Kategorien-Archiv Steuerrecht / Steuerstrafrecht

Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit: Bagatellgrenze für die Abfärbewirkung von geringfügigen gewerblichen Einkünften

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 11/15,  Pressemitteilung vom 11.02.2015, Urteil vom 27.08.2014,  Aktenzeichen VIII R 6/12

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 27. August 2014 VIII R 6/12 entschieden, dass die Einkünfte einer GbR, die hauptsächlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt und daneben in geringem Umfang eine gewerbliche Tätigkeit ausübt, dann nicht insgesamt zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert werden (sog. Abfärbewirkung), wenn die gewerblichen Umsätze eine Bagatellgrenze in Höhe von 3 % der Gesamtnettoumsätze und zusätzlich den Betrag von 24.500 € im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen.

Im Streitfall waren die Gesellschafter der GbR als Rechtsanwälte und Insolvenzverwalter tätig. In einigen Fällen wurde in den Streitjahren jedoch keiner der Gesellschafter, sondern ein angestellter Rechtsanwalt zum (vorläufigen) Insolvenzverwalter oder Treuhänder bestellt.

Der BFH ist wie die Vorinstanz der Rechtsauffassung des Finanz­amtes, wonach die Tätigkeit der GbR in vollem Umfang als ge­werb­lich zu beurteilen ist, nicht gefolgt. Zwar beurteilte er im Streitfall die von dem angestellten Rechtsanwalt aus seiner Tätigkeit als Insolvenzverwalter und Treuhänder erzielten Um­sätze als gewerbliche Einkünfte der GbR, da die Gesellschafter insoweit nicht mehr – wie es § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 des Ein­kommensteuergesetzes (EStG) verlangt – aufgrund eigener Fachkenntnisse selbst leitend und eigenverantwortlich tätig gewesen sind. Die „Abfärbung“ dieser gewerblichen Einkünfte auf die übrigen Einkünfte der GbR nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG lehnte er jedoch als unverhältnismäßig ab. Da das Bundes­ver­fas­sungs­gericht die Verfassungsmäßigkeit dieser Norm gerade auch im Hinblick auf die dazu ergangene einschränkende Recht­spre­chung des BFH bejaht hat, hält der BFH an dieser Recht­spre­chung fest. Danach führt eine gewerbliche Tätigkeit dann nicht zu einer Umqualifizierung der freiberuflichen Einkünfte, wenn es sich um eine gewerbliche Tätigkeit von äußerst geringem Um­fang handelt. Wie der BFH nunmehr entschieden hat, haben gewerbliche Umsätze einen äußerst geringen Um­fang in diesem Sinne, wenn sie 3 % der Gesamtnettoumsätze der GbR und den Betrag von 24.500 € nicht übersteigen.

Mit zwei weiteren Urteilen vom gleichen Tag hat der VIII. Senat ebenfalls die Anwendbarkeit der Abfärbewirkung anhand dieser Bagatellgrenze geprüft.

Im Verfahren VIII R 16/11 hat der BFH die Umqualifizierung der künstlerischen Tätigkeit einer GbR in gewerbliche Einkünfte verneint, weil die gewerblichen Umsätze weniger als 3 % der Gesamtnettoumsätze betrugen und unterhalb von 24.500 € lagen. Im Verfahren VIII R 41/11 hat der BFH hingegen die Umqualifizierung der freiberuflichen Einkünfte einer GbR in gewerbliche Einkünfte bejaht, weil die erzielten gewerblichen Umsätze die Grenze von 3 % der Gesamtnettoumsätze in den Streitjahren überschritten hatten.

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Ansatz der Entfernungspauschale statt der tatsächlichen Kosten für regelmäßige Fahrten eines Betriebsinhabers zu seinem einzigen Auftraggeber

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 10/15, Pressemitteilung vom 04.02.2015, Urteil vom 22.10.2014,  Aktenzeichen X R 13/13

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 22. Oktober 2014 X R 13/13 entschieden, dass auch regelmäßige Fahrten eines Betriebsinhabers zwischen seinem häuslichen Büro und dem Sitz seines einzigen Auftraggebers „Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte“ darstellen. In derartigen Fällen werden die Fahrt­kosten einkommensteuerlich in Höhe fester Beträge abgesetzt („Entfernungspauschale“); auf die Höhe der tatsächlichen Fahrt­kosten kommt es hingegen nicht an.

