Schlagwort-Archiv Harald Halbig

Abzug von Kinderbetreuungskosten für geringfügig beschäftigte Betreuungsperson nur bei Zahlung auf Empfängerkonto

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 38/15, Pressemitteilung vom 03.06.2015, Urteil vom 18.12.2014, Aktenzeichen III R 63/13

Der III. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 18. Dezember 2014 III R 63/13 entschieden, dass die Kosten für die Betreuung eines zum Haushalt der El­tern gehörenden Kindes nur dann steuer­lich berücksichtigt werden können, wenn die Zahlungen nicht in bar, sondern auf ein Konto der Betreuungsperson erbracht wurden. Dies gilt auch dann, wenn die Betreuungsperson im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses angestellt ist.

Die verheirateten Kläger waren in den Streitjahren 2009 und 2010 beide berufstätig. Zur Betreuung ihres dreijährigen Sohnes beschäftigten sie für ein monatliches Gehalt von 300 € eine Teilzeitkraft. Das Gehalt wurde jeweils in bar ausbezahlt. In ihren Einkommensteuererklärungen für 2009 und 2010 beantragten die Kläger den Abzug von jeweils 2/3 der Aufwendungen (3.600 €), mithin eines Betrages von 2.400 € für jedes Streitjahr. Das Finanzamt (FA) lehnte die Anerkennung dieser Aufwendungen mit der Begründung ab, dass der in den Streitjahren geltende § 9c Abs. 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eine Zahlung auf das Konto des Empfängers voraussetze.

Anders als zuvor das Finanzgericht folgte der BFH der Auffassung des FA. Der BFH hatte sich hierbei noch mit der bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2011 geltenden Norm des § 9c Abs. 3 Satz 3 EStG auseinanderzusetzen. Danach ist Voraussetzung für den Abzug von Aufwendungen für Dienstleistungen zur Be­treuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rech­nung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Er­brin­gers der Leistung erbracht worden ist. Nach der Ent­schei­dung des BFH beschränkt diese Vorschrift die Nach­weis­an­for­de­run­gen nicht auf bestimmte Arten von Dienstleistungen, etwa Dienstleistungen von Unternehmern, die Rechnungen im Sinne des Umsatzsteuerrechts ausstellen. Anders als bei Auf­wen­dun­gen für haushaltsnahe Beschäftigungs­verhältnisse (z.B. Kochen, Raum- und Wäschepflege) unterscheidet das Gesetz für den Nachweis von Kinderbetreuungskosten auch nicht danach, ob diese im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungs­ver­hält­nis­ses oder auf einer anderen Basis erbracht werden. Der BFH betont darüber hinaus, dass die Nachweiserfordernisse (Rech­nung und Zahlung über das Konto der Betreuungsperson) Missbrauch und Schwarzarbeit vorbeugen sollen. Dies recht­fer­tige es, den Zahlungsfluss nur durch Kontobelege und nicht z.B. auch durch Barzahlungsquittungen oder Zeugen­aus­sa­gen nach­zuweisen.

Ab dem Veranlagungszeitraum 2012 richtet sich der Abzug von Kinderbetreuungskosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Diese Vorschrift setzt für den Abzug der Aufwendungen ebenfalls voraus, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist.

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Steuerfreie Einnahmen aus der Aufnahme von Pflegepersonen in den eigenen Haushalt

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 37/15, Pressemitteilung vom 27.05.2015, Urteil vom 5.11.2014, Aktenzeichen VIII R 29/11

Mit Urteil vom 5. November 2014 VIII R 29/11 hat der VIII. Senat des Bundes­finanz­hofs (BFH) entschieden, dass Lei­stungen, die von einer privatrechtlichen In­sti­tution für die Aufnahme von Pfle­ge­per­so­nen in einen Haushalt über Tag und Nacht gewährt werden, als Beihilfe zur Erziehung nach § 3 Nr. 11 des Ein­kom­men­steuer­gesetzes (EStG) steuerfrei sind. Voraussetzung ist, dass die Zahlungen zumindest mittelbar aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für die unmittelbare Förderung der Erziehung der Pflegepersonen geleistet werden.

