nach § 9 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungs­kosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erst­studium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses statt­findet.

1. In den insgesamt sechs Streitfällen, die zu den Vorlagen an das BVerfG führten, hatten Steuerpflichtige Ausbildungen zum Flugzeugführer auf eigene Kosten (rd. 70.000 €) absolviert und waren danach als angestellte Berufspiloten für Fluggesellschaften tätig; in anderen Fällen hatten Steuerpflichtige Berufs­aus­bil­dun­gen an Universitäten oder Fachhochschulen absolviert und waren danach auf dieser Grundlage beruflich tätig. Die Steuer­pflichtigen hatten ihre Aufwendungen für die Berufsausbildung jeweils als vorweggenommene Werbungskosten geltend ge­macht und die Feststellung entsprechend vortragsfähiger Ver­luste begehrt, um diese dann in den folgenden Jahren mit ihren aus der Berufstätigkeit erzielten Einkünften verrechnen zu kön­nen. Dem stand in allen Streitfällen allerdings § 9 Abs. 6 EStG entgegen. Die Vorschrift wurde mit Gesetz vom 7. Dezem­ber 2011 rückwirkend ab 2004 eingeführt; seitdem sind Aufwen­dungen für die erste Berufsausbildung vom Werbungs­kosten­abzug ausgeschlossen.

2. Nach Auffassung des BFH seien Aufwendungen für die Aus­bil­dung zu einem Beruf als notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende Berufstätigkeit beruflich veranlasst und demgemäß auch als Werbungskosten einkommensteuerrechtlich zu berück­sichtigen. Denn sie dienten der Erzielung einkommen­steuer­pflichtiger Einkünfte. Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs verstoße gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete ver­fas­sungs­rechtliche Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und sei auch nicht mit Vereinfachung und Typisierung zu rechtfertigen.

Berufsausbildungskosten stellten schließlich auch keine beliebige Einkommensverwendung dar, sondern gehörten zum zwangs­läufigen und pflichtbestimmten Aufwand, der nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG nicht zur beliebigen Disposition des Gesetzgebers stehe. Diese Aufwendungen seien deshalb, so der BFH, jedenfalls unter dem Aspekt der Existenzsicherung ein­kom­mensteuerrechtlich zu berücksichtigen. Dem werde nicht ent­sprochen, wenn für solche Aufwendungen lediglich ein Sonder­aus­gabenabzug in Höhe von 4.000 €/6.000 € in Betracht kom­me. Denn der Sonderausgabenabzug bleibe bei Aus­zu­bil­den­den und Studenten nach seiner Grundkonzeption wirkungslos, weil gerade sie typischerweise in den Zeiträumen, in denen ihnen Berufsausbildungskosten entstünden, noch keine eigenen Ein­künfte erzielten. Der Sonderausgabenabzug gehe daher ins Leere. Denn er berechtige im Gegensatz zum Werbungs­kosten­abzug auch nicht zu Verlustfeststellungen, die mit späteren Einkünften verrechnet werden könnten.

Dagegen folgte der BFH nicht den Revisionsvorbringen, dass die rückwirkende Anwendung des Abzugsverbots auf das Jahr 2004 verfassungswidrig sei. Denn insoweit sei die Rückwirkung nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG ausnahmsweise zulässig.

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Kein Werbungskostenabzug für nachträgliche Schuldzinsen bei Kapitaleinkünften nach Systemwechsel zur Abgeltungsteuer

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 68/14, Pressemitteilung vom 15.10.2014, Urteil vom 01.07.2014, Aktenzeichen VIII R 53/12

Nach Auffassung des VIII. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) können Schuld­zinsen für die Anschaffung einer im Pri­vat­vermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung i.S. des § 17 des Einkommen­steuer­gesetzes (EStG), die auf Zeiträume nach der Ver­äußerung der Beteiligung entfallen, ab dem Jahr 2009 nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden.

Der Kläger hatte eine größere GmbH-Beteiligung im Sep­tem­ber 2001 mit Verlust veräußert und in diesem Zusammen­hang auf die Rückzahlung eines kreditfinanzierten Gesell­schaf­ter­darlehens verzichten müssen. Nachdem er für die Jahre 2005 bis 2008 die Finanzierungskosten (Schuldzinsen) als nachträgliche Werbungskosten bei Ermittlung seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen abgezogen hatte, versagte das Finanzamt (FA) den Werbungskostenabzug für das Jahr 2009.