Der X. Senat hat damit an der bisherigen Rechtsprechung der für die Gewinneinkünfte zuständigen Senate zum Begriff der „Be­triebs­stätte“ festgehalten. Damit hat er sich zugleich von der –für Arbeitnehmer geltenden– Rechtsprechung des VI. Senats abgegrenzt, der in neueren Entscheidungen den Parallelbegriff der „regelmäßigen Arbeitsstätte“ stark eingeschränkt hat. Insbesondere sieht der VI. Senat die betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers nicht als regelmäßige Arbeits­stätte des Arbeitnehmers an. Damit kann ein Arbeitnehmer in derartigen Fällen die tatsächlichen Kosten abziehen; die Ent­fer­nungspauschale ist nicht anwendbar.

Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2014 hat der Gesetzgeber aller­dings bereits auf die zum Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte ergangene Rechtsprechung des VI. Senats reagiert und in § 9 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes eine Definition des Begriffs der „ersten Tätigkeitsstätte“ festgeschrieben, die von den Grund­sätzen der zwischenzeitlichen BFH-Rechtsprechung abweicht. Für Arbeitnehmer ist es damit –zunächst durch die Recht­spre­chungs­änderung des VI. Senats, danach durch die Gesetzes­änderung– zu einer mehrfachen Änderung der Rechtslage gekommen. Für Betriebsinhaber hat die Entscheidung des X. Senats demgegenüber klargestellt, dass keine Änderung der Rechtslage eingetreten ist.

Für Betriebsinhaber, die nur einen Auftraggeber haben und für ihre regelmäßigen Fahrten einen Pkw nutzen, bedeutet die nunmehrige Entscheidung des X. Senats für die Zeit bis ein­schließlich 2013 eine Einschränkung der Abzugsmöglichkeiten im Vergleich zu Arbeitnehmern, weil die tatsächlichen Pkw-Kosten die Entfernungspauschale übersteigen. Für Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel ergibt sich hingegen zumeist eine Verbesserung, da hier die Entfernungspauschale in der Regel über den tat­säch­lichen Kosten liegt.

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Aufwendungen für eine Dichtheitsprüfung einer Abwasserleitung als steuerbegünstigte Handwerkerleistung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 7/15, Pressemitteilung vom 28.01.2015, Urteil vom 06.11.2014, Aktenzeichen VI R 1/13

Mit Urteil vom 6. November 2014 hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass die Überprüfung der Funktionsfähigkeit einer Anlage (Dichtheitsprüfung einer Abwasserleitung) durch einen Handwerker und damit die Erhebung des unter Umständen noch mangelfreien Istzustandes ebenso eine steuerbegünstigte Handwerkerleistung i.S. des § 35a Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sein kann wie die Beseitigung eines bereits eingetretenen Schadens oder vorbeugende Maßnahmen zur Schadensabwehr.

Der Kläger beantragte in der Einkommensteuererklärung 2010 für eine Dichtheitsprüfung der Abwasserleitung seines privat genutzten Wohnhauses vergeblich eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Dichtheitsprüfung – wie die vom TÜV oder anderen autorisierten Fachkräften durchzuführende Sicherheitsprüfung einer Heizungsanlage im Gegensatz zu einer Wartung der Heizungsanlage – mit einer Gutachtertätigkeit vergleichbar sei. Nach Randnummer 12 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 15. Februar 2010 (BStBl I 2010, 140; ersetzt durch BMF-Schreiben vom 10. Januar 2014, BStBl I 2014, 75, Rdnr. 22) seien aber Aufwendungen, bei denen eine Gutachtertätigkeit im Vordergrund stehe, nicht nach § 35a EStG begünstigt. Das Finanzgericht (FG) gab der daraufhin erhobenen Klage hingegen statt.