Im Streitfall hatte die als Erzieherin tätige Klägerin in ihren Haushalt bis zu zwei fremde Pflegekinder aufgenommen und dafür ein Tageshonorar zuzüglich einer Sachkostenpauschale aufgrund einer Honorarvereinbarung mit einer Firma erhalten, die im Bereich der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe für die zuständige Stadtverwaltung die Unterbringung von Jugendlichen in Heimen, Einrichtungen sowie in Familienhaushalten or­ga­ni­siert und für jeden zu betreuenden Jugendlichen bestimmte Beträge aus öffentlichen Haushaltsmitteln erhält.

Das Finanzamt berücksichtigte die Honorarzahlungen als steuerbare Einnahmen und rechnete sie der freiberuflichen Tätigkeit der Klägerin als Erzieherin zu. Die Klägerin war dagegen der Auffassung, die Einnahmen seien als Beihilfe zur Erziehung nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Die Klage vor dem Finanz­gericht blieb erfolglos.

Der BFH ist der Auffassung der Klägerin gefolgt und hat die Steuerfreiheit der bezogenen Leistungen für die Aufnahme der Pflegekinder bejaht. Die Zahlungen sind als Beihilfen i.S. des § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG, die zur unmittelbaren Förderung der Erzie­hung (von Jugendlichen) bewilligt wurden, anzusehen.

Nach der Rechtsprechung des BFH sind an Pflegeeltern geleistete Erziehungsgelder –in Abgrenzung zur (erwerbsmäßigen) Be­treu­ung sog. Kostkinder– regelmäßig dazu bestimmt, zu Gunsten der in den Haushalt der Pflegeeltern dauerhaft aufgenommenen und wie leibliche Kinder betreuten Kinder und Jugendlichen „die Erziehung unmittelbar zu fördern“. Die im Streitfall gewährten Leistungen waren auch i.S. des § 3 Nr. 11 EStG uneigennützig. Denn mit der Zahlung der Pflegegelder war keine vollständige Ersetzung des sachlichen und zeitlichen Aufwands der Pflege­eltern beabsichtigt. Die Zahlungen ähneln damit Zahlungen, die leiblichen Eltern für die Erziehung ihrer Kinder ebenfalls steuer­frei erhalten.

Auch wenn die Leistungen im Streitfall über Dritte gezahlt werden, handelt es sich um öffentliche Mittel, d.h. aus einem öffentlichen Haushalt stammende und danach verausgabte Mittel, da über die Mittel nur nach Maßgabe haushaltsrechtlicher Vorschriften verfügt werden kann und ihre Verwendung im Einzelnen einer gesetzlich geregelten Kontrolle unterliegt.

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Grunderwerbsteuer: Einbeziehung der Baukosten in die Bemessungsgrundlage der Steuer

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 35/15, Pressemitteilung vom 20.05.2015, Urteil vom 3.3.2015, Aktenzeichen II R 9/14

Der II. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hatte im Urteil vom 3. März 2015 II R 9/14 darüber zu entscheiden, welche Kosten beim Kauf eines unbebauten Grundstücks in die Bemessungsgrundlage der Grund­er­werb­steuer einzubeziehen sind, wenn sich der Grund­stücks­verkäu­fer (zusätzlich) zur Errichtung eines Rohbaus auf dem Grundstück verpflichtet, und weitere Baukosten durch Aus­bau­arbeiten anfallen, die aber vom Grundstückskäufer bei Dritten in Auftrag gegeben worden sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind beim Kauf eines Grundstücks, das beim Abschluss des Kaufvertrags tatsächlich unbebaut ist, unter bestimmten Voraussetzungen auch die Kosten für die anschließende Errichtung eines Gebäudes auf dem Grundstück in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen, nämlich wenn sich aus weiteren Vereinbarungen ergibt, dass der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhält. Diese Vereinbarungen müssen mit dem Kaufvertrag in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zu­sam­men­hang stehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Käufer spätestens beim Abschluss des Kaufvertrags den Grund­stücks­verkäufer oder einen vom Grundstücksverkäufer vor­ge­schla­ge­nen Dritten mit dem Bau beauftragt. Aber auch ein später abgeschlossener Bauvertrag kann je nach den Umständen des Einzelfalls zur Einbeziehung der Baukosten in die Be­mes­sungs­grundlage der Grunderwerbsteuer führen.