Der BFH hat die Rechtsauffassung des FA bestätigt. Mit Ein­führung der Abgeltungsteuer für private Kapitalerträge hat der Gesetzgeber in § 20 Abs. 9 EStG ab dem Jahr 2009 den Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten aus­geschlossen. Das Gesetz gestattet nur noch den Abzug des Sparer-Pauschbetrags von 801 €. Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet dies nach Auffassung des VIII. Senats des BFH nicht. Mit der Gewährung des Sparer-Pauschbetrags in Höhe von 801 € habe der Gesetzgeber eine verfassungs­rechtlich grundsätzlich anzuerkennende Typisierung der Wer­bungskosten bei den Beziehern niedriger Kapital­ein­künf­te sowie mit der Senkung des Steuertarifs von bis zu 45 % auf nunmehr 25 % zugleich eine verfassungsrechtlich anzu­er­ken­nende Typisierung der Werbungskosten bei den Beziehern höherer Kapitaleinkünfte vorgenommen.

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Umsatzsteuer: PKW-Nutzung durch einen Unternehmer für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 69/14, Pressemitteilung vom 15.10.2014, Urteil vom 05.06.2014, Aktenzeichen XI R 36/12

Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Urteil vom 5. Juni 2014 (XI R 36/12) entschieden, dass die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten PKW für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nicht für Zwecke erfolgt, die außerhalb des Unternehmens liegen, und mithin nicht als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen ist.

Nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) wird einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt „die Ver­wendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen“.

Der Kläger betrieb ein Einzelunternehmen. Zugleich war er alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, deren Sitz am Wohnsitz des Klägers in A lag und deren Niederlassung (Produktionsstätte) sich in einem anderen Ort (B) befand. Zwi­schen dem Kläger (als Organträger) und der GmbH (als Organ­gesell­schaft) bestand eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft. Der Kläger hatte Anspruch auf Benutzung eines der GmbH ge­hören­den PKW auch für private Zwecke. Die GmbH nutzte im Wohnhaus des Klägers in A einen Kellerraum aufgrund ver­trag­licher Gestattung zur Unterbringung eines Serverschrankes.

Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der GmbH vertrat das Finanzamt (FA) die Auffassung, bei dem beruflich genutzten Kellerraum handele es sich um ein häusliches Ar­beits­zimmer des Klägers, sodass nicht wie vom Kläger an­ge­nom­men Dienstreisen zwischen A und B, sondern vielmehr Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gegeben seien. Das FA erfasste dementsprechend beim Kläger einen lohnsteuer­pflich­tigen geldwerten Vorteil. Ferner unterwarf das FA was streitig war die Fahrten des Klägers zwischen seinem Wohnsitz in A und der GmbH-Niederlassung in B als unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer. Das Finanz­gericht wies die Klage ab.

Dem folgte der BFH dagegen nicht. Auf die Revision des Klägers hin hob er die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt. Während ein Arbeitnehmer (arbeitsrechtlich) verpflichtet sei, während der vereinbarten Zeit an der Arbeitsstätte zu sein, sodass es grundsätzlich keinen unternehmerischen (betrieb­lichen) Grund gebe, den Arbeitnehmer vom Wohnort zum Unternehmen (Betrieb) und zurück zu befördern, gelte dies bei entsprechenden Fahrten des Unternehmers nicht. Anders als ein Arbeitnehmer suche ein Unternehmer wie im Streitfall der Kläger als Organträger der GmbH seinen Betrieb auf, um dort unter­nehmerisch tätig zu sein. Seine Fahrten zwischen Wohnort und Unternehmen (Betrieb) dienten der Ausführung von Umsätzen. Angesichts des klaren Überwiegens der unternehmerischen Verwendung sei es unbeachtlich, dass die Heimfahrten auch privaten Charakter hätten.

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Höhe des gesetzlichen Zinssatzes nicht verfassungswidrig

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 65/14, Pressemitteilung vom 24.09.2014, Urteil vom 01.07.2014, Aktenzeichen IX R 31/13

Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hält den gesetzlichen Zinssatz von 0,5 % pro Monat (6 % pro Jahr) für Zeit­räume bis März 2011 nicht für ver­fas­sungs­widrig (Urteil vom 1. Juli 2014 IX R 31/13). Er hat deshalb davon abgesehen, dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht (BVerfG) die Regelung gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) zur konkreten Normenkontrolle vorzulegen.