Dies hat der BFH nun bestätigt. Das FG habe die Dichtheitsprüfung der Abwasserleitungen des privat genutzten Wohnhauses zu Recht als steuerbegünstigte Handwerkerleistungen i.S. des § 35a Abs. 3 EStG beurteilt. Denn die Dichtheitsprüfung der Abwasserleitung habe der Überprüfung der Funktionsfähigkeit einer Hausanlage gedient und sei damit als (vorbeugende) Erhaltungsmaßnahme zu beurteilen. Die regelmäßige Überprüfung von Geräten und Anlagen auf deren Funktionsfähigkeit erhöhe deren Lebensdauer, sichere deren nachhaltige Nutzbarkeit, diene überdies der vorbeugenden Schadensabwehr und zähle damit zum Wesen der Instandhaltung. Dies gelte auch dann, wenn hierüber eine Bescheinigung „für amtliche Zwecke“ erstellt werde. Denn durch das Ausstellen einer solchen Bescheinigung werde eine handwerkliche Leistung weder zu einer gutachterlichen Tätigkeit noch verliere sie ihren Instandhaltungscharakter.

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Regelmäßige Arbeitsstätte in der Probezeit und bei befristeter Beschäftigung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 5/15, Pressemitteilung vom 21.01.2015, Urteil vom 06.11.2014, Aktenzeichen VI R 21/14

Mit Urteil vom 6. November 2014 hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) – zum bis einschließlich Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2013 geltenden steuerlichen Reise­kostenrecht – entschieden, dass ein Arbeit­nehmer nicht allein deshalb ohne regelmäßige Arbeitsstätte tätig ist, weil er eine Probezeit vereinbart hat, unbedingt ver­set­zungs­bereit oder befristet beschäftigt ist und deshalb für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht die tatsächlichen Kosten, sondern nur die Entfernungspauschale geltend machen kann.

Der Kläger war im Streitjahr 2011 am Betriebssitz seines Arbeitgebers nichtselbständig tätig. Sein Arbeitsverhältnis war auf ein Jahr befristet. Die Probezeit betrug sechs Monate. In seiner Steuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger seine tatsächlichen Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erfolglos als Werbungskosten geltend. Bei einem Probearbeitsverhältnis, das zudem auf ein Jahr befristet gewesen sei, sei der Arbeitnehmer der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers nicht dauerhaft zugeordnet. Er verfüge deshalb über keine regelmäßige Arbeitsstätte. Fahrkosten seien nicht lediglich im Rahmen der Entfernungspauschale, sondern wie bei einer Auswärtstätigkeit nach Dienstreisegrundsätzen zu berücksichtigen. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts. Der Kläger war im Streitjahr am Betriebssitz seines Arbeitgebers und damit in einer regelmäßigen Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dauerhaft tätig. Denn er hat diese Einrichtung während seines Arbeits­ver­hält­nisses nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder (dauerhaft) aufgesucht. Der Umstand, dass der Kläger seine Tätigkeit dort nur auf ein Jahr befristet ausgeübt hat und zudem die ersten sechs Monate seines Beschäftigungsverhältnisses mit einer Probezeit belegt waren, steht der Dauerhaftigkeit der Zuordnung nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers nicht entgegen. Auch in diesen Fällen sucht er die Tätigkeitsstätte nicht nur gelegentlich, sondern – wenn auch nur für die Dauer seines befristeten Be­schäftigungsverhältnisses oder in der Probezeit – fortdauernd und immer wieder auf.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2014 hat der Gesetzgeber diese von den Finanzbehörden seit jeher vertretene Rechtsauffassung in § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG gesetzlich festgeschrieben.