Im Urteilsfall war nicht streitig, dass die Kosten des Rohbaus in die Bemessungsgrundlage der Steuer einzubeziehen sind. Ob dies auch für die Ausbaukosten gilt, hängt nach dem Urteil davon ab, ob die später mit dem Ausbau beauftragten Unter­nehmen im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstücks­kauf­vertrags mit dem Grundstücksverkäufer personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng verbunden waren oder aufgrund von Abreden zusammenarbeiteten oder durch abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss auch der Verträge über die Aus­bau­arbeiten hinwirkten und die zu erbringenden Leistungen dem Erwerber unter Angabe des hierfür aufzuwendenden Entgelts bereits vor Abschluss des Grundstückskaufvertrags konkret angeboten hatten. Da das Finanzgericht (FG) dazu keine hin­reichenden Feststellungen getroffen hatte, verwies der BFH die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

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Umsatzsteuer: Steuerfreiheit zahnärztlicher Heilbehandlung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 31/15, Pressemitteilung vom 06.05.2015, Urteil vom 19.3.2015, Aktenzeichen V R 60/14

Mit Urteil vom 19. März 2015 V R 60/14 hat der V. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass Zahnaufhellungen (sog. Bleaching), die ein Zahnarzt zur Beseitigung behandlungsbedingter Zahnverdunklungen vornimmt, umsatzsteuerfreie Heilbehandlungen sind.

Nach § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes sind Heil­be­hand­lun­gen des Zahnarztes steuerfrei. Dazu gehören auch ästhetische Behandlungen, wenn diese Leistungen dazu dienen, Krankheiten oder Gesundheitsstörungen zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen. Steuerbefreit ist auch eine medizinische Maß­nah­me ästhetischer Natur zur Beseitigung negativer Folgen einer Vorbehandlung.

Im Streitfall hatte die Klägerin –eine Zahnarztgesellschaft– im Anschluss an bestimmte medizinisch notwendige zahnärztliche Behandlungen (z.B. Wurzelbehandlungen) bei einigen Patienten Zahnaufhellungen an zuvor behandelten Zähnen durchgeführt. Das Finanzamt betrachtete diese Leistungen als umsatz­steuer­pflichtig und setzte entsprechend Umsatzsteuer fest.

Anders der BFH: Zahnaufhellungsbehandlungen sind umsatz­steuerfreie Heilbehandlungen, wenn sie in einem sachlichen Zusammenhang mit der vorherigen steuerfreien Zahn­be­hand­lung stehen. So verhielt es sich im Streitfall: Es sollten Zahn-Verdunklungen aus Vorschädigungen behandelt und damit negative Auswirkungen der Vorbehandlung beseitigt werden.

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Spendenabzug bei Zuwendungen an eine im EU-/EWR-Ausland ansässige Stiftung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 33/15, Pressemitteilung vom 06.05.2015, Urteil vom 21.1.2015, Aktenzeichen X R 7/13

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat im Urteil vom 21. Januar 2015 X R 7/13 die Voraussetzungen präzisiert, unter denen Spenden an eine gemeinnützige Stiftung im EU-/EWR-Ausland gemäß § 10b des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuermindernd abziehbar sind.