Die Kläger hatten im Jahre 2004 erwirkt, dass ihr Einkom­men­steuerbescheid für 2002 teilweise von der Vollziehung aus­ge­setzt wurde. Streitig war, ob der Gewinn aus der Ver­äußerung einer Eigentumswohnung teilweise steuerfrei war. Nachdem das BVerfG am 7. Juli 2010 (Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76) entschieden hatte, die Verlängerung der sog. Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre sei teilweise verfassungswidrig und nichtig, behandelte das Finanzamt (FA) nur noch einen Teil des Veräußerungsgewinns als steuerpflichtig und setzte die Einkommensteuer entspre­chend niedriger fest. Die Aussetzung der Vollziehung (AdV) wurde aufgehoben. Für den Zeitraum der AdV vom 11. No­vember 2004 bis zum 21. März 2011 (76 Monate) setzte das FA entsprechend der gesetzlichen Regelung Zinsen in Höhe von 6.023 € fest. Die Kläger hielten dies für ver­fas­sungs­widrig, hatten mit ihrer Auffassung aber vor dem Finanz­gericht keinen Erfolg.

Der BFH hat die Voraussetzungen für eine Vorlage an das BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG hinsichtlich der gesetzlich festgelegten Zinshöhe (0,5 % pro Monat) verneint. Er war nicht davon überzeugt, dass der Gesetzgeber im Zeitraum bis zum März 2011 von Verfassungs wegen (schon) dazu verpflichtet gewesen sei, die Höhe des gesetzlichen Zinses an das niedrige Marktzinsniveau für Geldanlagen anzupas­sen. Zum einen sei der gesetzliche Zinssatz nicht nur mit den am Markt erzielbaren Anlagezinsen zu vergleichen (Ver­wen­dung von Kapital), sondern auch mit den für die Inan­spruch­nahme von Darlehen zu zahlenden Zinsen (Finanzierung von Steuernachzahlungen). Zum andern hätte sich erst nach dem Zeitraum, der im Streitfall zur Beurteilung stand, die Zinsen dauerhaft auf niedrigem Niveau stabilisiert. Deshalb bedurfte es noch keiner Entscheidung des BFH, ob sich die wirt­schaft­lichen Verhältnisse in der Folgezeit so einschneidend ge­än­dert haben, dass die Grundlage der gesetzgeberischen Ent­scheidung durch neue, im Zeitpunkt des Gesetzeserlasses noch nicht abzusehende Entwicklungen entscheidend in Frage gestellt worden sind.

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Anschaffungskosten für ein Grundstück sind keine außergewöhnlichen Belastungen

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 64/14, Pressemitteilung vom 17.09.2014, Urteil vom 17.07.2014, Aktenzeichen VI R 42/13

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17. Juli 2014 entschieden, dass Mehrkosten für die Anschaffung eines größeren Grundstücks zum Bau eines behindertengerechten Bungalows nicht als außergewöhnliche Belastung i.S. von § 33 des Ein­kom­mensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag in bestimmtem Umfang ermäßigt, wenn einem Steuer­pflich­ti­gen zwangsläufig größere Aufwendungen als der über­wie­gen­den Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Ein­kom­mens­verhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen.

Im Streitfall leidet die verheiratete Klägerin unter Multipler Sklerose und ist gehbehindert (Grad der Behinderung 80). Deshalb errichteten sie und ihr Ehemann nach einer fach­kundigen Beratung einen behindertengerecht gestalteten eingeschossigen Bungalow. Dieser weist gegenüber einem Bungalow, der ohne Berücksichtigung der Behinderung der Klägerin hätte gebaut werden können, eine um 45,5 qm größere Grundfläche auf. Die Mehrkosten für den Erwerb des entsprechenden größeren Grundstücks in Höhe von 13.195,29 € machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung ver­geblich als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 Abs. 1 EStG geltend. Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht dagegen statt.

Auf die Revision des Finanzamts hat der VI. Senat des BFH die Vorentscheidung nun aufgehoben und die Klage abge­wiesen. Mehraufwendungen für die behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds sind zwar in der Regel aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Dies gilt insbesondere auch für behinderungsbedingte Mehr­kosten eines Um- oder Neubaus. Denn eine schwerwiegende Behinderung des Steuerpflichtigen oder eines Angehörigen begründet eine tatsächliche Zwangslage, die eine behin­der­ten­gerechte Gestaltung des Wohnumfelds unausweichlich macht. Anschaffungskosten für ein größeres Grundstück zählen nach Auffassung des BFH hierzu jedoch nicht. Ihnen fehlt es an der für den Abzug als außergewöhnliche Belas­tung gemäß § 33 Abs. 2 EStG erforderlichen Zwangsläufig­keit. Anders als Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, wie beispielsweise der Einbau einer barrierefreien Dusche oder eines Treppenlifts, sind diese Mehrkosten nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern in erster Linie Folge der frei gewählten Wohnungsgröße (Wohn­flächenbedarf) des Steuerpflichtigen.

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