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Systemwechsel zur Abgeltungsteuer: Kein Werbungs­kosten­abzugsverbot für 2008 angefallene Schuldzinsen, wenn die damit zusammenhängenden Kapitaleinkünfte 2009 der Abgeltungsteuer unterliegen

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 6/15, Pressemitteilung vom 21.01.2015, Urteil vom 27.08.2014, Aktenzeichen VIII R 60/13

Mit Urteil vom 27. August 2014 VIII R 60/13 hat der VIII. Senat des Bundes­finanzhofs (BFH) entschieden, dass im Veranlagungszeitraum 2008 – vor dem Systemwechsel zur Abgeltungsteuer – angefallene Schuldzinsen bei Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen abgezogen werden können, auch wenn die damit zusammenhängenden Kapitalerträge erst in späteren Jahren anfallen und dann der Abgeltungsteuer unterliegen. Das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 des Einkommen­steuergesetzes (EStG) ist erstmalig ab dem Veranlagungs­zeitraum 2009 anzuwenden.

Im Streitfall hatte der Kläger eine teilweise fremdfinanzierte Festgeldanlage getätigt. Die Besonderheit des Falles lag darin, dass ihm die Zinserträge erst 2009 zuflossen, während die Darlehenszinsen bereits 2008, d.h. vor Einführung der Ab­gel­tungsteuer, belastet wurden. Während das Finanzamt unter Hinweis auf § 20 Abs. 9 EStG den Werbungskostenabzug ablehnte, gab das Finanzgericht der Klage statt.

Der BFH hat das Urteil der Vorinstanz bestätigt. Nach seiner Auffassung wollte der Gesetzgeber mit der Abgeltungsteuer die Besteuerung der Kapitaleinkünfte nicht schon zum 1. Januar 2008, sondern erst zum 1. Januar 2009 umsetzen. Das hat zur Folge, dass das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG auf Kapitalerträge grundsätzlich nur im Kalenderjahr ihres Zuflusses anzuwenden ist, d.h. ab 2009. Anhaltspunkte dafür, dass § 20 Abs. 9 EStG erstmalig – und veranlagungs­zeitraum­übergreifend – bereits auf Werbungskosten anzuwenden ist, die mit nach dem 31. Dezember 2008 zufließenden Kapitalerträgen zusammenhängen, aber schon vorher angefallen sind, sieht der BFH nicht.

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Wirksame Übermittlung einer Einkommensteuererklärung per Fax

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 1/15, Pressemitteilung vom 07.01.2015, Urteil vom 08.10.2014, Aktenzeichen VI R 82/13

Mit Urteil vom 8. Oktober 2014 hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) ent­schie­den, dass eine Einkommen­steuer­erklärung auch wirksam per Fax an das Finanzamt (FA) übermittelt werden kann.

Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2007 ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Über den Inhalt der von ihrer Steuerberaterin erstellten Einkommensteuererklärung 2007 hatte sich die Klägerin ausschließlich telefonisch informiert und das ihr zugefaxte Deck­blatt der Erklärung unterschrieben. Die Steuerberaterin übermittelte dem FA die Steuererklärung über das ELSTER-Portal ohne Zertifizierung. Beim FA ging am 30. Dezember 2011 die hierzu gehörende komprimierte Ein­kom­men­steuer­erklärung ein, deren erste Seite das zugefaxte Deck­blatt mit der telekopierten Unterschrift der Klägerin war. Erst im Januar 2012 unterschrieb die Klägerin erneut das Deck­blatt der Erklärung an Amtsstelle. Das FA lehnte den Antrag auf Ver­an­la­gung zur Einkommensteuer 2007 wegen Ablaufs der Fest­set­zungs­frist ab. Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen er­ho­be­nen Klage statt.

Der BFH bestätigt die Entscheidung des FG. Eine Einkommen­steuer­erklärung kann danach auch wirksam per Fax an das FA übermittelt werden. Denn für die Einkommensteuererklärung gilt insoweit nichts anderes als für die Übermittlung frist­wah­ren­der Schriftsätze, für die höchstrichterlich bereits entschieden ist, dass eine Übermittlung per Telefax in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig ist (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 GmS-OGB 1/98). Durch das Erfordernis der Schriftlichkeit soll sichergestellt werden, dass Person und Inhalt der Erklärung eindeutig festgestellt werden können und dass es sich nicht lediglich um einen Entwurf handelt. Diese Zwecke werden auch bei der Übermittlung einer Einkommensteuererklärung per Fax gewahrt.