Im Streitfall hatte der Kläger einer Fundaciò, einer in Spanien als gemeinnützig anerkannten Stiftung, einen größeren Geldbetrag gespendet, den er als Sonderausgabe gemäß § 10b EStG geltend machte. Sowohl das Finanzamt (FA) als auch das Finanzgericht lehnten den Abzug ab, u.a. weil der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass die Voraussetzungen für den Spendenabzug erfüllt seien.

Der BFH sah dies genauso: Voraussetzung für den Spenden­abzug an eine in der EU oder im EWR ansässige Stiftung sei, dass der Steuerpflichtige Unterlagen vorlege, die eine Über­prü­fung der tatsächlichen Geschäftsführung ermöglichten. Es sei daher nicht unionsrechtswidrig, von ihm einen bereits erstellten und der ausländischen Stiftungsbehörde eingereichten Tätig­keits- oder Rechenschaftsbericht der Empfängerin anzufordern. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Spender im Gegensatz zu der begünstigten Einrichtung nicht selbst über alle not­wen­di­gen Informationen verfüge. Bereits der Gerichtshof der Euro­päischen Union habe in seinem Urteil vom 27. Januar 2009
C-318/07 Persche (Slg. 2009, I-359) entschieden, es sei einem Spender normalerweise möglich, von dieser Einrichtung Unter­lagen zu erhalten, aus denen der Betrag und die Art der Spende, die von der Einrichtung verfolgten Ziele und ihr ordnungs­gemäßer Umgang mit den Spenden hervorgingen. Das FA sei in einem solchen Fall nicht verpflichtet, im Wege der Amts­hilfe die entsprechenden Informationen einzuholen.

Zudem hatte der Steuerpflichtige im Streitfall dem FA lediglich eine Spendenbescheinigung vorgelegt, die sich am spanischen Recht orientierte. Dem X. Senat des BFH reichte dies nicht aus. Er ist der Auffassung, zwar könne aus unionsrechtlichen Grün­den nicht verlangt werden, dass die Zuwendungs­be­stä­ti­gung einer ausländischen Stiftung dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck gemäß § 50 der Einkommensteuer-Durch­füh­rungs­verordnung entspreche. Zu den notwendigen Bestandteilen der Bestätigung gehöre aber die Erklärung der ausländischen Stif­tung, sie habe die Spende erhalten, sie verfolge den sat­zungs­gemäßen gemeinnützigen Zweck und sie setze die Spende ausschließlich satzungsgemäß ein.

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Zinsswap-Geschäfte gehören nicht zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 29/15, Pressemitteilung vom 29.04.2015, Urteil vom 13.1.2015,  Aktenzeichen IX R 13/14

Mit Urteil vom 13. Januar 2015 IX R 13/14 hat der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass Ausgleichs­zahlungen aus der Auflösung von Zinsswap-Geschäften nicht zu Einnahmen aus Ver­mietung und Verpachtung führen, obwohl die Zinsswaps ursprünglich zur Begrenzung des Risikos in die Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der vermieteten Immo­bilie durch variable Darlehen einbezogen waren.

Die Klägerin, eine vermögensverwaltende Gesellschaft bür­ger­lichen Rechts, erzielte u.a. Einkünfte aus der Vermietung von Immobilien. Die Anschaffungskosten der vermieteten Objekte wurden zum Teil über Darlehen mit variablem Zinssatz fi­nan­ziert. Zur Absicherung des Risikos steigender Zinsen schloss die Klägerin mit den darlehensgewährenden Banken sog. Zinsswaps ab. Zinsswaps sind Finanztermingeschäfte, bei denen zwei Par­teien Vereinbarungen über den regelmäßigen Austausch varia­bler und fixer Zinszahlungen über einen vereinbarten Nominal­betrag für eine bestimmte Laufzeit treffen.