Dabei ist nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige den Inhalt der Erklärung tatsächlich in vollem Umfang zur Kenntnis genommen hat. Denn mit der auf der Erklärung geleisteten Unterschrift macht sich der Steuerpflichtige deren Inhalt zu eigen und übernimmt dafür die Verantwortung.

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Moderation von Werbesendungen keine freiberufliche, sondern gewerbliche Tätigkeit

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 2/15, Pressemitteilung vom 07.01.2015, Urteil vom 16.09.2014, Aktenzeichen VIII R 5/12

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 16. September 2014 VIII R 5/12 entschieden, dass die selb­stän­dige Tätigkeit einer Moderatorin von Werbe­sendungen für einen Verkaufssender -im Streitfall Präsentation von Produkten aus den Bereichen Wellness, Kosmetik, Gesundheit sowie Reisen- nicht zu Einkünften aus selbstständiger Arbeit, sondern zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt, die der Gewerbesteuer unterliegen.

Für eine (freiberufliche) schriftstellerische Tätigkeit fehlt es an einer berufstypischen schriftlichen Niederlegung eigener Gedanken „für die Öffentlichkeit“. Denn die jeweils von der Moderatorin erstellten Sendemanuskripte und ähnliche Vorbereitungsunterlagen waren nicht an die Öffentlichkeit gerichtet und zur Veröffentlichung bestimmt. Ebenso hat der BFH eine dem Berufsbild eines Journalisten ähnliche Tätigkeit verneint, da eine auf Informationen über gegenwartsbezogene Geschehnisse ausgerichtete Tätigkeit und eine darauf bezogene kritische Auseinandersetzung nicht erkennbar war. Die Werbe­moderation war vielmehr ausschließlich -Marketing orientiert- auf die unmittelbare Verkaufsförderung nach den konkreten Vorgaben der Auftraggeber durch entsprechende Präsentation der jeweils vorgestellten Produkte geprägt. Einen Spielraum für eine eigenschöpferische Leistung als Voraussetzung einer künstlerischen Tätigkeit sah der BFH aus diesem Grund nicht.

Wegen dieser detaillierten Vorgaben der Auftraggeber fehlte es auch an der für die Annahme einer künstlerischen Tätigkeit erforderlichen „eigenschöpferischen Ausrichtung“, so dass der Vortrag der Klägerin über die Notwendigkeit der Improvisation in den Live-Interviews bei Eintritt nicht vorhersehbarer Ereignisse als nicht ausschlaggebendes Kriterium für die Abgrenzung der gewerblichen von der freiberuflichen Tätigkeit angesehen werden konnte.

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Freiberufliche Tätigkeit selbständiger Ärzte trotz Beschäftigung angestellter Ärzte

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 3/15, Pressemitteilung vom 07.01.2015, Urteil vom 16.07.2014, Aktenzeichen VIII R 41/12

Mit Urteil vom 16. Juli 2014 VIII R 41/12 hat der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass selbständige Ärzte ihren Beruf grundsätzlich auch dann leitend und eigenverantwortlich ausüben und damit freiberuflich und nicht gewerblich tätig werden, wenn sie ärztliche Leistungen von angestellten Ärzten erbringen lassen. Voraussetzung ist allerdings, dass sie die jeweils anstehenden Voruntersuchungen bei den Patienten durchführen, für den Einzelfall die Behandlungsmethode festlegen und sich die Behandlung „problematischer Fälle“ vorbehalten.