Die den Zinsswaps zu Grunde liegenden Verträge waren auf die Finanzierung der jeweiligen Immobilie abgestimmt. Im Jahr 2007 (Streitjahr) und damit außerhalb der gesetzlichen Ver­äußerungsfrist von einem Jahr löste die Klägerin die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Zinsswaps durch einseitige Kün­di­gungs­erklärung gegenüber der jeweils anderen Vertragspartei auf; durch die Beendigung der Finanztermingeschäfte flossen der Klägerin Ausgleichszahlungen in Höhe von 2.306.000 € zu. Die zur Finanzierung der Anschaffungskosten der vermieteten Ob­jekte aufgenommenen Darlehen blieben unverändert bestehen; sie wurden insbesondere auch nicht durch die Ausgleichs­zah­lun­gen ganz oder teilweise getilgt.

Die Klägerin war der Auffassung, dass die Ausgleichszahlungen, die sie aus den verschiedenen Zinsswap-Geschäften erzielt hatte, als außerhalb der Veräußerungsfrist getätigte (und daher nicht steuerbare) sog. „private Veräußerungsgeschäfte“ i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG a.F.) einkommensteuerlich nicht zu erfassen seien. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Meinung, dass die Zahlungen den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes -EStG-) zuzurechnen seien, weil die den Einnahmen zu Grunde liegenden Sicherungsgeschäfte im Zusammenhang mit der Finanzierung von Anschaffungskosten fremdvermieteter Immobilienobjekte gestanden hätten.

Der BFH gab der Klägerin recht. Der in § 21 EStG geregelte Steuertatbestand der „Einkünfte aus Vermietung und Ver­pach­tung“ erfasse nur das zeitlich begrenzte Überlassen einer Immo­bilie zur Nutzung; hierzu im Gegensatz stehe der in § 23 EStG als „private Ver­äußerungs­geschäfte“ geregelte Ver­äußerungs­vorgang, der als Verfügung auf den Bestand eines Rechts un­mit­telbar einwirke. Beide Regelungen schlössen sich gegenseitig aus. Im Streitfall waren die der Klägerin zugeflossenen Aus­gleichs­zahlungen kein Entgelt für eine Nutzungsüberlassung, sondern allein durch die Beendigung des mit den Zinsswaps ver­traglich erworbenen Rechts auf die Ausgleichszahlungen ver­an­lasst. Die Ausübung des Kündigungsrechts durch die Klägerin stelle eine Verfügung über den Bestand des Rechts dar, der von Gesetzes wegen einer Veräußerung gleichgestellt sei und nur unter den Voraussetzungen des § 23 EStG der Besteuerung unterliege. Da diese Voraussetzungen wegen des Überschreitens der in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F. geregelten Ver­äußerungsfrist nicht erfüllt waren, musste die Klägerin die ver­ein­nahmten Ausgleichszahlungen nicht versteuern. Nach ge­än­derter Rechtslage sind Einnahmen aus Zinsswaps ab 1. Januar 2009 ohne Berücksichtigung von Veräußerungsfristen als Ein­künfte aus Kapitalvermögen steuerpflichtig.

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Erleichterte Feststellung von Verlustvorträgen

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 30/15, Pressemitteilung vom 29.04.2015, Urteil vom 13.1.2015,  Aktenzeichen IX R 22/14

Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hatte sich im Urteil vom 13. Januar 2015 IX R 22/14 mit der Frage zu beschäftigen, ob Verluste, die in vergangenen Jahren entstanden waren, nach § 10d des Ein­kommensteuergesetzes (EStG) gesondert festgestellt werden können, wenn eine Veranlagung zur Einkommensteuer für das Verlustentstehungsjahr nicht erfolgt ist und auch aufgrund inzwischen eingetretener Festsetzungsverjährung nicht mehr erfolgen kann. Die Klärung dieser Rechtsfrage ist insoweit von Bedeutung, als Verluste nur dann in späteren Jahren steuerlich nutzbar gemacht werden können, wenn sie zuvor nach § 10d EStG gesondert festgestellt worden sind.