Im Streitfall betreiben die Gesellschafter eine Gemeinschafts­praxis für Anästhesie in der Rechtsform einer GbR. Ihre Berufs­tätigkeit üben sie als mobiler Anästhesiebetrieb in der Praxis von Ärzten aus, die Operationen unter Narkose durchführen wollen. Jeweils einer der Gesellschafter führt eine Voruntersuchung durch und schlägt eine Behandlungsmethode vor. Die eigentliche Anästhesie führt sodann ein anderer Arzt aus. In den Streit­jahren beschäftigte die GbR eine angestellte Ärztin, die solche Anästhesien nach den Voruntersuchungen der Gesellschafter in einfach gelagerten Fällen vornahm. Problematische Fälle blieben nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) den Gesellschaftern der GbR vorbehalten.

Das Finanzamt sah die Tätigkeit der GbR wegen Beschäftigung der angestellten Ärztin nicht als freiberufliche Tätigkeit der Gesellschafter an und ging deshalb von einer gewerblichen Tätigkeit aus.

Wie die Vorinstanz ist der BFH dieser Rechtsauffassung nicht ge­folgt. Die Mithilfe qualifizierten Personals ist für die Frei­beruf­lichkeit des Berufsträgers auch im Bereich der ärztlichen Tä­tig­keit unschädlich, wenn dieser bei der Erledigung der einzelnen Aufträge aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigen­verantwortlich tätig wird. Diesen Anforderungen genügt schon eine patientenbezogene regelmäßige und eingehende Kontrolle der Tätigkeit des angestellten Fachpersonals. Die Auffassung des FG, diese notwendige -patientenbezogene- leitende Eigen­ver­ant­wortlichkeit der Gesellschafter sei wegen der ausschließlich von ihnen geführten Voruntersuchungen bei den Patienten, der Festlegung der Behandlungsmethode sowie des Vorbehalts der Selbstbehandlung „problematischer Fälle“ gegeben, hat der BFH bestätigt. Würde man darüber hinaus die unmittelbare Aus­füh­rung der Anästhesietätigkeit durch die Gesellschafter verlangen -so aber die Finanzverwaltung-, würde man den Einsatz fachlich vorgebildeten Personals im Bereich der Heilberufe faktisch aus­schließen und damit die Anforderungen des Gesetzes über­dehnen.

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Ermäßigter Umsatzsteuersatz auf Eintrittsgelder für ein Dorffest

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 85/14, Pressemitteilung vom 23.12.2014, Urteil vom 05.11.2014,  Aktenzeichen XI R 42/12

Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 5. November 2014 (XI R 42/12) entschieden, dass Eintrittsgelder, die eine Gemeinde von Besuchern eines von ihr veranstalteten Dorffestes mit u.a. Musikdarbietungen und Unterhaltungsprogramm verlangt, dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen.

Die Klägerin ist eine Gemeinde, die jährlich an einem Wochen­ende ein Dorffest durchführt. Zu diesem Zweck schloss sie als Veranstalterin mit auftretenden Musikgruppen Konzert-, Engagement- und Honorarverträge ab. Die Gemeinde sorgte u.a. für die Veranstaltungsräume nebst Bühne, den erforderlichen Strom, eine unentgeltliche Verpflegung und kostenlose Über­nachtungsmöglichkeiten für die auftretenden Künstler, den Erwerb der Schankerlaubnis und eine Sperrzeitverkürzung. Gegenüber den Besuchern des Dorffestes trat sie als Gesamt­veranstalterin auf eigene Rechnung auf und erzielte Einnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten. Das Finanzamt unterwarf diese Einnahmen dem Regelsteuersatz von 19 % und lehnte die beantragte Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von 7 % auf die vereinnahmten Eintrittsgelder ab. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Auf die Revision der Klägerin hob der BFH die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt. Der BFH bejahte die Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes von 7 %. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d des Umsatz­steuer­gesetzes (UStG) ermäßigt sich die Umsatzsteuer u.a. für „die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller“; als solche gelten gemäß § 30 der Umsatz­steuer­durchführungsverordnung „Schaustellungen, Musik­auf­füh­run­gen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten auf Jahrmärkten, Volksfesten sowie Schützenfesten oder ähn­lichen Veranstaltungen“. Nach der Entscheidung des BFH ist es für die Anwendung von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG nicht maßgeblich, ob der Schausteller seine Darbietungen in eigener Regie selbst veranstaltet oder ob er seine Leistungen im Rahmen eines fremdveranstalteten Volksfestes erbringt. Vielmehr reichte es im Streitfall aus, dass die Gemeinde die entsprechenden Umsätze im eigenen Namen mit Hilfe von ihr selbst engagierter Schaustellergruppen an die Besucher ausführte. Unerheblich sei, ob sich aus dem Umsatzsteuer-Anwendungserlass (dort Abschn. 12.8. Abs. 2) etwas anderes ergebe. Durch eine (bloße) Ver­wal­tungs­vorschrift der Finanzverwaltung dürfe eine Anwendung des Regelsteuersatzes nicht angeordnet werden.

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Ungleichbehandlung zwischen Beamten und Renten­ver­sicherungs­pflichtigen bei der „Riester-Rente“ teilweise korrigiert

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 83/14, Pressemitteilung vom 17.12.2014, Urteil vom 22.10.2014,  Aktenzeichen X R 18/12

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat sich mit Urteil vom 22. Oktober 2014 X R 18/14 zu der Frage geäußert, ob Beamte im Hinblick auf eine zeitlich befristete Einwilligung zur Datenübermittlung eine Schlechterstellung bei der Altersvorsorgezulage („Riester-Rente“) im Vergleich zu Rentenversicherungspflichtigen hinzunehmen haben.

Sowohl rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer als auch Beamte können die Altersvorsorgezulage erhalten. Bei Renten­versicherungspflichtigen genügt dafür der Abschluss eines zer­ti­fizierten Vertrags mit einem entsprechenden Anbieter sowie die Leistung bestimmter Mindestbeiträge. Beamte müssen zusätzlich gegenüber ihrem Dienstherrn ausdrücklich darin einwilligen, dass dieser ihre Gehaltsdaten an die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) übermittelt. Wird diese Einwilligung nicht innerhalb einer bestimmten Frist erteilt, verfällt der Anspruch auf Alters­vor­sor­ge­zulage endgültig. Da in den Anfangsjahren der „Riester-Rente“ im Allgemeinen weder die Anbieter noch die DRV über das Erfordernis der Einwilligung aufgeklärt haben, haben zahl­reiche Beamte die Frist versäumt und trotz Leistung ent­spre­chen­der Beiträge keine Zulage erhalten. Es dürften ca. 90.000 Beamte betroffen sein; mehrere hundert Klageverfahren sind noch vor den Finanzgerichten anhängig.

Seit 2005 sieht das Einkommensteuergesetz eine Zwei-Jahres-Frist für die Erteilung der Einwilligung vor. Für die Zeit von 2002 bis 2004 enthielt das Gesetz hingegen keine ausdrückliche Frist. Die DRV vertrat seinerzeit aber die Auffassung, die Einwilligung müsse noch im Jahr der Beitragszahlung erteilt werden.

Dem ist der BFH für die Zeit bis 2004 nicht gefolgt. Da das Gesetz keine Frist vorsah, kann die Einwilligung bis zum Eintritt der sog. „Bestandskraft“ nachgeholt werden. Für die betroffenen Beamten gilt damit dieselbe (mehrjährige) Frist, wie sie auch der DRV für die Überprüfung der Richtigkeit der Zulagefestsetzung zur Verfügung steht.

Für die Zeit ab 2005 hat der BFH hingegen die gesetzliche Zwei-Jahres-Frist als verfassungsgemäß angesehen. Entscheidend hierfür ist, dass Beamte seit 2005 deutlich besser über das Erfordernis der Einwilligung informiert werden als zuvor. So sind seither die Anbieter verpflichtet, über dieses Erfordernis auf­zu­klä­ren. Auch sind die amtlichen Antragsformulare erheblich verbessert worden.

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