Im Streitfall begehrte die Klägerin nachträglich die steuerliche Berücksichtigung von Kosten für ihre berufliche Erstausbildung. Sie hatte dazu im Juli 2012 Steuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2007 eingereicht und auch die Feststellung von Ver­lustvorträgen beantragt. Das Finanzamt (FA) lehnte die Ver­lustfeststellung ab. Es berief sich auf die Bindungswirkung des Einkommensteuerbescheids für das Verlust­fest­stel­lungs­ver­fah­ren. Danach könne eine Verlustfeststellung nur noch dann durchgeführt werden, wenn auch der Erlass eines ent­spre­chen­den Einkommensteuerbescheids möglich sei. Dies scheide aber aus, da eine Einkommensteuerfestsetzung wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht mehr möglich sei. Dagegen wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch und nachfolgend der Klage.

Der BFH gab der Klägerin in Bezug auf die gesonderte Verlust­fest­stellung recht. Ein verbleibender Verlustvortrag nach § 10d EStG kann auch dann gesondert festgestellt werden, wenn ein Einkommensteuerbescheid für das Verlustentstehungsjahr nicht mehr erlassen werden kann. Eine Bindungswirkung des Ein­kom­men­steuerbescheids für die Feststellung des Verlustvortrags bestehe dann nicht, wenn eine Einkommensteuerveranlagung gar nicht durchgeführt worden ist. Mit der Entscheidung ver­einfacht der BFH die Geltendmachung von Verlustvorträgen in zurückliegenden Jahren. Praktische Bedeutung hat dies vor allem für Steuerpflichtige, die sich in Ausbildung befinden oder vor kurzem ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Auch wenn diese in der Vergangenheit keine Einkommensteuererklärung ab­ge­ge­ben haben und wegen Eintritts der Fest­set­zungs­ver­jäh­rung eine Einkommensteuerveranlagung nicht mehr durchgeführt werden kann, kann innerhalb der Verjährungsfrist für die Verlust­fest­stellung diese noch beantragt und durchgeführt werden. Da­durch ist es möglich, über den Antrag auf Verlustfeststellung und einen Einspruch gegen die dazu vom FA erfolgte Ablehnung von einer für den Steuerpflichtigen günstigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) über die Frage der steuer­lichen Abzugsfähigkeit von Kosten einer beruflichen Erst­aus­bil­dung zu profitieren (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17. Juli 2014 VI R 2/12, BFHE 247, 25, BFH/NV 2014, 1954, Az. des BVerfG 2 BvL 23/14 und VI R 8/12, BFHE 247, 64, BFH/NV 2014, 1970, Az. des BVerfG 2 BvL 24/14).

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Möglichkeit des Zugriffs auf Kassendaten eines Einzelunternehmens im Rahmen einer Außenprüfung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 27/15, Pressemitteilung vom 15.04.2015, Urteil vom 16.12.2014,  Aktenzeichen X R 42/13

Mit Urteil vom 16. Dezember 2014 X R 42/13 hat der X. Senat des Bundes­finanz­hofs (BFH) entschieden, dass Einzelhändler nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung verpflichtet sind, im Rahmen der Zumutbarkeit sämtliche Geschäftsvorfälle einschließlich der über die Kasse bar vereinnahmten Umsätze einzeln auf­zu­zeich­nen. Wird dabei eine PC-Kasse verwendet, die detaillierte In­for­mationen zu den einzelnen Barverkäufen aufzeichnet und diese dauerhaft speichert, sind die damit bewirkten Einzel­auf­zeich­nungen auch zumutbar. Die Finanzverwaltung kann dann im Rahmen einer Außenprüfung nach § 147 Abs. 6 der Ab­ga­ben­ordnung (AO) auf die Kasseneinzeldaten zugreifen.

Im Streitfall verwendete die buchführungspflichtige Klägerin ein speziell für Apotheken entwickeltes PC-gestütztes Erlös­er­fas­sungs­system mit integrierter Warenwirtschaftsverwaltung. Ihre Tageseinnahmen wurden über modulare PC-Registrierkassen erfasst, dann durch Tagesendsummenbons ausgewertet und als Summe in ein manuell geführtes Kassenbuch eingetragen. An­lässlich einer Außenprüfung verweigerte die Klägerin der Finanz­behörde den Datenzugriff auf ihre Warenverkäufe mit der Be­grün­dung, sie sei nicht zu Einzelaufzeichnungen verpflichtet.

Anders als das Finanzgericht kam der BFH zu dem Ergebnis, dass die Klägerin nach § 238 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs zur Aufzeichnung der einzelnen Geschäftsvorfälle verpflichtet war und die Kassendaten der Finanzbehörde in elektronisch verwertbarer Form überlassen musste. Die Buchführung müsse stets einen zuverlässigen Einblick in den Ablauf aller Geschäfte geben. Dritten müsse es möglich sein, den Ablauf und den Inhalt aller Geschäfte zu überprüfen. Deshalb sei es nach den Grund­sätzen ordnungsgemäßer Buchführung erforderlich, dass ver­dichtete Buchungen in Einzelpositionen aufgegliedert werden könnten. Dies gelte auch für Bargeschäfte, sofern Einzel­auf­zeich­nungen dem Steuerpflichtigen zumutbar seien. Er könne zwar frei entscheiden, wie er seine Warenverkäufe erfasse. Entscheide er sich aber für ein Kassensystem, das sämtliche Kassen­vor­gän­ge einzeln und detailliert aufzeichne sowie diese speichere, kön­ne er sich nicht auf die Unzumutbarkeit der Auf­zeich­nungs­ver­pflichtung berufen und müsse seine Aufzeichnungen auch auf­bewahren (§ 147 Abs. 1 Nr. 1 AO). Nach § 147 Abs. 6 Satz 2 Alternative 2 AO habe die Finanzbehörde dann im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, die mit Hilfe des Daten­ver­ar­bei­tungs­systems (PC-Kasse) erstellten Daten auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Prüfung anzufordern.

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Privates Veräußerungsgeschäft: Der außerhalb der Veräußerungsfrist liegende Zeitpunkt des Eintritts der aufschiebenden Bedingung hindert die Besteuerung nicht

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 23/15, Pressemitteilung vom 01.04.2015, Urteil vom 10.2.2015, Aktenzeichen IX R 23/13

Mit Urteil vom 10. Februar 2015 IX R 23/13 hat der IX. Senat des Bundes­finanz­hofs (BFH) entschieden, dass der auf­schie­bend bedingte Verkauf eines bebauten Grundstücks innerhalb der gesetzlichen Ver­äußerungsfrist von zehn Jahren als sog. privates Ver­äuße­rungsgeschäft der Besteuerung unterliegt, auch wenn der Zeit­punkt des Eintritts der aufschiebenden Bedingung außer­halb dieser Frist liegt.

Der Kläger hatte mit Kaufvertrag vom 3. März 1998 ein be­bau­tes Grundstück – Betriebsanlage einer Eisenbahn – erworben und veräußerte dieses mit notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 30. Januar 2008. Der Vertrag wurde unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen, dass die zuständige Behörde dieses Grundstück von Bahnbetriebszwecken freistellt. Eine solche Freistellung erteilte die Behörde am 10. Dezember 2008. Streitig war, ob der Gewinn aus der Veräußerung des bebauten Grund­stücks zu versteuern war, weil die Bedingung in Form der Ent­widmung erst nach Ablauf der zehnjährigen Ver­äuße­rungs­frist eingetreten war.

Der BFH hat entschieden, dass ein (zu versteuerndes) privates Veräußerungsgeschäft (§§ 22 Nr. 2 , 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes) vorliegt. Private Veräußerungs­geschäfte sind u.a. Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Entsprechend dem Norm­zweck, innerhalb der Veräußerungsfrist nur realisierte Wert­er­hö­hun­gen eines bestimmten Wirtschaftsgutes im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen, ist für den Zeitpunkt der Veräußerung die beidseitige zivilrechtliche Bindungswirkung des Rechtsgeschäfts, das den einen Vertragspartner zur Übertragung des Eigentums auf den anderen verpflichtet, und nicht der Zeit­punkt des Bedingungseintritts entscheidend. Ab dem Vertrags­schluss – im Urteilsfall am 30. Januar 2008 – bestand für keinen der Vertragspartner die Möglichkeit, sich einseitig von der Ver­ein­barung zu lösen.

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Kein Billigkeitserlass bei unionsrechtswidrigem, aber rechtskräftigem Urteil

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 22/15, Pressemitteilung vom 18.03.2015, Urteil vom 21.1.2015,  Aktenzeichen X R 40/12

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 21. Januar 2015 ent­schieden, es sei weder ermessensfehlerhaft noch verstoße es gegen Unionsrecht, wenn die Finanzverwaltung eine Steuer nicht erstattet, die auf einem zwar unionsrechtswidrigen, aber durch letztinstanzliches Urteil des BFH bestätigten Steuerbescheid beruht.

Das Finanzamt (FA) erkannte Schulgeldzahlungen der Kläger an eine Privatschule in Großbritannien im Jahr 1992 nicht als Son­derausgaben an. Der BFH wies im Jahr 1997 die Revision der Kläger gegen das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts zurück, ohne die Streitsache dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vorzulegen.

Im September 2007 entschied der EuGH, die Dienst­lei­stungs­freiheit werde verletzt, wenn Schulgeld nur bei Zahlungen an inländische Privatschulen als Sonderausgaben abziehbar sei. Den daraufhin gestellten Antrag der Kläger auf Änderung des Steuer­bescheids 1992 lehnte das FA ab. Klage und Nicht­zu­las­sungs­beschwerde blieben ohne Erfolg. Einen Billigkeitserlass der Ein­kom­men­steuer, die auf der Nichtanerkennung der Schul­geld­zahlungen als Sonderausgaben beruht, hat der BFH im Streitfall verneint.

Bei einem Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen seien die Wertungen des deut­schen Gesetzgebers sowie Unionsrecht zu beachten. Der Bestands- und Rechtskraft komme im deut­schen Verfahrensrecht ein hoher Stellenwert zu. Auch nach Auffassung des EuGH bestehe keine grundsätzliche Ver­pflich­tung, eine unionsrechtswidrige, aber rechtskräftige Entscheidung aufzuheben, selbst wenn die Vorlagepflicht verletzt worden sei. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch das Äquivalenzprinzip sowie den Effektivitätsgrundsatz beachten, d.h. sie haften bei Ver­let­zun­gen gegen das Unionsrecht und müssen derartige Ver­let­zun­gen wie Verstöße gegen nationales Recht behandeln. Bei unions­rechtswidrigen Urteilen haften sie aber nur bei einer offen­kun­di­gen Verletzung des Unions­rechts.

Eine solche hat der BFH im Streitfall verneint. Der BFH habe im Jahr 1997 weder unter offenkundiger Verkennung des Unions­rechts den Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit für Bildungsleistungen der Privatschulen zu Unrecht verneint noch offenkundig seine Vorlagepflicht verletzt. Die Weigerung des FA, die Steuern aus Billigkeitsgründen zu erlassen, sei daher nicht ermessensfehlerhaft.

Nach Auffassung des BFH bestand auch keine Veranlassung, im Streitfall ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten. Die Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen obliege – auch nach der Rechtsprechung des EuGH – den natio­nalen Gerichten.

Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem Jahressteuergesetz 2009 auf die EuGH-Rechtsprechung zu Schulgeldzahlungen reagiert. Seither sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommen­steuer­gesetzes auch Schulgeldzahlungen an Privatschulen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes in einem bestimmten Umfang als Sonderausgaben abziehbar.

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